Die medienrechtliche Beurteilung von Product Placement stützt sich im wesentlichen auf den Rundfunkstaatsvertrag (RStV) vom 31.August 1991 in der Fassung vom 11.September 1996.[105] Wie in der Präambel hervorgehoben, enthält dieser Vertrag sowohl Regelungen für den öffentlich-rechtlichen als auch für den privaten Rundfunk.
Für beide Rundfunksysteme wird in § 7 Abs.2 bzw. § 7 Abs. 3 bestimmt, daß Werbung und Programm klar zu trennen sind (Trennungsgrundsatz), daß Werbung unmißverständlich zu kennzeichnen ist (Kennzeichnungsgebot), sowie den Werbetreibenden, Werbeagenturen etc. der Einfluß auf das Programm verwehrt ist (Beeinflussungsverbot). Ferner muß die Fernsehwerbung gemäß § 14 Abs.2 für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und gemäß § 44 Abs.2 für den privaten Rundfunk in Blöcken verbreitet werden (Blockwerbungsgebot).
Die Einhaltung des Rundfunkstaatsvertrages wird bei den öffentlich-rechtlichen Veranstaltern vom Rundfunkrat, bei den privaten Veranstaltern von der jeweiligen Landesmedienanstalt überwacht.
Den öffentlich-rechtlichen Rundfunk binden darüber hinaus die Verpflichtungen des § 22 Abs.3 ZDF-Staatsvertrag.[106] Diese Bestimmungen gelten gleichermaßen für das ZDF und die in der ARD zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten.
Außerdem haben die ARD und das ZDF auf der Grundlage von § 16 RStV und die Landesmedienanstalten auf der Grundlage von § 46 RStV Richtlinien zum Bereich Werbung entlassen.[107] Sie sind allerdings nur von normausfüllender, nicht von normsetzender Qualität, d.h. sie können die Regelungen im RStV lediglich präzisieren, nicht jedoch über sie hinausgehen.[108]
Sämtliche dieser Regelungen sind dabei nicht nur deutsches, sondern zugleich europäisches Recht. Insbesondere die Vorschriften zur Trennung von Werbung und Programm, zur Kennzeichnung von Werbung und zur Schleichwerbung sind fast wörtlich der EG-Richtlinie über die Fernsehtätigkeit von 1989 entnommen.[109]
Sie ist im Zusammenhang mit dem sog. Fernsehübereinkommen des Europarats[110] zu sehen, welches allerdings ohne praktische Auswirkungen auf die deutsche Rechtslage ist, da nach Art.27 Abs.1 des Übereinkommens für die EG-Staaten die in der EG-Richtlinie getroffenen Regelungen vorgehen.
Weiterhin bestimmt im internationalen Bereich Art.11 der internationalen Verhaltensregeln für die Werbepraxis der Internationalen Handelskammer in Paris im gleichen Sinne, daß Werbemaßnahmen als solche klar erkennbar sein sollen, gleich in welcher Form oder in welchem Werbeträger sie veröffentlicht werden.[111]
Der Streit um den Anwendungsbereich des Trennungsgrundsatzes rankt sich um die Auslegung und Unterscheidung der Begriffe “instrumentale“ und “mediale“ Werbung.[112] Die unterschiedlichen Definitionsansätze und Verwendungsmodalitäten haben jedoch mehr Verwirrung als Klarheit gebracht und so zu vermeidbaren Mißverständnissen geführt.[113]
Allgemeiner Konsens besteht darüber, daß es den Rundfunkanstalten nicht generell verwehrt sein kann, identifizierbare Produkte, sei es als Requisite, sei es als realen Hintergrund oder als Objekt einer Informationsveranstaltung, ins Bild zu bringen. Eine so weitreichende Auslegung des Trennungsgebots gerät in Konflikt mit dem Programmauftrag des Rundfunks, der gemäß § 2 Abs.1 ZDF-Staatsvertrag darin besteht, dem Zuschauer einen objektiven Überblick über das Weltgeschehen, insbesondere ein umfassendes Bild von der Wirklichkeit zu vermitteln. Es wird daher versucht, die notwendige Eingrenzung des Trennungsgebots mittels der Unterscheidung zwischen medialer und instrumentaler Werbung zu erleuchten. Die Brauchbarkeit der Unterscheidung hängt in erster Linie von der Auslegung der beiden Begriffe ab. Je nachdem, welches Unterscheidungskriterium als erheblich angesehen wird, wird Product Placement entweder der instrumentalen oder der medialen Werbung zugeordnet. Wird die deutliche und erkennbare Abtrennung der Werbung vom Programm als entscheidendes Kriterium für instrumentale Werbung angesehen (enge Auslegung des Begriffes “instrumental“), so ist folglich jede werbende Einblendung im Programmteil mediale Werbung.[114]
