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Risikotragfähigkeit in Kreditinstituten: Ermittlung, Beurteilung, Weiterentwicklungspotenzial

AutorDominik Leichinger
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl91 Seiten
ISBN9783656291145
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich BWL - Bank, Börse, Versicherung, Note: 1,8, Akademie Deutscher Genossenschaften ADG e.V., Sprache: Deutsch, Abstract: Bei der Ausgestaltung von Risikotragfähigkeitsansätzen geben das KWG und die MaRisk die maßgeblichen rechtlichen Rahmenbedingungen vor und setzen die wesentlichen Inhalte der internationalen Vorgaben der Banken- und Kapitaladäquanzrichtlinie in deutsches Recht um. Zusätzlich existiert mit dem von BaFin und Bundesbank gemeinsam veröffentlichten Leitfaden zur aufsichtlichen Beurteilung bankinterner Risikotragfähigkeitskonzepte ein Positionspapier, in welchem die Bankenaufsicht ihre Beurteilungskriterien hinsichtlich der Erfüllung der rechtlichen Anforderungen darlegt. Unter Beachtung des Wesentlichkeitsprinzips, des Proportionalitätsprinzips und des Prinzips der Methodenfreiheit legt die aufsichtliche Beurteilung insbesondere einen Fokus auf Konsistenzaspekte, eine vollständige Risikoabbildung sowie die Beachtung des Vorsichtsprinzips. Methodisch lassen sich Risikotragfähigkeitsansätze in Abhängigkeit von der verfolgten Absicherungszielsetzung und der verwendeten Methode zur Ableitung des Risikodeckungspotenzials in jeweils zwei miteinander kombinierbare Grundtypen unterteilen, sodass insgesamt vier verschiedene Ansätze voneinander abgegrenzt werden können. Sofern das primäre Ziel in der Absicherung von Ansprüchen der Eigenkapitalgeber liegt und die für Unterlegungszwecke der Minde-steigenkapitalvorschriften nach Säule vorgehaltenen Kapitalbestandteile nicht zusätzlich als Risikodeckungsmasse für das Eingehen von Risiken bereitgestellt werden, handelt es sich um einen Fortführungsansatz. Wenn die Zielsetzung hingegen auf die Absicherung von Gläubigeransprüchen ausgerichtet ist, handelt es sich regelmäßig um einen Liquidationsansatz, in welchem auch das nach Säule eins vorzuhaltende Kapital als Teil des Risikodeckungspotenzials angesetzt werden kann. Was die Ermittlung des Risikodeckungspotenzials betrifft, kann zwischen bilanzorientierten und wertorientierten Ansätzen differenziert werden. Auf der Risikoseite sehen die MaRisk mindestens die Einbeziehung sämtlicher vom Institut als wesentlich eingestuften Risiken vor. Für die Quantifizierung verwenden die meisten Institute einen VaR - Ansatz. Sowohl der berechnete Risikobetrag einer einzelnen Risikoart als auch der aggregierte Betrag für das Gesamtbankrisiko wird in nicht unerheblichen Ausmaß durch die Wahl der Risiko-quantifizierungsparameter wie Konfidenzniveau, Haltedauer und Beobachtungszeitraum sowie den in die Rechnung einbezogenen Risikoverbundeffekten determiniert.

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Leseprobe

3. Grundformen von Risikotragfähigkeitsansätzen


Nachdem im vorherigen Abschnitt eine grundsätzliche Abgrenzung in Literatur und Praxis vorzufindender Risikotragfähigkeitsansätze erfolgte, setzt das dritte Kapitel dieser Arbeit einen Fokus auf die konkrete Ermittlung der Risikotragfähigkeit. In einem ersten Schritt zeigt der Unterabschnitt 3.1, in Abhängigkeit von der gewählten Ableitungsmethode, die Ermittlung des einem Kreditinstitut potenziell zur Verfügung stehenden Risikodeckungspotenzials auf. Anschließend widmet sich der Abschnitt 3.2 den innerhalb von Risikotragfähigkeitsansätzen einzubeziehenden Risiken und einer Methode, um diese zu messen. Schließlich werden im letzten Abschnitt von Kapitel 3 die Risiken und Risikodeckungsmassen einander gegenübergestellt.

3.1 Ermittlung des Risikodeckungspotenzials


3.1.1 bei bilanzorientierten Ansätzen


Wie schon in Kapitel 2.3.2 erwähnt, leitet sich das Risikodeckungspotenzial bei bilanzorientierten Risikotragfähigkeitsansätzen aus Jahresabschlussgrößen ab.

