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Empirische Erkundungen zum Wechseln von Lösungsanläufen beim Bearbeiten mathematischer Probleme

AutorMaria Beyerl
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl168 Seiten
ISBN9783656923848
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis39,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich Didaktik - Mathematik, Note: 1,3, Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig (Institut für Didaktik der Mathematik und Elementarmathematik), Sprache: Deutsch, Abstract: Diese Arbeit befasst sich mit einer Frage, die sich wohl jeder Mensch einmal stellt: 'Was mach' ich jetzt bloß?'. Gerade beim Problemlösen gelangt man quasi zwangsläufig einmal an diesen Punkt. Auch, oder ganz besonders, in der Mathematik. Dort auf eine Barriere zu stoßen, die man nicht routinemäßig überwinden kann, ist sogar maßgeblich für den Problemcharakter einer Mathematikaufgabe. Wie aber gehen Schülerinnen und Schüler mit solch einer Situation um und wie geraten sie dort hinein? Was können wir Lehrkräfte über ihr Verhalten lernen und ihnen an die Hand geben? Manchmal kann es ratsam sein, den Kopf nicht zu früh in den Sand zu stecken; manchmal aber verrennt man sich in einer Sackgasse. Was dann? Die exemplarische Darstellung und Analyse verschiedener Problembearbeitungsprozesse von Schülerinnen und Schülern des 11. Jahrgangs eines Gymnasiums soll hier etwas Licht ins Dunkel bringen. Denn je mehr wir über das Problemlösen wissen, desto besser können wir selbst es verstehen, lehren und lieben lernen.

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Leseprobe

II Studie


 

5 Empirische Erkundungen zum Wechsel von Lösungsansätzen beim mathematischen Problemlösen: eine Studie aus dem Jahr 2010


 

Für den empirischen Teil dieser Arbeit verwende ich Datenmaterial aus einer empirischen Studie, die von Prof. Dr. Frank Heinrich und M. Ed. Steffen Juskowiak im Jahr 2010 an der Technischen Universität Braunschweig durchgeführt wurde.

 

Diese Studie umfasste die Video- und Audioaufzeichnungen von insgesamt 16 verschiedenen Probanden beim Lösen mathematischer Probleme. In diesem Kapitel sollen nun die Rahmenbedingungen der Studie, sowie die Methodologie der Datenerhebung und -auswertung näher beschrieben werden. Ich orientiere mich hierbei an Informationen aus der noch unveröffentlichten Dissertation von M. Ed. Steffen Juskowiak, welche sich ebenfalls auf besagte Studie stützt.

 

5.1 Rahmenbedingungen und Methodologie


 

5.1.1 Auswahl der Probanden

 

An der Studie nahmen ausschließlich Schüler und Schülerinnen (im Folgenden mit SuS abgekürzt) mit vollendeter Ausbildung der Sekundarstufe I teil. Die Wahl auf diese Altersgruppe wurde getroffen, da zum einen in diesem Stadium eine gewisse Vorerfahrung mit dem mathematischen Problemlösen anzunehmen ist. Zum anderen, wie in Kapitel 5.1.3 näher beschrieben wird, war ein wichtiger Bestandteil der Datenerhebung das Prinzip des lauten Denkens, weshalb die Probanden ein geeignetes Alter erreicht haben sollten, um sich entsprechend verbal (reflektierend) zu ihrem Handlungsgeschehen zu äußern.

 

Die Probanden, insgesamt 16 an der Zahl, sind zum Zeitpunkt der Datenerhebung SuS des elften Jahrgangs an zwei Gymnasien aus dem Raum Braunschweig und an einem Gymnasium aus dem Raum Vechelde gewesen. Sie wurden nach Absprache mit den entsprechenden Lehrkräften von eben diesen angesprochen und vorgeschlagen. Neben der Jahrgangsstufe und der Artikulationsfähigkeit war ein weiteres Kriterium für die Auswahl, dass die SuS als eher leistungsstark einzuschätzen sind, da von dieser Schülergruppe nach Einschätzung der Erhebenden eher verwertbare Ergebnisse zu erwarten waren. Den angesprochenen Lehrkräften wurde in diesem Zuge zwar das methodische Vorgehen der Datenerhebung mitgeteilt, jedoch nicht die konkreten Untersuchungsziele, um die Beeinflussung potentieller Probanden zu vermeiden. Als extrinsische Motivation erhielten die Probanden nach Beendigung der Untersuchungsreihe eine Aufwandsentschädigung von 75 Euro.

 

5.1.2 Auswahl der Probleme

 

Für die Untersuchungsreihe wurden den SuS insgesamt fünf mathematische Probleme zur Bearbeitung gestellt. Bei der Auswahl dieser Probleme gab es mehrere Anforderungen, denen sie genügen sollten.

 

1. Mathematische Reichhaltigkeit

 

Da das Untersuchungsziel das Wechseln von Lösungsanläufen mit einschloss, sollten den Probanden mehrere verschiedene Lösungswege zur Verfügung stehen. Die ausgewählten Probleme sollten also eine Wahl an verschiedenen Vorgehensweisen zulassen. Des Weiteren sollte vermieden werden, dass sich potentielle Lösungswege der verschiedenen Probleme zu sehr ähneln, da die Probanden im Laufe der Zeit alle fünf Probleme bearbeiten sollten und stets der Problemcharakter vorhanden sein sollte. Andernfalls würde aus einem Problem möglicherweise eine Aufgabe werden (vgl. Kapitel 2.1.1).

