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Der Altar im Kirchenjahr

schmücken - gestalten - verkündigen

AutorDoris Schleithoff, Gabriele Eßmann, Ksenija Auksutat
VerlagGütersloher Verlagshaus
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl320 Seiten
ISBN9783641109004
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
Den Altar als liturgischen Ort neu entdecken

Der Altar - optischer Mittelpunkt fast aller Kirchenräume und dennoch gottesdienstlich oft ganz unentdeckt. Was wie ein bloßer Tisch erscheint, kann jedoch zum bildstarken, spirituellen Zentrum jeder gottesdienstlichen Feier werden. Wie, das zeigt dieses Buch.
Entlang des Kirchenjahres bietet es eine Fülle von praktischen Vorschlägen für die Altargestaltung - mit Gespür für das jeweils Eigene der Advents- und Weihnachts-, der Passions- und Osterzeit sowie der Trinitatissonntage. Alle Vorschläge sind mit Liebe zum Detail und doch immer mit dem Ziel leichter Umsetzbarkeit entworfen. Zahlreiche Bilder machen die Gestaltungsvorschläge im Wortsinn anschaulich. Vertiefungskapitel lenken den Blick auf die theologische Deutung des Altars in der Geschichte der Kirche. Schließlich geben die im Band enthaltenen Gebete und poetischen Texte Anregungen, den Altar auch liturgisch neu zu entdecken.
Ein umfassendes und praktisches Werk für die Wiedergewinnung des Altars im Gottesdienst.

  • Ein umfassendes, einzigartiges Handbuch
  • Hochwertig ausgestattet und mit zahlreichen leicht umsetzbaren Modellen


Ksenija Auksutat arbeitet als Pfarrerin in Darmstadt-Wixhausen und darüber hinaus als Buch- und Rundfunkautorin tätig.

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Leseprobe

2


Der Altar und seine Bedeutung in Bibel und Kirchengeschichte


DER ALTAR

Ganz gleich, wie eine Kirche gebaut ist, der Altar steht vorne in der Mitte und ist nicht zu übersehen. In romanischen Kirchen ist sein Platz in der Apsis, in gotischen Kirchen steht er im Chorraum. Umbauten und Neubauten weisen dem Altar heute häufig eine Stelle mehr in der Mitte der Gemeinde zu.

Dass der Altar eine besondere Wichtigkeit hat, kann man also im Raum ablesen. Aber wozu dient er? Welche Funktionen hat ein Altar zu erfüllen? Und welche Bedeutung hat er darüber hinaus? Bevor es ihn zu schmücken gilt, sollte man sich fragen, was man eigentlich tut, wenn man ein Tuch auflegt, frische Blumen in einer Vase arrangiert, Kerzen anzündet und vielleicht auch Brot und Wein für das Abendmahl bereitstellt.

In vielen Kirchen sieht der Altar sonntags immer gleich aus: Blume – Kerze – Kreuz – Kerze – Blume. Schön soll er aussehen, der Altar, saubere Tücher, wichtige Dinge wie die Bibel oder das Lektionar liegen darauf bereit. Man soll diesem Tisch mit besonderer Ehrfurcht begegnen, das lernen bereits die Konfirmanden. Und viele scheuen sich auch, so ohne weiteres nahe heranzugehen an diesen Platz.

Aber legt man nicht manchmal auch das Mikrofon darauf, ohne dass eine Donnerstimme vom Himmel schallt oder ein Stück Kirchendecke herabbricht? Was ist so besonders an diesem Tisch?

Der Begriff Altar übrigens ist in beinahe allen europäischen Sprachen gleich: holländisch altaar, französisch autel, spanisch, katalonisch und portugiesisch altar, italienisch altare, norwegisch, schwedisch und englisch altar, dänisch alter, tschechisch oltar, polnisch oltarz, kroatisch oltar, russisch oltary, ungarisch oltar.

