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E-Book

Der Richter, sein Urteil und sein Gewissen. Analyse des Grenzbegriffs in den Filmen Kie?lowskis

AutorIna Draijer
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl65 Seiten
ISBN9783668068155
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis26,99 EUR
Studienarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich Filmwissenschaft, Note: 1,0, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg (Institut für Erziehungswissenschaft), Veranstaltung: Die Handschrift der Filmemacher, Sprache: Deutsch, Abstract: Während seines Filmschaffens hat Kie?lowski eine einzigartige Handschrift entwickelt, die neben anderen Merkmalen auch die Thematik der Grenzen beinhaltet. Dabei stehen seine Charaktere stets vor schwierigen Entscheidungssituationen, die sie mit ihrem Gewissen zu vereinbaren haben. Mit welcher Art von Grenzen und Grenzsituationen sehen sie sich dabei konfrontiert? Zu Beginn dieser Arbeit möchte ich einen sehr knappen Abriss über Kie?lowski selbst geben, seine Bio- sowie Filmographie und seine weiteren handschriftlichen Merkmale beschreiben, bevor ich den Bildungsinhalt von Grenzen in Filmen nach Marotzki und Jörissen zusammenfassen werde. Danach werde ich einen kurzen Abriss über das Gewissen geben, ein Begriff, der in Zusammenhang mit den Grenzen von Bedeutung sein wird, sich aber hier vom üblichen Verständnis abhebt. Zur Vorbereitung auf die Filme, die im Anschluss genauer vorgestellt werden, gebe ich zunächst auch einige Hintergrundinformationen zur Geschichte und Kirche Polens zu Lebzeiten Kie?lowskis. Schließlich werde ich drei Filme Kie?lowskis, auf die ich mich in dieser Arbeit besonders konzentrieren und als Beispiele verwenden möchte, näher vorstellen und einen inhaltlichen Einstieg bieten. Dieses Wissen werde ich danach nutzen, um auf ein komplexes Gefüge von Idealen, Entscheidungen, Grenzen und Gewissen in Kie?lowskis Filmen hinzuweisen. Eine Zusammenfassung der Erkenntnisse erfolgt schließlich in einem letzten Fazit.

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Leseprobe

6 Filme von Kieślowski


 

Im Folgenden sollen kurz drei Filme von Kieślowski vorgestellt werden, anhand derer ich im Anschluss das Gefüge aus Entscheidungen und Gewissen aufzeigen möchte. Die Auswahl der Filme erfolgte anhand der in ihnen vorgestellten Ideale (vgl. Kapitel 7.1), um von jedem Fall ein Muster zu haben. Gleichzeitig orientiert sich die Auswahl aber auch an bereits vorgestellten Arbeitsphasen Kieślowskis. Seine Dokumentationen sind aus dieser Arbeit zwar ausgeklammert, aber die Beispiele stammen aus der frühen („Die Narbe") und der späteren Phase („Dekalog, 2") seiner polnischen Spielfilme. Des Weiteren ist auch ein Exemplar der ausländischen Produktionen aufgenommen worden („Drei Farben: Rot"), sodass letzten Endes wieder drei Arbeitsphasen entstanden sind.

 

6.1 Die Narbe[1]


 

Der Film „Die Narbe" spielt in der polnischen Stadt Olecko. Eine Delegation lokaler Politiker bereitet sich gerade auf den Empfang von einigen anderen Politikern vor. Olecko hat sich - neben anderen Woiwodschaften - um den Bau einer großen Chemiefabrik beworben. Die Bewohner von Olecko sind gegen den Bau der Fabrik in ihrer Stadt. Bereits zu Beginn des Treffens macht einer der Besucher, die nun entscheiden sollen, ob Olecko der richtige Standort für die künftige Fabrik ist, darauf aufmerksam. Die lokalen Politiker argumentieren, dass die Bewohner die Fabrik benötigen würden, um Arbeit zu haben und verweisen dabei auf eine Menschenmenge vor dem Gebäude, die sie zuvor selbst organisiert haben. Die Männer beschließen: die Fabrik soll in Olecko gebaut werden. Direktor der neuen Chemiefabrik soll Stefan Bednarz werden, der bereits vorher in Olecko gelebt hat und daher mit der Stadt vertraut ist. Seine Frau zieht allerdings nicht mit ihm zurück in die ehemalige Heimat, aufgrund eines persönlichen Zwischenfalls mit einem Mann namens Lech. Stefan zieht alleine nach Olecko.

