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Krieg in Sudan - Eine Akteurszentrierte Analyse der ökonomischen Interessen im und am Krieg

Eine Akteurszentrierte Analyse der ökonomischen Interessen im und am Krieg

AutorNadine Zollet
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2006
Seitenanzahl120 Seiten
ISBN9783638533195
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis17,99 EUR
Magisterarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Politik - Internationale Politik - Region: Afrika, Note: 1,0, Universität Kassel, 118 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Bei einer Betrachtung des globalen Kriegsgeschehens wird deutlich, dass die meisten Kriege seit 1945 innerhalb von Staaten der so genannten 'Dritten Welt' geführt wurden. Ein Viertel dieser innerstaatlichen Kriege wurde und wird nach wie vor auf dem afrikanischen Kontinent ausgetragen. Des Weiteren ist eine kontinuierliche Abnahme zwischenstaatlicher Kriege seit 1945 verzeichnet, was in der Friedensforschung weitreichend mit der These vom 'Demokratischen Frieden' begründet wird. Dieser These liegt die Annahme zugrunde, dass die quantitative Abnahme zwischenstaatlicher Kriege mit der Zunahme demokratisch ausgerichteter Staaten in der Welt zusammenhängt, welche untereinander keine Kriege führen, da sich diese kontraproduktiv auf demokratische Staaten auswirken. Zu erwähnen bleibt die Tatsache, dass zwar Demokratien untereinander keine Kriege führen, genauer gesagt bis jetzt nicht geführt haben, wohl aber gegen Staaten mit Nichtdemokratischen Regierungen, was jüngst der Angriffskrieg der US-Regierung auf den Irak deutlich macht. Eine weitere Debatte, die sich zu dieser Zeit in der Kriegsursachenforschung herauskristallisierte, fußt auf dem (wieder) entdeckten Interesse an der Ursachenforschung von innerstaatlichen Kriegen. Das Phänomen der innerstaatlichen Kriege ist keineswegs neu, wie zu Beginn aufgezeigt wurde. [...]

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Leseprobe

3. Der Sudan als Untersuchungsgegenstand

 

3.1 Strukturelle Daten

 

Der Sudan ist mit einer Fläche von rund 2,5 Millionen Quadratkilometern der größte Staat auf dem afrikanischen Kontinent. Er ist umgeben von neun Nachbarstaaten. Im Norden von Libyen und Ägypten, im Osten von Eritrea und Äthiopien, im Süden von Kenia, Uganda und Demokratische Republik Kongo, im Westen von der Zentralafrikanische Republik und dem Tschad. Das Rote Meer trennt den Sudan von Saudi Arabien.[91] Der Sudan ist aufgrund seiner geographischen Lage sowohl einer starken Einflussnahme der afrikanischen als auch der arabischen Länder ausgesetzt.  

 

Mit einer Einwohnerzahl von 31,7 Millionen (2003)[92] Menschen sind weite Gebiete des Sudans schwach bis gar nicht besiedelt. Neben der Hauptstadt Khartum sind Port Sudan (Nord-Osten), Juba (Süden) und El Obeid (südlich von Khartum) weitere große Städte. [93] Die Amtssprache ist arabisch. Etwa die Hälfte der Einwohner hat Arabisch als Erstsprache, daneben existiert eine Vielzahl von afrikanischen Sprachen. Die Alphabetisierungsrate liegt bei ca. 58 %.[94] Die Bevölkerung des Sudans wird in anbetracht von über 400 ethnischen Gruppen und 19 größeren Völkern als multiethnisch bezeichnet. Die bedeutendsten Ethnien im Süden sind die Dinka, Nuer, Schilluk, Nubier und Zande.[95]

 

