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Die Medaillenproduktion Kaiser Ferdinand I. (1835-1848) anhand bisher unerforschter Quellen

AutorAnita Grundner-Rosenkranz
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2006
Seitenanzahl118 Seiten
ISBN9783638553063
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis10,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Geschichte - Sonstiges, Note: sehr gut, Universität Wien (Institut für Numismatik), Veranstaltung: Studium der Geschichte (Abschlußarbeit), 73 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Geschichte der 'österreichischen Medaille' ist eine relativ junge. Bis zum 18. Jahrhundert waren die Habsburger in Ermangelung moderner Technik auf ausländische Künstler angewiesen. Daher erfolgte der Großteil der Medaillenproduktion nicht in den österreichischen Ländern, sondern im angrenzenden süddeutschen Raum. Dem Vorbild der französischen 'histoire metallique' folgend, wollte Kaiser Karl VI. durch das Medium Medaille eine eigene Ruhmesserie seines Hauses erschaffen. Um diese Idee zu verwirklichen, ließ er daher 1733 eine Graveurschule an der Wiener Münzstätte gründen, um das Können der Medailleure zu verbessern. Erst durch diese Maßnahme konnte sich schließlich besonders unter Maria Theresia eine florierende 'österreichische' Medaillenproduktion entfalten, für die solche herausragenden Künstler wie Anton Wideman oder Matthias Donner verantwortlich zeichnen. Trotz dieser Vielfalt an Medaillen verwundert es sehr, dass das Thema der Medaille in Österreich bis heute einer ordentlichen Aufarbeitung harrt. Monographien über so bedeutende Künstler wie den bereits erwähnten Anton Wideman oder Joseph Daniel Böhm sucht man, abgesehen von vereinzelten Aufsätzen in Fachzeitschriften und Sammlerbroschüren, vergeblich. Die Bestimmungsliteratur der Stücke stützt sich im wesentlichen auf einige wenige Sammlungskataloge wie Dr. Wurzbach, Montenuovo oder Dr. Erbstein sowie diverse Auktionskataloge (Dorotheum, Rauch, Lanz usw.). Einen einzigen Glanzpunkt bildet das zeitgenössische Corpuswerk für die Medaillen auf Maria Theresia und ihre Familie, welches eine Tochter Maria Theresias, Maria Anna - selbst eine begeisterte Münzensammlerin - verfasst hat und das bis heute die Standardliteratur über diese bedeutendste Epoche der österreichischen Medaille darstellt. Einen ersten Schritt in diese Richtung hat auch Bernd Müller mit seiner Arbeit über den Vater von Anton Scharff, Johann Michael Scharff begonnen. Ursprünglich wollte ich einen Katalog über die österreichische Medaille von Kaiser Franz I. bis Kaiser Ferdinand I. erstellen und diesen dann entsprechend auswerten. Allerdings stellte ich bald fest, dass mir eine bloße Zusammenstellung und Beschreibung in Form eines Kataloges zu wenig erschien. Da ich zudem kein Kunsthistoriker bin, erschien eine Bearbeitung des Themas nach rein ikonographischen Gesichtspunkten wenig aussichtsreich.

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Leseprobe

5.2.2 Die Rückseite


Die Rückseite diente der bildlichen Darstellung eines Ereignisses. Die Medaille galt somit als wichtiger Informationsträger und sollte dem Betrachter auf einfache Weise ein Ereignis näher

bringen. Die gesamte Komposition aus Umschrift und Bild musste den Inhalt der Medaille darlegen können. Da dem Künstler auf der Medaille seit jeher wenig Raum zur Verfügung stand, war er gezwungen, den Inhalt in Symbole einzubetten, d.h. der Zwang zur Symbolik resultierte aus dem begrenzten Raum. Somit benutzte man Allegorien und Personifikationen, die teilweise aus der Antike bekannt waren, um Begriffe, Werte, Städte usw. bildlich darzustellen. Mitunter taucht der Herrscher selbst oft als Personifikation auf. 56 Voraussetzung aber war, dass eine Symbolik verwendet wurde, die zeitverhaftet war und damit von den damaligen Betrachtern verstanden wurde. Für unsere heutige Sichtweise sind die Andeutungen und Symbolverwendungen des 19. Jahrhunderts teilweise schwer verständlich, da sich eine genaue Vorstellung der damaligen Lebens- aber vor allem Gedankenwelt unserer heutigen Betrachtung entzieht. Auch wir bedienen uns heute Begriffen oder Synonymen, die uns zwar verständlich sind, doch bleiben sie aufgrund ihres starken Bezugs zum tagespolitischen, gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Geschehen der heutigen Zeit so verhaftet, dass sie dadurch in späterer Zeit genauso wenig verständlich sein werden.

