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E-Book

Gesammelte Reiseberichte

Reisen zu Beginn des 20. Jahrhunderts

AutorKurt Faber
Verlagkrimischaetze.de
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl2822 Seiten
ISBN9783962816216
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis0,99 EUR
Kurt Farber war ein Journalist, Abenteuerer und Reisender zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Er schrieb Reiseberichte, war Korrespondent für verschiedene Zeitungen und brachte seine Reiseerfahrungen auch in Buchform heraus - meist veröffentlich von seinem Bruder Walter Faber. Wohl als einer der ersten Reisenden der Moderne überhaupt berichtete er über exotische Länder und Orte wie die Anden, Kurdistan oder Persien. Er reiste unter anderem nach Südamerika, Indien und China, besuchte Eskimos und Goldschürfer, reiste mit Hundeschlitten, Segelschiffen und Eisenbahnen. Wer ein Gespür dafür bekommen möchte, wie es war, zu einer Zeit zu reisen, als es zwar schon die ersten motorisierten Fortbewegungsmittel gab, aber noch die wenigsten Gegenden auf der Welt touristisch erschlossen waren, der muss diese Sammlung lesen. Seine Abenteuerlust wurde Kurt Faber zum Verhängnis: Er erfror an den Ufern eines Flusses in Alaska, seine aufgefundenen Leiche war von Tieren angefressen. 1. Auflage (Überarbeitete Fassung) Umfang: 2822 Buchseiten Null Papier Verlag

Kurt Faber (1883-1929) war ein deutscher Abenteurer, Journalist und Reiseschriftsteller. Faber starb nach einem Kälteeinbruch am Großen Sklavensee in Nordkanada im Alter von 46 Jahren durch Erfrieren. Seine von Tieren angefressene Leiche wurde von Eskimos am 26. Februar 1929 am Hay River, etwa 25 km vom Großen Sklavensee gefunden.

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Leseprobe

Der Anfang in Buenos Aires


Ab­schied von der »Per­nam­bu­co«. – Mis­ter Chi­ca­go, der Kö­nig der Rei­se­kof­fer. – Eine Lek­ti­on in re­pu­bli­ka­ni­scher Frei­heit. – Kriegs­rat im Ho­tel Kaiser­hof. – Auf dem Pa­seo de Ju­lio. – Et­was von den Lei­den und Freu­den der Ar­beits­lo­sen. – An der Boca. – Ge­or­get­te, die Ver­füh­re­rin. – Doña El­vi­ra sucht einen Haus­leh­rer. – Ein Blick in die Welt, in der man sich lang­weilt. – Im­mer noch ar­beits­los. – Und nun?

