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E-Book

Das Montessori-Elternbuch

AutorUlrich Steenberg
VerlagVerlag Herder GmbH
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl168 Seiten
ISBN9783451806230
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Wer einen Eltern-Erfolgsweg sucht wird bei seiner Suche unweigerlich auf 'Montessori' stoßen. Das neuartige Elternbuch des Montessori-Pädagogen und Autors Ulrich Steenberg, lässt sich ganz ein auf Eltern und deren Kernfragen rund um einen gelingenden Familienalltag. Auf 'narrative' Art - also mit bunten Alltagsgeschichten und vielen konkreten Beispielen - werden u.a. vier Grundsätze der Erziehung im Sinne Maria Montessoris anschaulich und kenntnisreich vorgestellt. Ein Buch mit Charme, erfahrungsreich geschrieben und mit hohem Aufforderungscharakter.

Ulrich Steenberg, Montessori-Pädagoge, Germanist und Theologe, war langjährig Leiter einer Fachschule für Sozial-und Heilpädagogik. (Mit-) Gründer von Montessori-Krippen, -Kitas und -Schulen. Internationale Beratungs- und Vortragstätigkeit. Zahlreiche Veröffentlichungen.www.ulrichsteenberg.de

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Leseprobe

Die „vier Wahrheiten“


An den Anfang unserer Überlegungen stelle ich vier „Grund-Sätze“, in denen die Art und Weise, wie Maria Montessori das Kind sieht, prägnant zum Ausdruck kommt. Ich nenne sie „die vier Wahrheiten“. Sie können (und sollen) unsere Einstellung und Haltung als liebend-wahrnehmende Eltern im Sinne Montessoris ganz wesentlich beeinflussen und prägen.

  1. Jedes Kind ist einzigartig.
  2. Jedes Kind ist anders.
  3. Allen Kindern ist etwas gemeinsam.
  4. Jedes Kind steht vor großen Entwicklungsaufgaben.

1. Jedes Kind ist einzigartig


Bevor sich die Ei- und die Samenzelle vereinigen, haben sie ganz unabhängig voneinander in der Frau bzw. im Mann gelebt. Und der „Lebensfunke“ der Zeugung hat eine über Milliarden Jahre reichende Vorgeschichte in der Evolution. In den Samen- und Eizellen, so erklären uns die Biochemiker und Humangenetiker, sind also jeweils Milliarden Jahre der Entwicklung des Lebens und Millionen Jahre menschlicher Entwicklung konzentriert.

Das heißt: Jedes unserer Kinder trägt die Geschichte des menschlichen Lebens in sich.

Gleichzeitig ist aber dieser Moment, in dem Ei- und Samenzelle sich vereinigen, einzigartig in der Geschichte der gesamten Menschheit. Unser noch kaum sichtbares und kaum spürbares Kind, gerade gezeugt – nicht einmal die Mutter weiß davon, und doch gilt schon: Dieses Kind ist einzigartig in der Geschichte der Menschheit.

Man spricht in der Erwachsenenwelt oft von „historischen Momenten“ und meint damit Ereignisse, die wegen ihrer Unwiederholbarkeit in die Geschichtsbücher eingehen könnten. Aber eigentlich ist jeder Zeugungsakt so ein historischer Moment. Und dass er in der Regel in einer Atmosphäre der Liebe stattfindet, hebt seine Einzigartigkeit noch einmal hervor.

Die Eltern wollen Glück, Zufriedenheit, ein gelingendes Leben mit ihrem Kind – und natürlich weiterhin eine erfolgreiche Paarbeziehung. Ist das Kind auf der Welt, so suchen viele Eltern sehr früh einen Weg, der, zumindest was das Leben mit dem Kind anbetrifft, diesen Vorstellungen und Wünschen entspricht.

