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Spektrum Spezial - Neue Blicke ins All

Astronomen erkunden rätselhafte Vorgänge und seltsame Objekte

AutorSpektrum der Wissenschaft
VerlagSpektrum der Wissenschaft
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl84 Seiten
ISBN9783958922297
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis5,99 EUR
2015 haben Forscher erstmals Signale verschmelzender Schwarzer Löcher empfangen - der Beginn einer neuen Ära der Kosmologie. Doch nicht nur damit betreten Astronomen unbekanntes Terrain: Raumsonden offenbaren verblüffende Vorgänge im Sonnensystem, Teleskope blicken auf ferne Sterne und ihre Planeten, und selbst noch entlegenere Objekte gelangen immer genauer ins Visier von Hightechinstrumenten. Dabei zwingen erstaunliche Erkenntnisse die Wissenschaftler, einige ihrer Modelle zu überdenken.

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Leseprobe

SONNENSYSTEM
ABSCHIEDSGRÜSSE VOM SATURN


Die Raumsonde Cassini ist am 15. September 2017 planmäßig auf den Saturn gestürzt. Bis dahin hatte die Mission mehr als ein Jahrzehnt lang einzigartige Aufnahmen und Daten vom Ringplaneten übertragen. Damit hat sie unser Bild von dem Gasriesen und seinen Begleitern revolutioniert.

Carolyn Porco ist Planetologin am Space Science Institute in Boulder, Colorado. Sie war als Leiterin des Imaging Science Teams der Cassini-Huygens-Mission für die Kamera der Raumsonde Cassini verantwortlich.

►► spektrum.de/artikel/1505993

AUF EINEN BLICK
ENDE EINER ENTDECKUNGSREISE

1 Nach 13 Jahren im Orbit um den Planten Saturn ist die Raumsonde Cassini am 15. September 2017 planmäßig in dessen Atmosphäre gestürzt.

2 Das Manöver sollte angesichts schwindender Treibstoffvorräte und drohender Manövrierunfähigkeit verhindern, dass die Eismonde im Fall einer Kollision mit irdischen Mikroben verunreinigt werden.

3 Die Mission gilt als eine der erfolg- und ertragreichsten in der Geschichte der unbemannten Raumfahrt. Astrobiologen mussten sogar ihre Vorstellung über mögliche Orte für extraterrestrisches Leben erweitern.

Am 15. September 2017 hat die Raumsonde Cassini ihren Umlauf um Saturn planmäßig beendet. Sie stürzte in die Atmosphäre des Gasplaneten, aus dessen Orbit sie 13 Jahre lang Ehrfurcht gebietende, detailreiche und geradezu intime Bilder geschickt hat. Dieses kontrollierte Ende war nötig, um jedes Risiko einer Kollision mit einem der Saturnmonde auszuschließen; in naher Zukunft hätte sich die Sonde wegen zur Neige gehender Treibstoffvorräte nicht mehr steuern lassen.

Meine Kollegen und ich haben seit 1990 an der Mission mitgewirkt. Als Leiterin des für die Kamera verantwortlichen Teams begleitete ich Cassini durch die Planung und den Bau und war schließlich beim Start am 15. Oktober 1997 in Cape Canaveral in Florida dabei. Sieben Jahre später verfolgte ich gebannt, wie wir am Ziel ankamen. Nach all den Jahren des Wartens begann in diesem Augenblick eine neue Ära der Planetenforschung.

Keine Raumsonde hat jemals aus solcher Nähe und über einen so langen Zeitraum ein so vielfältiges System wie dasjenige des Planeten Saturn erkundet. Auf seinem Eismond Titan entdeckten wir Seen aus Kohlenwasserstoffmolekülen und Umweltprozesse von vergleichbarer Komplexität wie auf der Erde. Wir haben verfolgt, wie in Saturns Atmosphäre gewaltige Stürme ausbrachen und wieder abflauten. In seinen Ringen konnten wir bis dahin nie gesehene Vorgänge untersuchen. Wir kartografierten die formenreichen Landschaften seiner Monde, entdeckten neue Begleiter und bizarre Objekte innerhalb der Ringe selbst. Und uns gelang nicht zuletzt der meiner Meinung nach bemerkenswerteste Fund: Am Südpol des Mondes Ence ladus sprühen mehr als 100 Fontänen aus einem im Untergrund verborgenen Ozean, der vielleicht sogar lebensfreundliche Bedingungen bieten könnte (siehe Spektrum Juni 2015, S. 32). Die Geschichte Cassinis ist die einer einträglichen Expedition ins äußere Sonnensystem – eine Geschichte, die nun endgültig vorbei ist.

