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E-Book

Mindestkapitalanforderungen nach Basel II / III. Eine ökonomische Analyse deutscher Banken

AutorDunja Lösgen
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl83 Seiten
ISBN9783656574897
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich BWL - Bank, Börse, Versicherung, Note: 2,0, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg (Finance & Banking), Sprache: Deutsch, Abstract: Das Platzen der der Immobilienblase im August 2007 in den USA war der Startschuss für die globale Finanzkrise aus dem Jahr 2008. Aus dem Aufblähen des lokalen Sub-Prime-Marktes in USA folgte die schwerste globale Finanzkrise seit der Großen Rezession im Jahre 1929. Doch nicht der Schwarze Donnerstag und die damit einhergehende Große Rezession, die zu einer Weltwirtschaftskrise heranwuchs, lagen den Grundstein für den Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, sondern die Insolvenz der I.D. Herstatt. Das Bankhaus hatte sich mit Devisen verspekuliert und war im Jahr 1974 die größte Bankenpleite in Deutschland nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges. Das Bankhaus konnte seine weltweiten Gläubiger und die Verbindlichkeiten in Höhe von circa 500 Mio. DM nicht mehr befriedigen. Hauptursache für die Insolvenz beziehungsweise für die mangelnde Verlustabsorptionsfähigkeit war die ungenügende Eigenkapitalbasis des Bankhauses. Dass die Eigenkapitalbasen einiger Banken nicht ausreichend waren, registrierte der Baseler Ausschuss spätestens nach der Herstatt-Insolvenz, aber auch nach der jüngsten Krise waren die Kreditinstitute nicht eigenständig in der Lage ihre Verluste zu tragen und waren auf staatliche Hilfen angewiesen. Basel III ist daher die direkte Antwort auf die Finanzkrise von 2008 und setzt den Hauptschwerpunkt auf die Mindestkapitalanforderungen der international tätigen Banken. Einerseits war die Quantität an Eigenkapital nicht ausreichend und zum anderen war das vorhandene Kapital in der Qualität nicht beständig genug, um Verluste aufzufangen. Einer zu niedrigen bilanziellen Eigenkapitalbasis standen und stehen risikogewichtete Aktiva entgegen. Die Gesamtkapitalquote des Baseler Ausschusses besteht teilweise aus dem qualitativ hochwertigen bilanziellen Eigenkapital und größtenteils aus Eigenkaitalkomponenten zweiter oder dritter Klasse. In einem Spannungsverhältnis stehen dabei die klassische bilanzielle Eigenkapitalquote und die Gesamtkapitalquote nach den Baseler Akkorden. Denn Obwohl die Gesamtkapitalquoten deutscher Banken in den Jahren der Finanzkrise höher als die geforderten Quoten vom Baseler Ausschuss von mindestens acht Prozent notierten und ferner höher als die Quoten anderer Banken in anderen Ländern, waren die Abschreibungen beziehungsweise Verluste deutscher Banken größer als bei Banken aus Ländern, in denen die Quote geringer ausfiel. Dem gegenüber steht die vergleichsweise niedrige bilanzielle Eigenkapitalquote deutscher Banken...

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Leseprobe

2. Eigenkapitalbegriff


 

2.1 Das bilanzielle Eigenkapital

 

Das Eigenkapital ist seit dem Bestehen von Banken von besonderer Bedeutung, insbesondere wird dabei die Verlustdeckungsfunktion des bilanziellen Eigenkapitals in den Vordergrund gestellt. Denn eine solide Eigenkapitalausstattung dient den Banken als Puffer für Verluste und trägt somit zu einem stabilen Finanzsystem bei.[13] Ferner steigt bei einer soliden Eigenkaitalbasis die Reputation eines Kreditinstituts, was eine erhebliche Vertrauensfunktion mit sich bringt.[14] Obwohl der Eigenkapitalbegriff eine zentrale Rolle spielt, existieren keine einheitlichen Definitionen des Begriffs. Aus Sicht der Bankenregulierung basieren wesentliche Vorschriften für Banken auf dem Eigenkapital. Im Folgenden werden daher zunächst die Begriffe des bilanziellen, ökonomischen und regulatorischen Eigenkapitals voneinander abgegrenzt und erläutert, sodass diese Begrifflichkeiten im weiteren Verlauf der Arbeit zu keinen Verwechslungen führen.[15]

 

