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E-Book

Weltbeweger

Jesus - wer ist dieser Mensch?

AutorJohn Ortberg
VerlagGerth Medien
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl336 Seiten
ISBN9783961221523
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Jesus Christus hatte einen gewaltigen Einfluss auf die Menschheit - auf ihre Geschichte, ihre Entwicklung, ihr Zusammenleben und ihre Zukunft. John Ortberg zeichnet die Spuren eines Lebens nach, das die Welt wie kein anderes verändert hat. Sein Wirken prägte Gesellschaft, Kunst, Wissenschaft, Politik und Bildung - bis heute. Aber auch Begriffe wie Menschenwürde, Mitleid, Vergebung und Hoffnung erhielten durch ihn entscheidende Bedeutung. Meisterhaft gelingt es Ortberg, das Vermächtnis dieses unvergleichlichen Weltbewegers auf den Punkt zu bringen. Übrigens: John Ortberg ist mehrmals wöchentlich mit seiner Predigtreihe im TV zu sehen. Und zwar auf ERF 1. Nähere Termine unter www.erf.de

John Ortberg, ist Autor, Redner und Seniorpastor der Menlo Park Presbyterian Church im Großraum San Francisco Bay. Er hat zahlreiche Bestseller geschrieben und hält Vorträge und Predigten auf Konferenzen und in Gemeinden überall auf der Welt. John und seine Frau Nancy haben drei erwachsene Kinder und lieben den Pazifik.

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Leseprobe

Kapitel 2

Das Ende der Menschenwürde

Er kam ohne jede Würde auf diese Welt.

Vermutlich wäre er als Mamser bezeichnet geworden. Das ist der hebräische Ausdruck für ein uneheliches jüdisches Kind. In jeder Sprache gibt es einen Ausdruck für Mamser, und es ist immer ein hässliches Wort. Sein Kinderbett war ein Futtertrog. Seine ersten Spielkameraden waren vierfüßig. Er war in Lumpen gewickelt. Er wurde in einem Stall geboren, war die Zielscheibe eines mordlüsternen Politikers und ein Flüchtlingskind.

Und er sollte noch würdeloser sterben: angeklagt, geschlagen, blutig, verlassen, nackt, bloßgestellt. Er hatte keinen Status. Königliche Würde wäre das Letzte, was einem in den Sinn kommt, wenn man über Jesus nachdenkt.

Und doch gibt es in der Geschichte einen König. Jesus wurde geboren, „als Herodes König von Judäa war“1.

In den Augen eines antiken Lesers verkörperte Herodes – nicht Jesus – in dieser Geschichte Größe. Herodes war von edler Abstammung, befehligte Armeen und war im römischen Senat so angesehen, dass man ihm schon im Alter von dreiunddreißig Jahren den Titel „König der Juden“ verlieh. Seine politischen Schachzüge waren so ausgeklügelt, dass er sich vierzig Jahre lang auf seinem Thron behaupten und sogar Kaiser Augustus überreden konnte, ihm seine Stellung zu überlassen, obwohl er sich mit Augustus’ Erzfeind Marcus Antonius verbündet hatte. Er war der größte Bauherr seiner Zeit. „Zur Zeit des Herodes baute niemand so viele Bauwerke, die ein so helles Licht auf diese Zeit warfen.“2 Die gewaltigen Steine des Tempels, den er errichten ließ, stehen noch zweitausend Jahre später.

Jesus war ein Baumeister. Zimmermann. Wahrscheinlich hat er in einer Stadt namens Sepphoris für einen von Herodes’ Söhnen gearbeitet. Doch nichts von dem, was er baute, hat überlebt. In der Antike hätte Herodes alle Sympathien auf seiner Seite gehabt. Er war den Göttern näher, war ein Wächter des Römischen Friedens und Ratgeber des Kaisers. Seine vollständige Biografie trägt den Titel „Herodes, König der Juden, Freund der Römer“. Und die beiden Bezeichnungen hängen untrennbar zusammen: Wäre Herodes nicht ein Freund der Römer gewesen, wäre er nicht König der Juden geworden.

