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E-Book

Die Deutschlandakte

Was Politiker und Wirtschaftsbosse unserem Land antun

AutorHans Herbert Arnim
VerlagC. Bertelsmann
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl368 Seiten
ISBN9783641019884
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,99 EUR
Schwarzbuch Deutschland
Parteienpatronage, überbordende Bürokratie, gleich geschaltete Medien, Justiz unter dem Einfluss der Politik sowie Großunternehmen, in denen Korruption zum alltäglichen Geschäft gehört: Es ist wirklich etwas faul in unserem Staate, und der Fisch stinkt vom Kopf her. Die politische und wirtschaftliche Klasse agiert zunehmend im kontrollfreien Raum und im Zweifel eher im eigenen als im öffentlichen Interesse. Hans Herbert von Arnim lässt anhand einer langen Reihe von Missbrauchsfällen aus Politik, Verwaltung, Justiz, Wirtschaft und Gesellschaft ein ganzes System von Auswüchsen und Defiziten sichtbar werden. Sein Schwarzbuch Deutschland soll aufrütteln, bevor unsere Demokratie dauerhaften Schaden nimmt.

Hans Herbert von Arnim, Rechts- und Wirtschaftswissenschaftler, früherer Rektor der Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer und Verfassungsrichter in Brandenburg, war mit vielen Bestsellern, u.a. »Staat ohne Diener« und »Fetter Bauch regiert nicht gern«, einer der Ersten, der Machtmissbrauch, Inkompetenz und Opportunismus in den politischen Parteien anprangerte. Er gehört zu den versiertesten Kennern unserer Wahlsysteme und Parteienstrukturen.

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Leseprobe
X Wissenschaft und Schulen (S. 232-234)

1 Wissenschaft an den Problemen vorbei: Warum Staatsrechtslehre und Politikwissenschaft versagen

Abweichungen des »Ist« des Staates und der Politik vom gewünschten »Soll« zu erforschen, nach den Gründen zu fragen und über mögliche Abhilfen nachzudenken – das ist die zentrale Aufgabe der Rechts- und Sozialwissenschaften, jedenfalls sollte sie es sein. Tatsächlich versagt die Wissenschaft weitgehend vor dieser Aufgabe. Der Hauptstrom der Staatsrechtslehre konzentriert sich auf die Auslegung von Verfassungen und Gesetzen. Eine darüber hinausgehende Mängelanalyse ist selten, und mögliche Alternativen werden kaum erörtert. Die Konzentration auf Normen verführt die Staatsrechtslehre dazu, die Normen für die Wirklichkeit zu nehmen oder diese ganz auszublenden.

So verlor zum Beispiel der Verfasser einer Habilitationsschrift über »Die Personalgewalt öffentlicher Dienstherren« kein Wort zur verbreiteten Parteibuchwirtschaft (siehe S. 92 ff.). Das ist symptomatisch. Die Staatsrechtslehre pflegt problematische Bereiche, für die die politische Klasse als Ganzes verantwortlich ist, zu ignorieren oder herunterzuspielen. Auch den Umstand, dass Amtsträger häufig ihre eigenen Interessen verfolgen, statt gemeinwohlorientiert zu handeln, nimmt die Staatsrechtslehre entweder gar nicht zur Kenntnis oder zieht daraus doch keine Konsequenzen. Sie neigt dazu, die Augen vor der Welt, wie sie tatsächlich ist, zu verschließen.

Der Hauptstrom der Politikwissenschaft ist nicht weniger systemtreu. Er beschränkt sich auf die affirmative Beschreibung des Wirkens der Macht und die Analyse der zu beobachtenden »Gesetzmäßigkeiten«, ohne sich auch die nötige Kritik zuzutrauen oder gar Verbesserungsvorschläge zu machen. Das würde Wertungen verlangen. Die aber werden ausgeblendet, was vordergründig mit methodischer Sauberkeit begründet wird. Das macht die Politikwissenschaft blind für ihre eigentliche Berufung: die Beschäftigung mit dem Gemeinwohl, verstanden als Wohl der Bürger insgesamt.