 

2. Problemtyp „Entscheidungsaufgabe“ (Beweisproblem)

 

Wie schon Heinrich in seiner Studie zum Problemlösen aus dem Jahr 2004 festgestellt hat, eignen sich für empirische Untersuchen solche Probleme besonders, bei denen sowohl Anfangs- als auch Zielzustand vorgegeben sind und lediglich die Transformation den Problemlöserinnen obliegt. Dies ist auch besonders aus Vergleichbarkeitsgründen vorteilhaft.

 

3. Themenbereich Geometrie

 

Die Beschränkung auf den Themenbereich Geometrie erfolgte in diesem Fall vornehmlich aus persönlichen Präferenzen der Erhebenden. Aber auch andere Mathematikdidaktiker sprechen der Geometrie besondere Eignung für das Feld Problemlösen zu, so z.B. Becker (1987, S. 124) und Wittmann (2009, S. 86).

 

Unter Beachtung der genannten Kriterien stellten sich die folgenden fünf Probleme als besonders geeignet heraus und wurden demnach auch in der Studie verwendet.

 

Problem 1 (P1):

 

Beweisen Sie, dass die Summe der Flächeninhalte der drei oberen, schwarzen Flächen gleich dem Flächeninhalt der grau eingefärbten Fläche ist.

 

Bei der Grundfigur handelt es sich dabei um ein rechtwinkliges Trapez, bei dem eine Diagonale senkrecht auf einer Seite des Trapezes steht.

 

 

Problem 2 (P2) nach Lietzmann (1963):

 

In dieser Figur ist zusätzlich zu dem mit fetten Linien gezeichneten so genannten Kreisbogen­­­­vieleck mit einem dünnen Stift ein Vollkreis eingezeichnet worden.

 

Beweisen Sie, dass dieser Kreis flächengleich zu dem Kreisbogenvieleck ist!

 

 

Problem 3 (P3):

 

Die Abbildung zeigt ein Achteck mit sämtlich gleich langen Seiten und sämtlich gleich großen Winkel. Zeigen Sie, dass sich der Flächeninhalt des Achtecks mit der Formel  berechnen lässt.

 

 

Problem 4 (P4) nach Heinrich (2005):

 

Die Abbildung zeigt einen so genannten Fünfstern. Die grau eingezeichneten Winkel sind die Innenwinkel des Fünfsterns. Beweisen Sie, dass die Summe der Innenwinkel 180° beträgt!

 

 

Problem 5 (P5) nach Jainta (1997):

 

In einem Dreieck  gelte: . Zeigen Sie: Zwischen den drei Seitenlängen ,  und  besteht die Beziehung .

 

 

(entnommen aus: Juskowiak, 2012/2013)

 

5.1.3 Methodologie

 

Zur Gewinnung der Rohdaten wurden die Probanden zu jeweils fünf Sitzungen im Abstand von ungefähr zwei Wochen (mit einigen ferienbedingten Ausnahmen) eingeladen. Die Bearbeitungszeit pro Problem lag bei 60 Minuten. Während dieser 60 Minuten befanden sich die Probanden in einem speziell dafür eingerichteten Raum der Universität, dem sogenannten Medienlabor (ein vorzeitiger Abbruch der Sitzung durch die Probanden selbst war möglich). Ihre Problembearbeitungen wurden dabei videographisch festgehalten. Um die Anonymität der Probanden zu wahren, wurde der entsprechende Videoausschnitt so gewählt, dass lediglich die schriftlichen Aufzeichnungen sichtbar waren. Hierzu saßen die Probanden an einem Tisch, über dem eine Videokamera angebracht war, das „Blickfeld“ der Kamera wurde auf dem Tisch entsprechend gekennzeichnet.

 

 

(entnommen aus Juskowiak, 2012/2013)

 

Zur Bearbeitung der Probleme erhielten die Probanden eine genügende Anzahl an identischen DIN A3 Papieren, auf denen sich die Formulierung des Problems, sowie ausreichend Platz für die schriftlichen Aufzeichnungen befand. Sie wurden gebeten, möglichst groß und sauber zu schreiben, damit ihre Verschriftlichungen auf den Videoaufzeichnungen gut lesbar bleiben, sowie verschiedene Schreibutensilien. Als zusätzliche Hilfsmittel wurden ihnen ein elektronischer, nicht programmierbarer Taschenrechner (Modell Casio fx-82 solar), in den sie vorher eingehend eingewiesen wurden, eine Formelsammlung, ein Zirkel, ein Lineal und ein Geometrie-Dreieck zur Verfügung gestellt.

 

 

(entnommen aus Juskowiak, 2012/2013)

 

Während der Problembearbeitung wurden die Probanden gebeten, ihre Gedanken laut zu äußern, da dies für den späteren Nachvollzug mathematischer Handlungen sehr von Bedeutung ist. Das Prinzip des lauten Denkens spielt hierbei, wie der Name schon sagt, eine zentrale Rolle.

 

„Die Methode des `lauten Denkens´ wurde ab 1907 von Bühler und Külpe in Deutschland und um 1917 von Claparède in Frankreich entwickelt, um zu erforschen, welche kognitiven Prozesse sich beim Lösen von Problemen abspielen (vgl. Heinrich 2004, S. 171; Weidle / Wagner 1982, S. 84).“[81]

 

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