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E-Book

Lass dich nicht im Stich

Die spirituelle Botschaft von Ärger, Zorn und Wut

AutorPierre Stutz
VerlagPatmos Verlag
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl208 Seiten
ISBN9783843609517
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
Pierre Stutz führt vor Augen, dass Ärger, Zorn und Wut zum Menschsein gehören, und entschlüsselt, welche spirituelle Botschaft sie bereithalten. Oft verbieten sich gerade spirituell begabte Menschen die »bösen Gefühle«, aber Wut und Zorn gehören ebenso zur »Grundausstattung« des Menschen wie die Liebe. Und ebenso wie der »Eros« lässt sich auch die »Aggression« nicht einfach verdrängen, sondern prägt Denken und Fühlen, Seele und Körpererfahrung. Gefragt ist ein konstruktiver Umgang mit Aggression, der damit beginnt, Selbstvertrauen und den Mut zu entwickeln, sich nicht im Stich zu lassen, sondern sich zu wehren. In sieben Schritten nimmt der Autor den Leser, die Leserin mit auf eine Entdeckungsreise mit dem Ziel, die Kraft der Aggression positiv freizusetzen für einen alltäglichen Friedensweg. Die authentische Lebenserfahrung von Pierre Stutz fließt dabei ebenso ein wie große Stimmen der Mystik und Einsichten der Psychologie.

Pierre Stutz ist einer der gefragtesten spirituellen Lehrer unserer Zeit. Er lebt am Genfer See und inspiriert in Vorträgen und Kursen im gesamten deutschsprachigen Raum die Menschen zu einer geerdeten und befreienden Spiritualität. Seine über vierzig Bücher haben eine Auflage von mehr als einer Million Exemplaren und wurden in sechs Sprachen übersetzt. Schreiben ist für Pierre Stutz ein »feu sacré«, ein inneres Feuer.

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Leseprobe

Persönliche Einstimmung


Mehr sein

als meine Leistung

als prägende Muster

als lähmende Gedanken

Zugang finden

zum unerschöpflichen

Wachstumspotenzial

das tief in uns angelegt ist

Mehr sein

als hartnäckige Reflexe

als dunkle Stimmen

als diffuse Gefühle

Tiefgang wagen

tief ein- und ausatmen

meine Lebendigkeit spüren

meine Grenzen annehmen


Zu viele Verbotsschilder!


In bin in einer Zeit aufgewachsen, in der eine Kultur der Konfliktfähigkeit unterbelichtet war. Natürlich haben wir als Kinder oft gestritten, jedoch immer mit einem schlechten Gewissen und nach jeder Beichte hoffend, dass es nicht wieder passieren würde. Zu dieser Sozialisation gehört auch die Überzeugung, Autoritätspersonen wie Pfarrer, Bürgermeister und Lehrer nicht kritisieren zu dürfen. Innerlich habe ich schon früh dagegen rebelliert, bin jedoch damit allein geblieben.

Weil mich ein großer Gerechtigkeitssinn bewohnt, habe ich immer mehr innerlich die Achtung vor Lehrern verloren, die schwache Schüler/innen vor der ganzen Klasse bloßgestellt haben. Weil ich mich nicht getraut habe, mich für sie zu wehren, habe ich ihnen Nachhilfeunterricht gegeben, da ich es nicht fair fand, dass ich viel weniger Zeit brauchte, um gute Noten zu erhalten, und andere lange lernen mussten und trotzdem scheiterten.

In Berührung mit einem inneren Zornanfall kam ich, als ich als zehnjähriger Messdiener an der Beerdigung eines dreijährigen Kindes den Pfarrer hörte, wie er einen Satz aus dem Buch Ijob vorlas: »Der Herr hat gegeben, der Herr hat genommen, der Name des Herrn sei gepriesen« (Ijob 1,21). Ein innerer Aufschrei, ein körperlich-seelischer Schmerz ergriff mich, und ich hätte am liebsten das Weihrauchfass am Boden zerschmettert als Protest gegen diese Worte. Das war meine erste große Glaubenskrise: »Nein danke, so ein selbstherrlicher Gott kann mir keinen Trost spenden!« Niemanden habe ich davon erzählt, blieb allein mit meiner Auflehnung und ich atmete erst richtig auf, als ich viele Jahre später im Studium erfuhr, dass auch das Buch Ijob nicht aus einem Guss besteht und sich in der Spannung von Auflehnung und Annahme des Leids bewegt. In den meisten Kapiteln begegne ich Ijob als einem Rebellen, der sich zu Recht gegen altkluge Vertröstungen auflehnt.

