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E-Book

Heimat

Warum wir wissen müssen, wo wir zu Hause sind

VerlagSCM R.Brockhaus im SCM-Verlag
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl240 Seiten
ISBN9783417268621
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis6,99 EUR
Von Sehnsuchtsorten und echter Geborgenheit Heimat: Wir alle sehnen uns danach. Wir alle haben eine. Doch ist das wirklich so? Was bedeutet dieses schöne Wort überhaupt? Was schenkt uns das Gefühl von Zugehörigkeit? Wo sind wir wirklich zu Hause? Bekannte Christen schreiben darüber, was Heimat für sie bedeutet. Wo sie ein Zuhause gefunden haben. Was dieser Begriff mit ihnen macht. Und was ihnen dabei hilft, geerdet zu sein und doch den Himmel im Herzen zu haben. Spannende Einblicke in persönliche Lebensgeschichten und kluge Gedanken zu einem brandaktuellen Thema! Mit Beiträgen von Andrea Adams-Frey, Eva-Maria Admiral, Bianka Bleier, Tamara Boppart, Christina Brudereck, Michael Diener, Johannes Dyck, Astrid Eichler, Klaus Gerth, Uwe Heimowski, Reinhard Holmer, Uwe Holmer, Konstantin Mascher, Helmut Matthies, David Neufeld, Maria Prean, Eckhard Schaefer, Manfred Siebald, Nicola Vollkommer, Jürgen Werth, Marielle Wittwer, Daniel Zindel.

Ulrich Eggers (Jg. 1955) gründete Zeitschriften wie family, AUFATMEN, JOYCE oder andersLEBEN und verantwortet das Magazin AUFATMEN weiterhin als Redaktionsleiter. Bis zum Herbst 2021 war er Verleger und Geschäftsführer der SCM Verlagsgruppe und lebt in Cuxhaven. Ehrenamtlich ist er 1. Vorsitzender von 'Willow Creek Deutschland' und Leiter der Lebensgemeinschaft 'WegGemeinschaft e.V.', die das christliche Tagungszentrum Dünenhof trägt. www.aufatmen.de

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Leseprobe

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Eva-Maria Admiral


WIESO ICH HIER KEINE HEIMAT FINDE


Als Schauspielerin und Referentin bin ich beruflich viel unterwegs – fühle mich in Australien so viel oder so wenig »zu Hause« wie in Österreich oder auch Deutschland. Man ist nicht da daheim, wo man seinen Wohnsitz hat, sondern da, wo man verstanden wird. Ich liebe es, länger fernab von Europa zu arbeiten. Das fühlt sich oft wie eine zweite Geburt an – in der ich mich selber neu zur Welt bringe.

Was Heimat wirklich bedeutet, erfahre ich bei einem dramatischen Erlebnis auf der Intensivstation in Salzburg. Ein Erlebnis, das mein Leben für immer verändern wird.

Auftritt in Basel, Schweiz. Basel ist die letzte Station auf dieser 14-tägigen Tour. Ich spiele »Oskar und die Dame in Rosa« von E.-E. Schmidt, basierend auf einem fantastischen Roman – herausfordernd, sehr nah an meiner persönlichen Geschichte. Es erzählt den Verlauf einer Krebskrankheit bei einem Kind. Das Buch ist voller Humor, mit Tiefgang und Spiritualität geschrieben. Als ich es zum ersten Mal lese, begeistert es mich so sehr, dass ich daraus einen Theaterabend mache.

Seit Monaten spiele ich das Stück immer wieder in Deutschland, der Schweiz und Österreich. Auch auf Kinderkrebsstationen, in Krankenhäusern, Schulen, Kultureinrichtungen – überall, wo Tod kein Tabu bleiben muss. Diesmal im Kulturhaus Basel. Ich kratze meine letzte Energie zusammen. »Letzte Station Basel, das schaffe ich noch. Und dann ab nach Hause«, denke ich.

Wie immer, wenn mir etwas am Herzen liegt, gebe ich mehr als 100 Prozent auf der Bühne (übrigens zumeist auch im Leben). Danach bekomme ich Standing Ovations. Die Veranstalterin bedankt sich bei mir in der Garderobe: »Wenn ich Ihnen noch einen Tipp für die Zukunft geben darf: Sie geben zu viel. Sie verausgaben sich. Sie sollten Grenzen ziehen, besser auf sich achten, für sich sorgen. Sie geben ja nicht nur Ihre Arbeit, sondern gleich alles. Das kann auf die Dauer nicht gut gehen, der Beruf könnte Sie kaputtmachen.«

Nach der letzten Vorstellung großer Applaus – ja, man fühlt sich gesehen, wahrgenommen, gehört. Aber es geht an meine Substanz. Hinter der Bühne bin ich nur noch erschöpft. Nach fünf Darmverschlüssen, fünf Darmoperationen ist für mich schon seit 15 Jahren keine Nahrungsaufnahme ohne Schmerzen möglich. Nun ist der Darm so stark aufgebläht, dass man glauben könnte, ich sei im neunten Monat.

