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Male Spaces

Bildinszenierungen archaischer Männlichkeiten im Black Metal

AutorJan G. Grünwald
VerlagCampus Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl229 Seiten
ISBN9783593416953
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
'Archaische Männlichkeit' erscheint einerseits als vollkommen unzeitgemäß, andererseits ist sie in Medien, Politik und Popkultur omnipräsent. Jan G. Grünwald untersucht die Inszenierung von Männlichkeit in der Subkultur Black Metal. Er zeigt auf, wie kriegerische Männlichkeit in Musikvideos erzeugt wird und welche Bedeutung der Naturraum für diese Inszenierungen hat. Gleichzeitig macht er deutlich, dass das Bild vom Mann als 'Verführer und Zerstörer' so eindeutig übertrieben wird, dass die entstehende Hypermaskulinität Bruch und Distanzierung zulässt.

Jan G. Grünwald, Dr. phil., vertritt die Professur für Kunstdidaktik an der Universität Gießen und ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Neue Medien am Institut für Kunstpädagogik der Universität Frankfurt am Main.

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Leseprobe
Einleitung
Dominante Fiktionen von Männlichkeit


'Something in the adolescent male wants risk, courts danger, goes out to the edge - even to the edge of death.'


Robert Bly, Autor und Protagonist der konservativen mythopoetischen Männerbewegung, sucht in seinem Buch Iron John - Man and Masculinity eine Essenz von Männlichkeit, also einen natürlichen und monolithen Kern von Männlichkeit, der jedem Mann inhärent sei. Bly verbindet die Idee einer bestimmten Ur-Männlichkeit, die er beispielsweise in Mythen und Märchen ausmacht, mit der Innerlichkeit des Manns selbst.


Bezeichnend an dem einleitenden Zitat ist der Begriff 'something', welcher einerseits auf etwas verweist - eine Essenz des Männlichen -, jedoch diese gleichzeitig undefiniert lässt. Dieses Etwas manifestiert Bly dann in einer Märchenfigur der Brüder Grimm: dem Eisenhans. Das Märchen vom Eisenhans handelt von einem König, in dessen Reich sich ein Wald befindet, aus dem die Personen, die diesen betreten, nicht mehr zurückkehren. Schließlich entsendet der König einen mutigen Jäger mit seinem Hund. Der Hund findet die Gefahrenstelle - einen Tümpel - und wird vom 'wilden Mann' in die Tiefe gezogen. Eisenhans haust auf dem Grund des Tümpels und zieht Menschen und Tiere in den Abgrund. Der Jäger lässt den Tümpel ausschöpfen und nimmt Eisenhans gefangen, der in einen Käfig auf dem Königshof eingesperrt wird und den Königssohn überredet, den Schlüssel für den Käfig unter dem Kopfkissen der Mutter zu stehlen und ihn freizu­lassen. Der Sohn folgt Eisenhans, aus Angst vor der Strafe seiner Eltern, in den Wald.


Der Eisenhans stellt für Bly eine Art prototypische Männlichkeit dar, die er als 'wild man' bezeichnet. Er verbindet diesen fiktionalen, prototypischen Charakter mit einer Art biologistischem Apriori:


'The knowledge of how to build a nest in a bare tree, how to fly to a wintering place, how to perform the mating dance - all of this information is stored in the reservoirs of the bird's instinctual brain. But human beings, sensing how much flexibility they might need in meeting new situations, decided to store this sort of knowledge outside the instinctual system; they stored it in stories. Stories, then - fairy stories, legends, myths, heart stories - amount to a reservoir where we keep new ways of responding that we can adopt when the conventional and current ways wear out.'


Durch die moderne Gesellschaft scheinbar unterdrückte männliche Instinkte werden in Märchen und Mythen ausgelagert und bieten dort einen Behälter, der diese Instinkte konserviert. Bly stereotypisiert Männlichkeit als animalisch. Der 'wilde Mann' soll, so Bly, von der 'soften', zeitgenössischen Männlichkeit wiederentdeckt werden, um letztlich glücklich werden zu können. Im Gegensatz zum 'soften Mann' ist der 'wilde Mann' ernsthaft und entschlossen, handelt instinktiv und ist noch nicht gänzlich zivilisiert. Die Märchenfigur des Eisenhans stellt für Bly eine nutzbare Metapher dar, weil er den wilden Mann repräsentiert, der noch unter Wasser lebt und darauf wartet, an die Oberfläche zu gelangen - sprich vom 'realen Mann', der bei Bly häufig mit dem 'soften Mann' tautologisiert wird, wiederentdeckt zu werden. Die Problematik dieses Konzepts einer essentialistischen Männlichkeit, welches Bly beschreibt, ist gleichzeitig ein wichtiges Beispiel dafür, dass der Begriff der Männlichkeit einen Raum benötigt, um bestimmte Ideen zu transportieren. Und vor allem, dass Männlichkeit selbst eine Art beschreibbare ideologisierte Leerstelle ist, die mit Vorstellungen und Ideen aufgeladen wird. Zwei Punkte der Inszenierung von Männlichkeit werden durch die von Bly geschaffene Figur sichtbar:


