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Zurück zur Natur: Rousseaus Begriff der natürlichen Erziehung und seine ideengeschichtlichen Folgen

AutorMaria Benz
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl29 Seiten
ISBN9783956848544
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Wohl keine Phrase wird so häufig mit dem Schriftsteller und Philosophen Jean-Jacques Rousseau in Verbindung gebracht wie 'Zurück zur Natur!'. Obwohl längst bekannt ist, dass er diese Worte niemals so formuliert hat, hält sich diese Assoziation hartnäckig. Rousseau gilt auch heute noch unter vielen als Begründer einer natürlichen Pädagogik, deren Grundsatz 'wachsen lassen' zur Passivität des Erziehers aufruft und den Zögling ganz seiner natürlichen Entwicklung überlassen will. Ein genauer Blick in Rousseaus Hauptwerk 'Emile' zeigt aber, dass ihm mit dieser einfachen Auslegung oft Unrecht getan wird. Diese Arbeit beschäftigt sich mit zentralen Begriffen von Rousseaus Erziehungskonzept. Außerdem versucht die Autorin nachzuvollziehen, wie sich ein derart verzerrtes Rousseau Verständnis über Hunderte von Jahre bis in die heutige Zeit halten konnte, und wieso dieser Roman trotzdem so einflussreich für die pädagogische Ideengeschichte war.

Maria Benz wurde 1982 in Wolfach geboren. Ihr Studium der Neueren Deutschen Literatur und der Erziehungswissenschaft an der Eberhard Karls Universität Tübingen schloss die Autorin im Jahre 2007 mit dem akademischen Grad der Magistra Artium erfolgreich ab.

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 3.2, Pestalozzis Verhältnis zu Rousseau: Rousseau hat Pestalozzi ohne Zweifel sehr stark beeinflusst, dies wird nicht nur durch inhaltliche Ähnlichkeiten in deren Schriften, sondern auch durch direkte Bezüge auf Rousseau in Pestalozzis Werken deutlich. Weniger eindeutig ist allerdings, wie Pestalozzi die Ideen von Rousseau bewertet. Es ist sehr schwierig in Pestalozzis Schriften eine durchgängige theoretische Richtung zu finden, denn er hat häufig seine Ansichten geändert und widerspricht sich deshalb oft selbst. Am besten wird dies wohl deutlich, wenn man sich vor Augen hält, wie er seinen Sohn erziehen wollte und er später in seinen Instituten vorgeht. Pestalozzi lernt Rousseaus Schriften als Jugendlicher in Zürich kennen und ist davon zunächst begeistert. 'Besonders das Tagebuch zeigt Pestalozzi noch im Banne der Rousseauschen Postulate von einer naturgemäßen Erziehung.' (Röhrs, S. 247) Durch die vielen Briefe von Pestalozzi, vor allem aber aufgrund seiner Tagebuchaufzeichnungen ist allseits bekannt, dass er versucht hat, seinen Sohn nach dem Beispiel von Rousseaus Emile heranzubilden. So war es für ihn eine Selbstverständlichkeit, diesen auf dem Lande groß zu ziehen, wie das Zitat zu Beginn dieser Arbeit belegt. Ebenso wie Rousseau war auch Pestalozzi der Ansicht, es sei am besten, die Kinder möglichst vom eigenen Vater erziehen zu lassen. 'Vaterhaus, du Schule der Sitten und des Staats!' (Pestalozzi, S. 33) Als er später aber seine Anstalten leitet, erzieht er alleine viele fremde Kinder. Dabei handelt es sich keinesfalls nur um Waisen, sondern es zeigt sich, dass Pestalozzi diese Kinder bewusst von ihren Eltern fern halten will. 'Der krankhafte Zustand mehrerer dauerte indessen ziemlich lange und ward durch Einwirkung der Eltern noch verschlimmert.' (Pestalozzi, S. 229) Aus der Bildung des Einzelmenschen wird also eine Volksbildung. Interessanterweise hat er bei seinem Sohn auch versucht, ganz nach Rousseaus Vorbild, Situationen zu schaffen, die einen bestimmten Lernerfolg bewirken sollten. 'Wenn ich z. E. das unangenehme Anrühren aller Sachen verbieten will, so gehe ich diesen Weg: Ich stelle zwei Platten, eine kalt, eine siedend, auf den Tisch; ich wasche in der kalten die Hand und stelle die siedende so, dass der Kleine gewiß probieren und seine Hände brennen wird. »Man sollte nicht alles anrühren, was man nicht kennt«, ist meine ganze Anmerkung, wenn ich mit Öl den Brand stille.' (Pestalozzi, S. 18). Er geht dabei jedoch mit einer Kälte, ja geradezu mit einer Brutalität vor, wie sie bei Rousseau nicht vorstellbar ist. Zu diesem Zeitpunkt ist Pestalozzi noch völlig von der Richtigkeit dieser Methode überzeugt, doch Jahre später bereut er zutiefst, seinen Sohn auf diese Weise erzogen zu haben. Im Stanzer Brief ist von solchen vorbereiteten Situationen allerdings nichts mehr zu lesen. Stattdessen beschränkt sich Pestalozzi vor allem auf Leseübungen und das Buchstabieren in Verbindung mit praktischer Arbeit. ' Ich ging eigentlich darauf aus, das Lernen mit dem Arbeiten, die Unterrichts- mit der Industrie-Anstalt zu verbinden und beides ineinander zu schmelzen.' (Pestalozzi, S.241) Schnell fühlt er sich jedoch damit überfordert und belässt es bei dem Lernen, ohne dass es ihm gelingt, die Verbindung mit einer funktionierenden Industrie herzustellen. Damit rückt er völlig von dem ab, was Rousseau unter der Menschenbildung versteht.
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