Deshalb schlägt auch die Politikwissenschaft einen großen Bogen um die schwelenden Wunden unseres Parteienstaats. Sie lässt sich im Gegenteil häufig in Hofkommissionen einbinden, die der politischen Klasse nach dem Mund reden (siehe S. 203 ff.). Eine oberflächliche Bestandsaufnahme ist unzureichend, um die Probleme unserer Republik in praxisrelevanter Weise in den Blick und in den Griff zu bekommen. Ein problemorientierter Ansatz kommt nicht ohne die abgewogene Bewertung der ermittelten soziologischen Phänomene aus. Weil es daran fehlt, hat die gesamte Politikwissenschaft z. B. die grotesken Auswüchse der Politikfinanzierung verschlafen, und es war einem Außenseiter der Disziplin vorbehalten, sie an die Öffentlichkeit zu bringen und ihre Eindämmung zu erzwingen.

Wertende Ansätze dürfen sich aber nicht in der Schwarz- Weiß-Fragestellung der Staatsrechtslehre (verfassungswidrig: ja oder nein) erschöpfen, sondern müssen auch rechts- und verfassungspolitische Fragestellungen mit abdecken. Die Metho den und Ergeb nisse zweier ganz unterschiedlicher Arten von Disziplinen: empirischer und normativer, müssen zusammengeführt und integriert werden. Solch interdisziplinäres Arbeiten ist selten. Das liegt an der methodischen Schwierigkeit, aber auch daran, dass die Probleme oft von den Mächtigen im Staat verursacht sind und ihre Behandlung die Qualität und Leistungsfähigkeit und letztlich die Legitimität der Machthaber betrifft, weshalb sie (und bestimmte bekannt parteinahe Wissenschaftsrichtungen mit ihnen) die Fragen ungern öffentlich thematisiert und problematisiert sehen (siehe S. 244).
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Inhalt6
Zur Einführung12
I Volkssouveränität und Verfassung16
1 Volkssouveränität: Usurpation durch die politische Klasse16
2 Verfassung: Sicherung oder Gefährdung des Gemeinwohls?23
3 Politische Klasse: Der heimliche Souverän27
4 Norm und Wirklichkeit: Die Verfassung steht nur auf dem Papier30
5 Repräsentation und Partizipation: Dichtung statt Wahrheit36
6 Selbstbedienung: Entscheidung der Politik in eigener Sache38
II Wahlen40
1 Wahlen: Das entwertete Fundamentalrecht der Bürger40
2 Wahl von Abgeordneten: Inszenierter Schein43
3 Europa: Wahl ohne Auswahl47
4 Wahlbeteiligung: Stell’ dir vor, es sind Wahlen, und keiner geht hin49
5 Diskriminierung von neuen Parteien und Wählergemeinschaften: Politik als Closed Shop52
6 Fünf-Prozent-Klausel: Willkommene Barriere gegen Konkurrenz58
7 Europäische Union: Eine Scheindemokratie65
8 Vorwahlen: Wider das Monopol der Parteien69
9 Begrenzung der Amtszeit: Zwei Wahlperioden sind genug71
III Direkte Demokratie74
1 Direkte Demokratie: Deutschland, ein Entwicklungsland74
2 Wie die politische Klasse den Souverän verachtet: Hamburger Lehrstück in Machtmissbrauch82
3 Reform der Kommunalverfassung: Die legale Revolution85
4 Direktwahl des Ministerpräsidenten: Eine Antwort auf das Fünf- Parteien- System90
IV Politische Parteien93
1 Parteibuchwirtschaft: Die Kolonisierung von Staat und Verwaltung93
2 Staatliche Parteienfinanzierung: Die Verfassungsväter würden sich im Grabe drehen99
3 Parteien im Schlaraffenland: Und sie wollen immer mehr105
4 Parteisteuern: Wie die Parteien ihre Zöglinge melken112
5 Spenden an Parteien und Abgeordnete: Institutionalisierte Korruption115
6 Parteistiftungen: Die gesetzlosen Sechs121
7 Der Parteienstaat: Leibholz’ schweres Erbe125
8 Parteiinterne Ochsentour: Lebensferne Tretmühle zur Macht127
9 Politische Parteien: Korrupte Organisationen?130
V Abgeordnete139
1 Abgeordnete: Parteifunktionäre statt Volksvertreter139
2 Diätenerhöhung: Wie Abgeordnete sich selbst bedienen und die Wahrheit verdrehen141