Nein, nie­mals wer­de ich je­nen Tag ver­ges­sen! Es war ein hel­ler, von Son­nen­schein über­glänz­ter Tag aus je­ner Zeit kurz vor dem großen Krie­ge, die uns heu­te schon in sa­gen­haf­te Fer­nen ge­rückt scheint. Groß und breit lag die »Per­nam­bu­co« an der Dar­se­na Nor­te. Die Lauf­plan­ken führ­ten nach dem Pier hin­un­ter, und al­les mach­te sich fer­tig, umso schnell wie mög­lich in das Land der Ver­hei­ßung zu ge­lan­gen. Seit der Abrei­se von Ham­burg war es an Bord nicht mehr so leb­haft zu­ge­gan­gen. Oben auf der Kom­man­do­brücke hat­te sich der Ka­pi­tän schon ganz hei­ser ge­schri­en. Die Dampf­win­den ras­sel­ten über den of­fe­nen Lu­ken, und das Groß­deck füll­te sich mit Kis­ten und Kof­fern. Al­les schrie und rann­te durch­ein­an­der. Auf dem Pro­me­na­den­deck stand un­ter dem Schat­ten ei­ner rie­si­gen Sports­müt­ze ein äl­te­rer Herr mit ei­nem an­sehn­li­chen Bäuch­lein, auf dem eine di­cke gol­de­ne Uhr­ket­te glänz­te. Die Hän­de hat­te er tief in den Ta­schen sei­ner wei­ßen Lei­nen­ho­sen ver­gra­ben, wäh­rend die Au­gen die Schar der ge­schäf­ti­gen Ste­wards mus­ter­ten, die das Rei­se­ge­päck her­bei­schaff­ten. Zu im­mer grö­ße­ren Di­men­sio­nen wuchs der Berg vor ihm auf. Le­der­kof­fer, Rohr­plat­ten­kof­fer, Rei­se­kör­be, Rei­se­de­cken, und dann im­mer wie­der Kof­fer auf Kof­fer. Mis­ter Chi­ca­go war heu­te ganz Bu­si­neß­man. Sonst – wäh­rend der gan­zen Rei­se von Ham­burg her – war er stets die Lie­bens­wür­dig­keit selbst ge­we­sen. An je­dem Mor­gen wuss­te er ein neu­es schnur­ri­ges Ge­schicht­chen, und wenn er bei ganz gu­ter Lau­ne war, so pfleg­te er sich mit mir zu un­ter­hal­ten in ei­nem ur­ko­mi­schen Deutsch-Ame­ri­ka­nisch. Nie­mand wuss­te, wo­her er kam und was er war. Man wuss­te nur, dass er zu sei­nen Leb­zei­ten vie­le Dol­lars ge­macht hat­te und heu­te zum min­des­ten wohl eine Mil­li­on wert war. Und weil er in sei­nem Äu­ße­ren et­was an sich hat­te, das an die be­kann­ten Fäs­ser von Ar­mours Packing Hou­se er­in­ner­te, hat­te ihn bald je­der­mann Mis­ter Chi­ca­go ge­nannt.

Heu­te war er mir wi­der­wär­tig, die­ser Mis­ter Chi­ca­go. Sie wa­ren mir alle wi­der­wär­tig, die­se Men­schen, die ich in die­sem Mo­nat ken­nen ge­lernt hat­te, wie man nur an Bord Schiff die Men­schen ken­nen lernt, und die nun auf ein­mal alle in ih­rer Ge­schäf­tig­keit so gleich­gül­tig an mir vor­über­eil­ten. Das war ein Ge­tue mit die­sen Kis­ten und Kof­fern, das war ein Grü­ßen und Küs­sen und Umar­men, ein Win­ken und Schrei­en von dem Pier nach dem Schiff und wie­der zu­rück, dass ei­nem übel da­bei wer­den konn­te. Wo aber – so frag­te ich mich – wo ist ei­ner, der dir zu­win­ke? Ist ei­ner un­ter die­ser Men­ge von Schreihälsen, dem es nicht voll­stän­dig ei­ner­lei wäre, ob du hier bist oder nicht? Ist denn ei­ner in die­sem wei­ten Lan­de Ar­gen­ti­ni­en, der den Teu­fel nach dir frag­te? Miss­mu­tig schau­te ich hin­un­ter auf das wim­meln­de Le­ben an dem Pier und über die Ha­fen­schup­pen hin­weg auf das graue Häu­ser­meer, wo die flim­mern­de Hit­ze des hei­ßen Nach­mit­tags über den fla­chen Dä­chern tanz­te. Ent­setz­lich ein­sam und ver­las­sen kam ich mir vor in die­sem Lan­de Ar­gen­ti­ni­en.

Da kam auf ein­mal Mis­ter Chi­ca­go auf mich zu, um »s­ha­ke hands« zu ma­chen. Er klopf­te mir wohl­wol­lend auf die Schul­ter, wie das wäh­rend der gan­zen Rei­se so sei­ne Art ge­we­sen war. Eine ver­flucht ver­trau­lich-in­ti­me, über­le­ge­ne, her­ab­las­sen­de, vä­ter­lich-wohl­wol­len­de Art, die mich schon oft ge­är­gert hat­te. Heu­te aber hät­te ich ihn dar­um lie­ben mö­gen.

