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E-Book

Spektroskopische Methoden in der organischen Chemie

AutorHerbert Meier, Laurent Bigler, Stefan Bienz, Thomas Fox
VerlagGeorg Thieme Verlag KG
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl456 Seiten
ISBN9783131600394
FormatePUB/PDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis96,99 EUR
Dieses Standardwerk vermittelt alle notwendigen Kenntnisse für die Anwendung der spektroskopischen Methoden in der organischen Chemie. Einführende Grundlagentexte erläutern die Theorie, anschauliche Beispiele die Umsetzung in der Praxis. Dieses Buch ist Pflichtlektüre für Studierende der Chemie und Nachschlagewerk für Profis. Die 9. Auflage ist komplett überarbeitet und erweitert. Insbesondere das NMR-Kapitel und dessen 13C-NMR-Teil sind stark verändert gegenüber der Vorauflage. In aktualisierter Form präsentiert sich das Kapitel zum Umgang mit Spektren und analytischen Daten: Es erklärt die kombinierte Anwendung der Spektroskopie, enthält Anleitungen zur Interpretation analytischer Daten, hilft bei der Strukturaufklärung/-überprüfung und bietet Praxisbeispiele. Zusätzlich finden Nutzer des Buches Beispiele zur Interpretation analytischer Daten und Strukturaufklärung mit Lösungen kostenfrei auf unserer Website. Dozenten erhalten auf Anfrage alle Spektren des Werks zum Download.

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Leseprobe

1.1 Theoretische Einführung


1.1.1 Elektromagnetische Wellen und Elektronenübergänge


Elektromagnetische Strahlung wird durch die Wellenlänge λ oder die Frequenz ν charakterisiert. Diese Größen sind durch die Gleichung

miteinander verknüpft; c ist die Lichtgeschwindigkeit (im Vakuum ≈ 2.998 • 1010 cm • s–1). Ein Lichtquant der Frequenz ν hat die Energie

Das Planck-Wirkungsquantum h beträgt ≈ 6.63 • 10–34 Js. Die Wechselwirkung zwischen elektromagnetischen Wellen und Molekülen führt bei der Absorption im Bereich des ultravioletten und sichtbaren Lichtes (selten im nahen Infrarot NIR) zur Anregung von Elektronen, im Allgemeinen Valenzelektronen.  Abb. 1.1 veranschaulicht diesen Sektor des elektromagnetischen Spektrums. An das für das mensch liche Auge sichtbare Licht (Vis) schließt sich unterhalb von λ = 400 nm der UV-Bereich an. Wegen der unterschiedlichen biolo gischen Wirkung wird eine Unterteilung in UV-A (400–320 nm), UV-B (320–280 nm) und UV-C (280–10 nm) getroffen. Oberhalb von λ = 750 nm beginnt der IR-Bereich, zunächst das nahe Infrarot (NIR). Am langwelligen Ende des IR liegt der Terahertz-Bereich (100 μm ≤ λ ≤ 1 mm, 100 cm-1 ≥ ≥ 10 cm-1, 3 • 1012 Hz ≤ ν ≤ 3 • 1011 Hz). Es folgen der Mikrowellen-Bereich (1 mm ≤ λ ≤ 30 cm) und der Radiowellen-Wellenbereich (λ > 30 cm). Molekülspektroskopie wird in allen genannten Wellenlängen-Bereichen betrieben. Außer den UV/VIS-Spektren in diesem Kapitel, sind die IR-Spektren ( Kapitel 2) und vor allem die NMR-Spektren ( Kapitel 3) für die Strukturaufklärung organischer Verbindungen wichtig. Die Kernresonanzspektroskopie findet in Magnetfeldern mit Radiowellen statt. Kristallstrukturen werden durch Streuung von Röntgenstrahlen bestimmt. Sonnenlicht besteht im Mittel aus 44% IR, 52% Vis und 4% UV-A. Der UV-B-Anteil liegt im ‰-Bereich.

Wird sichtbares Licht einer bestimmten Spektralfarbe absorbiert, dann erkennt das menschliche Auge die Komplementärfarbe:

absorbierte SpektralfarbeKomplementärfarbe
violettgelbgrün
blaugelb
grünblauorange
blaugrünrot
grünpurpur
gelbgrünviolett
gelbblau
orangegrünblau
rotblaugrün
purpurgrün

Die Wellenlänge wurde früher häufig in Ångström (1 Å = 0.1 nm oder mµ) angegeben, heute verwendet man Nanometer (1 nm = 1 mµ = 10–9 m). Anstelle der Frequenz in s–1 ist es üblich, die Wellenzahl in cm–1 anzugeben.

