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E-Book

Tatort Autobahn

Kriminelle Machenschaften im Speditionswesen

AutorUli Röhm, Wilfried Voigt
VerlagCampus Verlag
Erscheinungsjahr2006
Seitenanzahl222 Seiten
ISBN9783593402949
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Korruption und Scheinselbstständigkeit, gefälschte Papiere und manipulierte Fahrtenschreiber, übermüdete Fahrer und technische Mängel: Auf Deutschlands Straßen ist das düstere, aber alltägliche Realität. Organisierte Kriminalität in der Speditionsbranche verursacht gewaltige Schäden und stellt ein enormes Sicherheitsrisiko dar.

Uli Röhm, 60, ist seit über zwanzig Jahren Fernsehjournalist beim ZDF in Mainz und Autor zahlreicher Artikel und Bücher zu den Themen Wirtschaftskriminalität und Sozialpolitik. Wilfried Voigt, 54, arbeitet seit mehr als 30 Jahren vor allem für Printmedien und war viele Jahre Spiegel-Korrespondent. Der Wächterpreisträger hat viele Politik- und Medizinskandale aufgedeckt. Heute lebt er als freier Journalist in Mainz.

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Leseprobe
Manipulierte Fahrtenschreiber Folgende wahre und idealtypische Begebenheit illustriert das Geschehen recht gut: Ein Schauplatz irgendwo an einer Autobahn in Bayern. Die Verkehrspolizei hat soeben ihre Radarkontrollanlage aufgebaut. Die Geräte sind justiert und die Videokameras angeschlossen. Nicht einmal fünf Minuten später wird ein österreichischer Lastkraftwagen geblitzt. Auf ihren Monitoren registrieren die Polizeibeamten eine Geschwindigkeit von 110 km/h. Das ist deutlich überhöht. Sie informieren ihre Kollegen von der Autobahnpolizei. Die setzen sich mit Blaulicht vor den Temposünder und fordern mit dem Signal 'Polizei - bitte folgen' den Fahrer auf, am nächsten Parkplatz anzuhalten. Fahrzeugkontrolle. Sie lassen sich neben den Papieren die Tachoscheibe geben und trauen ihren Augen nicht: Darauf sind exakt lediglich 90 Stundenkilometer registriert. Die Beamten sind sich sicher, dass die Kollegen von der Radarkontrolle richtig gemessen haben. Sie können sich die Differenz nicht erklären und untersuchen deshalb den Fahrtenschreiber sorgfältig. Der ist ordnungsgemäß verplombt. Eine Manipulation ist auf den ersten Augenschein nicht festzustellen. Was den Polizeibeamten allerdings auffällt, ist die Nervosität des Fahrers. Und die macht sie misstrauisch. Die Polizei lässt deshalb den Fahrtenschreiber von einem Sachverständigen untersuchen. Der findet dann ganz schnell heraus, dass das verplombte Messgerät professionell manipuliert worden ist - auf eine neue, bisher gänzlich unbekannte Weise. Die Fälscherprofis hatten die Impulszahl des Fahrtenschreibers auf eine Konstante eingestellt, sodass dieser Tacho nie die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit anzeigte, also damit auch keine Geschwindigkeitsüberschreitungen nachgewiesen werden konnten. Als die Polizisten den Fahrer in die Mangel nehmen, offenbart der sich schließlich und gesteht, dass auch alle anderen Fahrzeuge seines Arbeitgebers mit solchen manipulierten Fahrtenschreibern unterwegs sind, und zwar in ganz Europa. Diese Manipulation wirkt sich durchaus strafverschonend aus, wie man an einem Unfall auf der österreichischen Westautobahn A 1 bei Melk im August 2000 erkennen kann. Damals war ein Lastzug mit seinem Anhänger in eine Baustelle gerast. Der Anhänger wurde dabei auf die Gegenfahrbahn geschleudert und riss einem Reisebus aus Deutschland die gesamte Fensterreihe des Oberdecks auf. In diesem Bus saßen Kinder auf der Fahrt in den Urlaub am ungarischen Plattensee. Acht Jungen und Mädchen, die am Fenster gesessen hatten, starben, weitere wurden schwer verletzt. Die Unfallursache war eindeutig: Raserei. Der Lastzug war im Baustellenbereich, in dem höchstens 60 km/h zulässig waren, laut Tachoscheibe 87 km/h schnell gefahren. Verurteilt wurde der Fahrer vom Landgericht in Sankt Pölten wegen fahrlässiger Gemeingefährdung, denn er habe aufgrund seiner Übermüdung nur eine 'herabgesetzte Aufmerksamkeit' aufgebracht und damit eine Bedrohung für Leib und Leben vieler Menschen dargestellt. Über den Unfall und über das Schicksal dieser Kinder wurde damals auch in der deutschen Presse ausführlich und mit großer Anteilnahme berichtet. Nicht zu lesen war, dass dieser Lastkraftwagen zu der Spedition gehörte, die schon einmal als Tachofälscher aufgefallen war. Für das Gericht spielte diese Tatsache auch keine Rolle. Dass der Fahrtenschreiber manipuliert war und der Fahrer noch schneller unterwegs gewesen sein dürfte, als es die aktenkundigen 87 km/h auswiesen, war bei der strafrechtlichen Beurteilung für den Richter ohne weitere Bedeutung. Er begnügte sich mit der 'fahrlässigen Gemeingefährdung' wegen überhöhter Geschwindigkeit, ohne den Dingen weiter auf den Grund gehen zu wollen. Damit war, wieder einmal, eine Gelegenheit zur Abschreckung vertan. Bei größerem juristischen Eifer wäre zwar nicht für den Fahrer ein schärferes Urteil herausgesprungen - ob 87 km/h oder etwa 97 km/h, das macht strafrechtlich keinen nennenswerten Unterschied -, aber der Spedition hätte es an den Kragen gehen können. Und davon hätte sich vielleicht der eine oder andere Nachahmer beeindrucken lassen. Digitale Tachographen Der bisher übliche mechanische Fahrtenschreiber mit der runden Papierscheibe wird bald durch einen digitalen Tachographen ersetzt. Damit lässt sich die Einhaltung der Sozialvorschriften für das Fahrpersonal besser überwachen, die Lenk- und Ruhezeiten können zuverlässiger und fälschungssicherer aufgezeichnet werden, Verstöße lassen sich nicht mehr so leicht vertuschen. Kurz und gut: Die digitalen Fahrtenschreiber dürften einiges zur Sicherheit auf den Straßen beitragen. Im Juni 2002 hat die EU-Kommission in Brüssel beschlossen, dass die neuen Kontrollgeräte binnen zweier Jahre in alle neu zugelassenen Nutzfahrzeuge eingebaut werden müssen. Danach hätte der digitale Tachograph in der EU für alle Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen bereits seit August 2004 Realität sein müssen. Der Termin wurde jedoch nicht eingehalten, weil die Hersteller die erforderliche Bauartgenehmigung nicht rechtzeitig erhalten hatten. Der nächste vorgesehene Termin war dann der 4. August 2005, aber auch daraus wurde nichts. Mittlerweile ist vom Frühjahr 2006 die Rede.
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