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Das Leben des Gaddo Gaddi, Gherardo Starnina, Lorenzo di Bicci und weiterer Künstler der Prima Parte

AutorGiorgio Vasari
VerlagVerlag Klaus Wagenbach
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl176 Seiten
ISBN9783803141866
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis17,99 EUR
Beginnend mit dem Abschluss der gedruckten EDITION GIORGIO VASARI erscheinen die verbleibenden Lebensläufe in elektronischer Form. Damit werden Vasaris Vite (etwa 160 Künstlerbiographien!) komplett in neuer Übersetzung zugänglich sein. Die erste von drei Lieferungen vereint elf frühe Künstler, die im 13. und 14. Jahrhundert den Weg zu den großen Renaissancemeistern ebneten.

Enthaltene Künstler: Andrea Tafi, Gaddo Gaddi, Margaritone, Stefano Fiorentino und Ugolino Sanese, Tommaso Fiorentino genannt Giottino, Giovanni da Ponte, Antonio Veneziano, Jacopo di Casentino, Gherardo Starnina, Lippo Fiorentino, Lorenzo di Bicci.

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Leseprobe

Einleitung zum Leben des Andrea Tafi


Der Trecento-Künstler Andrea Tafi ist der Forschung bis heute kaum bekannt. Einzige Quellen sind die Nennungen in der Matrikel der Arte dei Medici e Speziali im Jahre 1320 und 28 Jahre später im Libro der Compagnia di San Luca. Umso bedeutsamer nimmt sich Vasaris Vita aus, die die ausführlichste und – trotz einiger chronologischer Ungenauigkeiten – kenntnisreichste Lebensbeschreibung des Künstlers geblieben ist und zwischen den beiden Ausgaben von 1550 und 1568 nur eine marginale Überarbeitung und Erweiterung erfuhr. Aufgrund des genannten Mangels an Quellen ist es allerdings fast unmöglich, Vasaris Aussagen im einzelnen zu verifizieren. In der Vita des Zeitgenossen von Cimabue und Gaddo Gaddi betont Vasari den Aspekt der Entwicklung der Kunst, der die maniera aller drei Meister kennzeichnet. Die Vita Tafis folgt auf die Lebensbeschreibung von Nicola und Giovanni Pisano, den Erneuerern der Skulptur. In der vorliegenden Vita stehen nun die Technik und Kunstfertigkeit des Mosaiks im Mittelpunkt. Insbesondere die lange Passage über die Mosaike in der Kuppel des Florentiner Baptisteriums nutzt Vasari, um eine luzide stilistische Bewertung vorzunehmen und die einzelnen Schulen, die dort nacheinander gearbeitet haben, voneinander abzugrenzen. In diesem Kontext widmet der Künstlerhistoriograph auch der Architektur von San Giovanni seine besondere Aufmerksamkeit. So präsentiert Vasari das Baptisterium als Identifikationszeichen von Florenz in längeren Digressionen.

Wie insgesamt für die Erweiterung der zweiten Vitenedition kommt damit auch in der Vita Tafis eine veränderte Einschätzung der mittelalterlichen Kunst zum Tragen. Die Bewertung des Trecento-Künstlers in der doppelten Perspektive einer invariablen und einer variablen Komponente der Kunst ( disegno bzw. maniera) erlaubt es Vasari, seinen absoluten Maßstab der teleologischen Kunstentwicklung zu ergänzen. Als Wiedererweckung der antiken Kunst, nicht der Kunst per se, wird die maniera, der Stil, zum entscheidenden Kriterium, nicht die chronologische Abfolge der Werke, die mit der Zeit eine Steigerung der Qualität erfahren. In diese Dimension der Entwicklung können auch das Mittelalter und die sogenannte maniera greca als wichtige Stufe eingefügt werden, was allerdings die kohärente Abfolge der drei maniere innerhalb der Renaissance problematisch erscheinen läßt. Das Mittelalter ist nicht mehr der Tod der Kunst, sondern es zeigt sich bereits eine Wiedererweckung des antiken Erbes über das Residuum der byzantinischen Kunst, von der aus dann Cimabue und Giotto die rinascita verwirklichen können.

Die in der Fassung von 1568 zugleich eingeführten stärker historischen Maßgaben der Betrachtung in den Vite wurden in der Vorbereitung entscheidend von Vincenzio Borghini beeinflußt, einem der wichtigsten Berater Vasaris sowohl bei der Abfassung der Viten als auch bei ikonographischen Programmen. Die Gegenüberstellung des byzantinischen Erbes mit den Neuerungen des Florentiner Künstlers ermöglicht es Vasari wiederum, einmal mehr die Vorrangstellung der Toskana hervorzuheben. Zwar soll Tafi seine Kunst in Venedig vervollkommnet haben, dem byzantinisch geprägten Zentrum der Mosaikkunst. Doch zusammen mit dem griechischen Meister Apollonio wird er vor allem dafür gelobt, die Tradition des Mosaiks in Florenz begründet zu haben. Somit ist Tafi ein wichtiger Wegbereiter der Kunstentwicklung, die nach Vasaris Strukturmodell maßgeblich durch technische Neuerungen vorangetrieben wird. Stilistisch jedoch kritisiert Vasari den Trecento-Künstler ebenso wie die anderen Vertreter der ersten Generation von Renaissance-Künstlern für seine plumpe und rauhe Manier.

Neben diesem speziellen Diskurs bietet die Vita Tafis aber vor allem ein historisches Panorama der Arnostadt im 14. Jahrhundert mit ihren herausragenden Bauten und deren künstlerischer Ausstattung.

