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E-Book

Jahrbuch Social Banking und Social Finance 2013

VerlagFrankfurt School Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl110 Seiten
ISBN9783956470158
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis27,99 EUR
Die Rolle und Verantwortung des Finanzsektors hinsichtlich einer nachhaltigen Entwicklung der Volkswirtschaft treten seit einigen Jahren zunehmend in das Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit. Die gesellschaftlichen Werte befinden sich in einem Wandel, in dem sozial und ökologisch verantwortliches Handeln immer wichtiger wird. Dies gilt insbesondere auch für den Bankensektor, dessen bedeutende Stellung in einer Volkswirtschaft durch die jüngste Wirtschafts- und Finanzkrise demonstriert wurde. Das Jahrbuch Social Banking und Social Finance 2013 enthält Vorträge hochrangiger Vertreter aus Unternehmen und Institutionen der Banken- und Finanzwirtschaft, die sich mit Waldinvestments und ethischen Investments ebenso beschäftigen wie mit dem Verhältnis von Mikrofinanz und Bankenaufsicht, der Bedeutung einer nachhaltigen Geschäftspolitik für Kreditinstitute sowie der sozialen Verantwortung von Geld und Bankgeschäften.

Gregor Krämer/Sven Remer (Hg.)

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Leseprobe

Thomas Jorberg[1]


Geld ist für den Menschen da[2]


„Geld ist für die Menschen da.“ Das ist heute nicht ganz augenfällig, und die Frage ist zunächst, was ist dieses Geld? Ich habe Ihnen zur Einstimmung auf die Frage „Was ist Geld?“ ein paar Zitate mitgebracht, die diejenigen, die schon mal bei der GLS Bank in Bochum oder in einer unserer Filialen waren, bei uns an der Hauswand lesen konnten. Diese Zitate geben zur Einstimmung ein gutes Bild davon, was Geld alles sein kann.

„Das Geld, das man besitzt, ist das Mittel zur Freiheit; dasjenige, dem man nachjagt, das Mittel zur Knechtschaft“, sagt Rousseau.

„Geld ist wie Sprache – ein Instrument der Kommunikation“, hat Giersch gesagt.

„Geld macht schön“, sagt Madonna – über Geschmack wollen wir uns heute Abend nicht streiten.

„Das Geld gleicht dem Seewasser – je mehr davon getrunken wird, desto durstiger wird man.“

„Geld ist wie Dung – man muss es streuen, sonst stinkt es.“

„Geld drückt die Willensintention der Beteiligten aus“, hat unser Gründer Wilhelm Ernst Barkhoff gesagt.

„Geld allein macht nicht glücklich, aber es gestattet immerhin auf eine angenehme Art, unglücklich zu sein.“

„Es ist eigenartig, wie das Geld sowohl Charaktere als auch ganze Verhältnisse zu verschleiern vermag“, sagt Guggenheim.

„Geld mag die Schale für vieles sein, nicht aber der Kern.“

„Mach‘ Geld zu deinem Gott, und es wird dich plagen wie der Teufel.“

„Der Geist denkt, das Geld lenkt.“

„Geld und Zeit sind die schwersten Bürden des Lebens.“

Und einer, der es wissen musste, hat gesagt: „Ein reicher Mann ist oft nur ein armer Mann mit sehr viel Geld“.

Und die Frage ist nun: Was ist dieses Geld, mit dem Banken hauptsächlich umgehen? Es ist das Medium, mit dem wir alle umgehen, das im Duden oder bei Wikipedia heute schlichtweg als Tausch- und Wertbewahrungsmittel bezeichnet wird, wie schon ganz nüchtern seit vielen Jahrhunderten. Die Frage ist, wie kann dieses Geld ganze Verhältnisse verschleiern, wie kann es uns plagen wie der Teufel, wie kann es ein Mittel zur Freiheit sein oder zur Knechtschaft? Was ist dieses Geld eigentlich? Ich mache keinen ausführlichen geschichtlichen Abriss, sondern werfe nur einige Blicke darauf.