Unterwegs nach Hause


Nach der Vorstellung fahre ich die über 500 km zurück »nach Hause«. Ich fühle mich sehr krank und schwach. Das ist soweit nichts Besonderes: Ich bin fast immer nach einer Tour krank. Ich denke mir daher auch diesmal nichts Schlimmes. Zu Hause angekommen, kann ich mich jedoch kaum noch bewegen. Ich ringe mich durch, die praktische Ärztin aufzusuchen. Sie schickt mich mit der Diagnose »schwere Grippe« wieder heim. Dort angekommen, kann ich das rechte Bein und den Kopf nicht mehr bewegen. Es fühlt sich an, als ob ich 40 Grad Fieber hätte.

Meine Assistentin Nelly sieht, dass ich die linke Körperseite nicht mehr bewegen kann und am linken Auge kaum noch sehe. Sie besteht darauf, mich ins Krankenhaus nach Salzburg zu bringen.

Eigentlich hatte ich beschlossen, mich ins Bett zu legen und die nächsten 24 Stunden zu schlafen. Ich möchte nirgendwo mehr hinfahren. Ich möchte nur noch schlafen, schlafen. Es fällt mir schwer, bei Bewusstsein zu bleiben.

Nelly bringt mich gegen meinen Willen ins Krankenhaus. Als wir dort ankommen, kann ich nicht mehr stehen und nicht mehr sprechen. Mit aller Kraft versuche ich, meinen Mund zu öffnen, aber es gelingt mir nicht mehr, auch nur ein Wort zu artikulieren – es kommen nur noch einzelne Laute aus meinem Mund. Hier ergreift mich das erste Mal Panik.

Irgendetwas Schreckliches passiert in meinem Gehirn – als ob es aufgrund des hohen Fiebers anschwillt oder gelähmt wird. Ich verstehe die Fragen noch. Aber als mich die Ambulanzschwester fragt, wie ich heiße, folgt der nächste große Schock: Ich weiß es nicht mehr. Ich weiß nicht mehr, wie ich heiße, wo ich wohne, wo ich bin.

Angestrengt versuche ich mich an meinen Vor- oder Nachnamen zu erinnern – nichts. Ich versuche herauszufinden, aus welcher Stadt, aus welchem Land ich komme – nichts. Ich weiß nichts mehr. Ich weiß nur, dass ich schwer krank bin.

Endlich folgen die ersten Untersuchungen, mein Zustand verschlimmert sich rapide. Ich habe das Gefühl, ich befinde mich in einem Delirium. Jede Minute, die ich ohne Bett, ohne Zudecke verbringen muss, kommt mir wie eine endlose Qual vor. Ich möchte nur noch schlafen, schlafen, schlafen.

Endlich – es kommt mir vor wie eine endlose Untersuchungsodysee – die Diagnose: lebensgefährliche Meningoenzephalitis. Davon bekomme ich natürlich nichts mehr mit – ich bin schon fast weg. Ich weiß nicht, dass ich mich auf der Intensivstation befinde. Ich spüre nichts mehr. Es ist, als ob ich in einen ewigen Schlaf hinübergeglitten wäre. Das Gehirn hämmert noch wie ein überhitzter Kessel in seinen letzten Zügen, kurz bevor alle Sicherungen durchbrennen. Ein letzter Schmerz, ein letzter Versuch. Ich kann nicht mehr. Mein Kopf kann nicht mehr. Aus.

Es ist, als ob mein Gehirn verglüht. Danach fühle ich mich wie in Watte gepackt. Ich sehe mich aus meinem Körper gehen. Ich sehe meinen geschundenen Leib von oben – Schläuche, Maschinen, Geräusche. Dann sehe ich meine Hülle von oben. Ich sehe Schwestern und Ärzte hektisch herumlaufen.

Endlich angekommen


Ich habe es geschafft – ich bin frei, frei von meinem körperlichen Schmerzgefängnis. Da liegt die kleine Hülle, leichenblass, sehr klein. Ich steige sehr schnell gen Himmel. Ich kann mich nicht erinnern, ob da ein Tunnel war oder nicht. Das Erlebnis im Himmel war so einprägsam, dass ich alles andere nicht mehr so genau beschreiben oder nachvollziehen kann.

