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Wortschatzförderung mehrsprachiger Kindergartenkinder. Theoretische und praktische Anregungen

AutorNadine Schmickler
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl191 Seiten
ISBN9783668103948
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis35,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich Didaktik - Germanistik, Note: 1,5, Technische Universität Dortmund (Institut für deutsche Sprache und Literatur), Sprache: Deutsch, Abstract: Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Bedeutung des Wortschatzes im Kindergartenalter. Dabei stehen vor allem mehrsprachig aufwachsende Kinder im Zentrum der Betrachtung. Der erste Teil gibt Einblick in die Theorie des Erst- und Zweitspracherwerbs, den besonderen Stellenwert der Lexik sowie der Organisation des mentalen Lexikons. Der zweite Teil stellt konkrete Umsetzungsmöglichkeiten zur Wortschatzförderung im Kindergarten vor. Neben der theoretischen Darstellung sowie der Auswertung einer im Zuge der Arbeit erhobenen empirischen Untersuchung stellt das vorliegende Werk eine Vielfalt an Materialien bereit. Die Bedeutung sprachlicher Kompetenz ist in den letzten Jahrzehnten zunehmend in den Fokus bildungstheoretischer wie pädagogischer Aufmerksamkeit geraten. Man ist sich inzwischen einig, dass Sprache nicht nur Kommunikationsmedium ist, sondern darüber hinaus den Schlüssel zum Wissen und damit zum Bildungserfolg darstellt. Die Grundlage dafür lieferten die Erkenntnisse aus den beiden PISA Studien aus den Jahren 2000 und 2009, bei denen der Schwerpunkt auf die Lesekompetenz von Jugendlichen im Alter von 15 Jahren gesetzt wurde. Schülerinnen und Schüler , die in Deutschland getestet wurden, zeigten in beiden Untersuchungen durchschnittliche bis unterdurchschnittliche Leseleistungen. Diese drückten sich in der mangelnden Kompetenz aus, aus Texten Informationen zu entnehmen, die für das Verstehen erforderlich sind. Fast ein Viertel dieser Schüler konnte 2000 lediglich auf einem elementaren Niveau lesen (ebd.), im Jahr 2009 waren es immerhin noch 18%. Wenn man bedenkt, dass jegliches Wissen in der Schule in Form von Texten vermittelt wird, werden die weitreichenden Konsequenzen dieser Ergebnisse deutlich: Schülern mit mangelnder Lesekompetenz bleibt der Zugang zu neuem Wissen verwehrt.

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Leseprobe

3 Handlungsorientierte und mehrdimensionale Wortschatzarbeit: Ein Projekt zum Thema „Körper“ mit mehrsprachigen Kindern einer Kindertagesstätte in Dortmund


 

Nachdem in Kapitel 2 die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Wortschatzerwerb herausgestellt wurden, beschäftigt sich Kapitel 3 mit der praktischen Umsetzung dieser theoretischen Grundlagen. Die folgenden Kapitel stellen ein Wortschatzprojekt vor, das in einer Dortmunder Kindertagesstätte mit mehrsprachigen Kindern zum Thema „Körper“ durchgeführt wurde. Es erforscht, ob der Wortschatz bei Kindern mit Migrationshintergrund im Elementarbereich bei entsprechender Gestaltung der Lernszenarien erweitert, bzw. vertieft werden kann. Vor dem Hintergrund dieser Leitfrage werden das Ziel der Arbeit, die Zielgruppe, das Thema, der zu erwerbende Wortschatz, didaktische und methodische Überlegungen, die Voraussetzungen zur Umsetzung des Projekts sowie die Untersuchungsmethode beschrieben. Am Ende des Kapitels wird auf der Basis von empirischen Befunden, die im Zuge der Arbeit erhoben wurden, die Leitfrage der Arbeit beantwortet.

 

3.1 Projektziel


 

Ziel des Projekts, das für den Elementarbereich angelegt wurde, ist eine Erweiterung bzw. Vertiefung des deutschen Wortschatzes auf semantischer Ebene. Diese soll durch eine Wortschatzarbeit erreicht werden, die gezielt auf das im Unterricht des ersten Schuljahres genutzte Vokabular vorbereitet.

