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E-Book

Ein Winter in Spanien

Vollständige Ausgabe

AutorFriedrich Wilhelm Hackländer
VerlagJazzybee Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl676 Seiten
ISBN9783849626730
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis0,99 EUR
1852 machte sich Hackländer mit Freunden auf zu einer Reise durch Spanien. Er berichtet von seinen Erlebnissen u.a. in Barcelona, Valencia, Madrid, Toledo, Granada und Sevilla.

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Leseprobe

 


Abschied von Florenz. Der Vectis. Englische Sitten während des Diner. Die schöne französische Küste. A la Réserve. Eigenthümlich schöne Lage von Marseille. Hafenleben. Hôtel des Ambassadeurs. Krankheit, Kälte und theures Holz. Eine Fahrt am Meer. Spaziergänge in der Stadt. Straßen und Magazine. Theater. Kaffeehäuser. Seltsame Prozessionsmusik. Ein Besuch auf Château d'If. Rekruten der Fremdenlegion. Cachot Monte-Christo. Die französischen Behörden helfen ihren Schriftstellern. Sonderbare Vertreter des deutschen Bundes. Der arme Magdeburger. Prachtvoller Abend zur Heimfahrt.

 

So hatte ich denn einmal wieder vier Wochen in Florenz verträumt und durch die Gunst des Wetters einen schönen Herbst verlebt, hatte die meisten der Orte wieder besucht, die ich in früheren Zeiten gesehen, jene reizende Punkte in- und außerhalb der Stadt, die man nicht mehr vergißt. Unsere Wohnung war in der Nähe des Domes, und dessen prachtvoller Glockenthurm aus weißem, rothem und schwarzem Marmor stand gerade vor meinen Fenstern. Fast jedesmal, wenn ich nach Hause zurückkehrte, führte mich mein Weg dort vorbei und an den wunderbaren Broncethüren Ghibertis vorüber, welche das Battisterio zieren.

 

Auch Santa Maria Novella besuchte ich wieder, das schöne Kloster mit seiner noch schöneren Apotheke; daß ich manche Stunde im Palazzo degli Uffici und in der Galerie Pitti zubrachte, versteht sich von selbst. Die meiste Zeit brachte ich aber mit meiner Familie, der all das Herrliche neu war, auf Spaziergängen zu in der reizenden Umgebung von Florenz, und wo gibt es schönere Punkte als bei dem Lustschlosse Poggio imperiale, über welchem in der Höhe die Villa einer befreundeten Familie lag, wohin uns ein lieber Hausgenosse, Herr L., brachte, dem ich hier nochmals meine besten, herzlichsten Grüße sage. Öfters saßen wir auf der verfallenen Mauer des Klosters San Miniato unter den riesenhaften dunklen Cypressen, wo man die prachtvollste Aussicht hat auf die Stadt mit ihren unzähligen Kirchen, auf das Arnothal und die Apenninen. Häufig aber machten wir weitere Spaziergänge über Bellosguardo hinaus, wo sich eine Villa an die andere reiht, wo wir liebe Freunde fanden, die uns unvergeßlich sind, und wo wir uns Genüsse bereiten konnten, die uns in der Heimath eigentlich fremd sind. War es doch Herbst, die Zeit der reifen Feigen, und es war schon interessant für uns, sich diese Frucht vom Baume pflücken zu lassen und mit weißem Brod und saftigen Salamischnitten unter einer ungeheuren Lorbeerlaube zu verzehren, während gelbglänzende Orangen und Citronen zwischen tiefem, dunklem Grün freundlich zu uns herübernickten, wie auf dem Landhause der freundlichen Signora Sofia.