In anbetracht der Daten, die im Bezug auf die Religionszugehörigkeit der Einwohner vorliegen, ist die so oft vollzogene Vereinfachung des Konflikts, arabisch muslimischer Norden gegen afrikanisch christlichen Süden, nicht zutreffend. Die Bevölkerung des Sudans ist zu 65 % afrikanischer und nur zu 35 % arabischer Abstammung. Dabei können etwa 70 % der Sudanesen dem muslimischen Glauben zugeordnet werden, wohingegen sich nur etwa 5-10 % zur christlichen Religion und weitere 20-25 % zu afrikanischen Religionen bekennen.[96]

 

Geographisch weist der Sudan einige Besonderheiten auf. Im Norden bis hin zur Mitte des Landes erstreckt sich die Sahelzone, an der Grenze[97] zwischen Nord- und Südsudan befinden sich die Nuba Berge[98], im Osten grenzt der Sudan an das Rote Meer. Khartum, die Hauptstadt, befindet sich am Zusammenfluss des Weißen und Blauen Nil. Im Süden erstreckt sich eine in der Trockenzeit bis zu 200 000 Quadratkilometer große Sumpflandschaft, der Sudd. Diese geographischen Besonderheiten haben zur Folge, dass ca. 85 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche für die Bevölkerung nicht erschließbar sind.[99]

 

Der Sudan ist durch ein ausgeprägtes Zentrums-Peripherie Gefälle gekennzeichnet. Der Zentralsudan, vor allem das Gebiet um die Hauptstadt Khartum, ist im Besitz einer weitgehend funktionierenden Infrastruktur. Im nord-östlichen Teil des Landes befindet sich Port Sudan, die wichtigste Handelsstadt mit Anschluss zum Roten Meer.

 

Der Süden und die westlichen Gebiete weisen eine schwach ausgebaute Infrastruktur auf. Es fehlt an ärztlicher Versorgung, Bildungseinrichtungen und an ausgebauten Handels- und Verkehrswegen.

 

Die drei südlichsten Regionen Equatoria, Upper Nile und Bahr Al Ghazal[100], werden als Südsudan bezeichnet. Diesem Gebiet wurde unter Numeiri im Rahmen des Addis-Abeba Abkommens von 1972 eine Teilautonomie zugesprochen. Es wurde 1983 in die genannten drei Provinzen gegliedert.[101]

 

Der Sudan ist seit 1956 Mitglied der United Nations Organisation[102] (UNO) und somit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verpflichtet, die in der UN-Charta festgehalten ist.[103]

 

3.2 Die sudanesische Wirtschaft

 

„Sudan remains one of the poorest countries in the World, with widespread poverty and a weak and uneven economic base and infrastructure.”[104]

 

Mit einem Bruttosozialprodukt (BSP) von 530 US-Dollar pro Einwohner (2004)[105] und einer Auslandsverschuldung von 21,1 Milliarden US-Dollar (2003)[106] gehört der Sudan zu den ärmsten Ländern der Welt.

 

Der Sudan verfügt zwar über unterschiedlichste Bodenschätze wie Gold, Kupfer und Chrom, diese sind aber aufgrund der Beschaffenheit des Landes schwer zugänglich.[107] Im Süden des Landes wurden im Jahr 1978 Erdölvorkommen entdeckt.[108]

 

Ungefähr 80 % der sudanesischen Bevölkerung sind landwirtschaftlich tätig. Dahingegen sind die einheimische Industrie und das Gewerbe nur schwach ausgeprägt. Produziert werden vorrangig Waren für den regionalen Verbrauch. Seit 1999 werden durch den Export von Erdöl hohe Gewinne erwirtschaftet, die der Finanzierung des Krieges zugute kommen.[109] Wenn man die Angaben über den Außenhandel des Sudans im Jahr 1998 betrachtet, so fällt auf, dass das Hauptexportgut mit einer Prozentzahl von 20,2 % lebende Tiere ist, gefolgt von Sesam und Baumwolle.[110] Nur drei Jahre später, im Jahr 2002 findet man an der Spitze der Exportgüter mit einer beachtlichen Prozentzahl von 78 % Erdöl, gefolgt von Fleisch und lebenden Tieren, sowie Sesam und Baumwolle.[111]

 

Aufgrund der anhaltenden Menschenrechtsverletzungen und der von der US-Regierung behaupteten Unterstützung terroristischer[112] Gruppierungen durch die sudanesische Regierung wurde von Seiten der US-Regierung 1997 eine Wirtschaftsblockade gegen den Sudan verhängt.

