Eine neue Studie, bei der bildgebende Verfahren eingesetzt wurden, zeigt Anpassungen der Gehirnstruktur bei Shorttrackläufern, die eine mögliche Erklärung für ihre außergewöhnlichen Gleichgewichts- und Koordinationsfähigkeiten liefern. Die Arbeit von Im Joo Rhyu vom Korea University College of Medicine und seinen Kollegen erscheint in der Online-Ausgabe der Springer-Fachzeitschrift Cerebellum.

Das Kleinhirn (Cerebellum) spielt eine wesentliche Rolle bei der Gleichgewichtskontrolle, Bewegungskoordination und visuell geführten Bewegungen – dies sind die erforderlichen Schlüsselfähigkeiten von Shorttrackläufern, da sie mit hoher Geschwindigkeit auf spiegelglattem Eis gleiten, Kurven fahren und überholen. In den bisher veröffentlichten Studien zeigte sich, dass Schäden am Kleinhirn zu Gleichgewichts- und Koordinationsstörungen führen. Darüber hinaus wurden Änderungen der Gehirnstruktur als Folge des Trainings komplexer motorischer Fähigkeiten etwa bei Jongleuren und Basketballspielern dokumentiert. Sind diese Änderungen sportspezifisch?

Um die Auswirkungen des Trainings von Shorttrackläufern auf die relative Struktur und Größe der beiden Gehirnhemisphären zu erfassen, analysierten die Autoren MRT-Scans des Gehirns 16 männlicher Profi-Shorttrackläufer. Sie verglichen sie mit Scans von 18 Personen, die keine Shorttrackläufer waren und sich nicht regelmäßig sportlich betätigten.

Die Wissenschaftler fanden heraus, dass bei Skatern die rechte Hemisphäre des Kleinhirns und die Vermis-Läppchen VI-VII (die Lappen, welche die linke und rechte Kleinhirnseite miteinander verbinden) größer waren als bei „Nicht-Skatern“. Diese Ergebnisse legen nahe, dass die spezialisierten Gleichgewichts- und Koordinationsfähigkeiten von Shorttrackläufern mit einer gewissen Flexibilität der Struktur der rechten Kleinhirn-Hemisphäre und des Vermis VI-VII in Verbindung stehen.

Warum treten die Strukturänderungen auf der rechten Seite des Kleinhirns auf? Das Gleiten auf glattem Eis erfordert spezielle Fähigkeiten im Bereich der dynamischen Gleichgewichts- und Koordinationskontrolle. Während der Kurvenfahrt mit hoher Geschwindigkeit drehen sich Shorttrackläufer ausschließlich nach links, wobei sie ihre Balance mit dem rechten Fuß halten. Beim Stehen auf dem rechten Fuß werden die rechten Lappen des Kleinhirns aktiviert.

Des Weiteren geht man davon aus, dass das Erlernen einer visuell geführten Tätigkeit in der rechten Gehirnseite abläuft. Deshalb steht die vergrößerte rechte Hemisphäre des Kleinhirns bei diesen Shorttrackläufern wahrscheinlich in Verbindung mit den Bewegungsabläufen, die für diesen Sport Voraussetzung sind – eine starke visuelle Führung während der Kurvenfahrt und beim Überholen.

Die Autoren kommen zur Schlussfolgerung: „Die spezialisierten Gleichgewichts- und Koordinationsfähigkeiten von Shorttrackläufern regen bestimmte Strukturänderungen des Kleinhirns als Folge umfangreichen Trainings an. Diese Veränderungen spiegeln in der rechten Seite des Gehirns die Auswirkungen außergewöhnlicher Gleichgewichts- und Koordinationsfähigkeiten wider.“

Quelle
Park IS, Rhyu IJ et al (2012). Volumetric analysis of cerebellum in short-track speed skating players. Cerebellum; DOI 10.1007/s12311-012-0366-6

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