Der Ausdruck selber entstammt dem lateinischen Wort ara für »Aufsatz auf dem Opfertisch«. Im Wort ara klingen auch die Begriffe für verbrennen (adolare) und arare (trocken, verbrannt sein) an. Der hebräische Begriff mizbeach bedeutet »die Schlachtstätte«, die griechische Vokabel dafür ist bomos (???ó?).2

Der Altar bezeichnet damit als Wort ursprünglich den »Opfertisch«. Außerhalb des religiösen Kultes hat das Wort keine praktische Bedeutung. Allerdings wird es in andere Kontexte übertragen, wenn zum Beispiel die Schlagzeile einer Zeitung heißt: »Bildung auf dem Altar des Einspardiktats geopfert.«

Aber der Altar ist nicht nur ein Hauptstück in jeder christlichen Kirche. Er ist religionsgeschichtlich so etwas wie ein Ur-Ort der Gottesbeziehung. So erzählt auch die Bibel immer wieder, dass Menschen einen Altar errichten, obwohl es an keiner Stelle der Bibel eine Anweisung Gottes dazu gibt. Sie schichteten Steine aufeinander und bauten daraus eine erhöhte Feuerstelle. Dann schlachteten sie ein Tier oder brachten andere wertvolle Erntegaben dar, um sie zu Ehren Gottes zu verbrennen. Es entsprach wohl dem Bedürfnis vieler Menschen, an so einem besonderen Ort, wie es der Altar war, mit Gott in Beziehung zu treten. Dankbarkeit spielt in diese Handlung genauso hinein wie die Hoffnung, mit der Gabe Gott gnädig zu stimmen.

Der Altar hat darum bis heute eine Bedeutung in der Glaubenswelt. Es ist der symbolische Ort der Gottesbegegnung. Hierzu ein Beispiel aus dem heutigen Gemeindealltag.

In der Markuskirche in Offenbach werden regelmäßig Kinderbibelnächte durchgeführt. Die Kinder dürfen sich dann am späten Abend in der Kirche frei einen Schlafplatz suchen. Die Kinder äußerten schon bald den Wunsch: »Wir wollen am heiligsten Platz schlafen!« Auch wenn es aus evangelischer Sicht keine »heiligen Plätze« gibt, erläutert die Pfarrerin Ursula Trippel, »erleben die Kinder hier ganz intuitiv, wo sich etwas verdichtet und sozusagen das Wort ganz lebenskräftig da ist. Schließlich liegt da die Bibel, werden von dort aus die Gebete gesprochen und da stehen Brot und Wein bei der Abendmahlsfeier. Der Altartisch betont, wovon wir leben, und dem wollen die Kinder ganz nah sein. Der Tisch wird dabei für sie zur Höhle, zum Hort der Geborgenheit, denn sie schlafen ja darunter. Bis heute ist dieser Platz der begehrteste Schlafplatz.«3

Der Altarbau entsprang immer dem Bedürfnis eines Menschen in einer besonderen Situation. Erlebnis und Ort wirkten zusammen, brachten Menschen dazu, sich Gott zuzuwenden mit ihrem Dank oder ihrer Not. Ein Blick in das Alte Testament macht schnell deutlich, wie sehr unsere heutigen Vorstellungen in der Tiefe verwurzelt sind in diesen Überlieferungen.

 

DER ALTAR IM ALTEN TESTAMENT ALS ORT DES DANKES UND DER ENTSÜHNUNG

Alle Religionen der Antike zelebrierten ihren Opferkult an Altären. Auch im Judentum wurde der Altar in seiner Funktion als Auflage oder Unterlage für die Opferdarbringung genutzt. Tiere oder Pflanzengaben wurden dort mit Feuer verbrannt. Der aufsteigende Rauch sollte Verehrung, Dankbarkeit und Bitten in Richtung des Himmels tragen, der für die Gläubigen der Ort göttlicher Gegenwart war. Der Mensch richtete an diesem Ort seine Gebete und Gedanken nach oben und erwartete Gottes Entgegenkommen hinunter zu ihm.

Zunächst entstanden Altäre unter freiem Himmel. Es gibt an vielen Orten archäologische Hinweise auf Altäre, ohne dass ein Tempel darüber errichtet wurde. Aber es gibt kaum Tempelanlagen ohne einen Altar darin.

Alle wichtigen Männer der Tradition des Gottesvolkes sorgten für diese besondere Form der Gottesverehrung. So baute Noah nach der Sintflut einen Altar. (1. Mose 8,20) Abraham baute Altäre (1. Mose 12,7; 13,18) ebenso wie Mose (2. Mose 17,15), Josua (Josua 8,30) und die Stämme Ruben, Gad und Manasse (Josua 22,10). Die Könige David (2. Samuel 24,25) und Salomo (Weisheit 9,8) errichteten Altäre für den Gott ihrer Väter, der auch ihr Gott geworden war. Weil Gott sich ihnen an diesem Ort nahte, waren auch sie erfüllt von Gottes Gegenwart, wenn sie sich wieder dem Alltagsleben und der Leitung und Führung ihres Volkes zuwandten.

