Homepage Heidelberg, Holst & PartnerEs ist so einfach und deshalb so verlockend: Man sucht ein Foto, um die Webseite des eigenen Internetauftritts zu verschönern und findet über die Google-Bildersuche eine schier unendliche „Auswahl“; man will eine Sache über eBay verkaufen und benutzt dafür die Produktfotos des Herstellers im Rahmen der Kleinanzeige; ein Unternehmen lässt Fotos von einem professionellen Fotografen für eine Unternehmensbroschüre zum 75-jährigen Jubiläum anfertigen und verwendet die Fotografien anschließend auch noch im Rahmen der Facebook-Unternehmensseite oder für eine Werbeanzeige im Internet.

Nur drei Beispiele. Aber jedes Mal wurde in diesen gegen das Urheberrecht verstoßen – vermutlich ohne, dass es dem Verletzer klar war.

Im ersten Fall gilt die einfache Merkregel: Weiß ich, wessen Foto ich verwenden möchte und hat derjenige es mir ausdrücklich erlaubt? Kann man diese Frage nicht beantworten, so ist die Nutzung grundsätzlich unberechtigt.
Im zweiten Fall gilt die ebenso einfache Merkregel: Will ich Sachen über eBay (oder anderen Verkaufsplattformen) im Internet verkaufen, so muss ich eigene Bilder verwenden oder mir vor der Verwendung fremder Produktfotos die Erlaubnis des Rechteinhabers einholen.
Im dritten Fall gilt die etwas kompliziertere Merkregel: Habe ich Bilder von einem Fotografen für einen bestimmten Zweck anfertigen lassen, so ergibt sich der Umfang der erlaubten Nutzung dieser Fotografien aus der konkreten Vereinbarung mit dem Fotografen. Die Rechteeinräumung umfasst im Zweifel immer nur die konkret vereinbarten Verwendungszwecke und Nutzungsarten.

Hat man nun aber gegen das Urheberrecht verstoßen, so ist zu erwarten, dass der Urheber oder der Inhaber der (ausschließlichen/exklusiven) Nutzungsrechte dagegen vorgehen wird, eine Abmahnung ist in der Regel die Folge. Und die kostet Geld – und zwar vor allem Anwaltskosten der Gegenseite und Schadensersatz für die unberechtigte Bildnutzung, dies ist der sogenannte Lizenzschaden, i.d.R. eine Lizenzgebühr.

Bei der Frage der „angemessenen Lizenzgebühr“ orientieren sich die Urheber bzw. Rechteinhaber immer wieder gerne an der Übersicht der marktüblichen „Vergütung für Bildhonorare“, herausgegeben von der Mittelstandgemeinschaft Fotomarketing (MFM), einer Arbeitsgruppe des Bundesverbandes der Pressebildagenturen und Bildarchive e.V. Die MFM gibt jährlich seit 1978 unter dem Titel „Bildhonorare – Übersicht der marktüblichen Vergütungen für Bildnutzungsrechte“ eine Zusammenstellung der Honorar- und Konditionsstrukturen (sogenannte MFM-Tabelle) heraus, die der Transparenz des Marktes und den an ihm beteiligten Bildlieferanten und Bildnutzern zur allgemeinen Information, Planung und Kalkulation dienen soll.
Diese Zusammenstellung der durch die MFM veröffentlichten Bildhonorare weisen für die Nutzung von Bildern in verschiedenen Medienbereichen Vergütungen für die Einräumung von Bildnutzungsrechten aus. In den entsprechenden Honorartabellen wird eine Reihe von typischen Bildnutzungen aufgeführt, das heißt die Verwendung von Fotos in oder für verschiedene Medien, auch aus dem Bereich des Internet.
Die Ermittlung der Vergütung erfolgt nach den Grundparametern Nutzungsart (Medium), Nutzungsumfang
(Größe/Format, in dem die Abbildung wiedergegeben wird) und Nutzungsdauer (Dauer der Veröffentlichung). Daneben fließen in die Vergütung noch spezifische Konditionen in Gestalt von Zuschlägen und Nachlässen ein, die der jeweiligen Nutzungsart bzw. dem jeweiligen Medium zugeordnet sind. So ergibt sich dann eine Gesamtvergütung für die Nutzung von produzierten Fotos. Da die MFM eine Interessenvereinigung ist, liegt es auf der Hand, dass die dort „ermittelten“ Preise hoch und urheberfreundlich sind. Ob diese Preis tatsächlich so am freien Markt realisiert werden können, steht auf einem anderen Blatt, dies gilt jedenfalls, wenn es sich bei den verwendeten Fotos nicht um solche eines professionellen und kommerziellen Fotografen handelt. Hierüber gibt es immer wieder Streit und beschäftigt deshalb auch immer wieder die Gerichte.

Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 13. September 2018, Aktenzeichen I ZR 187/17) hat sich nun zur unberechtigten Verwendung von Fotografien und den damit verbundenen zu erstattenden Anwaltskosten der Gegenseite sowie zur Berechnung des Lizenzschadens und der regelmäßigen diesbezüglichen Praxis der schematischen Anwendung der MFM-Tabelle geäußert und einige Klarstellungen für den alltäglichen Bereich des nicht-professionellen Fotografen-Umfelds getroffen:
• Der Unterlassungsgegenstandswert von 6.000,00 Euro ist im Rahmen einer Abmahnung wegen der unerlaubten Verwendung eines Fotos nicht zu beanstanden. Daraus folgt, dass diesbezüglich errechnete Abmahnkosten in Höhe von 571,44 Euro (brutto) gefordert werden können.
• Ein Lizenz-Schadensersatz in Höhe von 100 Euro kann bei der Zugänglichmachung eines Fotos auf einer Webseite bei einem nicht-professionellen Fotografen durchaus ausreichend sein.
• Die MFM-Tabelle ist der Berechnung des Lizenzschadensersatzes bei Fotografien nicht anzuwenden, wenn es sich um Fotos handelt, die nicht von professionellen Marktteilnehmern handelt.
• Im Fall der unerlaubten Verwendung einer Fotografie bei der auch der Urheber nicht namentlich benannt wird ist, kann, sofern geltend gemacht, ein Verletzerzuschlag in gleicher Höhe wie der Lizenzschadensersatz zugesprochen werden (100 %-Aufschlag).
• Laut BGH erscheint es fraglich, ob die von der Mittelstandsvereinigung Fotomarketing, einer Interessenvertretung der Anbieterseite, einseitig erstellten MFM-Empfehlungen branchenübliche Vergütungssätze enthalten, die tatsächlich so am Markt durchgesetzt und bezahlt werden.

Mit der ausdrücklichen Klarstellung des BGH, dass die MFM-Tabelle für das nicht professionelle Fotografenumfeld nicht geeignet ist, hat der BGH den argumentativen Weg geebnet, damit überhöhte Lizenzforderungen, die in der Vergangenheit gerne mit der MFM-Tabelle begründet wurden, nunmehr zurückgewiesen werden können. Auf der anderen Seite bedeutet es aber auch, dass bezüglich der geltend gemachten Abmahnkosten „nach unten“ argumentativ nicht mehr viel zu machen sein wird, da ein Gegenstandswert von 6.000,00 € für den Unterlassungsanspruch dem BGH auch bei „Laienfotografien“ nicht zu hoch ist.

Daniel Atzbach, MBA
Rechtsanwalt, Partner

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