 

3.2 Zielgruppe


 

Das Projekt ist für Kinder mit Deutsch als Zweitsprache konzipiert. Sie gelten im deutschen Bildungssystem nach wie vor als besonders benachteiligt (vgl. Kapitel 1), was u.a. von Chaudron (1988: 119f) bereits 1988 folgendermaßen formuliert wurde:

 

 There is clear evidence that in mixed classrooms, second language learners risk being less involved in exchanges with the teacher, and possibly less involved in instructionally relevant interactions.

 

Der Grund für diese Benachteiligung ist nicht nur das mangelnde Wissen um die Bedeutungen der Wörter, sondern auch fehlendes Wissen über Wortbildungs- oder morphologische Regeln, mit deren Hilfe sich die Bedeutung unbekannter Wörter erschließen lässt (vgl. Apeltauer 2010: 245). Ein Blick in die Lehrwerke hat gezeigt, dass das genutzte Vokabular an Alltagserfahrungen anknüpft. Kindern mit Migrationshintergrund mangelt es häufig an diesen Kenntnissen. Grund dafür ist, dass sie oft erst mit dem Eintritt in den Kindergarten einen deutschsprachigen Alltag erleben. Dieser ist zudem auf den Vormittag begrenzt, da vielfach im häuslichen Umfeld außerhalb des Kindergartens Erfahrungen in der Muttersprache kommuniziert werden. In der Grundschule bleiben sie somit von der aktiven Teilnahme am Unterrichtsgeschehen ausgeschlossen, denn die Alltagserfahrungen werden hier in der deutschen Sprache vorausgesetzt und dienen als Grundlage für den Erwerb weiterer, komplexerer Wörter.

 

Vor diesem Hintergrund ist das Projekt so angelegt, dass die Lerner alltägliche Erfahrungen machen können, die sie mit Wörtern der deutschen Sprache verknüpfen, so dass dadurch der deutsche Wortschatz erweitert, bzw. vertieft wird (vgl. Hoffmann 2011b: IV). Auf diese Weise sollen die mehrsprachigen Lerner gezielt auf den Übergang in die Grundschule vorbereitet werden.

 

3.3 Thema des Projekts


 

Um das Thema für das Projekt festzulegen, wurden die für das Land NRW zugelassenen Grundschullehrwerke der ersten Klasse betrachtet.[10] Insbesondere in den Werken des Sachunterrichts zeigte sich eine Orientierung an Sachfeldern, wie sie auch im Lehrplan der Grundschulen in NRW festgehalten sind.[11] „Der Körper“ ist ein Thema, das im Lehrplan einen Schwerpunkt innerhalb des Bereiches „Natur und Leben“ darstellt.[12] Die Erkenntnis, dass Grundschulen und Kindergärten in ihren Bildungsinhalten stärker miteinander verknüpft werden müssen, hat dazu geführt, dass das Thema 2010 ebenfalls als ein Bildungsbereich für Kindertagesstätten in NRW festgehalten wurde.[13] Es stellt somit ein die beiden Bildungsinstitutionen übergreifendes Thema dar.

 

Innerhalb des Themas „Körper“ haben die Kinder die Möglichkeit, Alltagserfahrungen zu sammeln, die sie zum einen für die Arbeit mit den Lehrwerken des Sachunterrichts benötigen. Darüber hinaus ist die Kenntnis des dazugehörigen Wortschatzes auch in anderen Fächern und Lebensbereichen hilfreich. Aufgabenstellungen im Mathematikunterricht können Wörter zum Körper enthalten, wenn es zum Beispiel um das Messen geht und Kinder verschiedene Körperteile mit einer Längenangabe versehen sollen. Bei einer Personenbeschreibung im Deutschunterricht oder einem Steckbrief ist die Kenntnis über das entsprechende Vokabular ebenfalls hilfreich. Nicht zuletzt können sich die Lerner auch im Alltag durch einen größeren Wortbestand zum Thema „Körper“ differenzierter ausdrücken, wenn es zum Beispiel um die Lokalisation von Schmerzen oder Verletzungen geht.

 

Für die Sprachförderung im Allgemeinen ist es wichtig, diese nicht isoliert zu betreiben, so dass sie zum Selbstzweck wird. Stattdessen muss Sprache in sinnvolle Zusammenhänge eingebettet und auf die „Entwicklung der Sprachhandlungskompetenz der Schüler hin ausgerichtet sein“ (Kühn 2010: 61). Es bietet sich auch für die Wortschatzarbeit an, Wörter in Sachfeldern zu vermitteln, da in ihnen Sprach- und Weltwissen miteinander verknüpft werden (vgl. ebd.: 65).

