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Die Heilung am Sabbat. Exegese von Mk 3,1-6

AutorLuise Kuhlmann
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl58 Seiten
ISBN9783668348837
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Studienarbeit aus dem Jahr 2016 im Fachbereich Theologie - Biblische Theologie, Note: 1,0, Bergische Universität Wuppertal (Universität), Veranstaltung: Grundwissen Neues Testament, Sprache: Deutsch, Abstract: Die vorliegende Exegese befasst sich mit der Bibelstelle die 'Heilung am Sabbat' in Mk 3,1-6. Als Textgrundlage dient die Übersetzung von M. Luther in der revidierten Fassung von 1984 aus der Thompson Studienbibel. Aufgrund meiner Erfahrungen und Erlebnisse aus meiner Zeit in Israel ist mir bewusst, wie wichtig den Juden in Jerusalem auch heute noch die Heiligung des Sabbats und die Einhaltung der Sabbatruhe sind. Dieser Umstand fasziniert mich so sehr, dass ich umso mehr interessiert daran bin, diese Textstelle zu erforschen. Der Schwerpunkt in dieser Perikope liegt nicht auf der Heilung an sich, denn diese passiert sehr schnell und ohne viel Hinzutun von zum Beispiel Erde und Spucke, wie es in Joh 9,1-41 der Fall ist. Vielmehr geht es darum, dem Publikum die Bedeutung dieser Heilung an diesem besonderen Tag klarzumachen. Jesus war bewusst, welche Reaktionen diese Tat auslösen würde und setzte sie dennoch an diesem Tag ein und wartete nicht bis zu einem anderen. Er heilte, obwohl er wusste, dass die Pharisäer nur darauf warteten, an ihm einen Anklagepunkt zu finden. Auf die Pharisäer hatte Jesus jedoch keine beeindruckende Wirkung, denn sie verbündeten sich mit dem Feind und berieten sich mit den Anhängern des Herodes, wie sie ihn umbringen könnten.

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Leseprobe

2. Sprachlich-sachliche Analyse


 

Im folgenden Kapitel werden die soziokulturellen Gegebenheiten und die historischen Problemstellungen, sowie textlinguistische Elemente näher betrachtet, was zu einem besseren Verständnis der Perikope beiträgt.

 

2.1 Sozialgeschichtliche und historische Fragen und Realienkunde


 

Im Folgenden werden die dem Text zu Grunde liegenden gesellschaftlichen Strukturen, die Stellung der einzelnen Akteure und die Bedeutung der im Text vorhandenen Personen und Gegenstände untersucht. Dabei beziehe ich mich auf die Ausführungen in den Bänden von Neues Testament und Antike Kultur[25], sowie auf die Anmerkungen im Lexikon zur Bibel.[26]

 

Die jüdische Synagoge

 

