Sie sind hier
E-Book

Ludwig IV. der Bayer

Herzog, König, Kaiser

AutorMartin Clauss
VerlagVerlag Friedrich Pustet
Erscheinungsjahr2014
Reihekleine bayerische biografien 
Seitenanzahl144 Seiten
ISBN9783791760131
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
1328 wurde Ludwig IV. (1282-1347) in Rom zum Kaiser gekrönt - der Höhepunkt einer erstaunlichen Karriere des zweiten Sohns des Herzogs von Oberbayern. Ludwig, der einzige Wittelsbacher, der es im Mittelalter auf den Kaiserthron schaffte, hat maßgeblich zur Entstehung einer bayerisch-nationalen Identität beigetragen. Als römisch-deutscher König lenkte er die Geschicke des Heiligen Römischen Reiches und stellte wichtige Weichen, als Kaiser führte er die jahrhundertealte Konkurrenz der römisch-deutschen Könige und Kaiser mit den Päpsten zu einem Höhe- und Endpunkt. Diese Biografie zeichnet die Herrschaft Ludwigs von den Anfängen bis zum Tod nach und macht deutlich, wo sich Landesherrschaft und Reichsherrschaft ergänzten oder blockierten und wo die AuseinanderSetzungen mit der Kurie die Reichsgeschichte beeinflusste.

Martin Clauss, Dr. phil., lehrt als Privatdozent für Mittelalterliche Geschichte an der Universität zu Köln

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe

3  Jüngster Sohn, Pfalzgraf und Herzog (bis 1314)


»Lodwich, von gotes genaden pfallentzgraf bi dem Reyn und hertzog in Beyern« – so lautet der Titel Ludwigs IV. in einer Urkunde von 1310. Wir greifen ihn hier als Funktionsträger: Von Gottes Gnaden war Ludwig Pfalzgraf bei Rhein und Herzog in Bayern. Bis zum Jahr 1314, als Ludwig zum römisch-deutschen König gewählt wurde, waren das Herzogtum und die Pfalzgrafschaft die alleinigen Bezugspunkte seines politischen Handelns.

Die Wittelsbacher


Ludwig IV. war der jüngste Sohn Ludwigs II., des Strengen, und seiner dritten Frau Mechthild von Habsburg. Ludwig II. war Pfalzgraf bei Rhein und Herzog in Bayern, Mechthild die Tochter König Rudolfs von Habsburg. Unser Ludwig, der sowohl als Herzog von Bayern, als auch als römisch-deutscher König als ›der Vierte‹ zählte, war ein Wittelsbacher und gehörte damit zu einer der vornehmsten Familien des Reiches. Der heute übliche Name der Dynastie leitete sich von der Burg Wittelsbach (in der Nähe von Aichach) ab. Der Aufstieg der Familie gründete auf Dienst und Treue für das Königtum. 1180 hatte König Friedrich I. den Wittelsbacher Otto I. zum Herzog von Bayern erhoben, 1214 hatte König Friedrich II. dessen Sohn Ludwig I. die Pfalzgrafschaft bei Rhein verliehen. Damit hielten die Wittelsbacher zwei Reichsfürstentümer und mit der Pfalz das Anrecht auf eine Kurstimme. Ludwig II. war der Enkel Ludwigs I. und teilte sich die Herrschaft mit seinem jüngeren Bruder Heinrich XIII. Besitz und Titel fielen nicht nur an den ältesten, sondern an alle männliche Erben. Ludwig der Strenge und sein Bruder Heinrich führten beide die Titel ›Pfalzgraf‹ und ›Herzog‹ und herrschten zunächst gemeinsam über die wittelsbachischen Besitzungen. Im Jahr 1255 teilten sie nach Streitigkeiten die Herrschaft untereinander; dies entsprang dem Selbstverständnis der Dynastie, welche das Fürstentum als Familienbesitz ansah, mit dem gleichsam nach privatrechtlichen Vorstellungen verfahren werden konnte. Heinrich erhielt Niederbayern und machte Landshut zu seinem Hauptsitz, der ältere Ludwig erhielt die Pfalz und Oberbayern; Zentren seines Herrschaftskomplexes waren Heidelberg und München. Beide Brüder führten auch nach der Teilung die Titel ›Pfalzgraf‹ und ›Herzog‹. Die Teilung in Ober- und Niederbayern sollte zukunftsweisend sein, wenn sie auch nicht ununterbrochen Bestand hatte – Ludwig IV. wird es 1340 gelingen, ganz Bayern wieder in seiner Hand zu vereinen. Ab 1255 waren die wechselvollen Beziehungen zwischen Ober- und Niederbayern ein wichtiger Faktor der wittelsbachischen Geschichte – weitere Teilungen sollten folgen.

