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Die Möglichkeiten und Grenzen der Einflussnahme der Kommune auf ihre Vertreter in Aufsichtsräten öffentlicher Unternehmen

AutorTobias Kannen
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl98 Seiten
ISBN9783640791804
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis27,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich BWL - Personal und Organisation, Note: 1,3, Universität Hamburg (Insitut für Öffentliche Wirtschaft und Personalwirtschaft), Sprache: Deutsch, Abstract: Im Rahmen der Daseinsvorsorge können sich Kommunen zur Erfüllung ihrer Aufgaben unter bestimmten Voraussetzungen an privatrechtlichen Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft beteiligen. Hierdurch entsteht eine Schnittstelle zwischen Gesellschafts- und Kommunalrecht. Schwierige Rechtsprobleme gilt es überall dort zu lösen, wo Sachverhalte auf der Grenzlinie zweier verschiedener Rechtsgebiete angesiedelt sind. Nach dem Grundgesetz ist das Gesellschaftsrecht als Bundesrecht dem Kommunalrecht vorrangig. Gleichzeitig lässt sich aus dem Grundgesetz eine Einwirkungspflicht der Kommune auf ihre Unternehmen ableiten. Trotz aller in den Gemeindeordnungen festgelegten Absicherungen (wie z.B. der Haftungsbegrenzung) können nicht alle Beteiligungsrisiken ausgeschlossen werden, da die Entscheidungen über Art und Ausmaß der Aufgabenerfüllung nicht von der Kommune bzw. deren Vertretung selbst, sondern von den Gesellschaftsorganen getroffen werden. Hieraus lässt sich die Frage ableiten, welchen Einfluss die Kommune auf diese Organe, im Speziellen auf den Aufsichtsrat, nutzen kann. Einwirkungsmöglichkeiten auf Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat kommunaler Unternehmen hat die Kommune weder als Aktionär einer Aktiengesellschaft noch als Gesellschafter einer GmbH. Etwas Anderes gilt für die kommunalen Vertreter. In dieser Arbeit wird die Frage erörtert, welche grundsätzlichen Möglichkeiten der Kommune zur Verfügung stehen, ihre Interessen durch ihre Vertreter in Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft vertreten zu lassen, und welche gesellschaftsrechtlichen Grenzen dabei zu beachten sind. Die große Brisanz, die in diesem Thema steckt, hat sich nach der Abgabe dieser Abgabe weiter empirisch bestätigt. So gab es in einigen Kommunen Probleme mit der Verschwiegenheit kommunaler Aufsichtsräte, anderer Kommunen waren dabei, die Weisungsbefugnisse neu zu regeln

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Leseprobe

2. Kommunale Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft


 

2.1. Einführung


 

Unter dem Begriff „kommunale Unternehmen“ werden privatwirtschaftlich organisierte Unternehmen verstanden, an denen die Kommune entweder alleine (sog. Eigengesell­schaften) oder gemeinsam mit anderen Hoheitsträgern bzw. Privatpersonen (sog. Beteili­gungsgesellschaften) beteiligt ist. Vom Unternehmensbegriff abzugrenzen sind sog. Eigen- bzw. Regiebe­triebe. Hierbei handelt es sich um öffentlich-rechtliche Unter­nehmensformen, die nur von juristischen Personen des öffentlichen Rechts geführt wer­den können, rechtlich jedoch nicht selbständig sind.[5]

 

Im Jahr 2004 gab es in Deutschland ca. 3.500 kommunale Unternehmen, die in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, d.h. einer AG oder einer GmbH, betrieben wer­den. Bei 80% dieser Unternehmen ist die Kommune alleiniger Anteilseigner. Die Kommu­nen be­treten vor allem mit den Bran­chen der Energie-, Wasser- und Abfallwirt­schaft, des öf­fentlichen Personennahverkehrs, des Wohnungswesens und der Telekom­munika­tions­unternehmen die Ebene der Privat­wirt­schaft.[6]

 

