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Maritimes von der Insel Rügen

AutorHorst Gehrke
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl236 Seiten
ISBN9783656831594
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis35,99 EUR
Fachbuch aus dem Jahr 2014 im Fachbereich Geowissenschaften / Geographie - Sonstiges, Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Sprache: Deutsch, Abstract: Verschiedene Arbeiten über Kreideindustrie, Hafenbau (Steinezangen), Tourismusentwicklung und Schifffahrt auf der Insel Rügen mit Schwerpunkt auf dem 19. und 20. Jahrhundert. Eine interessante Aufarbeitung von Originalquellen, hauptsächlich zusammengetragen im Pommerschen Landesarchiv Greifswald.

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Leseprobe

Not - und Überwinterungshafen Zicker See im 19. Jahrhundert


 

Alle Besucher Rügens, die sich dem südlichen Teil Mönchguts nähern, erfreuen sich des einmaligen Anblicks der eiszeitlich gestalteten Landschaft mit dem weichgeschwungenen Bakenberg (Groß Zicker, Gager), den eindrucksvollen Stauchendmoränenzügen Klein Zickers und Thiessows, bevor der Blick Lobbe und das Nordperd mit dem Badeort Göhren erfasst. Östlich davorgelagert liegen die Dünensandgebiete des Großen Strandes.

 

 

Karte „Noth – Hafen“ Zicker See, 1856 (Rep. 80. Nr. 257)

 

Interessant und aufschlussreich ist die wechselvolle und für die Schifffahrt so bedeutsame Geschichte dieser Landschaft.

 

Wichtig ist, sich zu erinnern, dass bis zum Ausbau des Sassnitzer Hafens (1889 bis 1896) um Rügen herum kein Hafen zur Verfügung stand, der den zahlreichen Segelschiffen bei Stürmen oder auch im Winter bei Eisgang hätte sicheren Schutz gewähren können. So war einzig der Zicker See eine natürliche Zufluchtsmöglichkeit, die - bei aller Unzulänglichkeit - gerne und häufig von zahlreichen Segelschiffen genutzt wurde. Voraussetzung war allerdings, dass die Kapitäne den Nothafen noch erreichten.

 

Besonders gefährlich war es an der Ostküste Rügens bei auflandigen Winden, also aus Nordost bis Südost. Die Untersuchung der Schiffstrandungen in der Zeit zwischen 1875 bis 1890 haben ergeben, dass sich Strandungen und Havarien von Arkona bis Mönchgut zu 72,15 % bei Winden aus dieser Richtung ereigneten. Ernst BOLL berichtete: „Das Fahrwasser um die Insel herum ist daher sehr unsicher, und es ist kein Jahr ohne Strandungen“. Er hatte einige von ihnen 1837 selbst beobachten können.

 

Eine morphologische Karte macht deutlich, dass der Zicker See gegen diese Stürme besonders guten Schutz zu bieten hat. Die ankernden Schiffe lagen dort eingebettet in der Abdeckung der diluvialen Inselkerne Klein Zicker, Thiessow und Groß Zicker. So ist es nicht verwunderlich, dass bereits FABRICIUS auf seiner Karte, die Rügen in der Zeit um 1190 darstellen soll, den See als „portus Tikarey“ (= Hafen Zicker) bezeichnete.

 

 

Ausschnitt aus der Karte “Terra rujanorum”, circa annum MCXC“ (1190), abgedruckt bei FABRICIUS, Bd. 1, S. 155

 

Auch die Vermesser der Schwedischen Landesaufnahme (1692 bis 1709) haben den „Schiffshafen bey Großen Zicker“ erwähnt und ergänzen: „Eine kleine Einwyke undt hafen, worin zeitweise Schiffe eingehen, soll aber nichts einbringen“. Es ging den Schweden ja vorzugsweise um die Erhebung von Steuern.

 

In gleicher Weise berichtet SCHNEIDER davon, dass Gustav Adolf IV 1806 an dieser Stelle wegen der besonderen Schutzlage einen Hafen anlegen lassen wollte und überdies die Absicht hatte, ein Städtchen zu erbauen, das nach ihm den Namen "Gustavia" erhalten sollte.

 

 

Geplanter Standort (Ostsee Zeitung vom 22. 11. 1998)

 

Aber: „Schon waren die nöthigen Vermessungen und Kostenanschläge fertig, schon hatten einige hundert Arbeiter mit der Ausführung des Planes begonnen, da bereitete die Invasion der Franzosen der Ausführung ein Ende“. (HAAS, A; WORM, F. 1909).

 

Der Hafen musste dementsprechend für tiefer gehende Kriegsschiffe erreichbar sein. Das war eine notwendige Vorbedingung zur Anlage einer Kriegsbasis auf pommerschem Gebiet.

 

Der Kronprinz von Schweden hatte im Jahre 1813 bei Zicker zwei Brücken zur Erleichterung des Aus- und Einladens der Truppen errichten lassen.

 

Die natürlichen Gegebenheiten des Zicker Sees waren so günstig, dass immer wieder die Forderung laut wurde, den See zum Nothafen umfassender auszubauen. Er liegt dem Landtief am nächsten. Das war ein wichtiger Gesichtspunkt, weil der Hafen dadurch die zunehmende Anzahl Schiffe aus der Ostsee besser aufnehmen konnte.