Mein Vater war Bürgermeister in unserem Dorf. Von ihm habe ich dankbar die Gabe des öffentlichen Auftretens und des Schreibens erhalten, jedoch gekoppelt mit einer großen Konfliktunfähigkeit, die mich tief prägte. Wenn hitzige Diskussionen am Familientisch entstanden, stand er auf und legte sich schlafen! Heilsam war für mich – leider erst nach seinem Tode –, zu erfahren, dass er im Gemeindehaus durchaus einen heiligen Zorn ausdrücken konnte, wenn jemandem Unrecht geschah.

Meiner Mutter verdanke ich den Humor und die Fähigkeit, mit beharrlicher Geduld an einem Projekt dranzubleiben. Mit ihr konnte ich streiten, manchmal leider mit einer emotionalen Erpressung, die nicht nur für ein Kind, sondern auch einen Jugendlichen sehr bedrohlich werden kann, mit Worten wie: »Du bringst mich ins Grab!« Beide Eltern haben mir vorgelebt, dass das Ethos einer Gemeinschaft sich dadurch auszeichnet, wie mit den Schwachen umgegangen wird. Dafür bin ich ihnen heute noch sehr dankbar.

Als junger Erwachsener und in meiner katholischen Ordenszeit lernte ich zu meinem Glück einen kämpferischen Jesus kennen, der Autoritäten kritisieren durfte und gewaltfreien Widerstand wagte. Im Zusammenleben mit anderen Männern im Kloster blieb jedoch das Ausweichen von Konflikten das prägende Alltagsgefühl, was mich oft innerlich vereinsamen ließ. So erstaunt es nicht, dass ich sogar als fünfzigjähriger Mann im Leiten von Männerseminaren immer noch eine latente Angst vor dem »Schweigen der Männer« hatte. Eine Angst, die sich zum Glück nicht bewahrheitet, weil gerade in einem Männerkreis ganz unterschiedliche Männer, Jung und Alt, endlich all ihre Gefühle mitteilen: ihre Kraft und Wut, ihre Bedürftigkeit und ihre Lust, ihren Erfolg und ihr Scheitern.

Empörung und Annahme

Einspruch und Einverständnis

Widerstand und Hingabe

gehören zum Menschsein

Leidenschaftlich-gelassen

die Härte des Lebens

achtsam wahrnehmen

damit sie verwandelt werden kann

Dem Schweren auf den Grund gehen

hinabsteigen in das Unbekannte

es erhellen mit einem leisen Erahnen

des Aufgefangenseins im Fallen

Kämpferisch-gelassen

Tränen fließen lassen

Wut ausdrücken lassen

sich zärtlich halten lassen


Kann man nach Auschwitz Gott noch loben …


… hieß die prägende Frage der kämpferischen Theologin und Friedensaktivistin Dorothee Sölle (1929–2003), die ich in mein Theologiestudium mitnahm und sehr darauf achtete, dass sie präsent blieb und nicht mit klugen theologischen Konstrukten abgeschwächt wurde. Glaube und Protest gehören für mich seither selbstverständlich zusammen. Unvergesslich bleibt mir die Demonstration vor der Luzerner Hofkirche im Dezember 1979, als dem Theologen Hans Küng von Papst Johannes Paul II. die Lehrerlaubnis als Professor für katholische Theologie in Tübingen entzogen wurde. Zugleich sammelte ich Unterschriften, damit das Schweizer Bankgeheimnis aufgehoben wurde, weil mir der Mythos einer neutralen Schweiz, die das Geld unzähliger Diktatoren hortet, unerträglich war und ist.

