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E-Book

Laura von Arabien

Als Frau allein unter Beduinen

AutorLaura Wrede
VerlagVerlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl316 Seiten
ISBN9783732556366
Altersgruppe16 – 
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR

Meterhohe Sanddünnen, flirrende Sonne, erbarmungslose Hitze - so lebensfeindlich präsentiert sich die Wüste in Qatar. Doch fasziniert sie ebenso mit ihrer Weite und Stille. So auch Laura Wrede, die seit sieben Jahren in Qatar lebt, dort arbeitet und ihrer Leidenschaft, der Falknerei nachgeht. In ihrem Buch berichtet sie von ihrer aufregenden Zeit in Qatar, über Traditionen, Bräuche und wie es ihr gelingt, sich in einer von Männer dominierten Welt durchzusetzen. Sie erzählt vom Leben in der Wüste und den Beduinen, die in der Stille der Wüste ein einfaches Leben führen. Und sie lässt den Leser daran teilhaben, was sie in der Zeit über sich und fürs Leben gelernt hat.



Laura Wrede war schon immer umtriebig. Zum Studium ging sie nach Madrid und Paris, anschließend kam das Angebot aus Qatar und mit ihm die Chance, dort ihren lang gehegten Traum zu verwirklichen: Falknerin zu werden. "Ich bin schon immer geritten und bin Jägerin. In der Weite der arabischen Wüste finde ich den Raum für meine Träume".

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Leseprobe

1


Wüstentraum


Ich habe die Wüste immer geliebt. Man setzt sich auf eine Sanddüne. Man sieht nichts. Man hört nichts. Und währenddessen strahlt etwas in der Stille.

Antoine de Saint-Exupéry

Eine unvorstellbare Weite – ich fühle mich so klein, fast schon verloren. Kaum zu glauben, wie bezaubernd die Wüste ist. Mir ist, als könnte ich über den Horizont hinaus schauen. Diese scheinbare Unendlichkeit beeindruckt mich. Wohin ich auch blicke, es geht immer weiter … Hoch über mir steht die gleißende Sonne. Es weht ein heftiger Wind, und kleinste Sandkörner peitschen mein Gesicht. Ich versuche, mich mit meinem Tuch zu schützen, doch der feine Sand dringt durch alles hindurch. Mein Hals ist trocken von der heißen Wüstenluft. Ich gehe weiter und spüre, wie der heiße Sand bei jedem Schritt unter meinen Sohlen rauscht. Mal ist der Untergrund etwas fester, dann wieder so weich, dass meine Füße versinken. Nur sehr langsam komme ich vorwärts, die Hitze ist erdrückend und diese absolute Stille beinahe erschreckend.

Plötzlich sehe ich einen Reiter mit weißem Turban und in einem langen schwarzen Gewand auf mich zukommen. Auf seinem majestätischen Araberhengst scheint er über den Wüstensand zu fliegen …

»Was hältst du denn nun von der Idee, nach Qatar zu ziehen?« Alfredos Stimme riss mich aus meinem Tagtraum, aus der fernen unendlichen Wüste zurück in unsere Madrider Stadtwohnung. In Wirklichkeit wusste ich noch so gut wie gar nichts über Qatar und die arabische Welt. Da waren nur Bilder wie aus 1001 Nacht und Lawrence von Arabien. Ich musste erst mal googeln, um herauszufinden, wo Qatar eigentlich genau liegt. Dubai sagte mir schon eher etwas, seit ich mit dem Gedanken gespielt hatte, dort zu studieren, doch dann war es bei dem Studium in Madrid und einem Semester in Paris geblieben. Alles im heimischen Europa. Wäre ich nach Dubai gegangen, hätte ich wahrscheinlich keinen Spanier geheiratet. Aber wer weiß das schon so genau. »Ach, da ist es!«, sagte ich begeistert. Direkt am Persischen Golf, ein kleiner Zipfel, der von Saudi-Arabien absteht. Da war es, das kleine Qatar. Irgendwie mittendrin, und doch so weit von Madrid entfernt. Dahin sollten wir nun also ziehen?

