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Mobbing im Arbeitsleben und in der Schule

Erscheinungsformen, Ursachen und Interventionsmöglichkeiten

AutorKarl-Heinz Ignatz Kerscher
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl99 Seiten
ISBN9783638062336
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis20,99 EUR
Fachbuch aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Pädagogik - Pädagogische Psychologie, Note: keine, , 33 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Die folgende Arbeit hat sich aus der Praxis mehrjähriger Bildungsarbeit mit Betriebsräten und Personalräten zum Thema Mobbing im Rahmen der Deutschen Angestellten Gewerkschaft und privater Bildungsträger entwickelt. Die Konzeption für die Fortbildung von Betriebsräten und Personalräten zum Thema Mobbing umfasst mehrere Phasen und hat zur Struktur der vorliegenden Arbeit beigetragen. Zunächst geht es um Informationen über das Phänomen Mobbing und um die Sensibilisierung für die differenzierte Wahrnehmung dieses aktuellen sozialen Problems. Sodann werden mögliche Ursachenfaktoren interdisziplinär und multikausal diskutiert. Weiterhin werden Wege zu einer gezielten Intervention im Mobbing-Fall aufgezeigt. Außerdem soll die Methode der Mediation als ein vieldiskutiertes und vielerprobtes Streitschlichterverfahren skizziert werden. Ein Exkurs zeigt, dass es Mobbing nicht nur im Arbeitsleben, sondern auch in der Schule gibt. Schließlich werden in den folgenden Ausführungen auch rechtliche Aspekte zum Thema Mobbing aufgezeigt, die von Klaus TUSCHINSKY zusammengetragen und freundlicherweise überlassen worden sind.

Prof. Dr. phil. Karl- Heinz Ignatz Kerscher Geboren 1943 in Hamburg; Universitätsstudium Volkswirtschaft, Soziologie, Erziehungswissenschaft, Kunst, Jura und Sozialpädagogik; Ausbildung zum Volks-, Realschul- und Waldorfschul-Lehrer, Promotion zum Dr. phil.; Professor der Leuphana Universität zu Lüneburg im Ruhestand; Pionier der emanzipatorischen Sexualpädagogik, namhaftester Vertreter der Postmodernen Pädagogik; Erziehungswissenschaftler, Sexualforscher, Hochschuldozent, fachwissenschaftlicher Sachbuchautor, Zirkusdirektor beim Circus Tabasco, Feuerläufer, Straßenmusiker, Senioren-Residenz-Entertainer, ehrenamtlicher Lektor auf Kreuzfahrtschiffen, Neueste Publikationen: 'Kreativ und Innovativ. Bausteine Postmoderner Pädagogik.' München 2011. 'Fasziniert und Aktiviert. Intentionen Postmoderner Pädagogik.' München 2011. 'Kulturell und Intellektuell. Perspektiven Postmoderner Pädagogik.' München 2012. 'Tolerant und Human. Leitideen Postmoderner Pädagogik.' München 2012. 'Lustbetont und Sinnenfroh. Positionen Postmoderner Sexual-Pädagogik.' München 2012. 'Schaffensfroh und Qualifiziert. Akzente Postmoderner Pädagogik.' München 2013. 'Orientierungssuche postmoderner Pädagogik. Zwischen Bangen und Hoffen.' München 2013. 'Peace Education. Ideas for a Postmodern Pedagogy.' München 2013. 'Pazifistisch und Altruistisch. Leitsterne Postmoderner Pädagogik.' München 2013. 'Weltraum Pädagogik. Erziehung und Bildung im Zeitalter der Raumfahrt.' München 2014. 'Space Education. Pedagogy in the Era of Space Missions.' München 2014.

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Leseprobe

2 Erscheinungsformen des Mobbing


 

2.1 Zur Definition des Begriffes Mobbing


 

Der Begriff des Mobbing stammt von dem schwedischen Professor Heinz LEYMANN und wurde 1984 erstmals publiziert.

 

Seit dieser Zeit ist dieses Thema häufig in den Medien, in Zeitschriften, im Fernse­hen, im Rundfunk, auf Kongressen und Seminaren, erörtert worden.

 

Beim Mobbingprozess handelt es sich nicht bloß um Streitereien, Unverschämtheiten, Hänseleien oder Konflikte. Das Wort 'Mobbing` meint etwas ganz Besonderes.