 

Weil mit der Verabschiedung des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes in weiten Teilen eine Harmonisierung der Regelungen des HGB an die internationalen Rechnungslegungsvorschriften IFRS erfolgte, bestehen grundsätzlich, in Abhängigkeit von der beiden Rechnungslegungsstandards, keine diametralen Unterschiede bei der Ermittlung des Risikodeckungspotenzials.[117]

 

Im Folgenden wird bei der Ermittlung des Risikodeckungspotenzials sowohl auf die Regelungen des HGB als auch der IFRS eingegangen.

 

Abgeleitet aus der Haftungsfunktion stehen insbesondere die Komponenten des bilanziellen Eigenkapitals als Risikodeckungsmasse zur Verfügung. Zu diesen zählen neben dem gezeichneten Kapital auch die offenen Rücklagen bzw. offenen Reserven eines Instituts. Daneben können der Sonderposten für allgemeine Bankrisiken sowie bestehende stille Reserven und nachrangige Verbindlichkeiten zum Ausgleich von Verlusten herangezogen werden, die zusammen mit dem bilanziellen Eigenkapital das Haftungskapital eines Instituts ergeben.[118]

 

Über das Haftungskapital hinaus steht einem Institut ferner das für die Planperiode erwartete Ergebnis zur Kompensation von Verlusten und damit als Risikodeckungsmasse zur Verfügung.[119]

 

Über die bisher aufgezählten Positionen hinaus, die potenziell als Komponenten des Risikodeckungspotenzials angesetzt werden können, sind auch Abzugspositionen zu berücksichtigen. So können neben stillen Lasten und latenten Steuern auch in der Bilanz aktivierte immaterielle Vermögensgegenstände sowie sich aus der Anwendung der IFRS ergebende Eigenbonitätseffekte zu einer Reduzierung des bilanzorientierten Risikodeckungspotenzials führen.[120]

 

Die nachfolgende Abbildung gibt eine Übersicht über die der bei der Ableitung des bilanzorientierten Risikodeckungspotenzials zu berücksichtigenden Bestandteile und Abzugspositionen:

In Abhängigkeit von dem vom Institut verfolgten Absicherungsziel wird im weiteren Verlauf der Arbeit auf die einzelnen Komponenten des bilanzorientierten Risikodeckungspotenzials vertieft eingegangen.

 

Im Hinblick auf den Fortführungscharakter kann in einem Going-Concern Ansatz ein vom Institut geplantes Ergebnis in die Ableitung des Risikodeckungspotenzials mit aufgenommen werden. Da Plangewinne von einem Institut erst zukünftig vereinnahmt werden und unterjährig noch nicht vollständig zur Kompensation von Risiken zur Verfügung stehen, werden von der Bankenaufsicht unter Beachtung des Vorsichtsprinzips nur konservativ abgeschätzte Plangewinne akzeptiert.[121]

 

Dem Umfang, in welchem Plangewinne im Rahmen eines Liquidationsansatzes in das Risikodeckungspotenzial aufgenommen werden können, liegt eine differenzierte Betrachtung zugrunde. Aufgrund des unterstellten Liquidationsszenarios können zwar unterjährig schon vereinnahmte Gewinne in das Risikodeckungspotenzial eingerechnet werden. Aus zukünftig geplanten Geschäften resultierende Gewinne hingegen können nicht als Risikodeckungspotenzial herangezogen werden. Davon abzugrenzen sind zukünftige Erträge aus bereits kontrahierten Bestandsgeschäften des Instituts. Unter der Voraussetzung, dass die Erträge auch im Liquidationsfall anfallen und „im Interesse der Gläubigerbefriedung erzielbar wären“[122], können diese als Risikodeckungspotenzial angesetzt werden.

 

Sowohl in der Fortführungsperspektive als auch in der Liquidationsperspektive ist beim Plangewinn auf eine Größe vor Steuern und grundsätzlich nach Bewertung abzustellen.[123] Eine Berücksichtigung abzuführender Steuerzahlungen entfällt, da eintretende Risiken mit einem Absinken der steuerlichen Bemessungsgrundlage einhergehen.