 

Das Haus Wittelsbach von Otto I. bis Ludwig IV.

 

Der Vater: Ludwig II. – der Königsmacher


Ludwig II. war drei Mal verheiratet. Seine erste Frau, Maria von Brabant, hatte er 1256 hinrichten lassen, weil er sie zu Unrecht der Untreue beschuldigte. Wegen dieser Untat haftete ihm auch der Beiname ›der Strenge‹ an. Als Sühne für diese Tat gründete er das Zisterzienserkloster Fürstenfeld. Mit seiner zweiten Ehefrau, Anna von Schlesien-Glogau, hatte Ludwig unter anderem einen Sohn, der ebenfalls auf den Namen Ludwig getauft wurde. Er starb 1290 bei einem Turnier. Nachdem Anna gestorben war, heiratete Ludwig die Habsburgerin Mechthild; mit ihr hatte er zwei Söhne: Rudolf I. und ›unseren‹ Ludwig. So hatte das Paar zwei Söhne gleichen Namens, die gleichzeitig lebten. Dies war im Mittelalter zwar nicht die Regel, kam aber vor. Ludwig IV. selbst sollte dreien seiner Söhne den Namen Ludwig geben.

Ludwig II. war einer der einflussreichsten Reichsfürsten seiner Zeit. Als Pfalzgraf bei Rhein war er einer von sieben Kurfürsten und gleichzeitig Reichsvikar, also Stellvertreter des Königs bei dessen Abwesenheit oder bei Thronvakanz. Als im Jahr 1273 ein neuer römisch-deutscher König gewählt wurde, war er erst Kandidat, dann Königsmacher und setzte sich für Rudolf von Habsburg ein. Mit dessen Wahl am 1. Oktober 1273 war der Wahlgedanke im römisch-deutschen Königtum deutlich zum Ausdruck gebracht worden: Die Reichsfürsten wählten mit Rudolf einen Grafen von lediglich regionaler Bedeutung zum König, dessen Armut sprichwörtlich werden sollte. Damit setzten sie bewusst ein Zeichen gegen ein Königtum, das von einer großen Reichsdynastie – wie etwa den Staufern – getragen wurde. Die Königserhebungen seit 1273 waren grundsätzlich von zwei Bestrebungen geprägt: Die Kurfürsten pochten auf ihr Wahlrecht und wählten Herrscher aus verschiedenen, mitunter wenig einflussreichen Familien. Die jeweiligen Könige versuchten, den Thron für die Dynastie zu sichern und ihre Königswürde für ihre Hausmacht nutzbar zu machen.

 

 

Abb. 2  Ober- und Niederbayern nach der Teilung von 1255

 

 

Im ausgehenden 13. und frühen 14. Jahrhundert kam es so zu einer Abfolge von Königen aus verschiedenen Dynastien. Die bedeutendsten waren die Habsburger, die Luxemburger und die Wittelsbacher. Sie stellten im 14. Jahrhundert die römisch-deutschen Könige. Unter diesen Familien waren die Wittelsbacher die älteste und die einzige, die schon vor dem Aufstieg zum Königtum über zwei reichsfürstliche Titel verfügte.

Die enge Verbindung Ludwigs II. zu Rudolf von Habsburg wurde nach dessen Königswahl durch seine Heirat mit Mechthild, der ältesten Tochter des Königs, weiter bekräftigt: Der Königsmacher wurde zum königlichen Schwiegersohn; Ludwig IV. war also durch seine Mutter mit den Habsburgern verwandt. Sein Vater starb 1294 und hinterließ formal die Herrschaft seinen beiden Söhnen, de facto aber führte der ältere Rudolf die Regierung alleine. Zwischen den beiden Brüdern entstand eine beinahe lebenslange Rivalität, welche die Geschicke des Hauses Wittelsbach für die kommenden Jahrzehnte prägen sollte. Wie zuvor schon zwischen Ludwig II. und Heinrich XIII. funktionierte die gemeinsame Herrschaft zweier Brüder nur schlecht.

