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E-Book

Die Holocaust-Industrie

Wie das Leiden der Juden ausgebeutet wird

AutorNorman G. Finkelstein
VerlagPiper Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl248 Seiten
ISBN9783492968461
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis10,99 EUR
Die »Holocaust-Industrie« - das bedeutet für Norman Finkelstein die moralische und finanzielle Ausbeutung jüdischer Leiden. Seine Analyse ist zugleich eine leidenschaftliche Anklage: Er wendet sich gegen die Interessenverbände, die den Holocaust für eigene Zwecke nutzen, häufig auf Kosten der Opfer. Er kritisiert die Verkitschung des Gedenkens, die die Würde der Opfer beleidigt. Außerdem wirft er den USA und Israel vor, den Holocaust zu instrumentalisieren, um von eigenen Problemen abzulenken. Mit seinen provokanten Thesen hat Finkelstein eine erbitterte Debatte ausgelöst.

Norman Finkelstein, geboren 1953, studierte an der Princeton University und in Paris. Er lehrte Politikwissenschaft an der City University in New York. Heute lebt er in Chicago, wo er an der DePaul University lehrt. Zusammen mit Ruth Bettina Birn veröffentlichte er »Eine Nation auf dem Prüfstand. Die Goldhagen-These und die historische Wahrheit«, 2001 folgte das aufsehenerregende Buch »Die Holocaust-Industrie«. Zuletzt erschien von ihm auf deutsch »Antisemitismus als politische Waffe. Israel, Amerika und der Mißbrauch der Geschichte«.

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Leseprobe

Vorwort zur deutschen
Taschenbuchausgabe


Die Holocaust-Industrie stützt sich auf zwei zentrale Thesen. Erstens liegt es in der Verantwortung der Deutschen – und zwar der Deutschen allein –, mit ihrer Vergangenheit ins reine zu kommen. In Die deutsche Katastrophe merkt Friedrich Meinecke an, daß Nazideutschland insofern nicht der alleinige Bösewicht war, als das »amoralische Element«, das seinen Kern ausmachte, die gesamte westliche Zivilisation befiel. »Eine Rechtfertigung für uns«, warnt er dennoch, »darf das aber nicht sein ... Ethische wie auch historische Erwägungen [erfordern], ... auch vor der eigenen Tür zu kehren und den besonderen Anteil Deutschlands zu erfassen.«1 In der Umkehrung gilt das ebenso: Ethische und historische Erwägungen erfordern, daß beispielsweise die Vereinigten Staaten vor ihrer eigenen Tür kehren sollten. Doch obwohl die Amerikaner nur allzu bereit sind, die nationale Selbstabrechnung Deutschlands zu überwachen, sind sie weder gewillt noch imstande, selbst eine vergleichbare Verantwortung zu entwickeln. In ihrer Rede zum Abschluß der Verhandlungen mit Deutschland über die Zwangsarbeiter erklärte Außenministerin Madeleine Albright, es liege »im außenpolitischen Interesse der Vereinigten Staaten, Schritte hinsichtlich der Folgen der Nazizeit zu unternehmen, die Welt über dieses dunkle Kapitel der deutschen Geschichte zu unterrichten, die Lektionen daraus zu lernen und sich darum zu bemühen, daß so etwas nie wieder geschieht.«2 Nun läge es in der Tat auch im »außenpolitischen Interesse« des größten Teils der Menschheit, daß die Vereinigten Staaten die »dunklen Kapitel« ihrer Vergangenheit untersuchten. Während die Deutschen sich täglich mit ihren historischen Verbrechen auseinandersetzen, müssen die Amerikaner den Großteil ihrer eigenen überhaupt erst noch zur Kenntnis nehmen. In der Debatte des amerikanischen Mainstream über Vietnam lautet die einzige Frage, wann die Vietnamesen wohl anerkennen, was sie uns angetan haben.3 Was die Fähigkeit zu kritischer Selbstreflexion angeht, befinden wir Amerikaner uns auf dem moralischen Niveau von Himmlers Posener Rede.

