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E-Book

Zukunftsmanagement in Gesundheitssystemen

VerlagMedhochzwei
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl450 Seiten
ISBN9783862164837
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis69,99 EUR
Die bisher erschienenen neun Bände der Schriftenreihe der Deutsch Schweizerischen Gesellschaft für Gesundheitspolitik befassten sich mit klar umrissenen Einzelthemen des Gesundheitssystems. Band 10 soll ganz der Zukunft gewidmet sein. Jenseits des kurzfristigen Reformbedarfs soll der Blick auf die erwartbaren Strukturen und Prozesse über die nächsten 10 Jahre hinaus gerichtet sein. Neue technische Möglichkeiten verändern die Zusammenarbeit der Akteure, die Digitalisierung überwindet Raum und Zeit, Kommunikationsbeziehungen verändern sich gleitend, Versicherungen entwickeln sich zu Insuretech Unternehmen, die Differenziertheit von Diagnostik und Therapie wächst stetig, Angebotsstrukturen und Märkte verändern sich zu Plattformen und Netzwerken, für die wir neue Steuerungs- und Regulierungsideen brauchen. 'Zukunftsmanagement in Gesundheitssystemen' greift diese Szenarien auf, versucht eine Systematisierung und diskutiert Nutzen, Risiken und Grenzen dieser Entwicklung.

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Leseprobe

Grundsätzliche Entwicklungstrends


1 Messen, Beurteilen, Analysieren, Forschen – Medizin ohne Raum und Zeit


Gerd Antes/Constanze Wegner/Anette Blümle

Ziel und Aufbau dieses Artikels

1 Die Entwicklung der wissenschaftsbasierten Medizin und Gesundheitsversorgung – quantitativ und qualitativ

1.1 Jahrzehnte der Entwicklung hin zu heutigen Strukturen der Durchführung und des Informationsaustausches von patientenorientierten Studien

1.2 Die Globalisierung des Studiengeschehens und die Evidenzgenerierung aus Studienergebnissen als globales System

1.3 Eine Studie ist keine Studie – Blick auf alle Studien durch systematische Übersichtsarbeiten

2 Defizite im Wissenschafts- und Publikationsprozess und Gegenmaßnahmen

2.1 Störungen bei der Kommunikation von Studienergebnissen: Der Disseminationsbias

2.2 Die Inflation an überflüssigen, fehlerhaften und irreführenden systematischen Übersichtsarbeiten

2.3 Aufweichen des Publikationsstandards durch den systematischen Missbrauch der freien Nutzung wissenschaftlicher Literatur: Räuberjournale

2.4 Hinderlich für die globale Wissensintegration: Die Sprachbarriere zwischen dem englischsprachigen Teil der Weltbevölkerung und dem Rest

3 Experiment vs. Beobachtung: Wer erkennt die Wahrheit?

3.1 Vergleichende Interventionsstudien vs. Real World Data und Big Data

3.2 Das Maß aller Dinge: Biaskontrolle und -minimierung

4 Ausblick

Literatur

Internetquellen

Prof. Dr. rer. nat. Gerd Antes

Jahrgang 1949, Mathematiker und Methodenwissenschaftler am Universitätsklinikum Freiburg und Honorarprofessor an der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg. Seit 1997 Direktor von Cochrane Deutschland und bis 2004 Mitglied der Steering Group der Cochrane Collaboration. Er ist Gründungs- und Vorstandsmitglied (2001–2003 als Sprecher) des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin sowie Mitglied in mehreren Beratungsgremien und wissenschaftlichen Beiräten zur systematischen Nutzung von Evidenz in der Forschung und Gesundheitsversorgung. Seit kurzem zu 50 % wissenschaftlicher Vorstand der im Oktober 2017 gegründeten Cochrane Deutschland Stiftung und zu 50 % Direktor des im Januar 2018 gegründeten Instituts für Evidenz in der Medizin der medizinischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.

Constanze Wegner

Jahrgang 1984, Mediendesignerin und Master im Bereich Medien in der Bildung mit Spezialisierung auf E-Learning. Seit 2018 Mitarbeiterin bei der Cochrane Deutschland Stiftung. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt in der Aufbereitung und Gestaltung von wissensvermittelnden Medien an medizinisches Fachpublikum und medizinische Laien.

Anette Blümle

Jahrgang 1967, Promotion im Bereich Neurobiologie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Seit 2001 wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Cochrane Deutschland und seit 2018 am Institut für Evidenz in der Medizin, mit Forschungsprojekten zu den Themen Verbreitung von wissenschaftlichen Forschungsergebnissen und deren Transfer in die Anwendung. Weitere Schwerpunktthemen sind Auffindbarkeit und Nutzbarkeit von Forschungsberichten (retrieval bias, language bias) sowie Vollständigkeit und Transparenz der Berichterstattung (publication bias, outcome reporting bias).

Abstract:

Die medizinische Forschung und die Gesundheitsversorgung werden zunehmend unabhängiger von Ort und Zeit. Technische Möglichkeiten der globalen Kommunikation machen dies möglich. Für optimale Entscheidungen in der Patientenversorgung muss dafür auch das richtige Wissen zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein. Die Ergebnisse klinischer Studien bilden einen Eckpfeiler der Wissensarchitektur für diese Entscheidungen. In den Bänden 6, 8 und 9 dieser Buchreihe wurde die weltweite Erfassung, Synthese und Verteilung von Evidenz aus Studien detailliert beschrieben. Das vorliegende Kapitel zeichnet das globale Bild der Wissensnutzung für Entscheidungen in der Medizin auf der Basis der zurückliegenden Kapitel in aktualisierter Form für 2018. Besondere Aufmerksamkeit erfährt dabei die Frontstellung zwischen der klassischen Kultur klinischer Studien und der Wissensgenerierung unter den Schlagworten Digitalisierung, Big Data und Personalisierter Medizin.

