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Die großen Seehelden

Vollständige Ausgabe

AutorHeinrich Smidt
VerlagJazzybee Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl234 Seiten
ISBN9783849636319
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis0,99 EUR
Hingebungsvoll erzählt der Seemann und Schriftstellers Smidt von den großen Seehelden und -schlachten vergangener Jahrhunderte. Inhalt: Heinrich Smidt - Biografie und Bibliografie Horatio Nelson. Jean Bart. Tordenskiold. Michael de Ruiter. Von der Groeben. Kurfürstliche Marinebilder. Anhang

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Leseprobe

 


Es war am 30. Juli 1666. Derjenige Teil der Ostküste von England, der sich in der Richtung von Süden nach Norden, von der Mündung der Themse bis zu der gemeinsamen Mündung der Staour und des Orvel erstreckt, grenzt mit der Grafschaft Essex. In seiner Nähe liegen die Bänke von Harwich, die bei Nordost- und Südostwinden einen sichern Ankerplatz darbieten Dort ankerte an dem obengedachten Tage die niederländische Flotte bei einer leichten südöstlichen Brise.

 

Diese Flotte stand unter den Befehlen Michael Adrianson de Ruiters, Großadmiral im Dienste der Generalstaaten. Sie war aus fünfundsiebzig Kriegsschiffen und elf Brandern zusammengesetzt.

 

Eine leichte Kühle wehte von Südosten. Die Flotte der vereinigten Provinzen lag, in drei Linien geteilt, in schönster Ordnung vor Anker. In dem Zentrum derselben erhob sich, alle andern Schiffe beherrschend, das Linienschiff von achtzig Kanonen: »Die sieben Provinzen«. Am Bord desselben hatte Herr de Ruiter seine Admiralsflagge aufgesteckt. Dieses Fahrzeug galt allgemein für das prächtigste in der holländischen Marine und verdiente diesen Ruf nicht nur durch seine Ueberlegenheit im Segeln, sondern auch wegen der kostbarem Bildhauer-Arbeiten, mit denen die fünf Stockwerke seines Hinterkastells geschmückt waren. Dasselbe wurde von dreien aus vergoldeter Bronze bestehenden Seeleuchten überragt, so daß der Hackbord des Schiffes sich zu einer Höhe erhob, die mit zwei Dritteilen der Höhe des großen Mastes parallel stand. Man konnte nicht ohne Bewunderung diese Masse von Holz und Eisen anschauen, die sich wie ein riesiger Turm aus der Flut emporhob.

 

Es war ungefähr um acht Uhr morgens, als der Soldat, welcher auf der vorderen Schanze die Wache hatte, einen Logger anrief, der mit ausgestützten Segeln gerade auf das Admiralschiff lossteuerte.

 

»Franzosen, mit einer Botschaft des Gouverneurs von Calais,« war die Antwort, während das leichte Fahrzeug beidrehte.

 

»Legt an, am Backbord!«

 

Kaum war dieser Befehl gegeben, als der Logger seine Segel einzog und längs dem Backbord des Linienschiffes schoß. Die Mastenspitzen des kleinen Fahrzeuges reichten bei weitem nicht an die Verschanzungen des Admiralschiffes.

 

Einer der Offiziere vom Dienst erschien auf dem Fallreep. Drei Edelleute, die Herren von Cavoye, d'Harcourt und Coislin, betraten das Verdeck, überholt von dem jungen Matrosen Jean Bart, der, in der seemännischen Gymnastik wohl erfahren, ihnen zuvorkam.

 

Der holländische Offizier, welcher der französischen Sprache mächtig war, empfing die drei Herren, und sobald er erfuhr, daß sie eine Botschaft von dem Grafen von Charost zu überbringen hatten, schickte er sich an, sie in die Kajüte des Admirals zu geleiten.

 

Jean Bart, beide Hände in die Taschen seiner weiten flamändischen Beinkleider gesteckt, überlief mit bewundernden Blicken das Takelwerk des Schiffes. Als aber der Offizier die Edelleute ersuchte, ihm zu folgen, drängte er sich zwischendurch, stellte sich vor den Offizier hin und sagte, die Hand an die Mütze legend: »Ich bin es, Herr Lieutenant, den Ihr zu dem Admiral führen müßt.«

 

»Was will der junge Mann?« fragte der Offizier, nicht wenig erstaunt, daß sich der kleine Matrose den drei Edelleuten vordrängte.

 

»Ich will den Admiral sehen und ihm meine drei Passagiere überliefern, denn ich bin der Kapitän jenes Loggers,« entgegnete Jean Bart mit der Entschlossenheit, die ihm stets eigen.