Ursprünglich hatte der Begriff ,Synagoge‘ keine religiöse Bedeutung. Er bezeichnete eine Versammlung von Menschen und den Ort, an dem sich die jüdische Gemeinde unter anderem zum Gottesdienst versammelte. Der vom Volk gewählte Gemeindevorsteher vollzog den Gottesdienst gemeinsam mit dem Kantor und dem Rabbiner. Synagogen gab es in der neutestamentlichen Zeit sowohl in Judäa, als auch in der Diaspora.[27] Bereits zur Zeit des Zweiten Tempels war die Synagoge für das Judentum neben dem Tempel selbst und der Familie der wichtigste Ort, an dem sich das religiöse und soziale Leben abspielte.[28] In dieser Zeit war die Synagoge nicht ausschließlich für religiöse Zwecke gedacht, sondern ebenso befanden sich in ihr Bibliotheken und Räume für Gerichtsverhandlungen. Neben Torahlesungen und Unterricht in den Geboten wurde die Synagoge auch als Gästehaus benutzt, was vor allem Pilgern aus der Diaspora eine Unterkunft bot. Die geographischen und chronologischen Ursprünge der Synagoge konnten bisher nicht eindeutig bestimmt werden. Ältere Spuren aus der Zeit des 3. Jahrhunderts vor Christus deuten auf eine mögliche Entstehung im hellenistischen Ägypten hin. Vorläufer der späteren Synagogen waren möglicherweise Versammlungen mit religiösen Unterweisungen am Stadttor oder in familiärer Umgebung.[29] Da sich viele als Synagoge bezeichnete Versammlungen auch in Privathäusern abspielten, gibt es nur ausgesprochen selten archäologische Funde von ihnen. Somit existieren zurzeit keine Nachweise über eine Synagoge in der Nähe von Kapernaum am See Genezareth zurzeit Jesu.[30] Über den Bau einer Synagoge existieren keine festen Vorschriften. Funde aus den frühen Jahrhunderten nach Christus zeigen Synagogen bestehend aus einem Hauptraum mit mehreren Nebenräumen. Zu den wichtigsten Bestandteilen der Synagoge zählen die Torahrollen in einem besonderen Torahschrein, sowie zwei siebenarmige Leuchter, ein Becken zur Handwaschung, ein Vorbeterpult und Sitzgelegenheiten für den Synagogenvorsteher und die Rabbinen.[31] Antike Schriften und archäologische Gebäudefunde, sowie zahlreiche Inschriften weisen auf die wachsende Bedeutung der antiken jüdischen Synagogen nach der Zerstörung des Tempels um 70 nach Christus hin.[32] Nach der Zerstörung musste eine neue Gelegenheit geschaffen werden, Gott ohne die Möglichkeit des Brandopfers nahe zu kommen. So wurden die Synagogen zur Stätte des Gottesdienstes, der Torahlesung und des Gebets.[33] Zur Zeit des römischen Reiches hatten die Juden eine besonders privilegierte Stellung. Ihnen wurde das Versammlungsrecht und die Einrichtung eines Versammlungsortes, was lange Zeit später in Form der Synagoge verwirklicht wurde, gestattet. Zudem war es ihnen erlaubt den Sabbat, wie auch andere jüdische Feste, zu feiern. Ihnen wurde zugestanden Entscheidungen in ihren Bereichen, die ins besondere sie betrafen, selbst zu treffen.[34] Folglich frage ich mich, ob es Angelegenheit des Synagogenvorstehers und der Rabbiner gewesen wäre, Jesus auf das Sabbatgebot hinzuweisen und anzuklagen.

 

Der Sabbat

 

Der Begriff ,Sabbat‘ kann aus dem Hebräischen übersetzt werden mit „aufhören, ruhen, mit der Arbeit aufhören […] oder […] sieben“.[35] Demzufolge bezeichnet er den Ruhe- und Feiertag im Judentum, welcher außerdem „anhalten/innehalten, um (Gott) zu loben“[36] bedeutet. Demnach ist nicht ausschließlich der siebte Tag der Woche gemeint, sondern auch besondere hohe Feiertage, wie zum Beispiel der Versöhnungstag. Dieser heißt dann nicht wie gewöhnlich Wochensabbat, sondern Festsabbat. Erstmals begangen wurde der Sabbat als Ruhetag bei der Einsetzung des Mannas. Bei der Gesetzgebung am Sinai wurde der Sabbat als Ruhetag begründet und bestätigt. Grundsätzlich war der Sabbat ein Freudentag, an dem die Juden zum Gottesdienst zusammen kamen und besondere Brandopfer darbrachten. Der mit besonderen Symbolen und Riten ausgefüllte Gottesdienst wurde unter Leitung des Gemeindevorstehers durchgeführt. Weil schon Gott nach der Schöpfung der Erde am siebten Tag ruhte, sollten es ihm die Juden nach tun und an diesem siebten Tag ihre Arbeit unterlassen. Das heißt, dass niemand, weder Sklaven, noch Fremde oder Tiere an diesem Tag Arbeiten verrichten durften. Dazu gehörten unter anderem das Anzünden von Feuer oder die Zubereitung von Speisen, sowie das Neuschaffen eines Gegenstandes. Das gesamte Geschäftsleben sollte unterbrochen werden. Mit diesem Sabbatgebot hob Gott das jüdische Volk von allen anderen Völkern ab und zeigte ihnen, dass sie nicht aus ihrer eigenen Kraft heraus leben und ihren Lebensunterhalt bestreiten, sondern allein aus seiner Kraft und versorgt sind mit allem Nötigen durch seine Gaben. Der Bruch des Sabbatgebotes ist gleichbedeutend mit dem Bruch des Gottesbundes. Wer sich dem widersetzte, dem drohte die Todesstrafe. Diese Gesetze gelten auch heute noch für die Juden. Besonders nach dem babylonischen Exil, nachdem der Tempel zerstört war, gewann der Sabbat an Bedeutung als jüdisches Identitätsmerkmal. Den Rabbinern war durchaus bewusst, dass der Sabbat ein Freudentag war, weshalb sie das Ruhegebot am Sabbat als so wichtig ansahen, dass sie ihn mit besonders vielen Bestimmungen versahen. Sie fertigten eine genaue Liste an, die jede verbotene Tätigkeit aufführte.[37] Aus diesen Aufzeichnungen geht jedoch auch hervor, dass die Abwendung einer Lebensgefahr den Sabbat aufhebt und es unerlässlich ist, die Sabbatruhe in einem solchen Fall zu unterbrechen. G. Bornkamm stellt dazu fest, dass keine der Handlungen Jesu am Sabbat auf Grund von Lebensgefahr getätigt wurde.[38] Die Frage, ob es sich bei dem Kranken um eine Person in Lebensgefahr handelte, erübrigt sich demnach. Nichts desto trotz ist es interessant, danach zu fragen, ob nicht vielleicht indirekt Lebensgefahr auf Grund der Behinderung bestand.

