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Der Wille zur Lust

Pornographie und das moderne Subjekt

AutorSvenja Flaßpöhler
VerlagCampus Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl259 Seiten
ISBN9783593406800
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis27,99 EUR
Mit der Moderne entstand eine Pornographie, die allein der Erregung diente. Erstmals äußerte sich dieser Wille zur Lust in den Schriften des Marquis de Sade. Seitdem ist die Pornographie in viele Bereiche des Alltags vorgedrungen und zu einem prägenden Element westlicher Kultur geworden. Svenja Flaßpöhler zeichnet diese Entwicklung nach und erläutert schließlich, warum insbesondere der Film geeignet ist, unser Bedürfnis nach selbstgenügsamer Erregung zu stillen. Die bewegten Bilder zeigen uns etwas vermeintlich »Reales« - etwas, das die Schrift nur als Abwesendes zu bezeichnen vermag - und erregen uns fast wie auf Knopfdruck. Damit werden wir zu Lustmaschinen, die sich selbst genügen und den Anderen nicht mehr brauchen, um Befriedigung zu erlangen.

Svenja Flaßpöhler, Dr. phil., promovierte in Philosophie an der Universität Münster. Als freie Autorin arbeitet sie für den Deutschlandfunk und schreibt unter anderem für die FAZ, die Welt, den Freitag, die Berliner Zeitung und Psychologie Heute.

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Leseprobe
Die Pornographie, so scheint es, ist salonfähig geworden. Auf überlebensgroßen Plakaten klemmt Ex-Pornostar Gina Wild ein Dosengetränk 'in klassischer Titfuck-Pose' zwischen ihre Silikonbrüste und lächelt in die Kamera; die lolitahafte Popsängerin Britney Spears verwandelt sich in ihrem Videoclip Toxic (2004) in eine professionelle tease, die dickliche, bebrillte Männer gekonnt auf der Flugzeugtoilette verführt; die Kunstkritikerin Catherine Millet entwirft sich in ihrer Autobiographie Das sexuelle Leben der Catherine M. als eine durch und durch triebgesteuerte Kunstszenen-Nymphomanin; die Schriftstellerin Nelly Arcan erzählt von ihrer Vergangenheit als Hure, und die ehemalige Pornodarstellerin Sibel Kekilli verlässt die Berlinale 2004 mit einem Goldenen Bären. Das Pornographische, schreibt Jörg Metelmann, 'ist [...] vollends aus den tabuisierten Räumen des tolerierten Verwerflichen an die Oberflächen der breiten Öffentlichkeit getreten; es pornoisiert den Mainstream, die Popkultur. Pornowerbung schmückt Fassaden und Museen, Popstars wollen mit eindeutig zweideutigen Clips den Pop retten, ?explicit contents? füllen die CD-Regale und Buchläden'. Doch derart pornographisiert wie Metelmann meint, ist die breite Öffentlichkeit dann in letzter Konsequenz doch nicht. Zwar gibt es auf Plakatwänden durchaus Frauen zu sehen, die verheißungsvoll lächelnd und eine Schürze mit der Aufschrift 'Kleine Schweinerei gefällig?' tragend ihren Mund zu einem saftigen Fleischspieß führen. Völlig undenkbar ist es hingegen, in einer Werbung tatsächlich ein steifes Glied, geschweige denn eine Fellatio zu zeigen. Und auch im Mainstreampop gibt es nach wie vor Grenzen - Grenzen, die etwa durch den Skandal um die herausgerutschte Brust Janet Jacksons bei einem Superbowl-Auftritt deutlich markiert werden. Überschreitungen des guten Tons sind tatsächlich nach wie vor nur in der alternativen Musikszene zu beobachten, so etwa wenn die kanadische Elektropunkerin Peaches ihr Schamhaar wild aus den Hot-Pants wuchern lässt, sich während ihrer Auftritte ein Mikrophon zwischen die Beine schiebt und auf ihrer Internetseite eine Scrotch Gallery einrichtet. Doch selbst Peaches ist immer noch weit davon entfernt, tatsächlich ihre Vulva in die Kamera zu halten: Die Genitalien bleiben in den Medien der breiten Öffentlichkeit bedeckt - und dies zunächst einmal einfach deshalb, weil eine Zurschaustellung pornographischen Materials nach §184 des Strafgesetzbuches verboten ist. Doch vielleicht lässt sich für die öffentliche Zurückhaltung noch ein weiterer Grund anführen. Denn mit Winfried Menninghaus könnte man vermuten, dass es selbst einer provokanten Elektropunkerin wie Peaches letztendlich um einen ästhetischen und nicht um einen sexuellen Genuss geht. So behauptet Menninghaus unter Rückgriff auf Sigmund Freud, dass wir Genitalien nicht schön, sondern sexuell erregend fänden und sich genau auf diese Differenz die Genese des Ästhetischen zurückführen lasse: 'Wären auch die menschlichen Genitalien selber schön, wären sexuelle und ästhetische Erregung koextensiv. Nur in dem Maß, in dem es zwischen beiden eine Diskrepanz gibt, eröffnet sich die Möglichkeit eines funktionalen Eigenwerts des Ästhetischen und einer Sublimierung durch Schönheit [...].'
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