 

Merkmale des Mobbing sind der Konflikt­verlauf, also ein Prozess. Es gehört also eine Dauer dazu, und es geht um einen typischen Konfliktverlauf in der Arbeitswelt. In ganz typischer Weise wird ein betroffenes Mobbing-Opfer sozial gebrandmarkt, stigmatisiert und schließlich oftmals aus dem Arbeitsleben ausgestoßen. Es handelt sich also sozusagen um einen sozialen Ausstoßungsverlauf im Ar-beitsleben.

 

Dieser Prozess beginnt mit einem Konflikt. Konflikte zwischen Menschen sind unver­meidbar. Ohne dass oftmals der Geist oder Buchsta­ben arbeitsrechtlicher Gesetze und Ver­träge geachtet werden, richten sich fort­währende Angriffe, Attacken und Abwei­sungen auf eine einzelne auserkorene Person. Dieser Konflikt-Ausstoßungsprozess führt bei der betroffenen Person zu seelischen Belastungen. Es gehört also ein längerer Verlauf zum Mobbingprozess, und zwar wenigstens einmal in der Woche und während längerer Zeit als sechs Mo­nate. (Dies ist die frühe Mobbingphase).

 

Oftmals zieht sich der Prozess jedoch in die Länge und führt nach einem Jahr  bis zwei Jah­ren zu einer Abstempelung, einer sogenannten Stigmatisierung, und zu einer beruflichen Marginalisierung (An-den-­Rand-Drängen). Hier handelt es sich um die späte Mobbingphase. Die seelischen Belastungen führen beim Mobbing-Opfer häufig zu sekundären Abweichungen, was den Arbeitgeber veranlassen kann, sich durch gesetzliche oder sogar ungesetzli­che Maßnahmen von dem Mobbing-Opfer zu befreien.

 

Unter Mobbing am Arbeitsplatz ver­steht man eine konfliktbelastete Kommunikation unter Kollegen oder zwischen Vorgesetzten und Un­tergebenen, bei der die angegriffene Person unterlegen ist und von einer oder mehreren anderen Personen systematisch und während längerer Zeit mit dem Ziel und/oder dem Effekt des Ausstoßes direkt oder indi­rekt angegriffen wird.

 

Für statistische Untersuchungen gelten die Zeitangaben „mindestens einmal in der Woche" und „minde­stens während eines zusammenhän­genden halben Jahres".

 

Am Ende des Mobbing-Prozesses zeigt sich, dass das Mobbing-Opfer sich häufig in einem psychisch zerrütteten Zustand befindet und dadurch keine neue Anstellung findet. Somit ist der Ausstoß aus dem Arbeitsverhältnis in vielen Fällen gleichbe­deutend mit dem völligen Ausstoß aus der Arbeitswelt.

 

Klinische Studien aus Schwe­den zeigen sogar, dass in der späten Phase des Mobbing-Prozesses zahlreiche Selbst­morde der Betroffenen zu verzeichnen sind. Für das Land Schweden nimmt Heinz LEYMANN an, dass etwa jeder 6. Selbst­mord diesen Hintergrund hatte. Für Deutschland liegen keine Untersuchun­gen vor, jedoch vermutet LEYMANN ei­nen ähnlichen Prozentsatz. Klinische Er­fahrungen in deutschen wie auch in schwe­dischen Mobbing-Kliniken zeigen zumin­dest, dass während längerer Zeiträume Selbstmordgedanken oder Selbstmord­versuche gehegt und unternommen wur­den (LEYMANN 1995, Seite 17 ff.).

 

2.2 Das Ausmaß des Mobbing


 

Repräsentative empirische Untersuchungen in Schweden (LEYMANN 1995) zeig­ten im Jahre 1990 sehr hohe Belastungs­frequenzen. Bei einer angenommenen Dauer des Arbeitslebens von vielleicht 30 Jahren, ist das Risiko, mindestens ein­mal und wenigstens 6 Monate lang gemobbt zu werden, in Schweden 1:4. Kleinere Untersuchungen in Schweden kamen immer wieder zu dem gleichen  Ergebnis, dass anscheinend Berufe des öffentlichen Dienstes bzw. Angestellten­berufe ein größeres Mobbingrisiko haben als andere.