Die Inszenierung soll nicht als solche erkennbar sein. Männlichkeit wird als natürlich und instinktiv dargestellt und als 'something', welches den archetypischen Kern von Männlichkeit zu beschreiben versucht. Selbst ein Autor, der von einer archetypischen Essenz von Männlichkeit ausgeht, muss dies über eine fiktive Figur tun. Männlichkeit ist fiktional, und der Mann dient dabei als Träger von Zuschreibungen. Der ideologische Kern von Männlichkeit manifestiert sich im Äußeren: bei Bly in Märchen und Mythen oder in dieser Arbeit in der Verbildlichung von Männlichkeit.


Die Hauptproblematik von Blys Männlichkeitskonzept liegt darin, Märchen und traditionelle Narrationen als eine Art natürlichen Kern von 'wilder Männlichkeit' zu deuten und nicht in Betracht zu ziehen, dass diese Fiktion von Männlichkeit ein ideologischer Raum ist, um Ideen von Männlichkeit zu transportieren, die eben keinem essenziellen Kern von Männlichkeit zugrunde liegen.


Von Autoren wie Robert Bly wird versucht, eine Kohärenz und gar eine Essentialität von Männlichkeit vorauszusetzen. Eine solche Essenz bezieht sich auf die Fantasie einer ernsten, naturhaften und wilden Männlichkeit. Es zeigt sich der Versuch, ein utopisches Bild von Männlichkeit zu konservieren. Der vermeintlich archetypische Kern einer solchen fiktionalen Männlichkeit kann mit dem Begriff der Ernsthaftigkeit beschrieben werden. Für Kirchner und Michaelis bedeutet 'Ernst', im Gegensatz zur 'Heiterkeit', 'die Wahrhaftigkeit einer Aussage und die erreichte Übereinstimmung der Aussage mit dem Gegenstande derselben'. Diese Definition trifft auf Blys Männlichkeitskonzept zu: Er geht davon aus, dass das fiktive Ideal von Männlichkeit nur die Veräußerung eines natürlichen Kerns sei, der im Mann selbst liege. Das Paradox, dass ein immaterieller Kern von Männlichkeit (von einem solchen Kern auszugehen, ist bereits ein ideologisch verklärter Ausgangspunkt) veräußert werden kann, ist in seiner exakten Umkehrung das Leitmotiv des hier verwendeten Männlichkeitsbegriffs: die materialisierte Männlichkeit (über Inszenierungen und deren Bilder) ist alleiniger Ausgangspunkt. Der Glaube an eine männliche Innerlichkeit ist abzulehnen. Männlichkeit existiert allein in ihrer Veräußerung über den Körper und seine Verortung sowie der medialen Bilder, die generiert werden.


Weil Mythen von Männlichkeit heutzutage weniger in Märchen ausgelagert werden als in (Pop-)Bilder, ist die Analyse von Männerbildern und deren Inszenierung unerlässlich. Der Begriff der Ernsthaftigkeit ist das Prinzip einer solchen Männlichkeit und deren inszenatorischer Kern. Der Begriff der Ernsthaftigkeit stellt eine (immaterielle) Instanz dar, die kaum Erwähnung findet, und dies nicht, weil sie nicht präsent ist, sondern gerade weil sie so präsent ist, dass sie normalisiert und dadurch unsichtbar - als Teil jeder Darstellung von Männlichkeit - geworden ist. Männlichkeit und Ernsthaftigkeit werden zusammen gedacht. Meist wird diese Verbindung nur im Moment der Abweichung oder der Überzeichnung sichtbar bzw. visualisiert. Die Visualisierung von Männlichkeit ist Gegenstand dieser Arbeit.

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