Wie eine Miniaturausgabe des frühen Sonnensystems


Astronomen meldeten erstmals in den 1980er Jahren Bedarf an einer umfassenden Untersuchung des Saturnsystems an. Da waren nämlich gerade die beiden Raumsonden der Voyager-Mission auf ihrem Weg ins äußere Sonnensystem (siehe Spektrum November 2016, S. 46) an dem Planeten und seinen Monden vorbeigeflogen und hatten erste interessante Erkenntnisse gebracht, letztlich aber vor allem mehr neue Fragen aufgeworfen. Die Daten legten die Komplexität von Saturns Innenleben, seiner Atmosphäre und seines Magnetfelds offen. In der gigantischen Eisund Staubscheibe seiner Ringe waren ansatzweise die gleichen Prozesse der Strukturbildung zu erkennen, die wahrscheinlich unser Sonnensystem entstehen ließen und Planeten um ferne Sterne formen. Voyager entdeckte Hinweise auf dynamische Vorgänge auf zahlreichen Saturnmonden; die Oberfläche des größten Trabanten, Titan, blieb allerdings unter einer dichten Atmosphäre verborgen. All diese Phänomene erschienen vielen Astronomen als ideale Ziele für eine neue Mission, die hier gleich mehrere Schlüsselprozesse des Sonnensystems aus der Nähe untersuchen könnte.

Cassini war von Anfang an ein internationales Projekt, bei dem die Partner der US-Raumfahrtbehörde NASA und der europäischen Raumfahrtagentur ESA das Voyager-Programm in allen Aspekten deutlich übertreffen wollten. Das gelang nicht nur bei der Größe des Gefährts, sondern auch bei dessen Ausstattung. Sie umfasste die bis dahin modernsten jemals ins äußere Sonnensystem geschossenen Geräte sowie die vier Meter große, aerodynamisch optimierte Landesonde Huygens, die mitsamt sechs wissenschaftlichen Instrumenten an Bord in die Atmosphäre des Monds Titan eintauchen sollte.

Nach seiner Reise durch das innere Sonnensystem erreichte Cassini am 1. Juli 2004 den Saturn und trat in eine Serie von Umlaufbahnen ein, die auf den ersten Blick verworren wirken, tatsächlich aber höchst präzise berechnet waren (siehe »Die Bahnen der Raumsonde«, S. 11 oben). Damit wir das System unter möglichst unterschiedlichen Blickwinkeln, Lichtverhältnissen und Abständen betrachten konnten, führten wir Cassini mal enger, mal weiter sowie in verschiedenen Bahnneigungen um den Planeten. Manchmal entdeckten wir etwas besonders Spannendes und änderten bestehende Pläne, um die Kamera der Sonde noch ein weiteres Mal – und manchmal viele Male – auf dieselbe Stelle auszurichten.

Die Länge der Mission war von entscheidender Bedeutung für ihren Erfolg. Einerseits stiegen so die Chancen, Zeugen zufälliger Ereignisse wie Kollisionen in den Ringen zu werden. Andererseits konnten wir nur so die jahreszeitlichen Änderungen verfolgen, die sich durch die wechselnde Beleuchtung während der Bahnbewegungen des Planeten und seiner Monde ergaben – ein Jahr auf Saturn entspricht 29,5 irdischen. Die Primärmission von Cassini dauerte nur vier Jahre, doch die bis 2008 erzielten Erfolge sowie der zweifellos enorme Wert einer weiterhin voll funktionsfähigen und höchst produktiven Raumsonde im Orbit erleichterten es uns, mehrere Verlängerungen durchzusetzen. Ein erster Lohn war die Tag-und-Nacht-Gleiche im August 2009: Wir wurden Zeugen, wie das Licht der Sonne genau parallel über die Ebene der Ringe streifte und jede Erhebung darauf lange und deutlich erkennbare Schatten warf (siehe Bild S. 12).