»Das hier,« sag­te Mis­ter Chi­ca­go mit ei­ner um­fas­sen­den Hand­be­we­gung, »das ist Ar­gen­ti­ni­en. Ein fei­nes Land; ein ver­dammt fei­nes Land – a very fine coun­try, in­de­ed! – Die Dol­lars lie­gen hier auf der Stra­ße für den, der es der Mühe wert hält, sie auf­zu­he­ben; aber man muss die Au­gen auf­ma­chen und die Ohren steif hal­ten. Man muss die El­len­bo­gen tüch­tig ge­brau­chen. Und wenn dir ei­ner et­was in den Weg le­gen will, so box’ ihn auf die Nase. Ich hab’s auch so ge­macht. – Ah, so jung möch­te ich auch noch ein­mal sein und al­les noch ein­mal von vor­ne an­fan­gen; das gan­ze när­ri­sche Le­ben mit sei­nem Auf und Ab und al­lem was drum und dran hängt. Aber das ist ja nun al­les vor­bei – man fängt an alt zu wer­den, wenn man in die Sech­zig kommt. – Good bye, my boy

»Auf Wie­der­se­hen, Mis­ter Chi­ca­go.«

Nicht ein­mal mehr schau­te er sich um. Schwer und wür­de­voll – je­der Zoll ein er­folg­rei­cher Bu­si­neß­man – schritt er in­mit­ten ei­nes Schwarms von trink­geld­hung­ri­gen Ge­päck­trä­gern das Gang­plank hin­un­ter.

Lan­ge schau­te ich ihm nach. Die­ser Mann im­po­nier­te mir. Nicht durch sei­ne Stel­lung und nicht durch sei­nen Reich­tum, aber um sei­ner Fes­tig­keit, um sei­ner Selbst­si­cher­heit wil­len be­nei­de­te ich ihn. Ein­mal wohl – so dach­te ich mir – in spä­ten, spä­ten Jah­ren, da könn­te auch so et­was wie Ruhe in den auf­ge­wühl­ten Vul­kan mei­ner un­ru­hi­gen, ab­wechs­lungs­durs­ti­gen See­le ein­tre­ten, und alle Un­ru­he und alle Rast­lo­sig­keit wür­de sich le­gen und glät­ten, wie die Wo­gen des wil­den Mee­res zu ei­nem plät­schern­den Wäs­ser­lein, das still und be­schau­lich dem Zie­le ent­ge­gen­läuft, wo al­les ein Ende hat. Ja, so ein Mis­ter Chi­ca­go woll­te ich auch ein­mal wer­den. –

Kaum war ich drun­ten auf dem Pier im Lan­de der Frei­heit an­ge­langt, als ein Schwarm von wild ges­ti­ku­lie­ren­den ita­lie­ni­schen Laz­zaro­ni über mich her­fiel. Rings um mich her wir­bel­te es von hun­dert brau­nen Hän­den und kohl­schwar­zen Au­gen. Schmut­zi­ge Fin­ger ho­ben sich be­schwö­rend vor mei­nen Au­gen und hun­dert Keh­len schri­en sich hei­ser in ei­ner Spra­che, von der ich kein Wort ver­stand. Plötz­lich pack­te ei­ner mei­nen Rohr­plat­ten­kof­fer und rann­te da­mit fort in ei­nem Tem­po, das ei­ner vom leib­haf­ti­gen Teu­fel ver­folg­ten ar­men See­le alle Ehre ge­macht hät­te. Er war noch kei­ne hun­dert Me­ter weit ge­kom­men, als ein vier­schrö­ti­ger Mann mit ei­ner mäch­ti­gen Schirm­müt­ze ihn am Na­cken pack­te und ohne vie­le Um­stän­de zu Bo­den warf.

»Da sind Sie noch ein­mal gut weg­ge­kom­men,« sag­te der Frem­de auf Deutsch, als ich mei­nen Kof­fer ein­ge­holt hat­te. »Der Kerl hät­te Sie mit­samt Ihren paar Hab­se­lig­kei­ten in eine von den ita­lie­ni­schen Spe­lun­ken am Pa­seo de Ju­lio ge­lotst, wo die brau­nen Ha­lun­ken Ih­nen das Geld schef­fel­wei­se ab­ge­nom­men...

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