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E-Book

Der Mann und das Holz

Vom Fällen, Hacken, Feuermachen

AutorLars Mytting
VerlagInsel Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl222 Seiten
ISBN9783458737704
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis10,99 EUR

Wussten Sie, dass der höchste Holzverbrauch aus Butan gemeldet wird - und nicht etwa aus Skandinavien oder Russland? Dass die Bäume für das beste Brennholz im Frühjahr gefällt werden? Dass es einen Unterschied macht, ob Holz »Borke oben« oder »Borke unten« gestapelt wird? Dass der Holzstapel Rückschlüsse auf den Charakter des Staplers zulässt? Aprikosenholz brennt anders als Mandelholz. Birkenholzscheite verströmen im Kamin einen feinen Duft ...
Davon erzählt Lars Myttings Buch, das gleichzeitig auch eine Anleitung ist zum Fällen, Hacken, Stapeln - und die Kunst lehrt, ein schönes Kaminfeuer am Brennen zu halten.
Wer früher ein Taschenmesser in der Tasche hatte, wird nach Konsultation dieser ebenso informativen wie unterhaltsamen und anekdotenreichen »Bibel« zu Axt oder Säge greifen.

Mit Mytting wird aus einem nostalgischen Gefühl eine Bewegung, eine sinnliche Erfahrung, eine Leidenschaft, die nicht nur den Praktiker im Wald, sondern auch den »Armchair Woodsman« zu Hause erfasst.



Lars Mytting, geboren 1969, stammt aus F&aring;vang im norwegischen Gudbrandsdalen. Seine B&uuml;cher wurden in zwanzig Sprachen &uuml;bersetzt und weltweit mehr als zwei Millionen Mal verkauft. Im Insel Verlag erschien sein Bestseller <em>Der Mann und das Holz</em>.<em> Vom F&auml;llen, Hacken und Feuermachen</em> und zuletzt der Roman <em>Ein R&auml;tsel auf blauschwarzem Grund</em>, der zweite Teil der Schwesternglocken-Trilogie.

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Leseprobe

Vielleicht haben die Jahrtausende im Frost zu einem spezifischen nordischen Holzfeuerungsgen geführt, das den Menschen in warmen Lebensräumen fehlt. Denn ohne Holz hätten weder Skandinavier noch Sibirer überlebt. Auch das Heizen mit Öl- und Elektroöfen über fast ein Jahrhundert hat diesem Gen nichts antun können, und vielleicht ist die Freude, mit der sich so viele aufs Holz stürzen, auf jenes alte Gen zurückzuführen. Es verbindet uns mit dem Jäger und Sammler, von dem wir alle abstammen.

Überall auf der Welt wird Holz geschlagen und für den nächsten Winter getrocknet. Das schlägt sich auch in der jeweiligen Sprache nieder. Auf Norwegisch, Schwedisch und Dänisch heißt Brennholz ved, was fast identisch ist mit dem altnordischen Wort für Wald (viðr). Dasselbe gilt für das englische wood. Wald und Wärme waren ein Synonym, egal, ob sich die Menschen um Lagerfeuer oder um Kamine und Öfen versammelten. In allen Sprachen gibt es alte Redensarten, in denen Holz eine Rolle spielt. Wer zum Beispiel »viel Holz« hat, ist reich.

Der Holzverbrauch in Skandinavien ist in den letzten 30 Jahren wieder kräftig gestiegen. Wir haben riesige Waldgebiete, und die Tradition der Holzfeuerung ist durch Kohlefeuerung oder andere Energie kaum geschmälert worden. Die Skandinavier haben viel zur Entwicklung moderner, umweltfreundlicher Öfen beigetragen. Sie haben guten Grund dazu, denn trotz Klimawandel ist es in Skandinavien immer noch kalt.

HOLZ UND BEHAGLICHKEIT


Das Fällen, Stapeln und Trocknen von Holz wird in allen nordischen Ländern auf ähnliche Weise gehandhabt. Der durchschnittliche Brennholzverbrauch liegt in Norwegen bei 300, in Schweden bei 340 und in Finnland bei 390 kg pro Einwohner. Allein Schweden, das die größte Einwohnerzahl aufweist, verbraucht pro Jahr 3 Millionen Tonnen Holz. Selbst im Ölland Norwegen stammen 25 % der Heizenergie für Wohnhäuser aus Holzverbrennung, und die Hälfte des dazu benötigten Holzes wird privat geschlagen.