 

Die Pharisäer

 

Zur neutestamentlichen Zeit gab es drei wichtige religiöse Gruppen, die Pharisäer, die Essener und die Sadduzäer. Sie sprachen sich alle gemeinsam gegen den Einfluss der hellenistischen Kultur aus. Dieser Widerstand fand seinen Höhepunkt im Religionsedikt von Antiochos VI. und der darauffolgenden Entweihung des Tempels. Nach der Wiedereinweihung des Tempels spaltete sich die Gruppe der Priester auf. Es entstanden unter anderem die Chassidim, aus denen sich später die Pharisäer und Essener entwickelten. Sie waren stärker religiös geprägt und ihre Vorstellungswelt war prophetisch-apokalyptischen Charakters. Sie sahen die Zeit des Zwangshellenismus als unheilbringend und erhofften sich die Wiederherstellung der alten religiösen Ordnungen, im Besonderen der Aufwertung von Torah und Tempel. Den Pharisäern war vor allem an der Trennung der politischen Herrschaft vom kultischen Amt des Hohenpriesters gelegen.[39]

 

Zurzeit Jesu lag die politische Führung in den Händen der hellenistischen Sadduzäer, die geistlichen Führer des Volkes waren jedoch die Pharisäer. Obwohl diese meist keine Priester waren, galten sie doch als die eigentlich Frommen des Volkes, die besonders auf die Einhaltung der Gesetze achteten. Grundsätzlich widersprachen die Ansichten der Pharisäer nicht denen von Jesus.[40]

 

Das Verhältnis der Pharisäer zu Herodes dem Großen war während seiner Amtszeit zunächst positiv geprägt. Gegen Ende der Amtszeit verschlechterte sich dieses, als die Pharisäer auf die kultische Reinheit des Tempels bestanden und Herodes dagegen verstieß. Eine Aufspaltung des Pharisäertums ließ sich erahnen.[41] Jesus hatte zu den Pharisäern kein negatives Verhältnis und pflegte mit ihnen Tischgemeinschaft. Doch setzte er sich über ihre Reinheitsgesetze hinweg, indem er die Nächstenliebe höher stellte, als die Gebote oder vielmehr die Auslegungen der Torah. Jesus sorgte sich vor allem um Sünder, Kranke und Zöllner, weshalb Jesu Haltung gegenüber den Pharisäern die Auseinandersetzung der Urgemeinde mit der Synagoge widerspiegelt.[42]

 

Einige Sprechen über die Pharisäer als Gegner Jesu. Allerdings heißt es auch, dass die Pharisäer in dieser Perikope nicht als Gegner, sondern „kritische Gesprächspartner“[43] Jesu zu betrachten sind, weshalb sie in der Passionsgeschichte keine Bedeutung haben.[44]

 

Die Pharisäer...

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