Für meinen Mann Wolfgang
und meine Kinder
Maximilian und Magdalena.
Vorwort
Der französische Surrealist Jean Cocteau, einer der »Unsterblichen« der Académie Française in Paris, meinte einst zum Thema Unsterblichkeit: »Am schönsten ist es, einem guten Gericht seinen Namen gegeben zu haben. Kann es eine höhere Weihe geben? Auch wer nie etwas von Rossini gehört hat, kennt seine Tournedos; die große Sängerin Melba lebt noch heute in ihren Pfirsichen fort; und wer weiß von Fürst Pückler etwas anderes, als dass eine köstliche Eisspeise nach ihm benannt wurde?«
Soweit bis heute bekannt, stammt die früheste Benennung eines Gerichtes nach einer Person aus dem alten Ägypten. Dort taufte man ein mit Zwiebeln und gegrillten Lotosstängeln gefülltes und mit roten Lotosblättern garniertes Perlhuhn auf den Namen der Gemahlin des Pharaos Amenophis IV., der von ca. 1370 bis 1352 vor Christi Geburt herrschte: Perlhuhn à la Nofretete. In Rom, der Ewigen Stadt, war es zur Zeit des Kaisers Tiberius Sitte, köstliche Gerichte berühmten Zeitgenossen zu widmen. Diese Tradition wird bis heute gepflegt. Die Namen von Fürsten, Staatsmännern, Philosophen, Künstlern, Forschern oder Spitzenköchen finden sich in Kochbüchern und auf Speisekarten wieder. Wie banal klingt neben Padrenostro di Don Camillo etwa ein Gericht wie Jägerschnitzel.
Leider wurden bis heute noch nicht allzu viele Gerichte Frauen gewidmet, doch das kann sich ja noch ändern. Vielleicht ist es auch kein Zufall, dass Kochrezepte keinen Urheberschutz genießen. Selbst Henriette Davidis, die erfolgreichste aller Kochbuchautorinnen, die es in hundert Jahren zu einer Buchauflage von über 4 Millionen Exemplaren brachte, musste mit dieser bitteren Erkenntnis leben. Sie hielt sich für die Erfinderin der Bratkartoffeln, wurde allerdings schnell eines Besseren belehrt. Bratkartoffeln gab es schon lange vor ihrer Zeit.
Und für die Zubereitung der Speisen gibt es natürlich auch immer wieder neue Vorschläge. Vergnüglich sind gerade die Vorgaben in Gedichtform, wie etwa von Wilhelm Busch:
Der Braten
Es wird mit Recht ein guter Braten
Gerechnet zu den guten Taten;
Und dass man ihn gehörig mache,
Ist weibliche Charaktersache.
Ein braves Mädchen braucht dazu
Mal erstens reine Seelenruh’ …
In Summa braucht sie Herzensgüte,
Ein sanftes Sorgen im Gemüte …
Ich weiß, dass hier ein jeder spricht:
Ein böses Mädchen kann es nicht.
Drum hab’ ich mir auch stets gedacht
Zu Haus und anderwärts:
Wer einen guten Braten macht,
hat auch ein gutes Herz.
Eine raffinierte Soße zu kreieren und herzustellen gelingt nicht immer: »Eine gute Sauce in Vollkommenheit zu bereiten ist das Schwierigste, was es auf dem Gebiet der Kochkunst gibt. Ein Saucier bleibt ein Stümper, wenn ihm nicht Gastera, die Muse der Tafelfreuden, wohlgesinnt ist.« Das ist eine Weisheit des Juristen und leidenschaftlichen Gourmets Jean Anthelme Brillat-Savarin.
Die in diesem Büchlein gesammelten, vergnüglich zu lesenden biographischen Porträts mit ihren bezaubernden Legenden und oft wahrhaft kuriosen Anekdoten lassen erkennen, dass der jeweilige Namenspatron eine gute Empfehlung für die ihm gewidmete Speise ist, ganz gleich ob es sich um historische Persönlichkeiten oder Personen in ihrer Eigenschaft als Erfinder und Liebhaber leiblicher Genüsse handelt. So ist dieses Büchlein ein »schmackhafter« Geschichtsunterricht. Doch was ist die gelungenste Beschreibung gegen den Duft und den Geschmack eines trefflichen Gerichtes? Essen lernt man nicht aus Büchern, sondern allemal noch an der Tafel. Insofern sind die Gerichte ihren Geschichten immer noch überlegen. Essen, das bedeutet nicht nur lebensnotwendige Nahrungsaufnahme, Essen ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Kultur. Und somit finden sich Rezepte in diesem Buch, die sich zum Nachkochen bestens eignen.
Ich wünsche Ihnen beim Lesen einen recht guten Appetit und beim Kochen viel Vergnügen.
Augsburg, im März 2005
Dr. Martha Schad
Vorspeisen
&
kleine Gerichte
Alexandre Dumas
(1802–1870):
Garnelensuppe à la Dumas
Der französische Schriftsteller Alexandre Dumas widmete sich mit Freuden den Themen Essen und Kochen. So überrascht es nicht, dass sein letztes Werk ein umfassendes Küchenlexikon war, das Grand Dictionnaire de Cuisine. Auf über 600 reich bebilderten Seiten gab er seinen Leserinnen und Lesern Tipps und Tricks rund um die Küche. Eine ganze Reihe von Rezepten, die nach Dumas benannt sind, finden noch heute regen Zuspruch, darunter auch die Garnelensuppe à la Dumas.