 

»Ihr dürft ihm unbedingt Glauben schenken,« sagte Herr von Cavoye zu dem Offizier. »Er ist in der That ein tüchtiger Junge. Aber er soll mich nicht wieder dahin bringen, auf eine solche Art mit ihm zu segeln. Seitdem wir Segel machten, sind wir aus dem Seebade nicht herausgekommen. Indessen, der Wahrheit die Ehre, er hat uns mit geschlossenen Augen hierher gebracht, wie er es vorher sagte. Thun Sie also nur, was er verlangt; es ist alles in Ordnung.«

 

Der Lieutenant betrachtete Jean Bart mit leichtem Achselzucken und sagte dann mit spöttischem Tone: »So folgt mir denn, Herr Kapitän!« – Und Jean Bart, beide Hände wieder in die Tasche steckend, folgte dem Offizier, mit reger Neugier seine Augen ringsumher werfend und selbst die geringfügigsten Gegenstände sorgfältig prüfend. Als sie sich der Thür näherten, die in die Admiralskajüte führte, wandte sich Herr von Coislin an den Offizier und sagte leise: »Aber, mein Herr, wäre es nicht schicklicher, bei dem Herrn de Ruiter vorher anzufragen, ob und wann es ihm gefällig ist, uns zu empfangen? Wir könnten uns während der Zeit umkleiden, um mit Anstand vor Seiner Excellenz zu erscheinen.«

 

»Meine Herren,« entgegnete der Offizier lächelnd, »unser Admiral hängt nicht an Förmlichkeiten. Das ist ein leutseliger Herr, zu dem der geringste Mann an Bord ungescheut treten und sein Gesuch vorbringen kann. Und was Eure von Wind und Wetter zerzauste Kleidung betrifft, so wird der Herr Admiral nicht im geringsten darauf achten.«

 

Mit diesen Worten öffnete der Offizier die Thür, und die Edelleute traten in eine geräumige Kajüte, die sehr einfach ausgestattet war. Die Wände waren mit einer rötlichen Farbe bedeckt; in der Mitte stand ein großer Tisch, auf welchem eine Decke von braunem Schafleder lag. Um denselben standen mehrere Stühle von Nußbaumholz.

 

»Der Admiral ist nicht hier,« sagte der Offizier. »Er giebt also ohne Zweifel seinen Lieblingen ihr Frühstück. Da ist er, in dem Kabinett zur rechten Hand.«

 

In dem Fenster dieses Kabinettes war ein großer Käfig angebracht, und in demselben saßen vier prächtige flamändische Hühner, deren gelbes und schwarzes Gefieder wie Gold und Ebenholz glänzte.

 

Der Offizier vom Dienst hatte dem Admiral im ehrfurchtsvollsten Tone seine Meldung gemacht, und dieser näherte sich den Edelleuten. Mynheer de Ruiter war damals ungefähr sechzig Jahre alt. Seine Haare waren weiß, und sein ebenfalls weißer Knebelbart war nach Art und Weise der damaligen Seeleute in der Höhe gestutzt. Sein Wuchs war schmächtig und sein Gesicht breit. Er hatte eine hohe Stirn, und seine grauen Augen blickten scharf. Er war mit einem langen Rocke von dunkler Farbe bekleidet, der von einem ledernen Gurt zusammengehalten ward. Der Admiral begrüßte die Edelleute mit freundlichem Wohlwollen und sah dann auf Jean Bart, der ihn mit staunender Bewunderung betrachtete.

 

»Herr Admiral,« sagte der Offizier, »diese französischen Herren sind die Ueberbringer einer Botschaft von seiten des Gouverneurs von Calais, und dieser junge Seemann hat sie hierher geführt.«

 

Herr von Cavoye neigte sich achtungsvoll vor dem Admiral und übergab ihm die Depeschen des Grafen von Charost. Herr de Ruiter begann sie zu lesen.

 

Seit einigen Augenblicken war in der ganzen Haltung Jean Barts eine völlige Veränderung eingetreten. Er war mit einem Male verlegen. Seine Wangen färbten sich, der Schweiß trat ihm vor die Stirn, und als ihn einmal das Auge des Admirals traf, sah er blitzschnell zu Boden.

 

Es war ein seltsames Wesen in diesem jungen Seemann. Er konnte mit vornehmen Herren, wie er sie eben an Bord gebracht hatte, ungeniert sprechen und sie ohne Verlegenheit ansehen; aber er wußte sich nicht zu fassen, als er sich einem Seemanne gegenüber sah, wie dem allgepriesenen de Ruiter.

 

Als der Admiral die Briefe durchgelesen hatte, sagte er mit einiger Förmlichkeit zu den Kavalieren, daß er ihrem Wunsche, einem Seegefechte beizuwohnen, gern genügen wolle, und er sie bis dahin mit Vergnügen am Bord als seine Gäste sehen würde.

 

Die Kavaliere sprachen ihren Dank aus, und Herr von Cavoye fügte hinzu: »Erlaubt mir, Herr Admiral, Eure Teilnahme für den jungen Mann, der uns hierher brachte, in Anspruch zu nehmen. Er hat sich, seltsamerweise, seit unserm Hiersein auffallend verändert, und ich kenne ihn kaum wieder. Noch vor kurzem war er trotzig und verwegen, und jetzt ist er ganz verwirrt.«

 

»Ja, in der That,« fügte Herr von Harcourt hinzu. »Er scheint beklommen.«

 

»Ganz perplex!« ergänzte Coislin.

 

Jean Bart, dessen Ungeduld sich mit jedem Worte steigerte, rief seinen Passagieren mit funkelnden Augen zu: »Beim heiligen Kreuz! Ihr habt gesehen, daß ich in Eurer Gegenwart auch nicht einen Augenblick beklommen oder perplex gewesen bin.«

 

»So bin ich es, der Dir ein ähnliches Gefühl einflößt?« fragte der Admiral freundlich.

 

»Ja, – nein! – Aber ich wollte...

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