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E-Book

Wiley Schnellkurs Mikrokonomie

AutorMartha L. Olney
VerlagWiley
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl220 Seiten
ISBN9783527689736
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR


Martha L. Olney ist Professorin an der University of California, Berkeley. Sie hat mehrere Lehrpreise erhalten und mit Brad DeLong und Paul Krugman Lehrbücher veröffentlicht.

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Leseprobe

2
Produktionsmöglichkeitsgrenze, Wirtschaftswachstum und Handelsgewinne


In diesem Kapitel

  • Produktionsfaktoren und Produktionspotential
  • Wirtschaftswachstum
  • Vorteil durch Handel

Ein einfaches aber nützliches Wirtschaftsmodell ist das Modell der Produktionsmöglichkeitsgrenze (PPF). Auch das Wirtschaftswachstum und Handelsgewinne können mithilfe der Produktionsmöglichkeitskurve verdeutlicht werden.

Die Produktionsmöglichkeitsgrenze


Die Produktionsmöglichkeitskurve oder die Produktionsmöglichkeitsgrenze ist ein Modell, das den Einsatz knapper Ressourcen darstellt. Mit ihr kann man das Produktionspotential beschreiben. Sie kann grundsätzlich auf eine Person oder ein Unternehmen angewendet werden, bezieht sich aber meistens auf die Gesamtwirtschaft. Welche Produktionskombinationen kann eine Volkswirtschaft mit den vorhandenen Ressourcen in einem bestimmten Zeitraum erzeugen?

Produktionsfaktoren sind die Mittel, die bei der Produktion von Waren und Dienstleistungen eingesetzt werden. Produktionsfaktoren werden häufig folgendermaßen eingeteilt:

  • Arbeit oder Zeit
  • (Sach‐) Kapital (Maschinen und Gebäude)
  • Boden und Rohstoffe
  • Wissen und Technik

Man sagt, Produktionsfaktoren seien knapp, da zu jeder Zeit nur eine fixe, beschränkte Menge jeder Ressource verfügbar ist. Der Tag hat nur 24 Stunden, es gibt nur eine bestimmte Anzahl an verfügbaren Arbeitskräften, eine bestimmte Menge an Maschinen und Gebäuden, eine bestimmte Menge an Rohstoffen, einen bestimmten Wissensstand.

Die Produktionsfaktoren müssen verteilt beziehungsweise zugewiesen werden, denn falls eine Ressource – Sie, zum Beispiel – an einer Stelle eingesetzt wird, kann sie nicht gleichzeitig an anderer Stelle eingesetzt werden. In der nächsten Minute können Sie sich entweder mit Volkswirtschaftslehre oder mit Chemie beschäftigen. Sie können aber nicht beides gleichzeitig lernen. Der Boden unter dem Gebäude, in dem Sie sich befinden, kann für die Landwirtschaft oder als Bauland eingesetzt werden, aber nicht für beides. Deswegen müssen unsere Produktionsfaktoren ver‐ oder zugeteilt werden, man spricht auch von Allokation.

Das Modell der Produktionsmöglichkeitsgrenze basiert auf einer vereinfachenden Annahme: Es gibt nur zwei Arten von Gütern.

Tipp

Das Modell der Produktionsmöglichkeitsgrenze betrachtet immer nur zwei Arten von Gütern – nie mehr, nie weniger.

Da Produktionsfaktoren nicht gleichzeitig an allen Stellen eingesetzt werden können, müssen wir Kosten‐Nutzen‐Abwägungen, also Entscheidungen, treffen. Boden kann zur Produktion von Nahrung oder Maschinen eingesetzt werden. Wenn mehr Boden dazu eingesetzt wird, Nahrung anzubauen, kann weniger Boden zur Maschinenproduktion eingesetzt werden. Warum? Weil es nur eine begrenzte Menge an Boden gibt.

Wenn Sie die nächste Stunde dazu verwenden, sich mit der Volkswirtschaftslehre auseinanderzusetzen, können Sie nicht gleichzeitig Chemie lernen. Sie müssen eine Entscheidung treffen, oder eine Kosten‐Nutzen‐Abwägung vornehmen, einen Kompromiss schließen.

Volkswirte nennen derartige Kompromisse auch Opportunitätskosten. Die Opportunitätskosten einer Handlung sind die nächstbeste Alternative auf die man verzichtet, um diese Handlung vornehmen zu können, deshalb nennt man die Opportunitätskosten auch Alternativkosten oder Verzichtskosten. Wenn Sie nicht VWL lernen würden, was würden Sie dann tun? Das sind die Opportunitätskosten des VWL‐Lernens.

Da die Produktionsfaktoren – Arbeit oder Zeit, Kapital, Boden und Rohstoffe, Wissen und Technologie – limitiert oder beschränkt sind, hat jede Handlung Opportunitätskosten. Jede. Im Modell der Produktionsmöglichkeitsgrenze, in dem es nur zwei Alternativen gibt, werden die Opportunitätskosten der einen Alternative durch die Höhe des entgangenen Zugewinns durch die andere Alternative, auf die verzichtet wird, gemessen.

Die Produktionsmöglichkeitsgrenze kann man am besten an einem Beispiel erklären. Die zwei betrachteten Güter sind Waffen und Butter. Wenn wir Produktionsfaktoren einsetzen, um Waffen zu erzeugen, verzichten wir (zumindest teilweise) auf die Produktion von Butter. Wenn ein Volkswirtschaft zum Beispiel 10.000 Waffen in der Woche und 50.000 kg Butter pro Woche erzeugen kann, und wir die Produktionsfaktoren so umverteilen, dass in der folgenden Woche mehr Waffen produziert werden, dann sind die Opportunitätskosten die Butter, die nicht länger produziert wird.