 

„Nach wie vor werden in Deutschland grob geschätzt zwischen 1.000 und 3.000 Arbeit­nehmer von den Spätfolgen von Mobbing in den Selbstmord getrieben. Weil wir in einer Konkurrenzkampfgesellschaft leben? Weil, wo gehobelt wird, auch Späne fallen müs­sen? Solche Gleichgültigkeit wird von einem Konkurrenzverständnis und -verhalten her­vorgebracht, dass in Deutschland oft schon pathologische Züge trägt. Ein Teil der Verant­wortung dafür liegt bei den politischen Ent­scheidungsträgern. Sie haben es bislang versäumt, ordnungsstiftende Institutionen und Regeln zum Schutz vor psychischen Schädigungen am Arbeitsplatz einzuführen." (LEYMANN 1995, Seite 182)

 

2.3 Mögliche Anlässe des Mobbing


 

Dem Beginn des Mobbing liegen Konflikte zugrunde, wie sie sich überall im zwischen­menschlichen Bereich finden. Außeror­dentlich häufig gibt es organisatorische, betriebliche und wirtschaftliche Hintergrün­de. Die Anlässe selbst sind allerdings sehr häufig menschlich, allzu menschlich.

 

Bei der Analyse von Mobbinganlässen kri­stallisieren sich häufig Neid und Missgunst als Motive und Antriebsmechanismen her­aus (KRAUS/KRAUS 1994, Seite 8 f.).

 

2.3.1 Private Anlässe


 

menschliche Antipathien

 

persönliche Unzufriedenheiten im Le­benslauf

 

Erwerb einer Eigentumswohnung/eines Eigenheimes

 

Erwerb eines neuen oder größeren Kraftfahrzeuges

 

ungewöhnliche oder kostspielige Ur­laubsreisen

 

größeres Fachwissen, auch höhere Bildung

 

finanzielle Besserstellung durch Erb­schaft oder Lottogewinn

 

häufig wechselnde, modische, zum Teil auch teure Kleidung oder beson­derer Schmuck

 

das vermeintliche „bessere Aussehen"

 

Hinzugefügt werden müssen an dieser Stelle:

 

sexuelle Andersorientierungen, zum Beispiel Homosexualität, lesbische Liebe, ewiger Junggeselle, usw.

 

Anderssein in Hautfarbe, Mundart, Dialekt, z.B. Auslandsdeutsche (Aussiedler) usw.

 

religiöse Weltanschauungen oder politische Orientierungen, die mit der Mehrheit nicht konform gehen

 

andere Besonderheiten, wie zum Bei­spiel Vegetarier, Skinhead, Behinder­ter, Fettsüchtige usw.

 

Typische Beispiele  für Mobbing sind:

 

Heimtückisches Tuscheln.

 

Geheimnisvolle Anspielungen.

 

Aus der Mücke einen Elefanten ma­chen.

 

Einzelne Vorfälle werden generalisiert.

 

Bösartige Verleumdungen.

 

Anschwärzen beim Chef.

 

Negative Vorfälle werden dem Opfer in die Schuhe      geschoben.

 

Gezielter Rufmord.

 

Typische Strategien beim Mobbing sind z.B.:

 

Unterstützung wird verweigert.

 

Türen werden demonstrativ geschlossen.

 

Zusammenarbeit wird abgeblockt.

 

Das Opfer wird wie Luft behandelt.

 

Das Opfer darf sich nicht äußern, keiner hört zu.

 

Neuigkeiten werden zurückgehalten.

 

Wichtige Informationen werden vorent­halten.

 

Gespräche werden abrupt beendet (z.B., wenn das Opfer den Raum betritt).

 

Ausgrenzung von den geselligen Teilen des Arbeitsalltages.

 

Räumliche Isolierung.

 

Drastische Strategien  des Mobbing bestehen aus folgenden Handlungen:

 

Arbeitsunterlagen und -geräte ver­schwinden.

 

Fälschungen und Beschädigungen.

 

Informationslüge.

 

Unterschlagungen (von Briefen etc.).

 

Hinterhältige Blockaden, ständige  Kritik und Tadel.

 

Geistiger Diebstahl.

 

Bloßstellen.

 

Anzweifeln beruflicher Qualifikation.

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