Ausgangspunkt wirtschaftlicher Betätigungen der Kommunen sind die Art. 28 Abs. 2 GG und die Landesverfassungen, die jeweils die kommunale Selbstverwaltung garantie­ren.[7] Grundsätzlich steht es den Kommunen innerhalb der gesetzlichen Vorgaben frei, selbst über das „Ob“ und „Wie“ einer wirtschaftlichen Betätigung zu entscheiden.[8] Der Kommune stehen hierbei sowohl verschiedene öffentlich-rechtliche als auch mehrere private Unternehmensformen zur Verfügung.[9]

 

2.2. Die kommunalrechtliche Schrankentrias


 

Der Gesetzgeber hat sich bemüht, die Kommunen in ihren wirtschaftlichen Betätigun­gen strikten Auflagen zu unterwerfen. In Anlehnung an § 67 Abs. 1 DGO aus dem Jahr 1935 wer­den die Grenzen der kommunalwirtschaftlichen Betätigung in den Gemeinde­ord­nungen[10] aller Bundesländer relativ eng gefasst. Die Kommunen dürfen sich entspre­chend dieser Generalvorschrift nur dann wirtschaftlich betätigen oder ihre bestehende Betätigung ausbauen, wenn folgende Bedingungen, die sog. kommunalrechtliche Schrankentrias, erfüllt sind:[11]

 

Der öffentliche Zweck rechtfertigt dieses.

 

Das öffentliche Unternehmen steht nach Art und Umfang in einem angemesse­nen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Kommune (Leistungs­fähigkeitsbezug).

 

Der öffentliche Zweck kann nicht durch andere, d.h. durch private, Unterneh­men besser und wirtschaftlicher erfüllt werden (Funktionssperre oder Subsi­diaritäts­klausel[12]).

 

2.2.1. Öffentlicher Zweck


 

Als zentrale Legitimationsgrundlage für die wirtschaftliche Betätigung gilt der öffentli­che Zweck. Als öffentlicher Zweck gilt in diesem Sinne jede gemeinwohlorientierte, im öffentlichen Interesse der Einwohner liegende Zielsetzung, also die Wahrung so­zial-, gemeinwohl- und damit einwohnernütziger Aufgaben.[13] Die Gemeinde darf sich nicht aus kommunalwirtschaftlicher Zweckmäßigkeit wirtschaftlich betätigen, weil es etwa vorteilhaft für die Einnahmeentwicklung erscheint, oder weil sie darin ein nützli­ches Angebot für ihre Bürger sieht. Somit ist der Gemeinde eine reine Unterneh­menstä­tigkeit oder erwerbswirtschaftliche Wettbewerbsteilnahme ohne einen besonde­ren, da­durch unmittelbar erreichbaren öffentlichen Zweck verwehrt.[14] In der Literatur besteht weitge­hend Einigkeit darüber, dass eine rein erwerbswirtschaftliche Zielsetzung auch dann kein öffentlicher Zweck ist, wenn damit eine unzureichende Finanzausstat­tung der Kommune ausgeglichen werden soll.[15] Dennoch sollte die öffentliche Zweck­setzung nicht in dem Sinne fehlinterpretiert werden, dass eine Gewinnerzielung ausgeschlossen sei.[16] Beispielsweise sieht § 109 Abs. 1 S. 2 GO NRW vor, dass Gewinne erzielt wer­den sollen, wenn und soweit der öffentliche Zweck nicht beeinträchtigt wird.

 

Worin die Kommune letztendlich eine Förderung des Allgemeinwohls ihrer Einwohner sieht, ist den Anschauungen und Beschlüssen ihrer maßgeblichen Organe überlassen und hängt von den individuellen örtlichen Gegebenheiten ab.[17]

 

2.2.2. Leistungsfähigkeitsbezug


 

Die wirtschaftliche Betätigung muss nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Gemeinde stehen. Hierbei handelt es sich nicht ausschließlich um den Aspekt der finanziellen Leistungskraft, son­dern auch beispiels­weise um die Angemessenheit personeller Ressourcen.[18] Langfristig sollten weder Über- noch Unterkapazitäten geschaffen werden, da sich Fehlinvestitio­nen in diesen kapitalintensiven Anlagen in erheblichem Maße negativ auf den Gemein­dehaushalt auswirken.[19]

 

2.2.3. Funktionssperre oder Subsidiaritätsklausel


 

Die Subsidiaritätsklauseln in den Gemeindeordnungen bezwecken, dass der Gemeinde nicht das freie Ermessen zugebilligt wird, darüber zu entscheiden, ob sie eine Aufgabe der örtlichen Daseinsvorsorge selbst durchführt oder ob sie diese der Privat­wirtschaft überlässt.

