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E-Book

Wir drehen am Klima - na und?

AutorGerd Ganteför
VerlagWiley-VCH
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl248 Seiten
ISBN9783527683697
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR


Klima - ein heißes Thema, aber was wissen wir wirklich? Erfrischend und sachlich nüchtern sorgt Gert Ganteför für Abkühlung in dieser hitzigen Debatte

Der Klimawandel ist nicht aufzuhalten. In weiten Teilen der Bevölkerung und der Fachwelt ist diese Aussage unbestritten. Aber was sind die genauen Ursachen? Vor allem, was kann man dagegen tun? Die Lösung scheint so einfach und liegt vermeintlich auf der Hand: Die Energiewende muss kommen. Doch ist das im Weltmaßstab überhaupt möglich? Im Angesicht der heutigen globalen Probleme wie Armut und Bevölkerungswachstum schwanken unsere Zukunftsvisionen zwischen absoluten Horrorszenarien und utopischen Träumereien. Auf der einen Seite scheinen wir in dem Teufelskreislauf gefangen, der uns zwingt auf fossile Rohstoffe zurückzugreifen, was die Klimakatastrophe nur noch beschleunigen würde. Dem gegenüber stehen die visionären Möglichkeiten einer nachhaltigen Lebensweise, die auf Energie weitgehend verzichtet, oder die Entwicklung zu einer hochtechnisierten Welt mit noch höherem Energiekonsum.

Objektiv, fundiert, spannend: Quo vadis terra?

Der Autor stellt sich dieser Frage unbefangen, überrascht mit frischen Ideen und skizziert mögliche Lösungen für die großen Herausforderungen im 21. Jahrhundert. Ausgehend von historischen Betrachtungen und bekanntem Lehrbuchwissen analysiert er die möglichen Szenarien. Ganteför erklärt, warum die Energiewende zu spät kommt, um die Klimaerwärmung noch aufhalten zu können, und gibt mutige Anstöße für eine längst überfällige Wertediskussion. In zwei gesonderten Kapiteln zu Wetter- und Klimakontrolle gibt er einen Überblick über die technischen Möglichkeiten, das Klima aktiv zu beeinflussen, und schließt mit einem Ausblick zu den eingangs erwähnten globalen Problemen.



Gerd Ganteför ist Physikprofessor an der Universität Konstanz. Er forscht im Bereich Clusterphysik und Nanotechnologie. Weiterhin ist er Research Professor an der Johns Hopkins University in Baltimore, USA. In Konstanz hat er erfolgreiche Vorlesungen über Nanotechnologie, Energie und Klima aufgebaut. Er ist Autor zahlreicher Fachartikel und hält öffentliche Vorträge, insbesondere zur Energie- und Klimaproblematik und zu Chancen und Gefahren der Nanotechnologie. In der Reihe Erlebnis Wissenschaft erschien 2010 sein Buch Klima - der Weltuntergang findet nicht statt und 2013 Alles NANO oder was?.