 

Das hatte zur Folge, dass 1814 eine Lotsenstation in Klein Zicker eingerichtet wurde. Es durfte von hier aus allerdings nur seewärts gelotst werden, nördlich um den Großen Stubber herum bis zum Landtief. Lotsenkommandeur Diekelmann in Stralsund hatte 1820 angeordnet: „Die Lootsen zu Klein Zicker bringen bloß alle Schiffe zur See, die vor das Landtief kommen“. Sie hatten dafür ¼ der Lotsengebühren an die Lotsen von der Insel Ruden abzutreten, die bisher diese Strecke bedient hatten und nun diese Einnahmequelle verloren. Da durch den geregelten Lotsendienst die „Fischerey nicht mehr möglich“ war, fühlten sie sich zurückgesetzt. So beklagten sich die fünf Zicker Lotsen: „Das nimmt uns den frohen Muth, der bey unserem schweren Geschäfte so nöthig ist“.

 

Weil auch in Lobbe bei „contrairem“ Wind schwer vom Land abzukommen war, verlegte man 1842 folgerichtig auch den „Ansageposten“ mit den „Schiffsvisitierern“, auch „Schiffsbesuchern“ oder „Zoll – Officianten“ von Lobbe nach Klein Zicker, „da deren am Binnenwasser gelegene Einbucht einen guten Ankergrund habe und gegen Stürme geschützt sei“. Die Zollbeamten standen unter der Oberaufsicht der Licent Kammer in Wolgast. 1845 gab der Provinzsteuerdirektor in Stettin eine „Instruction für die Lootsen zu Klein Zicker in Betreff der von denselben zum Dienste des Ansagepostens daselbst übernommenen Verpflichtungen“ heraus. Nach dieser hatten die Lotsen die Zöllner auf die Schiffe zu bringen und wieder abzuholen „gegen eine jährliche Renumeration“. Diese „Sonderaufgabe“, die Schiffsbesucher auf die Frachtsegler zu bringen, war jahrzehntelang Gegensand heftigster Auseinanersetzungen mit den Behörden, weil die Lotsen die Notwendigkeit dieser zeitaufwendigen Arbeit nicht einsehen wollten.

 

Es waren zwei Zollbeamte in Klein Zicker stationiert.

 

Noch 1848 ging die Bitte der Fischer, Schiffer und Lotsen in zwei Richtungen: Zum einen musste die Fahrrinne tiefer und breiter gebaggert werden, zum anderen aber war der Untergrund für das Ankern ungünstig, weil die Anker schlecht hielten. Dadurch bestand immer die Gefahr, dass die Schiffe ins Treiben kamen, und damit Kollisionen nicht auszuschließen waren. Daher forderten die Interessenten das Spülen von Duc D'Alben (damals übliche frz. Bezeichnung für Dalben, umgangssprachlich dann Dückdalben), um daran sicher festmachen zu können. Im Zickerschen Nothafen sollte auch der im Landtief arbeitende staatliche Bagger seinen Liegeplatz finden.

 

Da die Arbeiten aber sehr schleppend in Gang kamen, appellierten interessierte Kreise am 15. Oktober 1856 an die Königliche Regierung in Stralsund: Die Deputierten der Stralsunder Kaufmannschaft beklagten sich beim Regierungspräsidenten: „Die in der Ostsee mit Sturm und Eisgang bedrängten Schiffe wissen an der ganzen preußischen Küste … keine Zufluchtstätte zu finden und die scheinbare des Greifswalder Boddens ist nur in seltenen Fällen zu benutzen, weil innerhalb desselben die Gefahren in manchen Fällen eher steigen als abnehmen, aus Mangel eines gesicherten Nothhafens".

 

Am 19. Juni 1857 genehmigte der preußische König Friedrich Wilhelm IV. den Ausbau des Sees zum Nothafen.

 

 

Schriftliche Genehmigung des Königs zum Hafenausbau 1857

 

(VLAG Rep. 80, Nr. 257)

 

Die erforderlichen Baggerarbeiten wurden vorgenommen und eine hinreichende Anzahl von Dalben gespült.

 

Dass auch der marinevernarrte Kaiser Wilhelm II. Interesse für den Zicker Hafen bekundete, verwundert nicht. Es mussten allerdings seine verhältnismäßig flachgehenden Kriegsschiffe dort Platz finden können. Begründet wurde das Interesse 1870 damit, dass "wohl anzunehmen ist, dass die Vertheidigung der rügenschen Gewässer in Zukunft durch „Monitors“ von höchstens 12 Fuß Tiefgang ausgeführt werden wird, für welche es von großem Vortheil wäre, den Hafen benutzen zu können".

 

Lotsenkommandeur WOLTER berichtete, dass im Kriege tatsächlich häufig Dampfkanonenboote im Hafen gelegen hätten. KRENTZIEN weiß von vier dänischen Schiffen im Nothafen zu berichten, die im Kriege 1864 aufgebracht worden waren. (Monitor = Kriegsschiff, das für den Einsatz in seichten Küstengewässern und in Flüssen geeignet war).

 

Eine große Erleichterung für die Lotsen und zugleich auch eine außerordentliche Minderung der Gefahren ihres schweren Berufes war die Anschaffung eines zwar teueren, aber unentbehrlichen Lotsendampfers namens „Thiessow“ im Jahre 1884. Er konnte aus dem Zicker Nothafen, der auf 16 Fuß gebaggert war, sehr wirkungsvoll operieren (Fuß=

 

0, 3048 m). Besonders geeignet war der Dampfer beim Einschleppen von Schiffen im Sturm, was die unter Segel fahrenden Lotsenboote bei allem nautischen Geschick nicht leisten...

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