CP-K

Bibl.: Boase 1979 [1971]; Williams 1989, S. 187–242; Neri Lusanna, Enrica: ›Andrea Tafo di Rico‹, in: AKL, 1992, Bd. III, S. 557; Verdon 1992; Burioni 2010; Nova 2013.

DAS LEBEN DES FLORENTINER MALERS ANDREA TAFI


Vita d’Andrea Tafi. Pittore Fiorentino (1568)

Wie die Werke des Cimabue von den Menschen jener Zeit nicht wenig bestaunt wurden, weil er die Kunst der Malerei in disegno und Form verbessert hatte, wo sie nur an Werke im griechischen Stil gewohnt waren,1 so bewunderten sie auch die Mosaikarbeiten des Andrea Tafi,2 der zur selben Zeit lebte und den die Leute für vortrefflich oder sogar göttlich hielten,3 weil sie nichts anderes zu sehen gewohnt waren und nicht glauben konnten, daß man in jener Kunst Besseres leisten könne. Dabei war er in Wahrheit nicht gerade der Tüchtigste, und weil er erkannt hatte, daß das Mosaik aufgrund seiner langen Haltbarkeit mehr als jede andere Malerei geschätzt wurde,4 begab er sich von Florenz nach Venedig, wo einige griechische Maler in San Marco Mosaike ausführten.5 Er gewann ihr Vertrauen und überzeugte den griechischen Maler Meister Apollonius6 mit Bitten, Geld und Versprechungen, nach Florenz zu kommen, wo jener ihn die Herstellung von Mosaikglas und die des Mörtels lehrte, mit dem es zusammengefügt wurde. Gemeinsam führten sie in der Apsis von San Giovanni den oberen Teil aus, wo die Mächte, Throne und Herrscher dargestellt sind.7 Als er kundiger geworden war, schuf Andrea, wovon weiter unten die Rede sein wird, an jenem Ort dann den Christus, der sich auf der Seite der Hauptkapelle befindet.8

Weil ich San Giovanni erwähnt habe, will ich nicht schweigend darüber hinweggehen, daß jener alte Kirchentempel9 außen wie innen vollständig mit Marmorwerk korinthischer Ordnung ausgestattet und nicht nur in allen Teilen wohlbemessen und mit vollendeten Proportionen ausgeführt ist, sondern auch mit Türen und Fenstern sehr schön verziert, und an jeder Seitenwand jeweils zwei elf Ellen hohe Granitsäulen, die drei Nischen umrahmen, über denen das Gebälk verläuft, das auf besagten Säulen aufruht und so den gesamten doppelschaligen Kuppelaufbau trägt. Die modernen Architekten haben die Kuppel als einzigartiges Werk gelobt, und dies zu Recht, weil sie das Gute, das jene Kunst [der Architektur] bereits in sich trug, Meistern wie Filippo di Ser Brunelleschi,10 Donatello11 und anderen vorführte, die von diesem Werk und von der Florentiner Kirche Santi Apostoli ihr Handwerk gelernt haben. Letztere besitzt einen derart ausgezeichneten Stil, daß er dem wahren Guten der Antike nahekommt, weil alle ihre Säulen, wie weiter oben gesagt, aus Elementen bestehen, die so wohlbemessen und mit solcher Sorgfalt zusammengefügt sind, daß man von einer genauen Betrachtung aller ihrer Teile viel lernen kann.12

Einiges ließe sich über die gute Architektur dieser Kirche sagen, doch will ich davon schweigen und nur sagen, daß man von diesem Vorbild und der guten Bauweise weit abgekommen ist, als man die Marmorfassade der Kirche San Miniato al Monte außerhalb von Florenz13 anläßlich der Bekehrung zum Glauben des Seligen Giovanni Gualberto14 erneuert hat, der ein Bürger von Florenz und Begründer der Glaubenskongregation der Vallombrosaner-Mönche15 war, weil jene und viele andere Werke, die danach geschaffen wurden, in keiner Weise an die Qualität der besagten Bauten heranreichten. Dasselbe traf, wie schon im Vorwort zu den Viten gesagt, auf die Werke der Bildhauerei zu, weil alles, was die Meister jener Zeit in Italien schufen, sehr ungeschlacht war,16 wie vielerorts und besonders in San Bartolomeo der Regularkanoniker in Pistoia zu sehen, wo an der Kanzel, die Guido da Como17 überaus unbeholfen ausgeführt hat, die Anfänge der Vita Jesu Christi dargestellt und mit folgenden Worten versehen sind, die der Künstler dort im selben Jahr 1199 ausgeführt hat:

DER BILDHAUER WIRD GELOBT, DER SICH IN SEINER KUNST UNTERRICHTET ERWEIST,

NÄMLICH GUIDO AUS COMO, DEN ICH ALLEN DURCH DIESE VERSE KUNDTUE.18

Kehren wir nun aber zu dem Sakralbau von San Giovanni zurück, wobei wir seine Anfänge überspringen wollen, weil Giovanni Villani und andere Schriftsteller bereits über ihn geschrieben haben.19 Wie wir schon sagten, leitet sich die heute gebräuchliche gute Bauweise von jenem Bau her; hinzufügen möchte ich, daß die Apsis unverkennbar später ausgeführt worden ist und man zu der Zeit, als Alesso Baldovinetti20 jenes Mosaik in der Nachfolge des Florentiner Malers Lippo21 restaurierte, sehen konnte, daß sie ursprünglich ganz rot ausgemalt und mit Zeichnungen auf Stuck ausgeführt worden...

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