 

Im Rahmen der Risikotragfähigkeitsermittlung sind sowohl erwartete als auch unerwartete Verluste den Risikodeckungsmassen gegenüberzustellen. Die als Kostenkomponente zu interpretierenden erwarteten Verluste können entweder direkt vom Plangewinn abgezogen werden, sodass dieser folglich eine Größe nach Bewertung darstellt. Alternativ können erwartete Verluste auf der Risikoseite in Form einer höheren Limitanrechnung berücksichtigt werden. In diesem Fall ist der Plangewinn als Größe vor Bewertung in das Risikodeckungspotenzial aufzunehmen.

 

Sofern von einem Institut Planverluste erwartet werden, führt dies unabhängig von der verfolgten Absicherungszielsetzung zu einer Verringerung des Risikodeckungspotenzials.

 

Zusammen mit dem Sonderposten für allgemeine Bankrisiken entspricht das bilanzielle Eigenkapital im Wesentlichen dem regulatorischen Kernkapital. Während beim Fortführungsansatz darauf zu achten ist, dass nur diejenigen Bestandteile des regulatorischen Kernkapitals in das Risikodeckungspotenzial einbezogen werden, die nicht zur Einhaltung der Mindesteigenkapitalanforderungen nach Säule eins vorzuhalten sind, kann das Kernkapital im Liquidationsansatz vollumfänglich als Risikodeckungsmasse angesetzt werden.

 

Beim Ansatz des Sonderpostens für allgemeine Bankrisiken nach § 340 g HGB als Risikodeckungsmasse ist eine Besonderheit zu beachten. Gemäß den Vorgaben des § 340 e Abs.4  HGB ist zu berücksichtigen, dass jährlich ein Teil der Nettoerträge des Handelsbestands als Reserve in einer separat auszuweisenden Position zum Sonderposten einbehalten werden müssen. Die so gebildete Reserve darf ferner ausschließlich zur Kompensation von Nettoaufwendungen aus dem Handelsgeschäft verwendet werden. Für Fortführungsansätze folgt daraus, dass eine Einbeziehung dieser Reserve in das Risikodeckungspotenzial nur in Höhe der aus dem Handelsbestand des Instituts resultierenden Risiken erfolgen kann.[124]

 

Stille Reserven stellen eine weitere Komponente dar, die einem Institut grundsätzlich als Risikodeckungsmasse zur Verfügung stehen. Innerhalb der stillen Reserven sind ungebundene Vorsorgereserven nach § 340 f HGB von stillen Reserven abzugrenzen, die ausschließlich im Rahmen einer Transaktion realisiert werden können.

 

Bei den ungebundenen stillen Reserven nach § 340 f HGB handelt es sich um versteuerte Vorsorgereserven, die mittels einfacher Buchung gehoben werden können, ohne dass daraus resultierende Steuerzahlungen anfallen. Daher können diese „wie fiktives Kernkapital behandelt werden“[125]. Hinsichtlich der Einbeziehung stiller Vorsorgereserven in das Risikodeckungspotenzial gelten für Fortführungs- und Liquidationsansätze die gleichen Regelungen wie für das bilanzielle Eigenkapital. Da die Regelungen der IFRS eine Bildung von ungebundenen Vorsorgereserven nach § 340 f HGB nicht vorsehen, entfällt dort diese Position bei der Ermittlung des Risikodeckungspotenzials.[126]

 

Im Gegensatz zu den beschriebenen Vorsorgereserven können stille Reserven in Vermögensgegenständen, die aufgrund des im HGB verankerten Anschaffungskostenprinzips im Vergleich zum Buchwert einen höheren Marktwert aufweisen, nur durch eine Transaktion gehoben werden. Neben der bei einer Veräußerung anfallenden Steuerlast determiniert ferner die Fungibilität des jeweiligen Vermögensgegenstandes die Höhe, in welcher derartige stille Reserven als Risikodeckungspotenzial angesetzt werden können. Sofern die Vermögensgegenstände nur eine eingeschränkte Fungibilität aufweisen sollte aus Vorsichtsgründen keine oder nur unter Vornahme größerer Abschläge eine Einbeziehung in das Risikodeckungspotenzial erfolgen.[127]

 

In Abhängigkeit von dem mit dem Risikotragfähigkeitsansatz verfolgten Absicherungsziel können stille Reserven gleichermaßen in Fortführungs- und Liquidationsansätzen als Risikodeckungspotenzial angesetzt werden.

 

Die in Abbildung 8 als Bestandteil des Risikodeckungspotenzials aufgeführten nachrangigen Verbindlichkeiten stehen einem Institut ausschließlich im Insolvenzfall zur Kompensation eintretender Verluste zur Verfügung. Sollte ein Institut zuvor auf eine Bedienung der ausgegebenen...

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