In manchen Gesprächen mit Eltern ist mir deutlich geworden, dass die ursprünglich große Vorfreude auf ein Kind immer dann in eine Krise gerät, wenn man die sog. „Triade“ (also die Vater-Mutter-Kind-Beziehung) emotional überlastet und für sich selbst keine klare Vorstellung davon hat, nach welchen Leitlinien und Grundsätzen die Erziehung und Bildung des gemeinsamen Kindes stattfinden soll.

„Die Einzigartigkeit eines jeden Kindes öffnet uns die Augen, macht uns glücklich und dankbar und dadurch fähig, uns vom Kind durch sein Leben beschenken zu lassen. So wird es uns, und so werden wir es nicht verfehlen. […] Doch nur wer liebt, ist ein wirklich Sehender, und nur er kann die zarten Offenbarungen des Kindes sehen und verstehen. Und vor ihm wird ein Kind seine wahre Natur zeigen können“ (Montessori 1965: 22).

Das Wissen um die Einzigartigkeit des eigenen Kindes macht dankbar, kann aber auch belasten. Wird man alles richtig machen?

Entscheidend ist, dass tief im Herzen (aber gleichzeitig auch im Verstand) verankert ist, dass diese Einzigartigkeit auch eine Andersartigkeit, ja sogar eine körperliche oder geistige Behinderung bedeuten kann.

Man kann es wohl verstehen, wenn Eltern meinen: So stelle ich mir mein Kind vor! So soll es einmal werden. Aber wenn dann elterliche Wunschvorstellungen und kindliche Realität auseinanderklaffen, können Enttäuschungen und vielleicht sogar Verzweiflung die Folge sein.

Darum ist es so wichtig, dass man dem eigenen Kind von Anfang an mit einer gelassenen Einstellung begegnet. Der Alltag wird viele Überraschungen – und nicht nur angenehme – bereithalten.

Montessori wird nicht müde, zu betonen: Wer sein Kind wirklich liebt, wird davon Abstand nehmen, in ihm die eigenen Wünsche verwirklicht sehen zu wollen.

Nach Montessoris Auffassung ist das Kind der „Baumeister des Menschen“. Und sie erläutert: „Es gibt also in der kindlichen Seele ein Geheimnis, in das wir nicht eindringen können, wenn das Kind selbst es uns nicht dadurch offenbart, dass es allmählich sich selbst aufbaut“ (Montessori 1952: 32 = Montessori 1987: 27 = Montessori 2009: 38f).

Eltern sind also, wenn sie Montessori folgen, aufgefordert, so etwas wie Assistenten zu sein bei dem anspruchsvollen Prozess, den jedes Kind durchläuft, um seine eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Das ist anstrengend und schön zugleich.

Sollte man – als alltagsnahe Selbstkontrolle – gute Vorsätze haben? Ein „Montessori-Credo“ für Eltern gewissermaßen? Bei einem Montessori-Familienwochenende haben wir versucht, die Grundhaltung der Montessori-Pädagogik dem Kind gegenüber in einer Art Bekenntnis (Credo) zu formulieren. Dabei kam ungefähr das Folgende heraus:

Ein „Montessori-Credo“ für Eltern

  • Unser Kind gibt es nur einmal auf der Welt und in der Geschichte der Menschen.
  • Es ist einzig in seiner Art, einzigartig.
  • Es darf so werden, wie es ist.
  • Es soll alle seine Möglichkeiten realisieren können.
  • Wir als Eltern stellen uns dazu in den Dienst.
  • Es soll kein Abziehbild von uns werden – und auch von niemandem sonst.
  • Es soll seine eigene Persönlichkeit entwickeln und entfalten können.
  • So, wie es ist, hat es eine unantastbare Würde – wie jeder Mensch.
  • Das werde ich / werden wir in Partnerschaft respektieren und umzusetzen versuchen.

Würden Sie dem zustimmen können? Was würden Sie ergänzen? Was würden Sie streichen?

2. Jedes Kind ist anders


„Mein Kind kritzelt immer noch hin und her und malt überhaupt nicht wirklich“, klagt die Mutter eines 2-jährigen Mädchens. Ob sie denn jetzt zu Hause mit der Kleinen Häuser und Männchen malen üben solle?