Bis heute gilt Dumas als ausgesprochener Vielschreiber: Aus seiner Feder flossen mehr als 300 Romane, vorwiegend Abenteuergeschichten. Die Nachfrage nach seinen Werken war teilweise so groß, dass er einen ganzen Mitarbeiterstab beschäftigte, der ihm zuarbeitete.
Alexandre Dumas wurde am 24. Juli 1802 in Villers-Cotterêts nahe der nordfranzösischen Stadt Soissons geboren. Als er drei Jahre alt war, starb sein Vater, ein General, und seine Mutter zog ihn allein groß.
Schon früh zeigte sich Alexandres Interesse an Literatur. In einer Scheune seines Elternhauses verbrachte er seine Zeit damit, Theaterstücke nachzuspielen, zu tanzen oder in Ruhe zu lesen, am liebsten Abenteuerromane aus dem 16. und 17. Jahrhundert.
Seine schriftstellerische Karriere begann Dumas eher verhalten. Nach kurzer Ausbildung wurde er Schreiber eines Rechtsanwalts.
Mit zwanzig Jahren zog er nach Paris, wo er in die Dienste des Herzogs von Orleans trat. In dieser Zeit begann er Theaterstücke zu schreiben, denen jedoch kein großer Erfolg beschieden war. Im Jahre 1829 gelang ihm dann der Durchbruch: Sein romantisches Drama Heinrich III. brachte ihm erste Anerkennung ein. Alsbald war der Name Alexandre Dumas in aller Munde, vor allem dank seiner historischen Romane, die als Fortsetzungsgeschichten in den französischen Zeitungen erschienen. Er verdiente in dieser Zeit sehr gut, doch pflegte er einen luxuriösen Lebensstil, der die Einnahmen schnell verschlang. Dumas liebte aufwendige Feste, große Diners und die Gesellschaft vieler Menschen. Seine Großzügigkeit war sprichwörtlich: Jeder, der zu ihm kam, egal ob Freund oder Feind, erhielt eine warme Mahlzeit. Auch wird berichtet, er habe keine seiner Mätressen ohne ein angemessenes finanzielles Polster und eine eigene kleine Wohnung zurückgelassen.
Zu den Werken, die Alexandre Dumas unsterblich machten, gehören Die drei Musketiere, Der Graf von Monte Christo und Das Halsband der Königin. Diese Romane und einige andere mehr wurden in nahezu hundert Sprachen übersetzt und unzählige Male verfilmt.
Sein Dasein als erfolgreicher Schriftsteller von Abenteuerromanen mag einer der Gründe gewesen sein, weshalb Dumas sich auch vom politischen Abenteurertum angezogen fühlte: Während der Februarrevolution von 1848 stand er auf den Barrikaden, und im Jahre 1860 unterstützte er Giuseppe Garibaldis Freiheitskampf für ein einiges Italien.
Am 5. Dezember 1870 starb Alexandre Dumas im Alter von 68 Jahren in Puys bei Dieppe. Doch erst im Jahre 2002 fand sein Leichnam zwischen den Sarkophagen von Victor Hugo und Emile Zola im Pariser Ruhmestempel Panthéon eine letzte Ruhestätte.
Dumas hinterließ einen unehelichen Sohn, der sich ebenfalls einen Namen als Schriftsteller machte: Alexandre Dumas der Jüngere, der zwar nicht den Weltruhm seines Vaters erlangte, mit seinem Roman Die Kameliendame aber ebenfalls Eingang in die Annalen der Literatur fand.
Garnelensuppe à la Dumas
Zutaten
500 g frische Garnelen in der Schale
½ EL Salz
1 kräftige Prise Pfeffer
1 TL Thymian
1 Nelke
1 Lorbeerblatt
250 ml trockener Weißwein
2 EL Maismehl (Mondamin)
2 Eigelb
100 ml Sahne
1 Prise Safran
Zubereitung
Die Garnelen schälen und den dunklen Darmfaden entfernen.
In einem Topf drei Viertelliter Wasser mit dem Salz, Pfeffer, Thymian, der Nelke und dem Lorbeerblatt zum Kochen bringen. In dem Sud die Garnelen blanchieren. Die Garnelen herausnehmen, sehr fein zerkleinern oder pürieren und wieder in den Sud geben. Den Wein zugießen. Das Maismehl mit etwas Wasser verrühren und zum Andicken in die Suppe geben. Aufkochen lassen und vom Herd nehmen.
Die Eigelbe mit der Sahne mischen und in die Suppe rühren. Mit Safran abschmecken.
Die Suppe sehr heiß servieren und nach Belieben kleine geröstete Brotwürfel dazu reichen.
Jeanne-Antoinette Poisson,
Marquise de Pompadour
(1721–1764):
Consommé à la Pompadour
»Groß, aber nicht zu groß für eine Frau, herrlich gewachsen, hatte sie ein rundes Gesicht, regelmäßig in jedem Zug. Teint, Hände und Arme waren wunderschön, die Augen eher klein, aber von so viel Glanz und Geist und Feuer, wie ich bei Frauen nie gesehen habe. Nichts an ihr war eckig, alle Formen, jede Bewegung abgerundet. Sämtliche Damen bei Hof, unter denen manche sehr schön waren, stellte sie in den Schatten.« So beschrieb Dufort de Cheverny die Marquise de Pompadour nach einem Empfang am Hofe König Ludwigs XV.
Jeanne-Antoinette kam als Tochter des Stallmeisters und späteren Heereslieferanten François Poisson und der...