Ich komme oben an. Das erste Mal seit vielen, vielen Jahren ist mein Körper völlig schmerzfrei. Dazu muss man wissen: Vor etwa dreißig Jahren hatte ich meine erste große Darmoperation. Befund: Verwachsungen im Darm aufgrund der Erlebnisse als Baby. Meine Mutter hatte mich gefüttert, bis der Darm platzte.

Ein knappes Jahr später die nächste Operation. Die neuerlichen Schnitte hatten zu neuen Verwachsungen geführt. Es entwickelte sich ein Teufelskreis: Mein Körper reagiert auf Schnitte mit Verwachsungen. Diese muss man operieren. Je öfter man operiert, desto mehr Verwachsungen entstehen …. Laut Ärzten ist dieser Kreislauf nicht zu durchbrechen, ohne Aussicht auf Heilung. Mit dieser Diagnose und ständigen Schmerzen lebe ich nun schon seit Jahrzehnten. Eine große Herausforderung.

Doch nun: Ich fühle mich so, als ob ich in einer Sekunde vollständig geheilt bin. Da ist keinerlei Schmerz mehr, mein Körper fühlt sich unendlich gut an. Nicht nur schmerzfrei, sondern richtig gut, heil und ganz. Im warmen Licht stehe ich da. Es ist, als ob ich endlich zu Hause angekommen bin.

Zu Hause – ich weiß, wir haben das schon unzählige Male gehört. Wir Christen sagen doch immer, dass wir hier auf Erden keine Heimat haben, sondern im Himmel. Aber was bedeutet das wirklich für uns auf dieser Erde?

Es ist ein unbeschreibliches Glücksgefühl: Ich bin endlich zu Hause. Das war es, wo ich die ganze Zeit hinwollte! Hier ist meine Heimat. Wieso habe ich das vorher nicht gewusst? Wie konnte ich so naiv sein zu glauben, dass ich auf der Erde eine Heimat finden würde? Ich muss über meine Irrwege schmunzeln. Ich bin endlich angekommen. Alle inneren und äußeren Kämpfe sind für immer beendet.

Ich fühle mich zum ersten Mal in meinem Leben ganz sicher und geborgen. Ich fühle mich zu Hause wie noch nie in meinem Leben. Endlich bin ich in meiner Heimat. Hier habe ich uneingeschränktes Bürgerrecht. Das war es, wonach ich mein ganzes Leben gesucht habe! Das war es, wonach ich mich so schmerzlich gesehnt habe! Im Kopf war mir das natürlich »theologisch« schon vorher klar. Aber jetzt wird es ganz real, erfahrbar, spürbar.

Danach geht »die Türe« auf – nein, es ist mehr, als ob ein Schleier weggezogen würde. Ein Hauch. Ich sehe ganz viele Menschen, die sich unendlich freuen, dass ich da bin. Es ist ein Willkommen wie noch nie in meinem Leben. Noch nie hab ich mich so angenommen gefühlt.

Ich höre wie jemand (Gott? Jesus?) sagt: »Endlich bist du da! Wir warten schon so lange!«

Theologisch weiß ich natürlich, dass Gott nicht warten muss. Aber das waren genau die Worte, die mich so berührt haben. Ich weiß, es ist mehr als absurd, aber stellen Sie sich das einmal vor, dass Gott zu Ihnen sagt: »Endlich bist du da! Wir warten schon so lange!«

Das ist das genaue Gegenteil von meinen Kindheitserfahrungen. Endlich bin ich in meiner Heimat. Endlich bin ich da, wo ich mehr als willkommen bin.

Ich spüre ein helles Licht, ein unendliches Lieben wie noch nie in meinem Leben. Ich kann es nicht beschreiben, deshalb spreche ich so selten darüber. Jedes Wort ist zu schal, glanzlos und matt, um diese Liebe zu beschreiben. Aber man kann es manchmal in meinen Augen sehen, wenn ich daran denke.

Die Last, die dabei von mir abfällt, ist unbeschreiblich. Vor allem all die Lasten, die ich mir selbst aufgeladen habe! Das Joch des »braven, perfekten Christen«, all die Gesetze, die ich mir selbst auferlegt habe – sie verschwinden in einer Sekunde. Mein Perfektionismus, mein innerer Kritiker, mein endloses ewiges Schuldgefühl – meine eigenen Lasten verschwinden.

So ist es, wenn die eigenen Werke vergehen – es ist...

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