Ständig vergleichen Eltern ihre Kinder mit anderen Kindern. Das beginnt zu Hause mit dem Vergleichen zwischen Geschwistern und setzt sich dann dadurch fort, dass das eigene Kind auf dem Spielplatz, im Kindergarten usw. mit anderen Kindern verglichen wird. Ich habe sogar erlebt, dass eine Mutter bei mir anrief und sagte, sie komme gerade aus der Entbindungsklinik und habe feststellen müssen, dass ein Kind, das am selben Tag geboren sei wie ihres, viel aktiver und viel fröhlicher sei. Ob da etwas nicht stimmen könne?

Das Vergleichen beginnt also schon in der Geburtsklinik.

Montessori, die nicht müde wird, von der Einzigartigkeit eines jeden Kindes zu sprechen, macht immer wieder darauf aufmerksam, dass jedes Kind einen eigenen Rhythmus des Wachsens hat, in körperlicher und in geistiger Hinsicht.

Es ist anstrengend, aber gleichermaßen auch notwendig, dem zu folgen.

Denn es gibt ja im „System Familie“ nicht nur individuelle Unterschiede, sondern auch Konflikte. Und da ist es nicht immer sicher, ob es so einfach geht, wie Montessori es fordert:

„[Das Kind] ist von Geburt an ein Geschöpf mit einer Seele, und wenn wir uns um sein Wohl sorgen müssen, dann genügt es nicht, sich um seine leiblichen Bedürfnisse zu kümmern. Wir müssen ihm auch den Weg für seine geistige Entwicklung eröffnen, wir müssen die Regungen seiner Seele vom ersten Tag an respektieren und ihnen zu folgen wissen“ (Montessori 2011: 84).

Wenn man es genau nimmt, kann man jedes Kind nur mit ihm selbst vergleichen – auch innerhalb derselben Familie. Jeder Vergleich mit anderen Kindern hätte zu viele Fehlerquellen und wäre nicht wirklich hilfreich. Und sogar die so häufig angebotenen und praktizierten Richtlinien für die Entwicklung (Was soll ein Kind wann können?) bieten bestenfalls Hinweise.

Nach Montessori trägt jedes Kind einen eigenen „Bauplan“ in sich. Notwendig für uns sei es, die Einzigartigkeit eines jeden Kindes zu akzeptieren. Eltern, die ihr Kind im Sinne Montessoris aufwachsen lassen wollen, verzichten deshalb auf wertende Vergleiche jeder Art. Sie geben lieber ihrem Kind dafür das kostbarste Geschenk, das sie haben: ihre Zeit. So werden sie die (innere) Stimme ihres Kindes wahrnehmen und seine unausgesprochene Bitte vernehmen:

„Gesteht mir zu, so zu sein, wie ich bin.

Glaubt mir, ich will das Beste aus mir machen.

Und ich weiß ja, ihr helft mir dabei.

Ich strenge mich wirklich an.

Aber manchmal geht es nicht so schnell wie bei anderen Kindern.

Ich bin nun mal ich.

Bitte, lasst mich so sein, wie ich bin.“

3. Alle Kinder haben etwas gemeinsam


Montessori bietet den Eltern eine (neue?) Perspektive an:

„Man sieht oft den einzigen Wert des Kindes für die Menschheit in der Tatsache, dass das Kind in der Zukunft ein Erwachsener sein wird. So verlegt man des Kindes Wert für die Menschheit ausschließlich in die Zukunft. Das lässt sich nicht rechtfertigen. Das Kind ist ein wichtiges menschliches Wesen in sich selbst. Das Kind ist nicht ein notwendiger Übergang, um ein Erwachsener zu werden […] Das Kind und der Erwachsene sind zwei verschiedene Teile der Menschheit, die aufeinanderwirken und bei gegenseitiger Hilfe in...

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