Die Voraussetzungen für eine mediale Globalisierung und damit für 24h-Nachrichtensender wurden durch die technische Entwicklung von Unterwasserkabelnetzwerken ab dem Ende des 19. Jahrhunderts in Europa, die weltweite Vernetzung von Nachrichten- und Presseagenturen und die weitere Entwicklung von Übertragungsanlagen für elektromagnetische Wellen hauptsächlich durch die Industrienationen der nördlichen Hemisphäre geschaffen. Dadurch stellte sich eine globale Medienhierarchie heraus, in der transnationale Medienunternehmen bis heute Wortführer sind und die Auswahl der Nachrichten dominieren. Allerdings konnten sich durch satellitenunterstützte Übertragungsmöglichkeiten, die Entwicklung von digitalen Kameras, tragbarer Schnitttechnik und damit einer unmittelbaren Übermittlung von Bildern beispielsweise auch arabische Nachrichtenkanäle im globalen Informationssektor etablieren. Die Verbreitung von Informationen wurde dadurch insgesamt weiter beschleunigt (Kutz 2014: 275).
Diese transnationalen „Prestige- oder Leitmedien“ werden in besonderem Maße von politischen, wirtschaftlichen und journalistischen Eliten konsumiert, setzen die Themenagenda und beeinflussen neben den großen Nachrichtenagenturen weitere Medien durch ihre Nachrichtenauswahl. Dazu laufen diese Sender weltweit in Nachrichtenredaktionen und werden von diplomatischen Diensten und internationalen Organisationen konsumiert (Kutz 2014: 101).
Durch das Internet erreichte die Nachrichtenvermittlung ab den 1990er Jahren eine immer höhere Geschwindigkeit (Rhomberg 2010: 40ff.). Heute verzichten zunehmend mehr Menschen auf Printmedien und TV-Nachrichten und wechseln zu Online-Angeboten, um über tägliche Geschehnisse informiert zu werden (Kutz 2014: 88) Nach aktuellen Erhebungen sind innerhalb der Online-Angebote die Webseiten von Radio- und TV-Sendern mit 49% noch vor allen anderen Angeboten im Internet wie Online-Ausgaben von Zeitungen und Magazinen (42%) die ersten Anlaufstationen für Informationen über das aktuelle Tagesgeschehen (Statista 2014a: o.S.). Aufgrund dieser aktuellen Entwicklungen und immer höherer Publikumsreichweiten im Internet bietet sich die Analyse von Nachrichten-Webseiten an.
Die untersuchten Medienunternehmen erscheinen sich auf den ersten Blick überaus ähnlich zu sein, doch bei näherer Betrachtung gibt es bedeutende Abweichungen in der jeweiligen Herangehensweise, Sprache, Strategie und Sendungskonzeption (Barkho 2010a: 2ff.).
Nachrichten haben weitreichenden Einfluss auf die Meinungsbildung in der Gesellschaft. Da große Nachrichtenunternehmen wirtschaftlichen oder politischen Eliten unterstehen, werden deren dominierende Ansichten über die Berichterstattung weitergetragen und dadurch vervielfältigt. Die jeweiligen sprachlichen Eigenschaften in den Nachrichten erzählen dabei auch etwas über eine nationale Identität, die „unsere Beziehung mit der gegenwärtigen Welt aus einem nationalen Standpunkt“ formt (Conboy 2007: 24f.).
Nachrichtenberichterstattung kann nach Untersuchungen einer Vielzahl verschiedener Autoren generell nicht objektiv sein. Dem Mantra ernsthafter Journalisten der wahrhaft objektiven Erzählung ohne jeglicher Beeinflussung durch menschliche Beobachtung, das unter dem Leitsatz „Tell it as it is!“ zusammen gefasst werden kann, entgegnen Kritiker mit der Umformulierung „It is as you tell it!“. Sprache beschreibt demzufolge nicht die Welt, sondern erschafft sie erst (Barkho 2010: 15f.). Wie auch in der Mediengeographie heute allgemein übereinstimmt wird, ist Realität in den Medien lediglich eine konstruierte Repräsentation. Die Berichterstattung zu einem Ereignis ist in ihrer Produktion je nach Nachrichtenmedium ideologisch beeinflusst, um ein bestimmtes Zielpublikum anzusprechen. Politische Ideologien sind in der Sprache der Nachrichtenberichterstattung als feste Bestandteile eingeflochten (Kuo 2007: 281ff.).
Eine Analyse der Darstellung des Ukraine-Konflikts auf den ausgewählten Nachrichtenportalen ist daher angebracht, da sie vielen Menschen als tägliches Informationsangebot dienen und durch diese Kontinuität davon auszugehen ist, dass sie die Interpretation des Konflikts prägen (Bundeszentrale für politische Bildung 2002: 19). So verwundert es auch kaum, dass in immer mehr Ländern und häufig unter dem Einfluss von Regierungen Nachrichtensender gegründet und per Satellit und Kabelbetreiber global verbreitet werden, um bewusst eigene Perspektiven zu präsentieren (Meckel 2006). Die Sender werben in vielen Fällen offen damit, andere Standpunkte als westliche Vertreter einzunehmen. Al Jazeera wurde bewusst als Gegenstück zu CNN gegründet (Painter 2008: Iff.; Sakr 2007: 106; Ustad Figenschou 2014: 98ff.) und Russia Today gibt an, eine „alternative Perspektive auf große globale Events“ anzubieten und ein „internationales Publikum mit der russischen Sichtweise“ versorgen zu wollen (Russia Today 2014c: o.S.). Einem internationalen Publikum das nationale Verständnis näher zu bringen, dürfte ebenso auf die Sender France 24 aus Frankreich, Al-Alam News Network aus dem Iran, China's CCTV News, oder Israels 2013 gegründetem i24 News zutreffen.