 

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen wurde das Thema „Körper“ mit dem dazugehörigen Wortschatz für das Projekt ausgewählt.

 

3.4 Der zu erwerbende Wortschatz


 

Für die konkrete Wortauswahl wurde der Wortschatz betrachtet, der in den zuvor genannten Sachunterrichtslehrwerken der ersten Klasse zum Thema „Körper“ genutzt wurde. Die Überlegung, sich an den Lehrwerken zu orientieren, stützt sich auf die Aussage Gerekes et. al. (2005: 28), die fordern, dass die Sprachförderung im Elementarbereich „bildungsbegleitend“ angelegt sein muss um auf die „schulspezifische[n] Sprache“ vorzubereiten. Bezogen auf das hier vorgestellte Projekt meint dies neben dem Erwerb von Alltagsbedeutungen (Beispiel: das Bein) auch die Auseinandersetzung mit seltener verwendeten Ausdrücken (Beispiel: der Oberschenkel), wie sie später in den Lehrwerken genutzt werden. Darüber hinaus sollen auch Wortbildungsverfahren bereits im Kindergarten thematisiert werden, da sie bei der Entschlüsselung unbekannter Wörter in der Grundschule helfen.

 

Um erfolgreich am Unterricht teilnehmen zu können, müssen die Kinder beim Übergang in die Grundschule den Wortschatz der Lehrwerke zumindest größtenteils beherrschen. Ekinci-Kocks (2011: 30) spricht im Zusammenhang mit diesem notwendigen Wissen von einem funktionalen Wortschatz, den sie als

 

Menge an Wörtern, die das Kind, bzw. der Mensch in seiner jeweiligen Lebenssituation benötigt und von denen er Gebrauch macht, um sich zu verständigen

 

bezeichnet. Dabei liegt die Betonung nicht auf der „Menge“, sondern auf der „Funktion“ der Wörter. Es ist wichtig solche Wörter zu kennen, die zur Verständigung benötigt werden. Daher ist eine gezielte Auswahl des zu erwerbenden Vokabulars erforderlich. Diese orientiert sich an der jeweiligen Lebenssituation der Lerner, zu deren Bewältigung sie den Wortschatz benötigen. Im vorliegenden Fall ist dies die Bewältigung des Schulalltags.

 

In Kapitel 2.2 wurde anhand der Felderlehre die Bedeutung von Nomen, Verben und Adjektiven für das sprachliche Handeln erläutert. Die Wortauswahl sollte sich für das Projekt folglich auf diese Wortarten konzentrieren. Aus zeitlichen Gründen sowie aufgrund der Fülle an Wörtern insgesamt, die das Sachfeld „Körper“ umfasst, wurden für das Projekt ausschließlich Nomen und Verben ausgewählt. Von den Nomen wurden solche ausgesucht, die die Körperteile wie z.B. „Schulter“, „Oberschenkel“, u.ä. benennen. Nennwörter für innere Organe (z.B. „Lunge“) wurden ebenso ausgelassen wie fachspezifisches Vokabular (z.B. „Pupille“), da die Bezeichnungen für die äußerlich sichtbaren Körperteile bereits eine Anzahl von 36 Nomen ergeben. Bei den Verben wurde die Auswahl auf Verben der Bewegung (z.B. „gehen“, „springen“, etc.) sowie Sinnesverben (z.B. „sehen“, „riechen“, etc.) beschränkt, da diese beiden Gruppen jeweils für sich genommen ein Sub-Sachfeld bilden, anhand dessen der Wortschatz strukturiert erarbeitet werden kann. Die Entscheidung, die Adjektive auszulassen, wird damit begründet, dass sie größtenteils für das Alter der Projektteilnehmer das Kriterium Lernbarkeit nicht erfüllen, das Neuner als eines von 3 Auswahlkriterien für eine lernerorientierte Wortschatzauswahl und –vermittlung vorschlägt (vgl. Bohn 1999: 18f). Im Zusammenhang mit dem Sachfeld „Körper“ wird den Adjektiven ein besonderer Schwierigkeitsgrad zugesprochen, da es sich bei Adjektiven wie „groß“, „klein“, „nah“, „fern“, u.ä., um graduelle Adjektive handelt. Diese sind, wie in 2.2 beschrieben, aufgrund der...

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