Jesus hingegen wurde „Freund der Sünder“ genannt. Und das war nicht als Kompliment gemeint. Er wurde sogar als Feind der Römer verhaftet.

Herodes herrschte zu einer Zeit, in der nur die Rücksichtslosen überlebten. Er beugte sich vor niemandem. Er hatte zehn oder elf Frauen. Er verdächtigte die Einzige davon, die er je wirklich liebte, zu hohe Ambitionen zu haben, und ließ sie hinrichten. Er ließ auch seine Schwiegermutter, zwei seiner Schwäger und zwei seiner eigenen Söhne von dieser Frau hinrichten. Als sein alter Friseur versuchte, sich für seine Söhne einzusetzen, ließ er ihn ebenfalls hinrichten. Der Kaiser sagte einmal (mit Blick auf das jüdische Verbot, Schweinefleisch zu essen), es sei besser, das Schwein von Herodes zu sein als sein Sohn. Herodes belohnte seine Freunde und bestrafte seine Feinde, was zu seiner Zeit das Kennzeichen von wahrer Seelengröße war.

Jesus verhielt sich als Erwachsener vor dem Nachfolger von Herodes fast genauso schweigsam und passiv wie als Säugling vor Herodes selbst.

Herodes klammerte sich bis zuletzt an seinen Titel. Als er im Sterben lag, ließ er eine Gruppe Aufständischer verhaften, die Anführer bei lebendigem Leib verbrennen und die Übrigen hinrichten. Fünf Tage vor seinem Tod ließ er einen weiteren Sohn hinrichten, weil der versucht hatte, vorzeitig die Macht an sich zu reißen. In seinem Testament verfügte er, dass unzählige angesehene Israeliten am Tag seines Todes hingerichtet werden sollten, damit in Israel auch wirklich Trauer herrschte.

Herodes galt in Rom als der erfolgreichste Herrscher Israels, den das Römische Reich je hatte. Niemand sollte je wieder den Titel „König der Juden“ tragen, mit Ausnahme eines Kreuzigungsopfers, das an einem Freitagnachmittag für einige Stunden am Kreuz hing.

Für uns ist Herodes immer der Bösewicht im Krippenspiel, aber zu seiner Zeit hielten ihn viele für eine herausragende Persönlichkeit, vor allem diejenigen, deren Meinung am meisten galt. Wie es kam, dass Größe heutzutage anders definiert wird, ist Teil dieser Geschichte. Zwar ahnte es damals noch niemand, aber die antike Auffassung von Würde sollte schon bald über den Haufen geworfen werden. Die Menschenwürde würde nicht länger ihre schützenden Flügel ausschließlich über Herodes (und Menschen wie ihn) ausbreiten, sondern alle auf diesem Planeten erreichen.

Die Lebenswege von Herodes und Jesus kreuzten sich, als Sterndeuter aus dem Osten anreisten und sich erkundigten, wo sie den neugeborenen (man beachte den Titel) „König der Juden“ finden könnten. Herodes behauptete zwar, ein Anhänger der Religion des Volkes Israel zu sein, aber es waren die heidnischen Sterndeuter, die voller Respekt und Bescheidenheit nach der Wahrheit suchten. Jesus hatte vom ersten Tag an etwas an sich, das die Menschen dazu zwang, einen Standpunkt einzunehmen.

„Als König Herodes das hörte, war er bestürzt“ – was wohl eine starke Untertreibung war! – „und mit ihm alle Einwohner Jerusalems.“3 Jetzt wird klar, warum.

„Herodes war außer sich vor Zorn … Er ließ alle Jungen unter zwei Jahren in Bethlehem und Umgebung umbringen. Denn nach den Angaben der Sterndeuter musste das Kind in diesem Alter sein. So erfüllte sich die Vorhersage des Propheten Jeremia: Schreie der Angst hört man in der Stadt Rama, das Klagen nimmt kein Ende. Rahel weint um ihre Kinder, sie will sich nicht trösten lassen, denn ihre Kinder wurden ihr genommen.4

Ich wurde in einer Kirche groß, in der jedes Jahr ein Krippenspiel aufgeführt wurde. Wir zogen Bademäntel an und taten, als seien wir Maria und Josef und die Hirten und die Weisen. Aber irgendwie kam Herodes in diesen Krippenspielen nie vor. Seine Tat wurde als „Der Kindermord des Herodes“ bekannt.