Die bildliche Gestaltung der Rückseiten waren bis in die Zeit Kaiser Franz I. dominierend. Im 19. Jahrhundert ging man aber zunehmend dazu über, bei bestimmten Medaillenarten die Rückseiten nur mehr als reine Schrifttypen zu gestalten. Sicherlich war dies auch ein Resultat der Massenproduktion, da die Herstellung nun auch aufgrund der geringeren Reliefhöhe der Rückseiten wesentlich vereinfacht werden konnte. Dies betraf besonders die verschiedenen Arten von Preismedaillen. Auf den Preismedaillen Maria Theresias für die Schüler der Akademien tummelten sich rundliche Putti um Allegorien, die z.B. die schönen Künste verkörpern oder man bildete eine Szene aus dem Beruf der jeweiligen Preisgruppe ab (z.B. für die Schemnitzer Bergakademie stellte man drei Feldmesser für den Bergbau dar). Die Medaillen Kaiser Franz I. sowie seines Sohnes Ferdinand zeigen bereits den Wandel. Jetzt besteht die Rückseite nunmehr aus einer deutschen Inschrift, die nicht mehr Rücksicht auf die einzelnen Preisgruppen nahm, sondern mit immobilisiertem Bild universell einsetzbar war.

Da die Regierung Kaiser Ferdinands I. in eine Zeit relativer politischer Stabilität fällt, scheiden für diese Zeit Medaillen auf Schlachten und Siege, sowie Friedensverträge aus. Aufgrund der Kinderlosigkeit des Kaisers gibt es auch keine Medaillen auf seine Nachkommen. Da der Kaiser zudem politisch vollkommen inaktiv blieb, beschäftigen sich die Rückseiten fast ausschließlich mit „volksnahen“ Ereignissen wie Grundsteinlegungen zu Denkmälern u.a., Stiftungen, Besichtigungen, wirtschaftlichen oder technische Errungenschaften (z.B. Eisenbahn, Wasserleitung), Jubiläen usw. Daneben ließ Ferdinand noch fleißig Auszeichnungsmedaillen mit

seinem Porträt verteilen, von denen im nächsten Kapitel noch die Rede sein wird. Bei den politischen Ereignissen sind es die Krönungen und Huldigungen des Kaisers und der Kaiserin, die Anlass für eine Medaille geben, wobei die häufige Verwendung des Wappens auffällt.

1. Auf die Huldigung der Stände Österreichs unter der Enns aus dem Jahr 1835 von Joseph Daniel Böhm, Dieses frühe Stück aus der Regierungszeit Ferdinands zeigt auf dem Revers eine stehende Austria, die Rechte zum Schwur erhoben, die Linke auf den Wappenschild gestützt, zu ihren Füßen der ruhende Flussgott Danubius.

2. Auf die Amnestie in Mailand. Diese Medaille wurde von Francesco Broggi 1838 anlässlich der lombardo-venezianischen Krönung Ferdinands und seiner Gemahlin Maria Anna geschaffen und zeigt auf dem Revers eine Frauengestalt (Pax) mit Stab und Zweig in den Händen auf einem Löwen reitend.

3. Auf die Krönung des Kaisers und der Kaiserin in Mailand von Luigi Cossa 1838 zeigt auf dem Revers eine Darstellung der sitzenden Religio mit Kelch und Kreuzstab.

4. Auf die Eröffnung der Südbahn von Wien nach Graz im Jahr 1844 von Johann Baptist Roth finden wir auf dem Revers einen geflügelten stehenden Genius, auf den Semmering weisend, neben ihm die sitzende Styria mit Füllhorn und Wappenschild .

5. Zum Gedächtnis des Kaisers Franz I. (ohne Signatur) zeigt auf dem Revers die Religio auf dem Thron, begleitet von Justitia und Pax.

6. Auf die Krönung des Kaisers in Mailand von Wenzel Seidan 1838 gibt es eine interessante Komposition. Auf der Vorderseite überreicht eine Frauengestalt (die Stadt) dem stehenden Kaiser die eiserne Krone der Lombardei, während die Rückseite allein der Allegorie gewidmet ist, sie zeigt Libertas in einer Biga von zwei geflügelten Pferden gezogen. Hier kommt es zu einer Kombination von zwei Elementen. Zum einem erhält die Allegorie eine eigene Gestaltungswelt, die andere Seite dagegen zeigt in der „dienend eingesetzten Allegorie“ die für Kitlitschka typische Darstellungsart des Klassizismus.