Die zweite zentrale These von Die Holocaust-Industrie lautet, daß jüdische Eliten Amerikas die Judenvernichtung durch die Nazis ausbeuten, um daraus politischen und finanziellen Gewinn zu ziehen. Wie Karl Jaspers in Die Schuldfrage vorbringt, könne die »Anklage ... nicht wahrhaftig sich vollzieh[en]«, wo sie »im Dienst anderer, etwa politischer oder wirtschaftlicher Zwecke als Waffe benutzt wird ...«4. Auch wenn die Deutschen ganz klar verpflichtet sind, sich den Schrecknissen der Naziherrschaft zu stellen, haben sie dennoch ein Recht, sich der Ausbeutung dieser Verbrechen zu widersetzen.

In Die Holocaust-Industrie berichte ich, wie amerikanische jüdische Organisationen, Institutionen und einzelne Prominente die Judenvernichtung der Nazis instrumentalisiert haben, um Israel gegen Kritik abzuschirmen und, in jüngerer Zeit, Europa zu erpressen. Als hauptsächliche Kritik gegen das Buch wurde nicht etwa vorgebracht, ich hätte die Fakten falsch dargestellt, sondern mit der Beschreibung dieser koordinierten Unternehmung eine »Verschwörungstheorie« konstruiert. In Der Wohlstand der Nationen meint Adam Smith, Kapitalisten kämen »selten, selbst zu Festen und zur Zerstreuung, zusammen, ohne daß das Gespräch in einer Verschwörung gegen die Öffentlichkeit endet oder irgendein Plan ausgeheckt wird, wie man die Preise erhöhen kann«. Wird Adam Smiths Klassiker dadurch auch zu einer »Verschwörungstheorie«?5

 

Seit dem Erscheinen von Die Holocaust-Industrie sind meine wesentlichen Aussagen durch neue Entwicklungen bestätigt worden. Im Oktober 2001 hat das Claims Resolution Tribunal (crt), das über Ansprüche auf nachrichtenlose Konten in der Schweiz seit Ende des Zweiten Weltkriegs zu entscheiden hatte, seine Ergebnisse hinsichtlich einer vorläufigen Liste von 5570 ausländischen Konten bekanntgegeben. Demnach belief sich der heutige Wert der Konten von Holocaust-Opfern einschließlich der aufgelaufenen Zinsen auf insgesamt 10 Millionen Dollar. Auch nachdem die Ansprüche auf die verbleibenden 21 000 nachrichtenlosen und geschlossenen Konten der Holocaust-Ära abgelöst sein werden, wird dieser Betrag wahrscheinlich nie auch nur annähernd die 1,25 Milliarden erreichen, die man in dem abschließenden Vergleich aus den Schweizer Banken herausgeholt hat (ganz zu schweigen von den 7 bis 20 Milliarden, die man zunächst verlangt hatte).

Ein Bericht über die Ergebnisse der crt in der London Times trug die Überschrift: »Die Schweizer Holocaust-Gelder haben sich als Mythos herausgestellt.« Diese gewichtigen Belege stützen Raul Hilbergs Vorwurf, der Jüdische Weltkongreß hätte »phänomenale Zahlen« heraufbeschworen und dann die Schweizer Banken »erpreßt«, sich zu unterwerfen.6 Nachdem nur der winzigste Bruchteil von den 1,25 Milliarden aus dem Vergleich mit der Schweiz an Holocaust-Opfer oder deren Erben ausbezahlt wurde, hat, wie vorauszusehen war, der Kampf zwischen den Erpressern begonnen, wer die Holocaust-Beute behalten darf. Im Kreuzfeuer findet sich interessanterweise das Opfer der Erpresser. Mit der Behauptung, Israel sei der rechtmäßige Empfänger (und er selbst »traue dem Jüdischen Weltkongreß nicht«), verlangt der israelische Justizminister, daß der »Deal mit den Schweizer Banken ... neu zu verhandeln sei«.7