Bezieht man die Energie auf ein Lichtquant oder einen einzelnen atomaren oder molekularen Prozess, so ist als Einheit 1 eV (Elektronenvolt) gebräuchlich. Bei einem Mol, nämlich 6.02 • 1023 Lichtquanten, wird die Energie in kJ angegeben. Energie und Wellenzahl sind direkt proportional zueinander. Zur Umrechnung empfiehlt sich als Faustregel:

Abb. 1.1 Elektromagnetisches Spektrum (1 Einstein = 1 mol Lichtquanten)

Trifft Licht mit geeigneter Frequenz ν auf ein Molekül im Grundzustand ψ0, dann kann es absorbiert werden und das Molekül in einen elektronisch angeregten Zustand ψ1 anheben. Durch spontane Emission bzw. durch zusätzlich unter dem Einfluss der Lichtwelle stimulierte Emission kann das System in den Grundzustand zurückkehren. Das Wort „kann“ drückt dabei die Übergangswahrscheinlichkeiten für die beiden Strahlungsprozesse Absorption und Emission aus ( Abb. 1.2).

Der Zusammenhang mit den beim Elektronenübergang beteiligten Orbitalen ist aus  Abb. 1.3 ersichtlich. Bei Gültigkeit von Koopmans Theorem entspricht die Energie des HOMO dem negativen Ionisierungspotenzial (IP ~ 8 bis 11 eV) und die Energie des LUMO der negativen Elektronenaffinität (EA ~ + 1 bis – 1 eV). Die Orbitalenergien beziehen sich hier auf Einzelelektronen-Konfigurationen. Es gilt laut  Abb. 1.3

Die Energiedifferenz zwischen dem untersten leeren Orbital (LUMO) und dem höchsten doppelt besetzten Orbital (HOMO) ist erheblich größer als die Anregungsenergie A für den Übergang vom Singulett-Grundzustand S0 in den ersten elektronisch angeregten Singulett-Zustand S1. Die Differenz geht auf die unterschiedliche Elektronenwechselwirkung (Coulomb-Term J, Austausch-Term 2K) zurück. Die Singulett-Triplett-Aufspaltung ist in dieser Näherung gleich 2K. We gen K > 0 liegt der unterste Triplettzustand T1 stets unter S1. Moleküle mit gleichem HOMO-LUMO-Abstand können ganz unterschiedliche Anregungsenergien haben. Ein klassisches Beispiel ist das farblose Anthracen, das eine gleich große HOMO-LUMO-Energiedifferenz besitzt wie das blaue Azulen. Eine weitere Folge der Konfigurationswechselwirkung kann sein, dass der HOMO-LUMO-Übergang nicht dem energieärmsten Übergang S0 → S1 entspricht (vgl.  S. 15).

Abb. 1.2 Elektronenübergänge und Strahlungsprozesse

Abb. 1.3 Energieschema für den Elektronenübergang zwischen HOMO und LUMO

Ein Maß für die Übergangswahrscheinlichkeit ist die dimensionslose Oszillatorstärke f01, die klassisch den effektiven Bruchteil von negativen Ladungseinheiten (Elektronen) wiedergibt, die den betreffenden Übergang vollziehen (oszillieren). Das quantenmechanische Gegenstück zu f ist der Vektor des Übergangsmoments M01, der die Veränderung des Dipolmoments während des Übergangs repräsentiert. Die Dipolstärke D01 = |M01|2 ist direkt proportional zu f01. Bei D01 = M01 = f01 = 0 ist trotz erfüllter Resonanz bedingung Δ E = ein Übergang nicht möglich. Bei kleinen f-Werten spricht man von einem verbotenen Übergang, bei f-Werten nahe an 1 von einem erlaubten Übergang.

Bei zweiatomigen oder linearen mehratomigen Molekülen kann man wie bei Atomen aufgrund des Satzes von der Erhaltung des Drehimpulses Auswahlregeln für die erlaubten Übergänge zwischen zwei verschiedenen elektronischen Zuständen aufstellen. Diese Regeln münden für die übrigen Moleküle, die natürlich das weitaus überwiegende Kontingent darstellen, in Übergangsverbote ein.

Das Spin-Verbot besagt, dass sich der Gesamtspin S bzw. die Multiplizität M = 2S + 1 während des Übergangs nicht ändern darf, dass also z.B. Singulett-Zustände (S = 0, M = 1) bei der Absorption oder Emission in Singulett-Zustände, nicht aber in Triplett-Zustände (S = 1, M = 3) übergehen können. M01 kann auch aufgrund der Symmetrie der Orbitale (die durch die Wellenfunktion ϕ0 und ϕ1 beschrieben werden und den elektronischen Anteil der Gesamtfunktionen ψ0 und ψ1 darstellen) verschwinden. Man spricht vom Symmetrie-Verbot. Ein einfach verständlicher Spezialfall davon liegt in den zentrosymmetrischen Molekülen vor, deren Wellenfunktionen bezüglich der Inversion am Symmetriezentrum symmetrisch (gerade) oder antisymmetrisch (ungerade) sind. Das Symmetrie-Verbot besagt hier, dass...

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