Das Geburtsjahr Ludwigs IV.


Über Kindheit und Jugend Ludwigs IV. wissen wir so gut wie nichts. Auf ein Psychogramm des jungen Ludwigs als Grundlage für seine charakterliche Entwicklung muss daher – wie gesehen – verzichtet werden. Selbst das Geburtsdatum ist nicht sicher überliefert – und zwar weder Tag noch Jahr. Letzteres kann aus verschiedenen Quellenbelegen erschlossen, aber nicht sicher nachgewiesen werden, so dass die Forschung verschiedene Geburtsjahre vertritt: 1282, 1283, 1286 und 1287. Waldemar Schlögl hat sich für das Frühjahr 1282 stark gemacht, und ein Großteil der Forschung folgt ihm darin.7 Die Unsicherheit rund um das Geburtsdatum ist zunächst ein Beleg für die Quellenlage, auf der unser Biogramm fußen muss. Das Mittelalter feierte keine Geburtstage, die Kindersterblichkeit war hoch und das Alter eines Menschen – etwa im Sinne juristischer Volljährigkeit – von nachgeordneter Bedeutung: All das führte dazu, dass man den genauen Termin der Geburt nicht regelmäßig festhielt. Für die Zeitgenossen war das genaue Alter kaum von Belang: Anlässlich der Königswahl im Oktober 1314 merkt der Chronist Heinrich der Taube von Selbach an, Ludwig sei »ungefähr 30 Jahre alt gewesen.«8

Für den modernen Biografen spielt das Alter hingegen eine gewisse Rolle: Geht man vom frühesten Termin aus, agierte Ludwig erst in relativ hohem Alter selbstständig. Bei seiner Königswahl wäre er 32 und bei seiner ersten eigenständigen Aktion als bayerischer Landesherr, dem sogenannten Schneitbacher Rittertag im Jahre 1302, immerhin schon 20 Jahre alt gewesen. Auffällig ist, dass Ludwig die Urkunde von 1302 nicht mit seinem eigenen Siegel, sondern dem seiner Mutter und seiner Schwägerin bestätigte. Offenbar verfügte er noch nicht über ein eigenes Siegel, was für einen 20-jährigen, amtierenden Herzog eher unwahrscheinlich ist. Die Urkunde von 1302 ist daher ein Indiz für ein späteres Geburtsdatum.

Interessant ist auch die Frage nach dem Altersunterschied zwischen Ludwig und einigen anderen Akteuren seiner Zeit. Sein älterer Bruder Rudolf I. wurde 1274 geboren, sein habsburgischer Vetter Friedrich 1289. Je nach Geburtsjahr trennen Ludwig also von seinem älteren Bruder acht oder 13, von seinem jüngeren Vetter sieben oder nur drei Jahre. Auch wenn es nicht sinnvoll ist, moderne Vorstellungen von Altersgleichheit und damit einhergehenden Möglichkeiten der emotionalen Bindung eins zu eins auf das 14. Jahrhundert zu übertragen, so scheint gerade die enge Bindung an den Vetter Friedrich, die von der Forschung immer wieder betont wird, für einen eher geringen Altersunterschied zwischen beiden zu sprechen.

 

Das Haus Habsburg von Rudolf I. bis Friedrich dem Schönen

 

Jugend und Erziehung


Über die Jugendjahre Ludwigs liegt uns genau ein Quellenbericht vor, der aus dem Augustinerchorherrenstift Dießen in Oberbayern stammt und 1365 – also deutlich nach dem Tod des Kaisers – verfasst wurde. Hier heißt es: »Herzog Ludwig wurde schon als kleiner Junge in Wien zusammen mit den Söhnen des Herzogs von Österreich in Latein unterrichtet.«9 Er erhielt die standesübliche höfische Erziehung also am Hof seiner habsburgischen Verwandtschaft. Der erwähnte Herzog von Österreich war Albrecht I., Sohn König Rudolfs, der Österreich an die Habsburger gebracht hatte. An seinem Hof wurde Ludwig zusammen mit seinen Vettern Rudolf I., Friedrich dem Schönen und Leopold I. erzogen, die allesamt in seinem weiteren Leben eine wichtige Rolle spielen sollten.