In einer reinen Selbstversorgungswirtschaft braucht man kein Geld, eben weil man Selbstversorger ist. Die Frage des Tausches kommt in dem Moment auf, in dem die erste Arbeitsteilung stattfindet. Dann tauscht man Ware gegen Ware. Das wird komplizierter, also sucht man sich einzelne Waren, die zum Weitertausch geeignet sind, seien das nun Schweine oder sei es Gerste. Schon mehrere tausend Jahre vor Christus sind die ersten Münzen aufgetaucht, sodass man tatsächlich Geld hatte. Dieses Geld war aber immer an materielle Güter gebunden – eigentlich sogar bis Mitte des letzten Jahrhunderts, zumindest gab es bis dahin die Golddeckung.

Der Geldschein wird uns sicherlich noch ein paar Jahrzehnte erhalten bleiben, aber im Grunde genommen ist das Geld, das wir heute benutzen, praktisch nur noch ein Buchungssystem. Man kann heute, wenn man eine Geldkarte hat − idealerweise natürlich von der GLS Bank − damit in Hemd und kurzer Hose aus dem Haus gehen und eine Weltreise machen − sofern die Deckung da ist, zugegeben. Aber der Geldschein ist heute schon gar nicht mehr da, sondern im Grunde genommen hinterlässt man mit dieser Geldkarte auf der Weltreise eine Buchhaltungsspur und zwar überall dort, wo man Leistungen entgegen genommen hat. Insofern ist das Geld, ist diese Entwicklung des Geldes ein Entmaterialisierungsprozess. Geld hat heutzutage mit materiellen Werten unmittelbar gar nichts mehr zu tun. Daher kann man schon die Frage haben: Was könnte die Aufgabe der Bank dabei sein, Werte aufzubewahren, bei einem Geld, das eigentlich völlig entmaterialisiert ist?

Auf der anderen Seite kann man sich anschauen, wie wir heute mit Geld umgehen. Dann kommen wir diesen Fragen vielleicht schon näher – und damit auch den Emotionen, die mit Geld zusammenhängen. Wie gehen wir also damit um?

Das vielleicht vorweg, Geld ist für mich eine der genialsten Erfindungen der Menschheit, denn es ist das Mittel zur Freiheit schlechthin. Regionalwährungen können – so positiv sie auch sind – das Geld nicht ersetzen, das Geld als hochgradige Möglichkeit zur Freiheit, wo auch immer ich gerade bin, Leistung von Anderen in Anspruch zu nehmen und an der Stelle, an der ich leistungsfähig bin, Leistungen zu erbringen. Und das unabhängig voneinander zu machen, das ist das Potenzial der Freiheit, das in dem Geld steckt.

Aber die Frage ist: Gehen wir dementsprechend mit dem Geld heute um? Und was ist die Entscheidungsmatrix, die wir heute und nicht nur im Umgang mit Geld kennen, sondern im Grunde genommen bei jeder wirtschaftlichen Entscheidung oder Konsumentscheidung? Nehmen wir mal an, ich habe eine Anlageentscheidung − ich bleibe bei der Geldanlage, da kennt sich der Banker am besten aus, sollte er jedenfalls − ich habe also ein vergleichbares Risiko zweier unterschiedlicher Anlagen, heute in der Regel abstrakt geratet, und ich habe eine Laufzeit von drei Jahren bei beiden Anlagen. Die eine Anlage ist – bleiben wir bei bescheidenen Zinssätzen – mit einem Prozent und die andere mit zweieinhalb Prozent verzinst. Wie wird die Entscheidung des Anlegers wohl aussehen?