Über solche Ereignisse schreibt man keine Lieder. Die Nacht, in der Jesus geboren wurde, war nicht so still und heilig, und das kleine Kind schläft nicht „in himmlischer Ruh“.

Herodes schickt in der Folgezeit seine Soldaten nach Bethlehem, in die Häuser wehrloser Bauernfamilien, die ihnen nicht Einhalt gebieten können. Sie stürmen hinein, und wenn sie einen männlichen Säugling finden, ziehen sie ihr Schwert und stoßen es dem Kind in den Leib. Dann gehen sie wieder. Jahrhunderte später schrieb jemand ein Lied: „Kleine Stadt, Bethlehem, nahe bei Jerusalem, Gott war dir zugetan.“5 Aber Herodes war ihr alles andere als zugetan, als er nach Jesus suchte.

Matthäus betont den schmerzhaften Unterschied zwischen Bauer und König: „Rahel weint um ihre Kinder.“ Die Rabbiner sagen, dass die jüdische Stammesmutter Rahel Jahrhunderte zuvor in Bethlehem begraben worden war, und zwar in der Nähe der Straße, die aus Israel wegführt, damit sie um die hilflosen Vertriebenen weinen konnte, die ihre Heimat verlassen mussten.

Schon bald sollten noch mehr Menschen Bethlehem verlassen. Die Eltern von Jesus flohen nach Ägypten, als Jesus noch hilflos und ahnungslos war. Herodes, der ganze Städte bauen ließ und Armeen anführte, wurde Herodes der Große genannt.

Jesus gab niemand die Bezeichnung „Jesus der Große“. Matthäus gibt Jesus immer wieder einen ganz anderen Namen: „Er blieb über dem Haus stehen, in dem das Kind war … wo sie das Kind mit seiner Mutter Maria fanden … und beschenkten das Kind … flieh mit dem Kind und seiner Mutter nach Ägypten! … denn Herodes sucht das Kind und will es umbringen. Da brach Josef noch in der Nacht mit Maria und dem Kind nach Ägypten auf … kehre mit dem Kind und seiner Mutter heim ins Land Israel!“6

Die Bezeichnung „Kind“ war vor allem zur damaligen Zeit ein starker Gegensatz zu „König“ oder „der Große“. In der von Status geprägten Welt der Antike standen Kinder auf der untersten Stufe der Hierarchie. Sowohl im Griechischen als auch im Lateinischen bedeuteten die Worte für „Kind“ so viel wie „nicht sprechend“. Kinder waren in ihren Augen einfach keine vernunftbegabten Wesen.

Platon schrieb über den „Pöbel mit bunt gemischten Gelüsten, Schmerzen und Freuden“, den man unter Kindern, Sklaven und Frauen vorfand. Es war bekannt, dass Kinder Angst hatten, schwach und hilflos waren. „Keines unter den Tieren neigt so sehr zu Tränen“, schrieb Plinius der Ältere.7 Kind sein hieß abhängig, schutzlos, anfällig, verletzlich und in Gefahr zu sein.

Diese Eigenschaften wurden in der Antike nicht mit Heldentum in Verbindung gebracht. Ein Held vollbrachte etwas. Einem Kind stieß etwas zu. In den Geschichten über Herkules wird davon berichtet, dass dieser schon, als er noch in der Wiege lag, zwei Giftschlangen packte und mit seinen bloßen kleinen Händchen tötete. Im 2. und 3. Jahrhundert nach Christus erfanden die Menschen Geschichten über Jesus, der schon als Kind große Macht gehabt haben soll. In einer dieser Geschichten erweckt er Vögel aus Ton zum Leben. In einer anderen bewirkt er auf wundersame Weise den Tod eines Kindes. Aber es waren die Art von Geschichten, die die Griechen für ihre Sagenhelden erfunden hatten, um ihnen schon als...

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