Beethoven, Bach oder Boulez sind schwierig. Im Kulturbetrieb gilt diese Musik als »E« wie ernst und anspruchsvoll - und damit fast schon als unzumutbar. Jedenfalls für ein Publikum, dem man jede Anstrengung ersparen möchte. Medien, die ihre Wirksamkeit in Quoten messen, haben es am liebsten eingängig. Aber selbst da, wo es um Bildung geht, regiert die Devise »keep it short and simple«. Ob im Radio oder Fernsehen, bei Konzerteinführungen oder in Education-Programmen - die Furcht, die Zuhörer zu überfordern, ist fast mit Händen zu greifen. So gerät der gute Gedanke der Vermittlung nicht selten zur furchtbaren Vereinfachung. Verpasst wird dabei nicht nur die Kunst, sondern am Ende auch das Publikum.
Gegen die Abspeisung mit Häppchen schlägt Holger Noltze vor, die Nährwerte von Kunst und ästhetischer Erfahrung neu zu entdecken. Gerade Musik vermag es, Gefühl und Verstand kurzzuschließen. Dabei können Funken sprühen, die mehr in Herz, Hirn und Leben verändern, als der Routinebetrieb ahnen lässt. Wer sich auf Musik als Kunst einlässt, wird erfahren, wie vielschichtig selbst das scheinbar Leichte ist.
So kann man an Bach, aber auch an Björk und den Beatles, spielerisch-sinnlich und höchst unterhaltsam etwas Wesentliches üben: den furchtlosen Umgang mit Komplexität.
Holger Noltze ist Musikjournalist und Professor für »Musik und Medien« an der TU Dortmund, wo er den Studiengang »Musikjournalismus« aufgebaut hat.
Von 2000 bis 2005 war er Ressortleiter »Aktuelle Kultur« beim Deutschlandfunk, seit 1990 Kulturredakteur beim Westdeutschen Rundfunk. Im WDR-Fernsehen moderiert er seit 2001 die sonntagvormittägliche Gesprächsrunde »West ART Talk«. Er arbeitet u. a. für den Hörfunk, die Frankfurter Rundschau und FonoForum. Seit seiner Gründung ist Holger Noltze Mitglied und Sprecher des Rats für kulturelle Bildung. Er ist Autor zahlreicher Bücher. Zuletzt erschien »Liebestod. Wagner, Verdi, Wir« (2013).
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