Eine spanische Immobilienfirma, die auf Innendesign spezialisiert ist, hatte meinem Mann vor Kurzem angeboten, in Doha, der Hauptstadt von Qatar, eine Dependance aufzubauen. Ein kleines Büro in Abu Dhabi, der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), gab es schon, jetzt setzte man auf das Nachbarland Qatar. Das reichste Land der Erde, erlebte gerade ein beachtliches Wirtschaftswachstum, und die Prognosen für die nächsten Jahre waren vielversprechend, vor allem auf dem Immobilienmarkt, denn es würde tüchtig gebaut werden: Häuser, Anlagen, Hotels und noch mehr Häuser, die natürlich alle hochwertig ausgestattet werden mussten.

Da ich nun geklärt hatte, wo das Land lag, galt es, als Nächstes festzustellen, ob Donald überhaupt mitkommen könnte. Schnell fand ich heraus, dass Hunde in Qatar nicht nur erlaubt sind, sondern auch ohne Quarantäne einreisen können, sofern alle Impfungen, insbesondere gegen Tollwut, vorliegen. Damit war die wichtigste Frage beantwortet.

Obwohl Alfredo und ich uns auf den ersten »Schuss« verliebt hatten und die Jagdleidenschaft teilten, wäre Donald, der kleine Jack-Russell-Rüde, vor drei Jahren fast ein Trennungsgrund gewesen. Da ich mit Hunden groß geworden bin, wollte ich unbedingt wieder einen Hund haben. Ein Leben ohne einen treuen vierpfötigen Begleiter konnte ich mir einfach nicht vorstellen. Doch Alfredo war strikt dagegen, er meinte, ein Hund passe nun mal nicht in die Stadt. Das sah ich ganz anders. »Ein Hund kann sogar sehr gut in einer Stadt wohnen, man muss ihm nur genügend Auslauf bieten.« Und das konnten wir zweifellos, denn wir wohnten direkt an dem großen Stadtpark Retiro. Da musste ich nicht bis zum Sank-Nimmerleins-Tag oder auf eine Finca warten. Um meinen Hund würde ich mich immer kümmern können.

Alfredo blieb zwar stur, doch ich blieb sturer. Ich wollte nicht weiter ohne Hund leben. Punkt. Darum teilte ich Alfredo schließlich mit, dass ich aus der gemeinsamen Wohnung aus- und mit meinem zukünftigen Hund in meine eigene Wohnung einziehen werde. Wozu sich noch länger über das Thema streiten? Als er sah, wie ernst es mir war, gab Alfredo nach – und heiratete mich samt Hund. Er hat es auch nie bereut, denn trotz aller Anti-Hund-Argumente verliebte Alfredo sich Hals über Kopf in das kleine, zwei Kilogramm leichte Fellknäuel mit Knopfaugen. Insofern stand für ihn auch außer Zweifel, dass Donald auf jeden Fall mit nach Qatar musste. Bei Alfredo durfte unser Hund sowieso alles. Während ich Donald streng erzog und zu einem Jagdhund ausbildete, damit er uns tatkräftig bei Jagden begleiten kann, verwöhnte Alfredo ihn von vorn bis hinten. Donald genoss unsere täglichen Ausflüge in den Retiro, und jede Katze in der Umgebung fürchtete den kleinen Jäger. An den Wochenenden begleitete er uns auf die Jagd oder aufs Land. Auch wenn ich nach Deutschland flog, war Donald immer im Handgepäck dabei und schon ganz erpicht darauf, den Englischen Garten unsicher zu machen. Weder er noch ich verstehen, weshalb es kein Hundevielfliegerprogramm gibt. In Europa fühlte sich der kleine Racker zu Hause, aber würde es ihm auch in der heißen Wüste gefallen?

Und mir? Wie würde es mir dort gefallen? Vielleicht musste ich mich dort ja verschleiern. Aber in dieser Hinsicht konnte Google mich schnell beruhigen. Während Frauen im benachbarten Saudi-Arabien verpflichtet sind, sich zu verschleiern, ist es den Frauen in Qatar selbst überlassen, ob sie sich mit oder ohne Schleier in der Öffentlichkeit bewegen möchten. Und im Gegensatz zu den Saudis haben die Qataris auch keine Angst vor autofahrenden Frauen. Das klang doch schon mal gut.