 

Zu unterscheiden sind zwei unterschiedliche Ausgestaltungen:[20]

 

Die „echte Subsidiaritätsklausel“[21] lässt die wirtschaftliche Betätigung einer Ge­meinde nur dann zu, wenn der Zweck nachweislich besser durch kommu­nale Unternehmen erfüllt werden kann.

 

Die „unechte Subsidiaritätsklausel“[22] gestattet die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde nur, wenn der Unternehmenszweck nicht besser und wirt­schaftlicher durch einen anderen erfüllt werden kann.

 

Subsidiaritätsklauseln stoßen in der Literatur teilweise auf Kritik, da sich private Unter­nehmen mit dem ausschließlichen Ziel der Gewinnerzielung und die kommunale Wirt­schaft mit der primären Aufgabenstellung der Verwirklichung des öffentlichen Auftrags nicht vergleichen lassen.[23]

 

2.3. Die Privatrechtsform


 

2.3.1. Gründe für die Wahl der Privatrechtsform


 

Durch die Wahl der Privatrechtsform sollen vor allem bestimmte Restriktio­nen des öf­fentlichen Rechts vermieden werden. Hierbei geht es zum einen um die Zu­rückdrän­gung von Bindungen durch das öffentliche Organisations-, Personal-, Haus­halts- und Vergaberecht, zum anderen auch um die mögliche steuerrechtliche Vorteil­haftigkeit der Privatrechtsform.[24]

 

Mit der privatrechtlichen Organisationsform wird eine größere unternehmerische Selb­ständigkeit und Flexibilität erwartet, die im Ergebnis zu einer wirtschaftlich effiziente­ren Betätigung - auch durch die Zurückdrängung des politischen Einflusses - führen soll.[25]

 

2.3.2. Folgen für die kommunalen Handlungsmöglichkeiten


 

Die Tätigkeit des kommunalen Unternehmens soll zwar nach herrschender Meinung als Ausübung der Staatsgewalt gelten,[26] jedoch ist das privatrechtsförmig organisierte kom­munale Unter­nehmen nicht mehr Inhaber der kommunalen Aufgabe und der öffentlich-rechtlichen Handlungsbefugnisse der Kommune. Mit der Gründung einer Eigen- bzw. Beteili­gungsgesellschaft entsteht ein rechtlich selbständiges und von der Kommune zu unter­scheidendes Unternehmen, dessen Handeln nicht unmittelbar der Kommune selbst zu­zurechnen ist. Das Handeln des privatrechtsförmigen kommunalen Unternehmens ist nicht unmittelbar als kommunale Aufgabenwahrnehmung zu qualifizieren und ist grundsätzlich auf die privatrechtlichen Handlungsmöglichkeiten beschränkt.[27]

 

Die Entscheidungen über das Handeln der kommunalen Unternehmen werden von den Gesellschaftsorganen und nicht von der Kommune getroffen;[28] durch die Auslagerung öffentlicher Erfordernisse auf private Unternehmensformen kann sich die Kommune ihrer verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Verantwortlichkeit jedoch nicht entzie­hen[29].

 

2.3.3. Die Kapitalgesellschaft als privatrechtliche Rechtsform


 

Die Regelungen der Gemeindeordnungen[30] betreffen nicht nur das „Ob“ kommunaler Wirtschaftstätigkeit, sondern enthalten auch – in einem gewissen Umfang – Vorgaben hinsichtlich des „Wie“ marktbezogener Entfaltung.[31] Die Zulässigkeit der Verwendung einer Organisationsform des Privatrechts ist bislang in der Literatur kaum ernsthaft in Zweifel gezogen worden.[32]

 

Die maßgeblichen Bestimmungen der Gemeindeordnungen machen in überein­stimmen­der Weise die...

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