Studienarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Ethnologie / Volkskunde, Note: 1,0, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (Institut für Ethnologie), Veranstaltung: Hauptseminar: Kultur und Gedächtnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Warum sollten sich Ethnologen mit dem Phänomen 'Gedächtnis' auseinandersetzen? Die Antwort hierauf gibt Ralf Ingo Reimann (1998: 149): 'Die unabdingbare Voraussetzung für Informationsverarbeitung ist Gedächtnis. Gedächtnis ist die Fähigkeit, Informationen für mehr oder weniger lange Zeitabschnitte bewahren zu können. Ohne die Möglichkeit, Informationen zu erhalten, gäbe es kein Leben und keine Evolution, keine sinnvolle Objekt- oder Situationswahrnehmung, kein konzeptuelles Verstehen, keine Sprache, keine Kultur und auch keine Identität. (...) Ohne Gedächtnis könnten wir keine Erfahrungen machen. (...) Ohne Gedächtnis könn- ten wir auch nicht denken, denn ohne erinnerbare Schemata, Konzepte und Kategorien gäbe es keine lohnenswerten mentalen Repräsentationen. (...) Die Welt wäre ein einziges Rauschen und das Gehirn vielleicht ein Klumpen Porridge, aber keinesfalls mehr ein Gehirn.' Das Gedächtnis ist demnach eine zentrale, wenn auch in der ethnologischen Forschung relativ neue Erscheinung, der man sich widmen sollte, wenn man die Denk- und Handelsweisen eines Volkes begreifen will. Zunächst möchte ich in dieser Arbeit klären, WIE die Informationen verarbeitet und gespei- chert werden, die unseren Wissensbestand ausmachen und somit auch unsere Identität und Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft und Gesellschaft. Dann gilt es als zentrale Frage zu klä- ren, WO dieses Wissen produziert und gespeichert wird. Ist unser Gedächtnis eine reine 'Kopfsache' oder kann man es irgendwo außerhalb des Gehirns, sogar außerhalb unseres Körpers verorten? Schließlich soll auch beantwortet werden, WER entscheidet, an was wir uns erinnern und was in Vergessenheit gerät. Liegt diese Entscheidung beim Individuum oder beim Kollektiv, in dem es sich befindet? Um Antworten auf die genannten Fragen zu finden werde ich Ansätze aus Kognitions- und Kulturwissenschaften aufzeigen, welche die Funktionsweisen und Eigenschaften des Phänomens 'Gedächtnis' zu erklären versuchen. Anhand eines Beispiels aus Australien werde ich zeigen, wie Gedächtnis sowohl im Kopf als auch außerhalb dessen, und zwar in der Landschaft, verortet wird. Auch die Frage, ob eher Individuum oder Kollektiv über die Art und Weise sowie den Inhalt unserer Erinnerung entscheiden, soll hier geklärt werden.
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