 

Seit 1997 implementiert der Sudan umfassend die vom Internationalen Währungsfond (IWF) empfohlenen makroökonomischen Reformen. Die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Regierung in Khartum ist dennoch größtenteils dem Export von Erdöl zuzuschreiben.[113]

 

Im Süden des Landes besteht eine weitgehende Subsiztenzwirtschaft aus Land- und Viehwirtschaft[114], die durch die Folgen der kriegerischen Auseinandersetzungen (Viehraub und die Zerstörung der Landschaft durch den Krieg sowie die Vertreibung der Bevölkerung durch bewaffnete Gruppen) und durch Dürrekatastrophen ausgelöste  Krankheitsepidemien, die Massentiersterben zur Folge hatten, erheblichen Schaden nahm.

 

3.3 Die politische Geschichte des Sudans

 

Bereits 1821 wurden die Gebiete des heutigen Sudans durch Ägypten kolonisiert. In dieser Zeit vollzog sich bereits eine Spaltung der dem Sufismus[115] zugewendeten Bruderschaften. Während sich die Anhänger der Khatmiyya Bewegung mit der Besetzung durch Ägypten abgefunden haben, konnten die Anhänger des in den 1880er Jahren auftretenden Mahdi, die sogenannten Ansar, im Kampf gegen die Herrschaft der Kolonialmacht die ägyptische Herrschaft 1885 zerschlagen. Der Mahdi sah sich als von Gott ausgewählter Anführer und verbreitete den Gedanken des Islams in Sudan. Die folgende Zeit der Unabhängigkeit war nicht von langer Dauer, der Vormarsch der europäischen Kolonialmächte beendete diese bereits 1898.[116]

 

3.3.1 Das britisch-ägyptische Kondominium (1898-1955)

 

„Half and a century of British rule in the Sudan brought together different regions, with various levels of social and economic development, under a central administration.“[117]

 

Im Jahr 1898 wurde der (heutige) Sudan durch England und Ägypten erobert. Die Epoche der Kolonialherrschaft ist deshalb wichtig im Rahmen des Konfliktverständnis, da bereits zu dieser Zeit eine Marginalisierungspolitik gegenüber den südlich gelegen Gebieten des (heutigen) Sudans betrieben wurde. Während die Briten sich weitreichende politische Entscheidungsrechte in der Verwaltung des Sudans sicherten, durfte die ägyptische Regierung die finanziellen Mittel für die Vorhaben der Briten liefern. Die britische Kolonialverwaltung beschränkte ihre Investitionen hauptsächlich auf die am Zusammenfluss des Weißen und Blauen Nils gelegenen Gebiete (Khartum) und weitere, direkt am Fluss gelegene Gebiete. In Gebiete, die seitens der Kolonialherren als wirtschaftlich unattraktiv angesehen wurden, wurde nicht investiert.

 

Der südliche Sudan wurde in dieser Zeit sich selbst überlassen. In den marginalisierten Regionen erfolgte, angetrieben durch die britischen Kolonialherren, eine christliche Missionierungswelle.[118] Die westlichen Besatzer wollten dem sich von Norden her ausdehnenden Islam Einhalt gebieten.

 

Von 1922 an wurde der Sudan als „Closed District“ verwaltet. Der wirtschaftliche und kulturelle Austausch des Nordens mit dem Süden wurde im Zuge dieser Politik untersagt.[119] 

 

Durch diesen Ausschluss von jeglichem Fortschritt und Entwicklung des südlichen Sudan, sowie dem Ausschluss der Bevölkerung im Süden an politischer Partizipation, wurde bereits in dieser Zeit ein Grundstein des bis heute andauernden Konflikts gelegt.

 

Nach dem zweiten Weltkrieg...

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