 

Endlich aber war es für mich Zeit von Florenz zu scheiden. Nachdem ich meine Familie hier bei lieben Verwandten untergebracht und sie bestens aufgenommen sah bei guten Freunden, wozu ich vor Allen das freundliche Haus der Madame I. rechne, der ich für alle uns bewiesene Liebenswürdigkeit und Freundschaft hiemit nochmals besten Dank sage, wollte ich meine Reise nach Spanien antreten. Was jedoch die Zeit dieser Abreise anbetraf, so mußte ich mich nach meinen beiden Freunden richten, dem Maler Horschelt aus München und dem Baumeister Leins aus Stuttgart, von denen ich denn auch eines Tages Briefe erhielt, worin sie mir anzeigten, daß sie Ende November in Marseille eintreffen würden, von wo wir dann zusammen unsere Reise nach Spanien fortsetzen wollten.

 

Der Abschied von meinen Lieben wurde mir recht schwer.

 

Ich werde den Morgen nie vergessen, wo alle, besonders meine beiden lieben Buben, immer und immer wieder mit thränenden Augen Abschied von mir nahmen. Damals war ich sehr traurig, denn ich wußte ja nicht, ob ich Alle, die meinem Herzen nahe standen, gesund und froh wiedersehen würde.

 

Die Fahrt nach Livorno machte mich trübe und mißstimmig. Erinnerte mich doch bald dieses Dorf, bald jene Aussicht, Alles, Alles an die liebe Gesellschaft, mit der ich dieselbe Fahrt vor wenigen Wochen gemacht. Endlich in Livorno angekommen, war ich recht froh, in dem Gewühl der Hafenstadt einigermaßen Zerstreuung zu finden, besonders aber darüber, daß ich ein Paar deutsche Bekannte traf und so den Abend nicht einsam zu verbringen brauchte.

 

Damals hatte die große orientalische Dampfschiffgesellschaft angefangen, die Linie von Malta nach Marseille mit zwei schönen neuen Dampfern, Vectis und Lavalette, zu befahren, und berührte dabei die Häfen von Neapel, Civita vecchia, Livorno und Genua, ohne sich überall länger aufzuhalten, als nothwendig ist, um Passagiere und Güter ein- und auszuladen. Dadurch, sowie durch schnelleres Fahren, ward die Reise bedeutend abgekürzt, und aus diesem Grunde machten die neuen Schiffe den alten Gesellschaften eine gefährliche Concurrenz.

 

Am 18. November, Morgens um 10 Uhr, fuhr der »Vectis« von Livorno, und ich schiffte mich bei ziemlich ruhiger See und dem heitersten Wetter auf ihm ein. Ich habe selten auf dem Meer eine so klare und schöne Fernsicht gehabt, wie heute Morgen. Die langen regelmäßigen Wellen schlugen kaum merklich ans Ufer und schaukelten sanft und leicht das Boot, welches mich an Bord brachte, ohne auf den ziemlich großen Dampfer im geringsten einzuwirken; er lag unbeweglich da mit seinem schwarzen Körper in der von der Sonne hell angestrahlten Fluth, aus seinen beiden schiefstehenden Schornsteinen wälzte sich dichter Rauch hervor, während zuweilen weißer Dampf zischend und ungeduldig auffuhr. Der »Vectis« ist ein langes und schmales Boot, nach Art der Klipper gebaut, ich glaube von 1000 Tonnen Gehalt und 400 Pferdekräften; jedenfalls waren seine Maschinen übrig stark genug für das Schiff.

 

Die Engländer sind pünktliche Seeleute, und kaum war es 10 Uhr, so erschien der Consul mit Briefschaften und Pässen; der Anker wurde gehoben, und bald nachher dampften wir in die See hinaus. Rechts hatten wir die italienische Küste mit ihren malerisch zerklüfteten Formen und ihrer gelblich röthlichen Färbung, die wir auch bis Genua nicht aus dem Gesicht verloren, ja so nahe fuhren wir an ihr hin, daß wir später ganz deutlich die weißen Flecke der Carrareser Marmorbrüche, so wie la Spezzia mit seinem alten Schloß und schönen Hafen, dann Chiavari und die vielen Ortschaften und Villen sahen, welche das ganze Ufer fast ohne Unterbrechung bedecken.