Orientiert man sich statt dessen an der Zielrichtung der Werbung, so wird Product Placement als bezweckte Werbung der instrumentalen Werbung zugerechnet (weite Auslegung des Begriffes “instrumental“), während man zur medialen Werbung nur diejenige Werbung rechnet, die jedes lebensnahe Programm unausweichlich zur Folge hat, ohne daß eine Werbewirkung für Dritte bezweckt ist.[115]
Derartige Klassifizierungsversuche sind insoweit unbedenklich. Problematisch wird es erst dann, wenn das Trennungsgebot ausschließlich Bedeutung für die instrumentale Werbung haben soll, die zugleich als bezahlte und in einem „vom Fernsehen deutlich gekennzeichneten Werbeprogramm“ ausgestrahlte Botschaft definiert wird.[116] In diesem Fall läuft das Trennungsgebot leer und Product Placement wäre somit zumindest im Hinblick auf die Funktion des Trennungsgrundsatzes bedenkenlos zulässig. Ein Ergebnis, das so nicht akzeptiert werden kann.[117]
Das Trennungsgebot zielt darauf ab, einer Vermengung von gezielter Wirtschaftswerbung und regulärem Programm im Interesse der Zuschauer und Rundfunkanstalten vorzubeugen. Eine effektive Durchsetzung dieses Ziels ist nur dann gewährleistet, wenn der Anwendungsbereich des Trennungsgebotes auf den Programmteil ausgedehnt wird. Sinn und Zweck des Trennungsgrundsatzes stehen insoweit einer Beschränkung auf das Werbeprogramm zwingend entgegen.[118]
Bei der Frage, ob das Auftauchen von Markenartikeln zu einer widerrechtlichen Verletzung des Trennungsgebots führt, ist nach den verschiedenen Erscheinungsformen des Product Placements zu differenzieren.
Solange es von den Fernsehveranstaltern im Sinne eines dramaturgischen Stilmittels in Eigen- , Auftrags- und Koproduktionen eingesetzt wird und die mit einer konkreten Szene verbundene objektive Werbewirkung aus redaktionellen oder dramaturgischen Gründen unvermeidbar ist, fällt dies von vornherein nicht unter den Werbebegriff des Rundfunkstaatsvertrages (teleologische Reduktion).[119]
Allerdings resultiert aus dem Trennungsgebot die Verpflichtung der Fernsehanstalten, die Produktdarstellungen auf ein unerläßliches Maß zu reduzieren. So muß die Rundfunkanstalt bei der Vergabe von Auftrags- und Koproduktionen die Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen durch eine Vertragsbestimmung sicherstellen. Bestünde keine solche Verpflichtung, ließe sich das Trennungsgebot in erheblichen Maße durch Auftragsproduktionen aushöhlen.[120]
Während es den Sendeanstalten bei Eigen- ,Ko- und Auftragsproduktionen möglich ist, auf diese Weise werbewirksame Darstellungen auf das journalistisch und künstlerisch Notwendige zu beschränken, wird dies bei der Sendung von Fremdproduktionen[121] häufig nicht möglich sein. Bei der Sendung von Fremdproduktionen ist eine Abwägung geboten, ob dem umfassenden Programmauftrag oder dem Trennungsgebot der Vorrang zu geben ist. Der BGH hat bereits in seiner Entscheidung vom 22.02.1990 das grundsätzliche Problem des Trennungsgebots und seiner Durchsetzung auf den Punkt gebracht:
„Die Grenzen zwischen dem, was vom Programmauftrag gedeckt und dem, was nach den Bestimmungen der Staatsverträge unzulässige Werbung ist, fließen. Bei ihrer Bestimmung ist zu beachten, daß die verfassungsrechtlich geschützte Rundfunkfreiheit nicht durch ein zu weit gestecktes Verständnis des Begriffs des Trennungsgebots beeinträchtigt und die Erfüllung des Programmauftrages nicht über die Gebühr eingeschränkt wird.“[122]
Grundsätzlich sind die rundfunkrechtlichen Regelungen des Product Placement aber auch beim Einsatz von fremdproduzierten Programmen zu beachten.[123] Ausnahmen beim Ankauf fertiger Produktionen sind nur dann zulässig, „wenn andernfalls das Programm nicht ausgestrahlt werden könnte, gleichzeitig jedoch ein überwiegendes Interesse an der Programmnutzung besteht.“
Zu beachten ist zudem, daß der Intendant einer Fernsehanstalt die volle Verantwortung für das Gesamtprogramm trägt, also auch letztlich für die Fremdproduktionen verantwortlich ist.[124]
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