Äußerlich gehörte ich zu den protestierenden Theologen, innerlich bewohnte mich eine massive Angst vor Liebesentzug. Diese Spannung führte zu einer großen Unausgeglichenheit: Für andere durfte und sollte ich mich wehren, für mich selbst jedoch nicht. Vor meiner Diakonats- und Priesterweihe teilte ich meinem Bischof mit, wie ungerecht ich es finde, dass meine Mitstudentinnen nicht geweiht werden konnten. Noch heute spüre ich einen heiligen Zorn, wenn im Vatikan am Verbot des Frauenpriestertums festgehalten wird, ohne dass diese Männer sich eingestehen, dass dahinter eine große Angst liegt, Macht zu teilen. Mein Bischof Otto Wüst sollte 1985 wissen, dass ich mich bis zu meinem letzten Atemzug für das Priestertum der Frau einsetzen werde. Diese Klarstellung hinderte ihn nicht, mich zu weihen. Verschwiegen habe ich ihm, dass er einen homosexuellen Mann weihte, weil ich zu wenig Zivilcourage hatte, ganz zu mir zu stehen, und ich 17 Jahre lang brauchte, um meine Ursehnsucht, einen Mann lieben zu dürfen und mich lieben zu lassen, auszusprechen. Vielen anderen Menschen konnte ich dieses Recht zugestehen, sie innerlich befreien, mir selbst stand ich im Weg mit dem Verbot, meine tiefen Lebenskräfte, die auch in der Sexualität und der Aggression sich melden können, mit Leib-Geist-Seele in meinen Selbstwerdungsweg zu integrieren.


Türöffner Fluchpsalmen


Was macht ein leidenschaftlicher Gottessucher, dem es verboten erscheint, wütend zu werden? Er schreibt seine theologische Abschlussarbeit über einen Fluchpsalm! Im Sommer 1983 zog ich mich drei Monate in die Bibliothek der Ecole Biblique in Jerusalem zurück, um vom hebräischen Urtext her den Fluchpsalm 35 zu interpretieren.

Erstaunlich, was ich vor 33 Jahren als Quintessenz in meiner 100-seitigen Diplomarbeit schrieb: »Wir brauchen eine Sprache des Leidens, damit die Apathie nicht alles verschluckt. Und genau da können uns die Psalmen mit aller Vorsicht vor zu schnellen Vereinfachungen und falschen Übertragungen eine große Hilfe sein. Dies gilt auch für eine Überprüfung unseres Umganges mit Aggressionen. Die Erkenntnisse der Psychologie können uns zum Verstehen der Psalmen (wie auch für unseren Umgang mit Aggression) helfen. So ist es wichtig zu wissen, dass der Psychoanalytiker Erich Fromm von einer ›gutartigen Aggression‹ spricht, die Angst zugrunde hat. Angst spielt auch in den Psalmen eine Rolle, da vitale Interessen bedroht sind, und es ist lebensnotwendig, dass Menschen sich von der Angst befreien können. Eine der wirksamsten Möglichkeiten, sich von seiner Angst zu befreien, ist, aggressiv zu werden, empfiehlt Erich Fromm … Das Christentum ist in der Gefahr, von einem einseitigen Verständnis der Feindesliebe her zu meinen, die Probleme wie Aggression und Wut seien bei ihm gelöst. Dieser Irrtum führt zu einer eindeutigen Verdrängung und Vereinfachung des Problems.«

Streite, Gott,

gegen alle, die gegen mich streiten,

bekämpfe alle, die mich bekämpfen!

Ergreife Schild und Waffen;

steh auf, um mir zu helfen!

Schwing den Speer und die Lanze

gegen meine Verfolger!

Sag zu mir: Ich bin deine Hilfe!

In Schmach und Schande sollen alle fallen,

die mir nach dem Leben trachten.

Zurückweichen sollen und vor Scham erröten,

die auf mein Unglück sinnen.

Sie sollen werden wie Spreu vor dem Wind;

der Engel Gottes stoße sie fort.

Ihr Weg soll finster und schlüpfrig sein;

der Engel Gottes verfolge sie.

Denn grundlos haben sie mir

Grube und Netz versteckt,

grundlos haben sie sie mir gegraben.

...
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