 

Die italienischen Schiffe legen den Weg von Livorno nach Genua in etwa 10 bis 13 Stunden zurück. Der »Vectis« aber wollte das Gleiche in 5 bis 6 Stunden thun, und wenn man seine kräftigen Maschinen stets mit überflüssigem Dampf in voller Kraft arbeiten sah, so konnte man glauben, er habe nicht zu viel versprochen. Dafür glühten aber auch die Schornsteine in ihren untern Theilen so, daß man kaum bei ihnen vorbeigehen konnte, und die überaus hohen Schaufelräder machten bei 34 Umdrehungen in der Minute. Bei alledem aber fühlt man sich auf keinem Schiffe so angenehm und sicher wie auf einem englischen; der Dienst wird mit militärischer Genauigkeit versehen, ja wenn man die Pünktlichkeit betrachtet, mit der alles ineinandergreift, die Ruhe und Ordnung auf dem Verdeck, das respectvolle Verhalten zwischen Matrosen, Officier und Capitän, wo alles nur zusammenredet mit der Hand an Mütze und Hut, so könnte man glauben auf einem Kriegsschiff zu sein. Dabei war an jungen Officieren auf dem »Vectis« ein wahrer Überfluß, lauter hübsche Leute mit wohlfrisirten Haaren, feiner Wäsche und hellen Handschuhen, die sich mit Seekarten, Compaß und Logtafel beschäftigten. Der Capitän war ein kleiner lächelnder Mann, mit starkem Bart und den größten schneeweißen Zähnen, die ich seit lange gesehen; er schaute mit stillem Vergnügen dem kräftigen Lauf seines Schiffes zu und rieb sich die Hände, wenn das Auswerfen des Log ergab, daß wir 16 bis 17 Meilen in der Stunde fuhren. Passagiere hatten wir ungefähr 40 an Bord, Engländer vorherrschend, einige Italiener, Franzosen und Deutsche.

 

Die Überfahrt von Livorno nach Marseille kostet 80 Fr., alle Verpflegung einbegriffen, und so eine englische Verpflegung genügt auch für das ausschweifendste Verlangen. Ein Frühstück um 9 Uhr ist eine wahre Ausstellung von kalten und warmen Fleischsorten aller Art, Käse, Bier, die verschiedensten Weine, sowie ungeheure Kannen Thee und Kaffee. Der Lunch um 13 Uhr ist eine kleine Wiederholung des ebengenannten und für Mägen bestimmt, denen es zu schwer wird bis 4 Uhr zu warten, wo ein sehr copiöses Diner den Reisenden gänzlich vergessen macht, daß er sich in den Räumen eines Schiffs mitten auf dem Wasser befindet. Für Uneingeweihte in englische Sitte, oder für jemand, der die Sprache gar nicht versteht, ist ein solches Essen eigentlich aber mit Tantalusqualen zu vergleichen. Ein schüchterner junger Mensch sieht die schönsten Sachen vor sich stehen, die so sehr zur Stillung seines außerordentlichen Hungers geeignet wären, umsonst, niemand bietet ihm davon an; der Kellner eilt mit vollem Teller, für andere bestimmt, an ihm vorüber, sein Nachbar schneidet das saftigste Rostbeef an, ohne ihm davon zu geben, so lange er ihn nicht freundlich darum ersucht, und das ist sehr schwer, wenn man kein Wort Englisch versteht. Auch in andere Verlegenheiten kann man hier gerathen, wie z. B. ein junger Schweizer, der neben mir saß, und vor den das schönste Exemplar eines wälschen Hahns gestellt war; ihm gegenüber befand sich eine ältliche Engländerin, die offenbar nach uns herübercokettirte, d. h. nach dem Turkey; vergeblich ermahnte ich den Schweizer: es...

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