3 Zusatzeinkommen von Abgeordneten: Volle Publikation unerlässlich150
4 Landtagsabgeordnete: Volle Bezahlung für Halbtagsjob153
5 Freiheit des Mandats: Ein schöner Traum158
6 Parlamentarische Unverantwortlichkeit von Abgeordneten: Ein überholtes Vorrecht161
7 Abgeordnetenmitarbeiter: Missbrauch von Steuergeld163
8 Europäische Union: Schlaraffenland für Politiker und Parteien165
9 Berufspolitiker: Dilettanten im Amt?169
10 Entschädigung: Der Stein der Weisen172
VI Parlamente176
1 Die demokratische Legitimation des Bundestags: Eine bloße politische Formel176
2 Verbeamtung: Die sogenannte Repräsentation des Volkes179
3 Der lange Arm der politischen Klasse: Der Wissenschaftspreis des Bundestags182
4 Europaparlament: Kein Parlament186
5 Sofortmaßnahmen: Gegen Unverantwortlichkeit und Verdrossenheit188
VII Gewaltenteilung191
1 Erosion der Gewaltenteilung: Eine rechtsstaatlich- demokratische Bankrotterklärung191
2 Minister als Abgeordnete: Ein unmöglicher Spagat195
3 Staatsanwälte: Am Zügel der Politik197
4 Parteienfinanzierung: Scheinkontrolle durch das Bundesverfassungsgericht201
5 Hofkommissionen: Irreführung der Öffentlichkeit204
6 Bundespräsident: Von der Macht eines Machtlosen208
VIII Föderalismus und Bundesländer212
1 Neugliederung der Bundesländer: Versagen aus Opportunismus212
2 Der gefesselte Riese: Konstitutionelle Lähmung der Republik215
3 Perversion der Politik: Organisierte Unverantwortlichkeit218
IX Gerichte222
1 Prozesse von endloser Dauer: Wer richtet die Richter?222
2 Richter: Ohne Verantwortung?226
3 Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen: Der Deal im Strafprozess228
X Wissenschaft und Schulen233
1 Wissenschaft an den Problemen vorbei: Warum Staatsrechtslehre und Politikwissenschaft versagen233
2 Staatsrechtslehre: Nicht ohne faschistische U-Boote235
3 Schulen und Lehrer: Vernachlässigung des Wichtigsten237
XI Medien240
1 Die vierte Gewalt: Ein Teil des Problems240
2 Politische Korrektheit: Öffentliches Leugnen privater Wahrheit243
3 Talkshows: Fernsehen als Parlamentsersatz?246
4 Außen- und Europapolitik: Mediale Inszenierung247
XII Folgen der Wiedervereinigung250
1 Die verspielte Einheit: Aus Machtstreben und Gewinngier250
2 Die sogenannte Bodenreform: Unrecht aus Opportunität255
XIII Wirtschaft258
1 Der Mittelstand: Zwischen allen Stühlen258
2 Überzogene Vorstandsgehälter trotz Misswirtschaft: Wer kontrolliert die Wirtschaftsbosse?260
3 Diener vieler Herren: In der Wirtschaft ganz normal?267
4 Kontrollierte Kontrolleure: »Gleichschaltung« von Betriebsräten269
5 Strompreise in Deutschland: Gegen die Konzerne scheint kein Kraut gewachsen273
6 Landesbanken: Vom Prestigeinstitut zum Klotz am Bein275
7 Funktionäre: Unselige Macher in Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Verbänden278
XIV Lobbying und Pluralismus281
1 Lobbying: Zwischen Notwendigkeit und Missbrauch281
2 Pluralismus: Wunsch und Wirklichkeit286
XV Korruption290
1 Politische Korruption: In Deutschland erlaubt290
2 Pantouflage: Wie man sein Amt ungestraft zu Geld macht293
3 Sponsoring der öffentlichen Hand: Zwischen Wohltätigkeit, Werbung und Korruption296
4 Whistleblower: Denunziant oder Anwalt des öffentlichen Interesses?297
5 Flick-Skandal: Sturz einer Regierung299
XVI Zukunft unserer Kinder302
1 Mangelnde Nachhaltigkeit: Das strukturelle Defizit302
2 Staatsverschuldung: Geißel der Nationen306
3 Dinks (Double income, no kids): Verweigerung der Verantwortung310
4 Kinderwahlrecht: Institutionelle Stärkung der Zukunft312
Des Buches roter Faden315
Zum Schluss: 16 Thesen342
Personenregister346
Sachregister352

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