Das Gesetz über das Kreditwesen (KWG) fordert in Paragraph zehn, dass Kreditinstitute „im Interesse der Erfüllung ihrer Verpflichtungen gegenüber ihren Gläubigern, insbesondere zur Sicherheit der ihnen anvertrauten Vermögenswerte, angemessene Eigenmittel haben“ müssen.[16] Die Eigenmittel von Kreditinstituten besitzen in erster Linie eine Haftungsfunktion, die darin besteht, dass das Kreditinstitut mit dem gesamten Vermögen für Schulden des Instituts haftet.[17] Die Vorschriften über eine angemessene Kapitalausstattung des bilanziellen, ökonomischen und regulatorischen Eigenkapitals stehen dabei in einem Spannungsverhältnis.[18] Somit dienen die Eigenmittel als Maßstab für die Beurteilung der finanziellen Stabilität eines Kreditinstituts und bestehen aus dem haftenden Eigenkapital und den Drittrangmitteln.[19] Das haftende Eigenkapital besteht ferner aus dem Kernkapital und dem Ergänzungskapital.[20] Das bilanzielle Eigenkapital wird als handelsrechtliche Größe zur Abdeckung von Verlusten definiert.[21] Das Eigenkapital auf der Passivseite einer Bank ist eine Residualgröße und stellt eine Differenz zwischen den Schulden und dem Vermögen eines Instituts dar. Die Qualität der Vermögenswerte auf der Passivseite der Bilanz ist von besonderer Bedeutung, denn nur werthaltiges Eigenkapital ist in der Lage, Verluste auszugleichen. Die Wirksamkeit der Existenzsicherungsfunktion und der Verlustausgleichsfunktion ist demnach von der Qualität des Eigenkapitals abhängig.[22] Nach den Vorschriften zur Gliederung der Bilanz des Handelsgesetzbuches (HGB) besteht das bilanzielle Eigenkapital aus dem gezeichneten Kapital, der Kapitalrücklage, aus den Gewinnrücklagen, dem Gewinn- oder Verlustvortrag und dem Jahresüberschuss oder Jahresfehlbetrag.[23] Diese Elemente stellen zum einen das bilanzielle Eigenkapital und zum anderen aus regulatorischer Sicht das Kernkapital dar.[24] Es wird deutlich, dass die Eigenmittel als Oberbegriff für das haftende Eigenkapital und den Drittrangmitteln fungieren und das haftende Eigenkapital wiederum als Oberbegriff für das Kernkapital auftritt und das (harte) Kernkapital, welches bilanzielle Eigenkapital eines Kreditinstituts darstellt.[25]

 

2.2 Das ökonomische Eigenkapital

 

Das ökonomische Eigenkapital wird oftmals als Risikokapital definiert.[26] Neben dem bilanziellen Eigenkapital besteht das ökonomische Eigenkapital zusätzlich aus den stillen Reserven.[27] Die Differenz zwischen dem Buchwert und dem auf den Bilanzstichtag des Jahresabschlusses bezogene Zeitwert einer Bilanzposition wird als stille Reserve bezeichnet. Stille Reserven werden auch als stille Rücklagen charakterisiert, es handelt sich dabei um Eigenkapital, das nicht in der Bilanz ausgewiesen wird. Stille Reserven beziehungsweise stille Rücklagen entstehen durch die Unterbewertung von Aktiva sowie durch die Überbewertung von Passiva und sie sind von den offenen Rücklagen, die im Jahresabschluss explizit ausgewiesen werden, zu differenzieren.[28] Aus Bankensicht ist das ökonomische Eigenkapital, das Kapital welches zur Unterlegung der eingegangenen Risiken notwendig ist.[29] Es stellt ferner den Wert eines gesamten Kreditinstituts dar.[30] Die Höhe des ökonomischen Eigenkapitals wird von Banken als notwendig angesehen, um sich gegen mögliche und unerwartete Verluste eines Geschäftes abzusichern, dem sogenannten ökonomischen Risiko. Daher wird das ökonomische Eigenkapital auch als Risikomaß und weniger als Kapitalform bezeichnet.[31] Für Banken und deren Gesamtbanksteuerung ist es unter anderem auf Grund des steigenden Wettbewerbsdruck notwendig, dass knappe und teure Eigenkapital effizient und risikogerecht zuzuweisen. Daher ist zum einen eine umfassende Evaluierung der klassischen Bankrisiken, wie das Kredit-, Markt, Liquiditätsrisiko und des operationellen Risikos notwendig, wofür auf komplexe finanzmathematische Methoden zurückgegriffen wird.[32] Zum anderen ist für die risikoadäquate Zuordnung des Eigenkapitals eine wesentliche Voraussetzung, dass die Kreditinstitute die Risiken genau definieren und abbilden können, damit die benötigte Höhe des ökonomischen Eigenkapitals korrekt berechnet werden kann.[33] Bei der Bestimmung des ökonomischen Eigenkapitals, ist das Ausfallrisiko des Kreditnehmers ein essentieller Punkt. Denn auch wenn das Kreditinstitut die Ausfallwahrscheinlichkeit der einzelnen Kreditnehmer als Ausgangslage zu Grunde zieht, muss die Bank das notwendige ökonomische Eigenkapital als Gesamtheit definieren.[34] Die Verluste einer Bank beziehungsweise die Ausfallwahrscheinlichkeit von Krediten unterscheiden sich in erwartete und unerwartete Verluste. Wobei erwartete Verluste (expected losses) das Ergebnis von Wertveränderungen darstellen, die auf Grund von gegebenen Informationen abgeleitet werden können, zum Beispiel durch die Ausfallrate von Krediten, die auf Basis von historischen Daten ermittelt werden kann. Für solche Verluste werden dementsprechend Rückstellungen gebildet, welche zum Fremdkapital einer Bank zählen. Da nicht jede Wertveränderung exakt vorhergesehen werden kann, kommt es in einigen Zeiträumen zu höheren Ausfällen als erwartet, zu den sogenannten unerwarteten Verlusten (unexpected losses). Da für diese Verluste keine Rückstellungen gebildet wurden, wird hierfür das ökonomische Eigenkapital benötigt. Die Notwendigkeit des ausreichenden ökonomischen Eigenkapitals ist dabei wesentlich, um beim Eintritt des unerwarteten Verlustes die Insolvenz des Finanzinstituts zu verhindern.[35] Die nachfolgende Grafik 1 stellt das ökonomische Eigenkapital als Differenz zwischen der Verlustverteilung der erwarteten Verluste und der Verlustverteilung der unerwarteten Verluste dar.