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Leseprobe

1
Einleitung


1.1 Zukunftsvisionen


Wie wird die Erde in einigen Hundert Jahren aussehen? Wird es noch Menschen geben oder wird die Erde unbewohnbar sein? Und wenn es noch Menschen gibt: Wie werden sie leben? Viele heute lebende Menschen haben Angst vor der Zukunft, weil sie glauben, dass die vom Menschen geschaffene Technologie unsere Umwelt zerstören wird. Das betrifft insbesondere die Energie. Die moderne Industriegesellschaft mit ihrem hohen Lebensstandard beruht auf der massiven Nutzung der vier großen Energiequellen Kohle, Erdöl, Erdgas und Kernenergie. Bei der Verbrennung von Kohle, Erdöl und Erdgas entsteht das Treibhausgas Kohlendioxid. Das Gas ist die Hauptursache der Klimaerwärmung, die laut den Prognosen der Klimaforscher zu einem dramatischen Anstieg des Meeresspiegels, verheerenden Stürmen, häufigeren und längeren Dürren und katastrophalen Überflutungen führen wird. Die vierte der klassischen Energien, die Kernenergie, verursacht zwar keine Klimaveränderungen, aber es besteht die Gefahr von nuklearen Katastrophen wie in Tschernobyl und Fukushima, wobei ganze Landstriche unbewohnbar werden. Daher sind selbst Mitbürger, die sonst der Umweltbewegung skeptisch gegenüberstehen, der Meinung, dass die Menschheit langfristig auf die vier erneuerbaren Energien Biomasse, Wind, Wasser und Sonne umsteigen sollte. Aber es ist fraglich, ob dieser Umstieg rechtzeitig gelingen wird. Eine der vier erneuerbaren Energien, die Biomasse, kann nicht in großem Umfang für die globale Energieerzeugung eingesetzt werden. Das würde den Hunger in der Welt verschärfen. Auch die Menge an Energie, die sich aus der Wasserkraft gewinnen lässt, ist begrenzt. Sie hängt von der Menge an Regen und der Höhe der Berge ab. In Deutschland wird diese Energiequelle bereits zu fast 100% genutzt und ein weiterer Ausbau ist kaum möglich. Den Menschen bleiben letztlich also nur zwei erneuerbare Energien übrig, die im Prinzip weiter ausgebaut werden können: die Windenergie und die Sonnenenergie. Aber ist das realistisch? Ist es technisch möglich und bezahlbar, ausreichend viel Energie für die 10 oder 12 Mrd. Menschen, die in 100 Jahren auf der Erde leben werden, hauptsächlich mit diesen beiden Energieformen zu erzeugen? Wenn die erneuerbaren Energien nicht ausreichen, wird eine globale Energiewende scheitern. Der Verbrauch an Erdöl, Erdgas und Kohle würde weiter wachsen und dann die Klimakatastrophe drohen. Die globale mittlere Temperatur steigt dann um weit mehr als nur 2 °C, der Meeresspiegel erhöht sich um viele Meter und Extremereignisse wie Stürme, Dürren und Überschwemmungen nehmen ein unerträgliches Ausmaß an. Diese »Klimahölle« (Abb. 1.1) ist eine Möglichkeit, wie die Zukunft der Menschheit aussehen könnte.

Abb. 1.1 Eine außer Kontrolle geratene Klimaerwärmung könnte zu immer heftigeren Extremereignissen führen. Es wird unerträglich heiß, Stürme peitschen die Landschaft. Die Menschen werden abwechselnd von Dürren und Überschwemmungen heimgesucht

(Quelle: Ghetty Images/Stockphoto; Clint Spencer).

Ein anderes pessimistisches Szenario geht von einer globalen Verarmung als Folge der Energie- und Ressourcenverknappung aus. Der heutige hohe Lebensstandard der Industrieländer könnte der Gipfelpunkt einer zyklischen Entwicklung sein. Der Lebensstandard ist so hoch wie noch nie und geht mit einem hohen Energie- und Ressourcenverbrauch einher. Die erneuerbaren Energien, die die knapper werdenden konventionellen Energieträger ersetzen könnten, sind ebenfalls knapp und es kostet viel mehr Aufwand, Energie aus diesen Quellen zu gewinnen. Die Gesellschaft der Zukunft ist in diesem Szenarium eine Energiespargesellschaft. Der Mangel an Energie bestimmt den Alltag der Bürger. Der technologische Fortschritt kann dieses Problem mildern, indem die wenige Energie besser genutzt wird, aber die Bemühungen um eine Erhöhung der Energieeffizienz sind teuer. Der Ressourcenverbrauch kann durch Maßnahmen wie Recycling oder eine längere Lebensdauer der Produkte reduziert werden, aber auch diese Maßnahmen sind teuer. In einer Energiespargesellschaft wird insbesondere die Mobilität der Bürger eingeschränkt, denn Autos, Flugzeuge und Schnellzüge können nur mit einem hohen Energieaufwand betrieben werden. Das Gleiche gilt für die Industrieproduktion. Wird die Energie knapp, werden alle Produkte, für deren Herstellung Energie benötigt wird, teurer. In gewisser Weise ähnelt diese Gesellschaft einer Zeit vor 100 Jahren, als die Menschen ärmer waren, viel zu Fuß gingen und sich kaum Luxusgüter leisten konnten. Insofern ist es eine zyklische Entwicklung. Ein gravierender Unterschied ist allerdings die sehr viel höhere Bevölkerungszahl. Bei einem Sinken des Lebensstandards und einem weiterhin starken Bevölkerungswachstum droht eine globale Verarmung. Die Menschen werden in überbevölkerten Städten in kleinen Wohnungen zusammengepfercht. Ansätze zu dieser Entwicklung lassen sich in den Großstädten der wenig entwickelten Länder beobachten. In Indien, Nigeria oder Brasilien findet ein Wettlauf zwischen der wirtschaftlichen Entwicklung und dem Bevölkerungswachstum statt (Abb. 1.2). Heute ist offen, ob das Bevölkerungswachstum diesen Wettlauf gewinnen wird und die übervölkerte Erde in den Zustand bitterster Armut zurückfällt. Armut ist der Nährboden für Fundamentalismus. Eine Verarmung bedeutet also auch Terrorismus und Bürgerkriege.