Insgesamt blieb Cassini beinahe ein halbes Saturnjahr im Orbit. Die Raumsonde erreichte den Planeten in dessen spätem Südsommer und beendete ihre Arbeit im Nordsommer. Wir konnten also fast alle Jahreszeiten beobachten, freilich nicht auf der gleichen Halbkugel: Wir verfolgten anhand der südlichen Hemisphären von Saturn und Titan, wie diese Welten vom Sommer in den Winter übergingen, und auf den nördlichen Hemisphären die Veränderungen zwischen Winter und Sommer.

Saturns Monde – spannende Welten statt öder Eisklumpen


Bis zum Beginn des Raumfahrtzeitalters dachten Wissenschaftler noch, die Monde im äußeren Sonnensystem wären geologisch betrachtet tote, öde Eisklumpen. Seit Voyager war klar, dass es sich dabei um einen gewaltigen Irrtum handelte; die Cassini-Mission sollte nun dabei helfen, die Entstehungsgeschichte der unterschätzten Trabanten aufzuklären.

Im Fall des Mondes Iapetus war dessen Zweiteilung lange ein Rätsel: eine Hälfte von ihm schien weiß wie Schnee, die andere tiefschwarz. Cassinis hochauflösende Bilder und seine Temperaturmessungen enthüllten, dass der Mond sogar auf kleineren Skalen schwarz-weiß gescheckt ist, und lieferten zugleich eine mögliche Erklärung. Offenbar handelt es sich um einen selbst verstärkenden Prozess, der so nur auf dem langsam rotierenden Mond auftritt. Anfangs etwas dunklere Regionen heizen sich durch die höhere Lichtabsorption auf, verdampfen Eis und werden dadurch immer dunkler und heißer. Hellere Bereiche hingegen kühlen aus und fangen das sublimierte Eis wieder ein, was sie noch heller macht. Aber wie konnte sich diese Zweiteilung über eine ganze Hemisphäre erstrecken? Während Iapetus Saturn umkreist, durchkreuzt er Regionen mit dunklem, fein verteiltem Material, das von einem weiter entfernten, irregulären Satelliten namens Phoebe stammt. Die in Iapetus‘ Bewegungsrichtung gelegene Mondhälfte sammelt diesen Staub ein und wird dadurch dunkler, wärmer und eisfrei. Rätsel gelöst.

Ein weiterer bemerkenswerter Mond ist Titan. Die Kameras von Cassini waren dafür ausgelegt, im sichtbaren und nahinfraroten Spektralbereich möglichst tief in den Dunst der Atmosphäre zu blicken; insbesondere das Radarinstrument konnte diese Schicht gut durchdringen. Dazu kam die Sonde Huygens, die während ihres Abstiegs 2005 ganze zweieinhalb Stunden lang Panoramabilder aufnahm, die Atmosphärenzusammensetzung vermaß und Wind- und Temperaturdaten aufzeichnete, bevor sie schließlich auf dem Boden landete. Die Welt wirkte wie aus einem Sciencefiction-Roman: Zwar sahen die Landschaften und die Strömungen und Schichtungen der Atmosphäre irgendwie vertraut aus, sie bestehen aber aus ganz anderen Substanzen als ihre irdische Entsprechung.

Wie wir herausfanden, enthalten die Seen auf Titan kein Wasser, sondern flüssiges Methan. Am Südpol des Monds sichtete die hochauflösende Kamera von Cassini ein solches Reservoir etwa vom Ausmaß des amerikanischen Ontariosees. Weitere Instrumente bestätigten, dass der (deswegen Ontario Lacus genannte) See tatsächlich mit Methan gefüllt ist. Wir haben noch weitere...

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