Der Altar war aus Stein gebaut (2. Mose 20,24) oder aus Holz errichtet (2. Mose 27,1). Er stand erhöht, es führten Stufen hinauf (2. Mose 20,26). Der Altar konnte einen Namen bekommen. (»Gott ist der Gott Israels«, 1. Mose 33,20, oder »Haus Gottes, des Herrn«, 1. Chronik 22,1) Auch Verzierungen werden erwähnt: Metallplatten, Kupfer (2. Chronik 4,1) und Gold (1. Könige 6,20). Es gab Gitter vor dem Altar und Tücher, die den Blick auf den Altar verhüllten.4

Der Ort, an dem der Altar stand, wurde als heiliger Platz angesehen, weil an diesem Ort die Menschen Gott nahe kommen konnten und Gott sich ihnen – so hofften die Opfernden – mit seiner Gnade nahte. Gottes ersehnte und benötigte Gegenwart ereignete sich, wenn überhaupt, vor allem an diesem Ort. Das hatte Auswirkungen auf das Verhalten der Gläubigen. Sie näherten sich dem Altar mit großem Respekt, sie achteten den Altar und den ihn umgebenden Bereich. Die Annäherung geschah häufig in einer ritualisierten Weise des Schreitens, der Altar konnte vor der Opferung mit den Gaben umrundet werden, später durften sich nur auserwählte Priester dem Altar nähern.

Auf dem Altar wurden Brandopfer entrichtet (z. B. 3. Mose 1) und das Volk von seiner Sünde »entsühnt« (z. B. 2. Mose 30,10). Die Psalmen singen von der Befreiung von Schuld durch Vorbereitung auf den Altardienst (»Ich wasche meine Hände in Unschuld und halte mich, Herr, zu deinem Altar«, Psalm 26,6), von der Freude, die in der Nähe zum Altar erlebt wurde (Psalm 43,4), und der Hoffnung auf Annahme der Opfer durch Gott. (»Dann werden dir gefallen rechte Opfer, Brandopfer und Ganzopfer«, Psalm 51,21) Der Altar war auch ein Ort, an dem Trauer und Ängste vor Gott gebracht wurden. (Maleachi 2,13, Judith 4,8)

Der Altar wurde zum Bekenntnis zu Gott in der Fremde (z. B. in Ägypten, vgl. Jesaja 19,19) und konnte ebenso Schaden leiden als Zeichen der Verirrung des Volkes Gottes: »Der Herr hat seinen Altar verworfen und sein Heiligtum entweiht.« (Klagelieder 2,7)

Zugleich war der Altar auch Ausdruck der Konkurrenz, wenn es um die Frage ging, welcher Mensch Gott am nächsten komme und welche religiöse Botschaft die wahre sei. Kain ermordete seinen Bruder Abel aus Neid darüber, dass Gott dessen Opfer vorzog. (1. Mose 4,3–5) Der Prophet Elia trat in Wettstreit mit Baalspriestern. Der Gott der Israeliten siegte und die Konkurrenz wurde brutal ausgeschaltet (1. Könige 18,21–39).

Umgekehrt offenbarte sich Gott Menschen auch direkt am Altar. So berief er Jesaja mit glühenden Kohlen vom Opferfeuer des Altares (Jesaja 6,6), und Amos empfing seine Vision in einer Gotteserscheinung über dem Altar (Amos 9,1).

 

Doch der zunehmend in die Zuständigkeit der Priesterkaste fallende Opferdienst in den Tempelorten Jerusalem und Sichem (mit dem Tempel Garizim, im Nordreich) rief auch Kritik wach. Die Aufwendungen für Opfergaben waren für viele einfache Bauern oder Handwerker und ihre Familien sehr hoch. Die Tempelbediensteten lebten teilweise recht üppig auf Kosten der übrigen Bevölkerung.

Kritik an den Opfergepflogenheiten war eine wichtige Aufgabe der Propheten, so kündete der Prophet Hosea vom Willen Gottes: »Ich habe Lust an der Liebe und nicht am Opfer, an der Erkenntnis Gottes und nicht am Brandopfer.« (Hosea 6,6) Gottesliebe hatte für diesen Propheten oberste Priorität. Sie konnte sich zeigen in der Abkehr von anderen Göttern, in der Befolgung der Weisung Gottes, der Thora.

Aber vor allem...

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