 

 

Grafik 1: Verlustverteilung eines Kreditportfolios[36]

 

Die positive Differenz (stillen Reserven) zwischen dem bilanziellen und dem ökonomischen Eigenkapital stellen noch nicht realisierte Gewinne dar. Es besteht also ein dichter Zusammenhang zwischen beiden Kapitalformen, denn verringerte stille Reserven in der laufenden Periode können zu sinkenden Jahresabschlüssen beziehungsweise zu Bilanzverlusten führen. Dieses Szenario würde sich auch auf zeitlich folgende Perioden auswirken. Sodass ein Bilanzverlust zu einer Aufzehrung des bilanziellen und ökonomischen Eigenkapitals führen kann und folglich zu einer Insolvenz des Kreditinstituts.[37] Nach Erörterung des bilanziellen und ökonomischen Eigenkapitals wird deutlich, dass die Verlustlimitierung durch das bilanzielle Eigenkapital der kurzfristigen Existenzsicherung dient und die Verlustlimitierung des ökonomischen Eigenkapitals der langfristigen Existenzsicherung eines Kreditinstituts dient.[38]

 

2.3 Das regulatorische Eigenkapital

 

Das regulatorische Eigenkapital (im regulatorischen Sinne als Eigenmittel bezeichnet) setzt sich aus den Mindestkapitalanforderungen der Aufsichtsbehörden an die Kreditinstitute zusammen.[39] Das KWG verlangt eine angemessene Eigenmittelausstattung der Kreditinstitute.[40] Diese ausreichende Solvabilität wird in der Verordnung über die angemessene Eigenmittelausstattung von Instituten, Institutsgruppen und Finanzholding-Gruppen, der Solvabilitätsverordnung (SolvV) als angemessen deklariert, wenn ein Institut täglich bei Geschäftsende die Eigenkapitalanforderungen der SolvV für Markt- und Adressrisiken sowie das operationelle Risiko erfüllt.[41] Im Zuge der SolvV vom 28. Dezember 2012 sind die Bankenrichtlinie (2006/48/EG) und Kapitaladäquanzrichtlinie (2006/49/EG), welche auch als Capital Requirements Directive (CRD), in nationales Recht umgesetzt. Hiermit sind die geforderten europäischen Mindesteigenkapitalstandards und die gleichwertigen Eigenmittelvorgaben des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht in Deutschland gültig. Die SolvV führt die geforderte Angemessenheit der Eigenmittel der Kreditinstitute weiter aus, während das KWG die Definition, die Anforderungen für die Anerkennung und die...

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