Für mich waren somit alle wichtigen Fragen geklärt, und so gab ich Alfredo grünes Licht für unsere Reise ins Morgenland. Doch damit, dass ich mich so rasch und vor allem so klar für Qatar entscheiden würde, hatte er wohl nicht gerechnet. Offenbar wusste er selbst noch nicht recht, ob ihm die Idee, in den Wüstenstaat zu ziehen, behagt. Immerhin ist Alfredo ein Vollblutspanier: spanische Eltern, in Madrid geboren, aufgewachsen, zur Schule gegangen und studiert. Alles hat er in der Heimat abgewickelt, immer in der Muttersprache, eingebettet in die Familie und den vertrauten Freundeskreis. Auch die meisten Reisen wurden innerhalb Spaniens unternommen – im Sommer nach Marbella an den Strand, im Winter nach Baqueira zum Skifahren. Nur in die USA hat es ihn ab und zu verschlagen, zum ersten Mal für einen Schüleraustausch, weshalb er heute sehr gut Englisch spricht. Für jemanden, der in Qatar beruflich Fuß fassen will, war das von Vorteil, denn nach der Landessprache Arabisch ist Englisch dort weit verbreitet. Trotzdem merkte ich an Alfredos Reaktion auf mein schnelles »Vamos!«, dass ihm mulmig zumute war. Vielleicht hätte er sich sogar gefreut, wenn ich mich gegen die arabische Wüste entschieden hätte. Eine ängstliche Ehefrau hätte er seinem Arbeitgeber viel einfacher erklären und seinen Auftrag womöglich auf längere Geschäftsreisen beschränken können. Nun aber hatte ich mit leuchtenden Augen Ja gesagt, so dass es plötzlich feststand: Wir ziehen nach Qatar!

Ich bin zwar mit Kindern aus aller Welt auf eine Internationale Schule gegangen, habe auch einige spannende Reisen machen dürfen und meinen Wohnsitz ins Ausland verlegt, aber in einem Land wie Qatar war ich noch nie gewesen. Insofern empfand ich diesen Umzug keineswegs als Spaziergang, aber andere Länder und Sitten kennenzulernen, hatte für mich schon immer etwas Einladendes und Reizvolles – ob nun USA, Italien, Zimbabwe, Rumänien oder Qatar.

Unsere Familien hingegen hatten größte Bedenken, obwohl noch niemand je einen Fuß dorthin gesetzt hatte. »Ein arabisches Land«, das hörte sich in ihren Ohren nach politischer Instabilität, nach Krieg und unterdrückten Frauen an. Wir könnten ja verschleppt, ins Gefängnis geworfen oder sogar geköpft werden. »Und gibt es dort nicht Terroristen?«

Neben diesen extremen Befürchtungen gab es auch ein paar näherliegende wie eine Finanzkrise; schließlich sei Dubai gerade erst davon heimgesucht worden. »Warum dann nicht auch Qatar?« Tja, warum eigentlich nicht? Immerhin hat auch Europa seine Finanzkrisen. Aber das Leben geht trotzdem weiter. Manchmal können solche Krisen ja auch wichtig sein, um längst überfällige Veränderungen in Gang zu bringen und die Wirtschaft in neue Bahnen zu lenken. »Und wo bitte schön gibt es denn keine Krisen?«, entgegnete ich den Bedenkenträgern.

Auf all die anderen Horrorszenarien wollte ich gar nicht erst eingehen. Darüber zu diskutieren, was man so alles in den Medien liest und wie viel davon nun wirklich wahr, wahrscheinlich oder weit hergeholt ist, hätte sowieso nichts gebracht.

»Sag mal, Laura, willst du dir Qatar nicht erst mal anschauen, bevor wir anfangen zu packen?« Mit hochgezogenen Augenbrauen schaute mich Alfredo an. »Aber wozu denn, wenn wir eh dorthin ziehen?«, konterte ich. »Das Thema ist durch. So eine Reise wäre jetzt nur verschwendete Zeit und rausgeschmissenes Geld. Wir sollten uns lieber auf den Umzug konzentrieren!« Alfredo seufzte und kraulte Donald gedankenversunken hinter den Ohren.

Von nun an musste Alfredo öfter nach Qatar reisen, wegen etlichen Geschäftsterminen, Hausbesichtigungen und sonstigen Vorbereitungen. Von der Villa, die für uns ausgesucht worden war, bekam ich ein paar Fotos zu sehen. Was ich darauf sah, machte...

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