Ziel und Aufbau dieses Artikels


1

In Vorgängern dieses Buches in den Jahren 2014 (Band 6)2, 2016 (Band 8)3 und 2017 (Band 9)4 wurde das Zusammenspiel von Gesundheitsforschung durch klinische Studien einerseits und der Anwendung in der Gesundheitsversorgung anderseits aus verschiedenen Perspektiven ausführlich beschrieben. Der vorliegende Artikel spannt den großen Bogen über die drei Kapitel, aktualisiert und ergänzt sie, und stellt die Brennpunkte der heutigen Auseinandersetzungen um den Erkenntnisgewinn aus Daten in den Mittelpunkt. Dafür wird jeweils auf die ausführlichen Beschreibungen von technischen Details, Strukturen und Entwicklungen hin zur heutigen Evidenzbasierung verwiesen (mit Angabe des Bandes und ggf. der Seitenzahl. Die Referenz bezieht sich jeweils auf Beitrag 1 des Bandes). Für die technischen und methodischen Details kann der Leser also in die entsprechenden Kapitel zurückgehen.

2

In diesem abschließenden Kapitel geht es vor allem darum, die enormen methodischen Anstrengungen und deren zeitliche Dimension der Entwicklung hin zum heutigen Stadium zu beschreiben. Zudem werden wesentliche Ereignisse und wissenschaftliche Arbeiten ins Gedächtnis zurückgerufen, die eine große Bedeutung für die heutige Diskussion um Erkenntnis aus Daten und die Identifikation von kausalen Zusammenhängen haben. Auf eine Darstellung der dahinter liegenden komplexen Details muss hier aus Platzgründen und zugunsten der Verständlichkeit verzichtet werden. Die tragenden Literaturhinweise werden angegeben, auch ohne auf die Arbeiten im Detail einzugehen.

1 Die Entwicklung der wissenschaftsbasierten Medizin und Gesundheitsversorgung – quantitativ und qualitativ


1.1 Jahrzehnte der Entwicklung hin zu heutigen Strukturen der Durchführung und des Informationsaustausches von patientenorientierten Studien


3

Die Entwicklung der Medizin und der Gesundheitsversorgung hat in den letzten Jahrhunderten und insbesondere seit ca. achtzig Jahren eine bemerkenswerte Veränderung von einer auf Erfahrung gegründeten und bauchgesteuerten Entscheidungswelt hin zu wissenschaftsbasierten Entscheidungsstrukturen gemacht, in denen Ergebnisse aus klinischer Forschung als eine Grundlage für Entscheidungen immer unverzichtbarer wurden. Diese Entwicklung war gleichbedeutend mit dem stetig zunehmenden Einfluss von quantitativen Ergebnissen. Während Messungen und die Verarbeitung der Ergebnisse in der Grundlagenforschung im Labor oder bei Tierversuchen Normalität waren, wurde auch die versorgungsnahen Bereiche, speziell Diagnostik und Therapie, in immer stärkerem Maße von quantitativer Forschung durchdrungen.

4

Als Beginn dieser Neuzeit werden verschiedene Ereignisse und Zeiten genannt, von denen eins die vermutlich größte Auswirkung hatte: Ronald A. Fisher stellte in seinem Buch Design of Experiments (1935) das Konzept der Randomisierung vor. Heute eher überraschend klingend – angesichts der Medienpräsenz von randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) zu verschiedensten Fragestellung in der Medizin – wurde diese Methodik Anfang des 20. Jahrhunderts vor allem in der Landwirtschaft entwickelt und vorangetrieben. Die Medizin übernahm diese methodischen Pionierarbeiten erst etliche Jahre später. Als historisches Ereignis wird die sogenannte „Salk polio vaccine field trials of 1954“-Studie5 als Startpunkt der modernen Zeit der vergleichenden medizinischen Studien genannt. In ihr wurden über 600.000 Kinder randomisiert mit einem neuen Impfstoff gegen Kinderlähmung oder mit Placebo behandelt. Die Studie zeigte eine hohe Überlegenheit des Impfstoffs gegenüber der Scheinbehandlung.

5

Diesem stark wachsenden Bereich experimenteller Studien wurde auch seinerzeit schon gegenübergestellt, welche Forderungen an Beobachtungsstudien gestellt werden müssen, um auch an deren Ergebnissen auf Kausalität schließen zu lassen. Sir Bradford Hill veröffentlichte 1964 seine Bradford Hill Criteria (auch als Hill’s criteria for causation bezeichnet), die aus neun Forderungen bestanden, die erfüllt werden müssen, damit Vertrauen in die Ergebnisse gerechtfertigt ist.6 Die vielfach als Erfindung der heutigen Zeit erscheinende Auseinandersetzung um die geeigneten Studiendesigns für den Beleg der Kausalität von Einflussfaktoren wurde tatsächlich bereits vor über 50 Jahren mit beeindruckender wissenschaftlicher Qualität bearbeitet.

6

Zeitgleich zu diesen inhaltlichen Fragestellungen...

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