 

Der Wald um Olecko muss für den Bau der Fabrik gerodet werden. Ein Reporterteam beginnt, den aufwendigen Bau zu begleiten. In der Waldgegend stehen allerdings auch kleine Häuser, die abgerissen werden sollen. Es kommt zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den Anwohnern und den Politikern. Bei einer offenen Diskussionsrunde erfahren die Bewohner, dass die Fabrik größer werden soll als ursprünglich geplant. All ihre Kritik wird von den lokalen Politikern abgewiesen. Außerdem beginnt eine Gruppe Soziologen, die Leute Oleckos zu befragen, um die Stimmung im Land nachzuvollziehen.

 

Stefan versucht mit den lokalen Politikern ins Gespräch zu kommen, um eine Lösung zu finden, in der sowohl die Fabrik gebaut werden als auch ein Teil des Waldes weiter bestehen kann. Statt der neu geplanten Wohnungen möchte er lieber die Straßen nutzen und die Arbeiter vom bisherigen Wohnort künftig mit dem Bus zur Fabrik bringen lassen. Aufgrund der schlechten Straßenverhältnisse und den Wetterbedingungen ist dies allerdings nicht möglich.

 

Als die Wohnungen fertig sind, zieht Stefan ebenfalls ein. Bei einem Gespräch mit dem Minister wird er zurechtgewiesen, weil er Lech, der in der Verkehrsabteilung arbeitete, nicht zum Assistenten nehmen will. Bei einem kurzen Aufenthalt an seinem früheren Wohnort trifft er außerdem seine Tochter Ewa, die sich erneut getrennt hat. Er versucht sie zu überreden, eine Beständige Beziehung zu suchen.

 

Kurz vor der Fabrikeröffnung stehen zahlreiche Leute zur Arbeitseinschreibung Schlange, die meisten ohne nennenswerten Bildungsabschluss. Stefan findet in dieser geschäftigen Zeit heraus, dass Lech nun doch als Verkehrsleiter in der Fabrik arbeitet. Er feuert den Personalchef. Außerdem lädt Stefan seine Frau zur Fabrikeröffnung ein, die mit einem Volksfest gefeiert wird. Auch Ewa und ihr neuer Verlobter, ein Fotograf, sind anwesend. Stefan verspricht einem der Arbeiter, der zu ihm kommt, ebenfalls Arbeit in der Fabrik, später wird der Mann betrunken vom Fest verwiesen. Stefan bekommt von dem Vorfall nichts mit. Am Abend trifft er sich mit Ewa, beide blicken auf den beleuchteten Friedhof. Es kommt zum Streit, Ewa möchte, dass Stefan sich bei Lech für früher entschuldigt. Ihr Vater wirft ihr im Gegenzug die Abtreibung zweier Kinder vor, woraufhin Ewa wegrennt. Später sieht er im Fernsehen einen ausführlichen Bericht über die Einweihung der Fabrik.

 

In den nächsten Tagen bemerkt Stefan einen Totenzug, bei dem auch der Reporter mitläuft, der ihn seit dem Bau der Fabrik begleitet. Später empfängt er eine Delegation von Bürgern, hauptsächlich Frauen, und es kommt zu einer kritischen Diskussion über die sozialen Umstände in dem neuen Wohnviertel. Stefan komplementiert sie schließlich hinaus, in Zukunft wird sein Assistent sich mit solchen Gruppen beschäftigen.

 

Bei einem weiteren Festakt besucht ihn überraschend seine Frau, Ewa hat in der Nacht ein Kind bekommen. Mit der Fabrik geht es derweilen bergab, Stefan wird in einer Konferenz der Partei von mehreren Ministern scharf zurechtgewiesen und aufgefordert, die Missstände zu beseitigen. In den Tagen zuvor hat vor allem eine aufgemalte Parole, „Weg mit dem Kombinat", für Aufsehen gesorgt. Stefan sichert zu, sein Möglichstes zu tun, um die angesprochenen Probleme zu beheben, gesteht gleichzeitig aber auch, dass er nicht seine Arbeitsweise bzw. seine Persönlichkeit ändern kann.