Sie haben mir schon in Ihren Gesichtern widergespiegelt, was Sie von dieser Frage halten. Und sie haben völlig recht: Es ist eine blöde Frage. Und warum ist das eine blöde Frage? Weil das gar keine Entscheidung ist! Das ist keine Entscheidung. Wenn ich zwei vorgegebene Parameter habe, und ich entscheide dann nur nach der Größenordnung, dann ist das ein Funktionieren innerhalb eines Systems. Wer so handelt ist ein super Funktionsträger eines Systems, aber er trifft nicht wirklich eine Entscheidung. Und diese Entscheidungsmatrix kennen wir nicht nur bei der Geldanlage heute, sondern dies finden wir bei sehr vielen Investitionsentscheidungen und bei sehr vielen Konsumentscheidungen wieder. Wenn ich also etwas scheinbar Vergleichbares habe, dann entscheidet nur noch der Preis, ohne dass ich in die Tiefe gehe, was eigentlich dahinter ist, was dasjenige ist, das tatsächlich hinter diesem Schein steckt. Und diese Art, diese Entscheidung zu fällen, das ist systemisch organisierte Verantwortungslosigkeit. Weil in diese Entscheidungsmatrix die Frage nach der Verantwortung, was mit dem Geld tatsächlich passiert und was für Auswirkungen daraus resultieren, schlichtweg keinen Eingang findet.

Ein Kernproblem ist, dass dieser Entscheidungsprozess legitimiert erscheint, weil es eine allgemein akzeptierte Verhaltensweise ist. Diese Verhaltensweise ist viel legitimierter oder akzeptierter als viele andere Entscheidungsfindungen, die man in Zusammenhang mit Geld treffen kann.

Geschieht dieser Entscheidungsprozess mit Bewusstsein? Aus meiner Sicht ist das Bewusstsein in dieser Entscheidungsmatrix zunächst nicht vorhanden. Es ist eher eine verstandesmäßige Systemfrage, die dahinter steckt, aber es ist nicht ein Handeln aus einem Gesamtbewusstsein. Und es wurde besonders in den letzten Jahrzehnten deutlich, dass sich das, was Bankenaufgabe ist, das, was Aufgabe des Geldes ist, auf den Kopf gedreht hat. Sie alle kennen die Problematik der Immobilienblase, aber im Grunde genommen brauchen wir gar nicht bis in die USA zu gehen, um uns das vor Augen zu führen. Einige Zeit vor 2008 gingen hierzulande die Verkäufe von Wohnbeständen entweder von Unternehmen, von Kommunen oder vom Land durch die Presse und sind auch tatsächlich umgesetzt worden. Was war der Vorgang?

Sehr viele Unternehmen – insbesondere im Ruhrgebiet, aber auch andernorts – haben in der Zeit des Aufbaus der Industrialisierung Wohnungen für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in das Ruhrgebiet oder in andere Ballungsräume gekommen sind, gebaut. Diese Wohnbestände sind zum Teil sehr stark an die Bedürfnisse der Menschen angepasst, die sie aus ihren Heimatländern oder aus anderen Regionen Deutschlands hatten. Das ging dann soweit, dass sehr dichte Wohnbebauung mit Schweineställen entstand – wobei man durchaus fragen konnte, was diese im städtischen Raum zu suchen hatten. Und für diesen Wohnungsbau brauchte man Geld. Diese Wohnbestände haben sich angesammelt, sind abgeschrieben, aus den Mieten getilgt und als eine Investitionsmöglichkeit von Einzelinvestoren – in der Regel aber von institutionellen Investoren – entdeckt worden, die händeringend auf der Suche nach rentablen Anlagen für ihre Gelder waren. Sie haben Preise bezahlt, die wenige Jahre zuvor noch unvorstellbar waren.

Eigentlich kannte man es bei Wohnungskäufen bis dahin nur so, dass bei sehr großen Wohnungsbeständen Preisabschläge vorgenommen wurden. Je mehr man kaufte, desto weniger bezahlte man – Mengenrabatt wie ihn jeder kennt. Das war im Wohnungsmarkt ganz normal. Und plötzlich drehte sich das um, und es gab Aufschläge auf Wohnbestände. Jetzt diente das Geld nicht mehr dazu, Wohnraum zu...

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