In der Motivwahl des Klassizismus finden sich Darstellungen, die auch im Historismus wiederkehren. Die Medaille auf die Eröffnung der Wiener Nordbahn nach Prag von Johann Baptist Roth aus dem Jahr 1845 zeigt auf der Rückseite eine Tunnelausfahrt und darüber die 4 Wappenschilde der 4 Provinzen (böhmischer Löwe/mährische Adler/Bindenschild/steirischen Panther). Dieses Motiv taucht 1907 wieder auf, bei der Medaille auf die Eröffnung des Tauerntunnels (von Stundl). Dort ist wiederum ein Tunnel mit allerdings nur zwei Wappenschilden darüber dargestellt. Auch die Darstellung der Frauengestalt, die eine Urkunde überreicht, wird im Historismus wieder aufgegriffen. Ähnlich der Darstellung auf der Medaille auf die Kaiser Ferdinand Wasserleitung gibt es eine Huldigungsmedaille der Stadt Wien auf den 25jährigen Hochzeitstag des Kaiserpaares Franz Joseph I. und Elisabeth aus dem Jahr 1879. Sie zeigt wiederum eine Frauengestalt, die dem Kaiserpaar (die Kaiserin sitzend, der Kaiser neben ihr links stehend) eine Urkunde auf einem Kissen überreicht. 60

6 DIE EREIGNISMEDAILLEN FERDINANDS I.

6.1 Überblick

Die wohl wichtigsten Anlässe für die Herstellung von Medaillen auf die allerhöchsten Herrscher waren sicherlich Geburt, Hochzeit, Krönung und der Tod. Die rege Anteilnahme des Volkes an den Ereignissen im habsburgischen Herrscherhaus resultierte aus der engen Verbundenheit des Volkes mit seiner angestammten Dynastie. Daher befassten sich die Themen der Medaille nicht nur mit dem Herrscher selbst, sondern auch seine Familie wurde zum Gegenstand der Darstellung. Medaillen wurden damit zum Spiegel sowohl gesellschaftlicher als auch politischer Ereignisse. Während Geburt und Hochzeit des Herrschers oder Thronfolgers gleichzeitig ein politisches als auch gesellschaftliches Ereignis darstellen können, steht bei der Krönung sicherlich der politische Aspekt im Vordergrund. Auffallend ist, dass es dabei wesentlich mehr Medaillen auf die Geburt der männlichen Prinzen und Erzherzöge aus dem Haus Habsburg gibt, als auf die Prinzessinnen und Erzherzoginnen. Dies resultierte aus dem Konflikt der Erblegitimität einer Frau anlässlich der Thronfolge Maria Theresias nach dem Erlöschen der männlichen Linie der Habsburger mit dem Tod Kaiser Karls VI. 1740. Die Wiederherstellung der Legitimität der Habsburgerherrschaft war somit durch die Geburt eines männlichen Erbens wieder gesichert. Nun bediente man sich des Mediums Medaille, um an dieses politisch bedeutsame Ereignis zu erinnern und gleichzeitig auf die lange Tradition der Herrscher aus dem Haus Habsburg zu verweisen, die sich nun wieder fortsetzte.

6.2 Geburt

Der spätere Kaiser Ferdinand I. wurde am 19. April 1793 als erster Sohn 61 von Kaiser Franz I. (1768-1835) und dessen zweiter Gemahlin Marie Theresia von Neapel-Sizilien 62 (1772-1807) in Wien geboren. Die Geburt des kleinen Thronfolgers gab Anlass zu Freude, denn erst nach vier langen Ehejahren hatte die Kaiserin endlich der Dynastie den ersehnten Erben geboren 63 : Der Hof und alle Einwohner dieser Stadt sind gestern Abends durch die freudige Nachricht von der um ¾ auf 7 Uhr erfolgten glücklichen Entbindung I. Maj.[Ihrer Majestät, Anm.] der Kaiserinn, und der frohen Geburt eines

Erzherzogs, in Entzücken und Jubel gesetzt worden. Heute vernimmt man, daß I. Maj. sich so wohl befinden, als es die Umstände zulassen. Der neugeborene Kaisersohn, der ebenfalls gute Gesundheit verspricht, wird heute um Mittagszeit zur heil. [igen] Taufe gebracht, wobey Se. Maj. [Seine Majestät, Anm.] der König von Neapel, durch höchstdero Botschafter, Marquis de Gallo, Pathenstelle vertreten. Der gesammte Hof ist heute deswegen in Gala. 64

Auf das freudige Ereignis im Kaiserhaus wurde vom damaligen Kammermedailleur und Obermünzgraveur Johann...

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