Königswahlen und bayerische Politik


1291 war Rudolf von Habsburg gestorben, und die Fürsten hatten nicht seinen Sohn...

Blick ins Buch

Weitere E-Books zum Thema: Biografie - Geschichte - Erinnerungen

Walter Ulbricht

E-Book Walter Ulbricht
Eine deutsche Biografie Format: ePUB/PDF

Walter Ulbricht, 1893 in Leipzig als Spross einer sächsischen Handwerkerfamilie geboren, schloss sich nach einem Zwischenspiel bei der SPD früh der kommunistischen Bewegung an. Er wird…

Walter Ulbricht

E-Book Walter Ulbricht
Eine deutsche Biografie Format: ePUB/PDF

Walter Ulbricht, 1893 in Leipzig als Spross einer sächsischen Handwerkerfamilie geboren, schloss sich nach einem Zwischenspiel bei der SPD früh der kommunistischen Bewegung an. Er wird…

Göring

E-Book Göring
Eine Karriere Format: ePUB

Hitlers Paladin: populär, hörig, größenwahnsinnig. Seit langem die erste große Göring-Biografie.Er war der zweitmächtigste Nazi-Führer, zeitweilig beliebter als Hitler selbst; er war leutselig und…

Göring

E-Book Göring
Eine Karriere Format: ePUB

Hitlers Paladin: populär, hörig, größenwahnsinnig. Seit langem die erste große Göring-Biografie.Er war der zweitmächtigste Nazi-Führer, zeitweilig beliebter als Hitler selbst; er war leutselig und…

Ernst Jünger

E-Book Ernst Jünger
Die Biographie Format: ePUB

Ernst Jünger - der umstrittenste Schriftsteller des 20. JahrhundertsDer Schriftsteller Ernst Jünger war eine Jahrhundertgestalt. Geboren im Kaiserreich und gestorben erst nach der Wiedervereinigung…

Ernst Jünger

E-Book Ernst Jünger
Die Biographie Format: ePUB

Ernst Jünger - der umstrittenste Schriftsteller des 20. JahrhundertsDer Schriftsteller Ernst Jünger war eine Jahrhundertgestalt. Geboren im Kaiserreich und gestorben erst nach der Wiedervereinigung…

Ernst Jünger

E-Book Ernst Jünger
Die Biographie Format: ePUB

Ernst Jünger - der umstrittenste Schriftsteller des 20. JahrhundertsDer Schriftsteller Ernst Jünger war eine Jahrhundertgestalt. Geboren im Kaiserreich und gestorben erst nach der Wiedervereinigung…

Weitere Zeitschriften

FESTIVAL Christmas

FESTIVAL Christmas

Fachzeitschriften für Weihnachtsartikel, Geschenke, Floristik, Papeterie und vieles mehr! FESTIVAL Christmas: Die erste und einzige internationale Weihnachts-Fachzeitschrift seit 1994 auf dem ...

arznei-telegramm

arznei-telegramm

Das arznei-telegramm® informiert bereits im 53. Jahrgang Ärzte, Apotheker und andere Heilberufe über Nutzen und Risiken von Arzneimitteln. Das arznei-telegramm®  ist neutral und ...

BIELEFELD GEHT AUS

BIELEFELD GEHT AUS

Freizeit- und Gastronomieführer mit umfangreichem Serviceteil, mehr als 700 Tipps und Adressen für Tag- und Nachtschwärmer Bielefeld genießen Westfälisch und weltoffen – das zeichnet nicht ...

Courier

Courier

The Bayer CropScience Magazine for Modern AgriculturePflanzenschutzmagazin für den Landwirt, landwirtschaftlichen Berater, Händler und generell am Thema Interessierten, mit umfassender ...

Gastronomie Report

Gastronomie Report

News & Infos für die Gastronomie: Tipps, Trends und Ideen, Produkte aus aller Welt, Innovative Konzepte, Küchentechnik der Zukunft, Service mit Zusatznutzen und vieles mehr. Frech, offensiv, ...

Deutsche Tennis Zeitung

Deutsche Tennis Zeitung

Die DTZ – Deutsche Tennis Zeitung bietet Informationen aus allen Bereichen der deutschen Tennisszene –sie präsentiert sportliche Highlights, analysiert Entwicklungen und erläutert ...