 

Der Reporter besucht Stefan erneut und spielt ihm ein Tonband vor, auf dem Stefan noch von Verbesserungen durch die Fabrik spricht. Er möchte die Fabrik weiter filmisch begleiten. Stefan dagegen versucht bei seinem Treffen mit dem Minister von seinem Posten als Direktor der Chemiefabrik zurückzutreten, der Minister lehnt jedoch ab. Der Reporter und sein Team befragen derweil die Arbeiter, diese klagen über Probleme. Der Assistent Stefans verweist das Team daraufhin aus der Fabrik und konfisziert die Aufnahmen. Der Reporter möchte deswegen mit Stefan reden, dieser weicht ihm aber aus. Dennoch wartet der Reporter vor seinem Haus, und sie reden bei einem gemeinsamen Abendessen miteinander. Der Reporter gesteht dabei, dass sein verstorbener Onkel die Parole an das Kombinat geschmiert hat. Stefan gibt zu, sich bei seinen Entscheidungen bezüglich der Fabrik nicht mehr allzu sicher zu sein.

 

Eines Morgens liest Stefan in der Zeitung von Unruhen in Danzig. Er trifft auf Lech, gemeinsam fahren sie zur Fabrik. Auch dort legen die Leute die Arbeit nieder und versammeln sich vor dem Direktorat. Stefan geht hinaus und spricht zu ihnen, sagt, dass er auf ihrer Seite ist. Später packt Stefan seine Sachen zusammen, sein Assistent und Lech verabschieden sich von ihm. Zuletzt verbringt er seine Zeit mit einem Baby, dem er versucht, das selbstständige Laufen beizubringen.

 

6.2 Dekalog, 2


 

Der alte Oberarzt eines polnischen Krankenhauses begegnet einer Frau im Flur seines Wohnkomplexes. Sie stellt sich als Dorota Geller vor, deren Ehemann bereits seit einiger Zeit schwer krank beim Oberarzt auf der Station liegt. Sie möchte nach seinem Gesundheitszustand fragen, aber der Oberarzt verweist sie nur an die Sprechstunde. In den nächsten Tagen trifft der Oberarzt sich mit Frau Bassia, einer älteren Dame, die bei ihm putzt und der er anschließend bei einer Tasse von seiner Frau und seinen zwei Kindern erzählt. Dorota ist allein in ihrer Wohnung. Als der Oberarzt auf seinem Weg zur Arbeit ihr erneut auf dem Flur begegnet, willigt er ein, dass sie später am Tag persönlich zu ihm kommen kann. Sie besucht ihn früher als abgemacht und verlangt zu wissen, ob ihr Mann seine Krankheit überleben wird. Der Oberarzt verweigert eine Aussage, er weiß nicht, ob Dorotas Ehemann es überstehen kann. Währenddessen befindet sich besagter Mann in einer Art Delirium und beobachtet, wie Wasser von den Wänden tropft. Nach ihrem missglückten Gespräch mit dem Oberarzt lauert Dorota ihm erneut auf und verfolgt ihn mit dem Auto zu seiner Wohnung, wo sie schließlich auch eingelassen wird. Erneut verlangt sie zu erfahren, ob ihr Mann leben wird, aber der Oberarzt meint wieder, dass er es nicht weiß. Daraufhin erzählt sie ihm, dass sie bisher keine Kinder bekommen konnte, nun aber von einem anderen Mann schwanger ist. Sie ist überzeugt, dass sie nach einer Abtreibung nicht erneut schwanger werden kann und hat mit diesem Wissen den Entschluss gefasst, das Kind abzutreiben, wenn ihr Mann überleben sollte. Sie beschreibt, dass sie aber beide - ihren Ehemann und den Vater des Kindes - liebe. Der Oberarzt hört sich ihre Geschichte in Ruhe an, kann ihr am Ende aber dennoch nur sagen, dass die Zukunft ihres Ehemanns ungewiss ist. Dorota verlässt wütend seine Wohnung. Am selben Abend kommt ein Freund ihres Mannes vorbei, der die Ausrüstung für den gemeinsamen Club zu ihr bringt, die sie wütend wieder hinauswirft. Auch der Vater des Kindes, ein Musiker, der momentan verreist ist, ruft an, aber Dorota lässt ihn auf den Anrufbeantworter sprechen.

 

Am nächsten Morgen hat sie einen Termin beim Gynäkologen und verabredet einen Termin zur Abtreibung. Der Oberarzt und sein Assistent untersuchen währenddessen die Gewebeproben von Dorotas Ehemann und müssen feststellen, dass seine Krankheit zunehmend schlimmer wird. Am Abend ruft erneut der potentielle Vater bei Dorota an. Dorota, die ihm eigentlich ins Ausland nachreisen wollte, erzählt ihm, dass sie das Kind abtreiben wird und beide schlussfolgern, dass sie nicht mehr zusammen sein können. In der Wohnung des Oberarztes unterhält sich dieser mit Frau...

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