Man kann diesen Aspekt auch in Zahlen darstellen. Mit den verfügbaren Produktionsfaktoren kann die Volkswirtschaft die in Tabelle 2.1 abgebildeten Kombinationen von Produktionsmengen von Waffen und Butter erzeugen.

Waffen (in Stück)

0

5.000

10.000

15.000

20.000

Butter (in kg)

75.000

65.000

50.000

30.000

0

Tabelle 2.1: Produktionsmöglichkeiten: Waffen und Butter.

Auf wie viel Butter verzichten wir (wie viel erzeugen wir nicht?), wenn die Waffenproduktion von 10.000 auf 15.000 erhöht wird? Sehen Sie sich die Zahlen in der Tabelle an. Wir verzichten auf 50.000 – 30.000 = 20.000 kg Butter. Deswegen sagt man: Die Opportunitätskosten der Steigerung der Waffenproduktion von 10.000 auf 15.000 Waffen sind 20.000 kg Butter.

Aufgaben

Versuchen Sie, Folgendes zu berechnen:

Die Antworten für alle Aufgaben finden Sie am Ende des Buches.

2.1
Ausgehend von den Zahlen in Tabelle 2.1, wie hoch sind die Opportunitätskosten, wenn die Waffenproduktion von 15.000 auf 20.000 Stück erhöht wird?
2.2
Ausgehend von den Zahlen in Tabelle 2.1, wie hoch sind die Opportunitätskosten, wenn die Butterproduktion von 65.000 kg auf 75.000 kg erhöht wird?

Ressourcen sind nicht für die Produktion von allem gleich gut geeignet. Ein Hektar Land, auf dem Wüstenkakteen wachsen, ist nicht zum Reisanbau geeignet. Ein gelernter Elektriker ist nicht unbedingt besonders dazu geeignet, Kleidung zu entwerfen. Ein Auto eignet sich nicht dazu, Felder umzugraben. Manche Ressourcen können manche Dinge besser als andere. Volkswirte sagen: Produktionsfaktoren sind nicht immer gleichwertig austauschbar.

Da Produktionsfaktoren für manche Einsätze besser geeignet sind als für andere, sind die Opportunitätskosten beim Austausch von Produktionsfaktoren nicht konstant. Wenn eine Volkswirtschaft in der Ausgangssituation 10.000 Waffen und 50.000 kg Butter produziert, welche Produktionsfaktoren sollen umverteilt werden, wenn mehr Waffen gewollt sind? Eine kluge (»effiziente«) Entscheidung ist es, diejenigen Produktionsfaktoren aus der Butterproduktion abzuziehen, die relativ gesehen am wenigsten für die Butterproduktion geeignet sind. Auf diese Weise bleiben die besten (»effizientesten«) Produktionsfaktoren für die Butterproduktion erhalten.

Aber jedes Mal, wenn wir die Waffenproduktion erhöhen wollen, ziehen wir diejenigen Produktionsfaktoren, die relativ am wenigsten für die Butterproduktion geeignet sind, ab und im Laufe der Zeit verlagern wir immer bessere Produktionsfaktoren der Butterproduktion in die Waffenproduktion. Dadurch müssen wir auf immer mehr Butter verzichten, je mehr Produktionsfaktoren von der Butterproduktion in die Waffenproduktion umverteilt werden. Volkswirte nennen dies das Gesetz der zunehmenden Opportunitätskosten.

Die Zahlen in Tabelle 2.1 verdeutlichen dieses Gesetz. (Wenn Volkswirte etwas »Gesetz« nennen, meinen sie damit, dass es so gut wie immer zutrifft.)

Wenn die Produktionsfaktoren umverteilt werden, sodass 5.000 statt 0 Waffen produziert werden, dann sind die Opportunitätskosten dieser 5.000 Waffen 75.000 – 65.000 = 10.000 kg Butter. Aber wenn die Produktionsfaktoren so verteilt werden, dass wir 10.000 statt 5.000 Waffen erzeugen, sind die Opportunitätskosten dieser zweiten Produktionsmenge von 5.000 Waffen 65.000 – 50.000 = 15.000 kg Butter.

Die Tabelle 2.2 zeigt die Opportunitätskosten bei der Umverteilung der Produktionsfaktoren zugunsten der Waffenproduktion.

Abbildung 2.1: Produktionsmöglichkeitsgrenze für Waffen und Butter.

Die Opportunitätskosten der Produktion von 5.000 Waffen sind von 10.000 auf 15.000 auf 20.000 und schließlich auf 30.000 kg Butter angestiegen. Die steigenden Zahlen sind ein Beispiel für das Gesetz der zunehmenden Opportunitätskosten.

Wenn wir die Produktionsmöglichkeiten grafisch darstellen, werden alle diese Konzepte in einer einfachen Kurve abgebildet.

Abb. 2.1 zeigt die fünf Punkte aus Tabelle 2.1 und verbindet diese Punkte mittels einer durchgehenden Kurve. Diese Kurve nennen wir Produktionsmöglichkeitskurve oder Transformationskurve.

Die Produktionsmöglichkeitskurve wird in einem herkömmlichen Diagramm mit zwei Achsen dargestellt, weil es nur zwei produzierte Güter gibt. Auf den Achsen wird jeweils die Menge eines Produktes dargestellt, die in einem bestimmten Zeitraum produziert wird. In unserem Beispiel betrachten wir die Anzahl der produzierten Waffen und die...

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