Es könnte angenommen werden, dass die Auswirkung auf Rezipienten einer einzelnen Nachrichtenseite nur eingeschränkt ist, da der Zugang zu anderen Berichterstattungen und damit Diskursen in einer multimedialen Allgegenwärtigkeit neben dem Internet auch über die Tageszeitung, das Radio oder Fernsehen zur Vermittlungen einer Pluralität an Meinungen möglich ist. Allerdings sind Menschen nach Fowler (in Kuo 2007: 297) „anfällig, nicht von der Pluralität verschiedener Stimmen zu lernen. Durch das Lesen einer einzelnen Zeitung oder das Betrachten der Nachrichten auf einem Kanal, entwickeln die meisten Menschen deswegen wahrscheinlich beschränkte oder normative Standpunkte gegenüber den Medien“, was „nur zu Selbstgefälligkeit und Intoleranz führen“ könne.
Die Wahl der Untersuchungsmedien erfolgte unter diversen Aspekten. Ein erstes Auswahlkriterium war eine führende Position im Markt der internationalen Nachrichtenberichterstattung und hohe Zuschauerzahlen bzw. Aufrufe der Internetplattformen. Unter dem Gesichtspunkt einer Betrachtung auf ideologische Implikationen fiel die Wahl auf vier Vertreter aus verschiedenen Weltregionen und Kulturräumen, so dass nach der Alltagserfahrung unterschiedliche Haltungen zur Ukraine-Krise zu erwarten sind. Dazu sollten die Untersuchungsmedien journalistisch eine ähnliche Qualität bieten. Ein Vergleich zwischen der Qualitäts- oder „Elitepresse“ mit der Boulevardpresse im Hinblick auf einen internationalen Konflikt wäre wenig sinnvoll, da die Herangehensweisen grundsätzlich abweichen und einen Vergleich wenig fruchtbar erscheinen lassen. Zum einen kann bei einem solchen Vergleich nicht eindeutig nachgewiesen werden, ob Unterschiede nicht alleine durch die verschiedenen Medienarten zu Stande kommen (Potthoff 2011: 387). Zum anderen hat sich in vergangenen Untersuchungen gezeigt, dass Boulevardmedien häufig „keine systematische Auslandsberichterstattung betreiben“ (Hafez 2002: 32). Eine gewisse Seriosität der Medien war daher ebenso Teil des Auswahlprozesses. In einer internationalen Umfrage in 10 Ländern wurde der BBC in Großbritannien mit 32%, CNN und Fox News in den USA mit jeweils 11% und Al Jazeera in Ägypten mit 55% das größte Vertrauen von allen Sendern ausgesprochen (Friginal und Hardy 2014: o.S.; Kandil 2009: 41). Zudem sollte eine Untersuchung für einen direkten Vergleich monolingual erfolgen, wodurch die Wahl einheitlich aufdie englischsprachigen Webseiten der Nachrichtenanbieter fiel.
Die Online-Berichterstattung bot sich gegenüber den TV-Nachrichten der Sender für eine Auseinandersetzung an, da durch das flüchtige Medium Fernsehen nicht vollumfassend auf vergangene Berichte zugegriffen werden konnte und das Internet immer stärker beim Nachrichtenkonsum an Bedeutung gewinnt. Nach einer US-amerikanischen Umfrage sehen fast die Hälfte aller Befragten das Internet als primäre Nachrichtenquelle und für 86% sind Webseiten wichtigere Nachrichtenlieferanten als traditionelle Nachrichtenkanäle (Kandil 2009: 41f.).
Medien, die auf ein nationales Publikum abzielen, hätten sich für eine Untersuchung der Ukraine-Krise weniger angeboten, da nur wenige Sender wie die deutsche ARD über umfassende Korrespondentennetze im Ausland verfügen und sie insbesondere über ihr Internetangebot viel weniger Menschen erreichen. Kleine Medienunternehmen greifen für die Auslandsberichterstattung meist auf das Material der drei marktführenden Nachrichtenagenturen Associated Press, Agence France Presse und Reuters zurück. Nur für globale Sender wie die BBC und CNN lohnen sich eigene Korrespondentennetzwerke finanziell (Kutz 2014: 99).
Über lange Zeit prägten westliche Medien das globale Nachrichtenangebot (Seib 2005: o.S.). Nach dem großen Erfolg von CNN in den 1980er Jahren gründeten sich zunehmend mehr 24h-Nachrichtensender mit Ausrichtung auf ein internationales Publikum - häufig unter staatlicher Kontrolle oder Subvention (Painter 2008: Iff.). Dabei stehen selten wirtschaftliche Interessen im Vordergrund, da einflussreiche Massenmedien ein mächtiges Werkzeug der...