Gegenüber den Franzosen erwies sich die erpresserische Taktik von Stuart Eizenstat, dem wichtigsten Bindeglied zwischen der Holocaust-Industrie und der Clinton-Regierung (der er als stellvertretender Finanzminister diente), als weniger wirksam. Der französische Matteoli-Ausschuß hatte 64 000 Bankkonten ausfindig gemacht, die möglicherweise Holocaust-Opfern gehörten – eine weitaus höhere Zahl als die 25 000 im Fall der Schweiz. Doch trotz der Forderungen, die die Franzosen »schockierten«, konnte Eizenstat – dem in den letzten Stunden der Clinton-Regierung die Zeit davonlief – nur eine relativ geringe Zahlung über den Betrag hinaus erpressen, der den jüdischen Opfern zustand. In einer Erklärung, die der abschließenden Einigung angefügt wurde, hob Eizenstat hervor, daß »eine gerechte und schnelle Lösung« der Ansprüche von Holocaust-Opfern gegen Frankreich »im Interesse der Vereinigten Staaten liegt«, damit diesen »noch zu Lebzeiten ein gewisses Maß an Gerechtigkeit zuteil werde«. Sicherlich ein edles Anliegen, doch leider schloß es die Ansprüche von Holocaust-Opfern gegenüber den Vereinigten Staaten nicht ein. Ein Vergleich der Vorgeschichte der usa und der Schweiz macht diese Heuchelei besonders deutlich.8

Im Mai 1998 wurde ein beratender Präsidialausschuß zu Holocaust-Besitztümern vom Kongreß damit beauftragt, »Untersuchungen anzustellen, was aus Besitztümern geworden ist, die Opfern des Holocaust abgenommen wurden und in die Hände der Bundesregierung der usa gelangten«, und »den Präsidenten hinsichtlich der Maßnahmen zu beraten, die ergriffen werden sollten, um gestohlenen Besitz an die rechtmäßigen Eigentümer oder deren Erben zurückzugeben«.9 Im Dezember 2000 gab der Ausschuß unter dem Vorsitz von Edgar Bronfman (der die Attacke auf die Schweizer Banken koordiniert hatte) seinen lange erwarteten Bericht heraus. Unter der Überschrift Plunder and Restitution: The U. S. and Holocaust Victims’ Assets10 [Etwa: Plünderung und Rückerstattung: Die usa und die Vermögenswerte von Holocaust-Opfern] wird dort angeblich der Beweis geführt, daß »die Vereinigten Staaten sich selbst nicht weniger abverlangt haben als der internationalen Gemeinschaft«11. In Wahrheit legt eine genaue Lektüre des Dokuments den entgegengesetzten Schluß nahe: Obwohl auf die usa all die Schuldvorwürfe zutreffen, die sie gegen die Schweizer vorbrachten, sind den usa keine vergleichbaren Forderungen für eine Rückerstattung nach dem Holocaust auferlegt worden.12

Der Präsidialausschuß stellt die »unnachgiebige Haltung der Schweizer Banken« als negatives Beispiel gegen die »außerordentlichen Anstrengungen« der Vereinigten Staaten, Besitztümer aus der Zeit des Holocaust zurückzuerstatten.13 Ich möchte zunächst die gegen die Schweiz erhobenen Vorwürfe mit dem bisherigen Verhalten Amerikas vergleichen, wie es im Bericht des Ausschusses enthüllt wird.

 

Verweigerung des Zugangs zu Vermögenswerten aus der Holocaust-Ära

Die Holocaust-Industrie hatte behauptet, die Schweizer Banken hätten Holocaust-Überlebenden und deren Erben nach dem Zweiten Weltkrieg systematisch den Zugang zu ihren Konten verweigert. Der Volcker-Ausschuß kam zu dem Schluß, der Vorwurf sei, abgesehen von geringfügigen Ausnahmen, nicht haltbar.14 Andererseits fand der Präsidialausschuß heraus, daß nach dem Krieg »viele« Holocaust-Überlebende und Erben ihre Besitztümer in den usa wegen der »Kosten und Schwierigkeiten, [einen Anspruch] aktenkundig zu machen«, nicht wiedererlangen konnten. Von 1941 an hatte die Bundesregierung das Eigentum aller Staatsangehörigen aus den von den Nazis besetzten Ländern eingefroren oder darüber verfügt.15 Wie die Schweizer Banken hatte die Bundesregierung in »manchen Fällen« rechtmäßige Besitzer ausfindig gemacht.16

 

Vernichtung der Aufzeichnungen über Besitztümer aus der Holocaust-Ära

Wie die Holocaust-Industrie behauptete, hatten die Schweizer Banken, um...

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