Trockene Fjellbirke in stabilem Vierkantstapel. Gestapelt von Eimund Åsvang, Drevsjø.

Der nordische Holzverbrauch ist also nicht groß. Er ist kolossal.

In einem durchschnittlich kalten Winter verbrauchen die Norweger 1,5 Millionen Tonnen. Zu einem 30 cm breiten und 2 m hohen Stapel geschichtet, wäre dieser 7200 km lang. Norwegens nationaler Brennholzstapel reicht von Oslo bis in den Kongo. Nebeneinander gestapelt, was praktischer wäre, würde dieselbe Menge bei gleicher Höhe eine Fläche von gut 2 km2 bedecken.

Dies ist kein Rechenfehler, sondern ein von den Computern des Statistischen Zentralbüros errechneter Wert. Anschaulicher ist dieser Vergleich: 1,5 Millionen Tonnen würden ungefähr 2000 Güterzüge mit je 12 Holzwaggons füllen. Norwegen besteht zu etwa einem Drittel aus Wald. Tatsächlich entspricht der Verbrauch nur 12 % von dem, was nachwächst, und weniger als 0,5 % des bestehenden Waldvolumens in Norwegen.

Im internationalen Vergleich stehen wir Norweger somit gut da. Den Weltrekord im Holzverbrauch hält weder Skandinavien noch Sibirien, sondern das asiatische Bhutan, wo jeder Einwohner durchschnittlich 850 kg Brennholz pro Jahr verbraucht. Dort stammen 90 % aller Energie, die zum Heizen und Kochen eingesetzt wird, aus Holz. Auf dem Land liegt der Durchschnittsverbrauch sogar bei 1250 kg. Die Bhutaner schlagen ungefähr so viel Holz, wie dort nachwächst. Ihr hoher Verbrauch ist nicht nur ein ökologisches, sondern auch ein soziales Problem, das Land befindet sich stets am Rande einer Holzkrise.

Auch in großen Teilen Europas gab es solche Energiekrisen. In früheren Jahrhunderten wurde für Schmelzwerke, Häuser- und Schiffsbau so viel Holz verbraucht, dass über weite Strecken Holzmangel herrschte. Die kleine Eiszeit im 16. und 17. Jahrhundert verschärfte die Lage, und viele Länder konnten die Energieversorgung nur noch durch Kohlefeuerung gewährleisten. Auch in Schweden war der Holzverbrauch gefährlich hoch. Die Häuser wurden damals mit offenen Kaminen beheizt, in denen Tag und Nacht Feuer brennen musste.

Offene Feuerstellen heizen nicht gut. Allein im Winter 1550 verbrauchte man am Hof von Johann III. auf Schloss Vadstena über 33 000 Ladungen Brennholz. Als im 17. Jahrhundert die großen Eisenwerke aufkamen und riesige Waldgebiete gerodet wurden, stand Schweden kurz vor einer Energiekrise. Zum Glück beauftragte der Reichsrat zwei tüchtige Ingenieure mit der Konstruktion effektiverer Öfen. Sie erfanden den Kachelofen, wie wir ihn heute kennen. »Zum Holzsparen«, wie es schon 1767 hieß.

In anderen Ländern ging die Kultur der Holzfeuerung verloren. In Großbritannien wurde gerodet und urbanisiert und man ging schnell zur Kohle über. Doch die Erinnerung an die Qualitäten des Holzfeuers blieb. In Oscar Wildes Das Bildnis des Dorian Gray symbolisiert es den Klassenunterschied. Dort heißt es, »der Besitz von Kohle habe den einen Vorteil, einem Gentleman den Luxus zu ermöglichen, auf seinem eigenen Herde Holz zu brennen«.

In Norwegen wurden nur Eichenwälder gerodet, und die Bevölkerungszahl war nie so hoch, dass die Lage prekär wurde. Auch in Finnland dominierte Holz als Wärmequelle aufgrund der reichen Ressourcen weiterhin über die Kohle. Erst im 20. Jahrhundert, als Elektrizität und Ölfeuerung gebräuchlich wurden, sank der Holzverbrauch, besonders in den Städten.

SICHERHEIT IN KRISENZEITEN


Auch der Zweite Weltkrieg machte deutlich, wie wichtig das Holzfeuer in Krisenzeiten ist. Im besetzten Norwegen wurden Koks und Öl drastisch rationiert. Hingegen stieg der Holzverkauf 1943 gegenüber 1938 um das Vierfache, auch wurde wesentlich mehr Holz durch Privathaushalte gefällt. In Finnland wurde das Holz regelrecht gebunkert. Man schlug über 10 Millionen Tonnen pro Kriegsjahr, und jeden Herbst verwandelte sich der 1,6 km lange Hakaniemi-Platz in Helsinki in ein Holzlager. Wahrscheinlich standen dort die größten zusammenhängenden Holzstapel, die es je gegeben hat.