Eine dritte Vision ist die einer idealen ökologischen Gesellschaft, in der die Bürger zu einer Lebensweise in Harmonie mit der Natur zurückgefunden haben. Nach dem Ende der Konsum- und Industriegesellschaft leben die Menschen in autarken Nullenergiehäusern und beziehen ihren Strom aus Solardachanlagen und Windrädern (Abb. 1.3). Die meisten Güter des täglichen Bedarfs stellen die Bürger mit geringem Material- und Energieverbrauch selber her und vieles wird recycelt. Die Lebensdauer der Haushaltsgeräte und Kleidungsstücke erstreckt sich über viele Jahrzehnte und es ist kaum nötig, etwas Neues zu kaufen. Private Fahrzeuge gibt es, abgesehen von E-Bikes, nicht. Die Menschen reisen weniger, und wenn sie reisen, dann mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Auch arbeiten müssen sie weniger, weil sie weniger konsumieren. Der Schulunterricht kann größtenteils per Computer zu Hause erteilt werden und arbeiten können sie ebenfalls zu Hause. In kleinen Zentren erhalten die verstreut lebenden Menschen die wenigen Dinge, die sie nicht selber herstellen können. Die Landschaft dieses ökologischen Zukunftsstaats ähnelt dem Aussehen der Erde vor dem Erscheinen des Menschen. Es ist die Vision einer nachhaltigen Gesellschaft ohne Industrie, ohne Großstädte, ohne Flughäfen und ohne Autobahnen, in der die Menschen müßig in einer fast unberührten Natur einen hohen Lebensstandard genießen.

Abb. 1.2 Das Bild einer heutigen brasilianischen Großstadt illustriert den Wettlauf zwischen der Bevölkerungszunahme, die zur Verarmung und dem Entstehen von Slums führt (unten im Bild), und dem Wirtschaftsaufschwung der Industriegesellschaft, die akzeptablen Wohnraum schafen kann (oben im Bild)

(Quelle: Rocinha Favela, fotografert von Alicia Nijdam 2008).

Abb. 1.3 Zukunftsvision eines Lebens in Harmonie mit der Natur in einer fast unberührten Landschaft. Autobahnen und Industriewerke gibt es nicht mehr (© Gerd Ganteför).

Abb. 1.4 Vision einer Hochtechnologie-Zivilisation, in der die Menschen einen noch höheren Lebensstandard genießen als heute. Es ist die Extrapolation der bisherigen historischen Entwicklung. Diese Vision passt nicht zum heutigen Zeitgeist, der von Zukunftsängsten, Technologieskepsis und Pessimismus geprägt ist (© Gerd Ganteför).

Bis in die 1970er-Jahre hinein waren die Menschen in den Industrieländern Technik und Wissenschaft gegenüber sehr aufgeschlossen und blickten zuversichtlich auf die Innovationen, die die Zukunft bringen würde. In dieser Phase der Technik-Euphorie beherrschte eine ganz andere Zukunftsvision das Denken der Menschen: die Vorstellung einer Hochtechnologie-Zivilisation (Abb. 1.4). Dieses Szenario ist die Extrapolation der historischen Entwicklung seit der industriellen Revolution. Vor 150 Jahren hätte niemand geglaubt, dass es möglich sein würde, in wenigen Stunden einen anderen Kontinent zu erreichen. Auch war es undenkbar, dass jeder Bürger ein Auto haben würde, mit dem er an einem Tag Deutschland durchqueren könnte. Der Fortschritt der letzten 100 Jahre hat das Leben der Menschen in den Industriestaaten ungeheuer erleichtert und gewährte jedem Bürger ein großes Maß an Selbstbestimmung und Privatsphäre. Insbesondere beim Reisen wird diese Freiheit erkennbar, aber es sind auch viele andere Dinge, die einem Menschen aus dem...

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