Hunderttausende Fahrzeuge wurden damals in Europa mit Holzvergasern ausgestattet – eine Notlösung, die überraschend viele Gemeinsamkeiten mit moderner Verbrennungstechnologie aufweist. Ein großer Kessel wurde hinten an das Fahrzeug montiert und mit Spänen – heute wären es Pellets – gefüllt, meist aus Espe oder Erle. Diese wurden verschwelt, und das dabei entstandene Holzgas durch ein Rohr in den Motor geleitet. Den eigentlichen Vergaser ersetzte man oft durch ein Ventil, durch das dem Gas Luft beigemischt wurde. Der Motor blieb der alte, und im Idealfall kam man mit 2 bis 3 kg Spänen so weit wie mit 1 Liter Benzin. Zeitzeugen berichten, dass es gegen Ende des Krieges kaum noch Espen in Südnorwegen gab.

Einige der weltgrößten Holzlager wurden auf dem Hakaniemitorget in Helsinki während der beiden Weltkriege aufgestapelt. Jedes Jahr wurde der Platz mit meterhohen Holzstapeln vollgestellt. Das Foto stammt aus den Rekordjahren 1941-1944, in denen allein in Finnland 25 Millionen m2 pro Jahr gefällt wurden.

Foto: Pekka Kyytinen / Helsinki Stadtmuseum

Auch in der Nachkriegszeit spielten Holzöfen beim Wiederaufbau eine wichtige Rolle, besonders in Nordnorwegen. 1946 gab die Regierung eine klare Order an die Produzenten: Lieferungen in die Finnmark hatten Priorität, auch wenn der Export lukrativer war. Ohne Holzöfen kein Hausbau und keine Wiederbevölkerung der verbrannten Provinz. Die Holzwirtschaft war von großer Bedeutung für die Pläne, die 1944 von der Exilregierung bekannt gegeben wurden. Sofort nach Kriegsende sollten 220 000 Bogensägeblätter, 515 000 Feilen, 10 000 Wetzsteine und 5300 Schäleisen angeschafft werden.

WIEDERAUFBAU UND MODERNISIERUNG


Mit dem Frieden kamen auch die industriellen, einfach einzusetzenden Energien zurück. Alte Reklamen für Elektroöfen dokumentieren den damaligen Zeitgeist: Neben Klappfenstern und Linoleumböden war der elektrische Heizkörper ein Symbol der modernen, bequemeren Zeit. Endlich war die Familie von der Brandgefahr befreit, von Ruß, Spänen und Aschekästen. Man musste kein Holz mehr schleppen, keine Kamine instandhalten und vor allem nicht mehr mitten in der Nacht aufstehen, damit der Ofen nicht ausging. Es muss ein herrliches Gefühl von Modernität gewesen sein, nachts das leise Klicken des Thermostats zu hören und sich im warmen Bett einfach umzudrehen.

Kein Wunder, dass der Holzverbrauch in dieser Zeit drastisch sank. Das Holzfällen und Holzmachen war in den Fünfzigerjahren noch fast genauso anstrengend wie 100 Jahre zuvor. Alles geschah per Hand. Die Öfen waren längst nicht so effektiv wie heute und die Häuser oft schlecht isoliert. Strom und Öl waren billige, komfortable Alternativen und hielten die Wärme den ganzen Tag. In den Siebzigerjahren waren Öl und Strom extrem billig. Nur wer über eigenes Holz verfügte, heizte noch damit. Doch mit Energiekrisen und Preissteigerungen nahm Holz an Bedeutung wieder zu.

»Ende März 1845 borgte ich mir eine Axt und wanderte hinab in den Wald zum Waldenteich, in dessen unmittelbarer Nähe ich mein Haus bauen wollte […] Der Besitzer der Axt sagte, als er mir zeitweise sein Eigentumsrecht an derselben übertrug, sie sei sein Augapfel. Ich gab sie ihm aber schärfer zurück, als ich sie empfing.« So schrieb Thoreau am Anfang von Walden. Vermutlich nutzte er eine Axt wie die auf dem Foto – eine American Felling Axe von Gränssfors.

Seit dem Tiefpunkt von 1976 ist der...

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