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Auswege aus dem Zinsdilemma. Hat Geldanlage eine Zukunft?

Eine Untersuchung zum Sparverhalten der Deutschen

AutorDaniel Flörchinger, Jakob Bouchetob, Marvin Müller, Niklas Litzenberger
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl61 Seiten
ISBN9783668023291
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis26,99 EUR
Studienarbeit aus dem Jahr 2015 im Fachbereich BWL - Bank, Börse, Versicherung, Duale Hochschule Baden-Württemberg Mannheim, früher: Berufsakademie Mannheim, Veranstaltung: Postbank Finance Award, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Problematik der Geldanlage im Niedrigzinsumfeld hat sich zu einem hoch diskutierten Thema bei deutschen Finanzdienstleistern entwickelt. Das Sparverhalten der Deutschen, welches sich in der Vergangenheit bewährt und in deren Bewusstsein etabliert hat, ist aufgrund der heutigen, niedrigen Zinsen nicht mehr zeitgemäß. Direktbanken versuchen sich gegenseitig durch höhere Tagesgeldsätze zu übertreffen. Start-Up Unternehmen und Crowdfunding-Plattformen versprechen hohe Renditen, um einen Mehrwert gegenüber den traditionellen Anlagemöglichkeiten zu bieten, doch häufig werden die damit einhergehenden überhöhten Risiken nicht offengelegt. In der Tat besteht die Notwendigkeit zu alternativen Anlagemöglichkeiten. Doch wie bereits Warren Buffet sagte, entsteht Risiko dann, wenn man nicht weiß was man tut. Genau an diesem Punkt sollten die Banken anknüpfen und ihre Kunden mit adäquaten Produktlösungen abholen. Durch ihr branchenspezifisches Know-How können sie ihren Kunden eine mögliche Überrendite zu einem berechenbaren, begrenzten Risiko anbieten oder dieses sogar gänzlich eliminieren. Der bestehende Wunsch nach Alternativen konnte in einer durchgeführten Online-Umfrage exemplarisch belegt werden. Hierin spiegelt sich die Sparhaltung und (Ab-)Neigung gegenüber den aktuellen Bankenlösungen von rund 670 Teilnehmern wider. Zielgruppe der Befragung waren vor allem junge Sparer. Außerdem ist der Befragung das Interesse der 'Generation Y' an alternativen Investmentstrategien und -produkten zu entnehmen. Im Rahmen der Arbeit werden jeweils zwei aktive und passive Lösungsansätze vorgestellt. In der Variante der aktiven Vermögensverwaltung wird das angelegte Vermögen von einem Vermögensmanager verwaltet. Das Produkt 'IndexSelect' ermöglicht durch das Festlegen eines Caps und Floors die begrenzte Gewinnpartizipation an einem Index, auf der anderen Seite wird die Verlustpartizipation ausgeschlossen. Die passiven Lösungsansätze basieren auf ETFs und Aktien, die durch eine spezielle Gewichtung bzw. einen logischen Algorithmus eine Überrendite gegenüber ihrer Vergleichsindices ermöglichen. Die Produktlösungen wurden in einer Fallstudie konkret aufgegriffen. Dadurch konnte deren mögliche Effektivität aufgezeigt, sowie ein Implementierungsansatz geliefert werden.

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Leseprobe

2. Marktbeschreibung/ -analyse


 

2.1 Marktumfeld


 

Um angemessen auf das neue Marktumfeld reagieren und die entsprechenden Maßnahmen einleiten zu können, ist es essentiell, sich intensiv mit den aktuellen Marktgegebenheiten auseinanderzusetzen und die entscheidenden Rahmenbedingungen zu definieren. Daher wird im folgenden Abschnitt zunächst näher auf das vorherrschende Niedrigzinsumfeld sowie die zukünftig erwartete Entwicklung eingegangen.

Die Problematik der Geldanlage im Niedrigzinsumfeld[14] hat sich zu einem hoch diskutierten Thema bei deutschen Finanzdienstleistungsinstituten entwickelt.[15] Das Sparverhalten der Deutschen, welches sich in der Vergangenheit bewährt und in deren Bewusstsein etabliert hat ist aufgrund der heutigen niedrigen Zinsen nicht mehr zeitgemäß. Das Sparbuch, Tages-/ Festgeldinvestitionen und deutsche Staatsanleihen, mit welchen Sparer früher auskömmliche Renditen erwirtschaften konnten, bringen heute Renditen, die oftmals nicht einmal mehr ausreichen, um die Inflationsrate auszugleichen[16]. Im August 2014 wurde zehnjährige Bundesanleihen gerade noch mit 1,1 % Zinsen p.a.[17] verzinst. In Tabelle 1 wird ein Überblick über die Verzinsung der weiteren genannten Anlageklassen gegeben. Auch wenn die offizielle Inflationsrate aktuell recht niedrig angegeben wird, liegt der Realzins zunehmend sogar unter der Nulllinie. Wird zusätzlich die Kapitalertragssteuer mitberücksichtigt, so ist mit diesen Anlageformen nicht einmal mehr ein realer Vermögenserhalt möglich.[18]

 

 

Tabelle 1: Verzinsung klassischer Anlagemöglichkeiten p.a. (Daten bezogen aus: FHM-Finanzberatung)

 

Langfristige Vorsorgeziele, beispielsweise für das Rentenalter, konnten in der Vergangenheit durch Sparsamkeit und den Zinseszinseffekt erreicht werden.[19] Heute existiert der Zinseszinseffekt für risikoarme Anlagen so gut wie nicht mehr.

 

Hätte ein heute 40-Jähriger im Jahr 2004 einen Sparplan mit monatlich je 100 Euro bespart, so hätte er für seinen Rentenantritt nach damaligen Zinssätzen ein Vermögen von 122.000 Euro einkalkulieren dürfen. Mit der Fortschreibung der heutigen Zinssätze käme er nur noch auf 67.000 Euro. Dieser starke Rückgang wird in Abb. 1 grafisch verdeutlich. Spätestens diese beispielhafte Rechnung zeigt die Notwendigkeit zur Auseinandersetzung mit alternativen Anlagemöglichkeiten, um der drohenden Altersarmut zu entkommen.[20]

 

 

 

Abbildung 1: Veränderung des Zinseszinseffekts (Eigene Darstellung)

 

Doch ebenso ist die Niedrigzinsära auch für die Anbieter von Finanzdienstleistungen eine große Herausforderung. Einige Institute sehen sich gezwungen das gesamte althergebrachte Geschäftsmodell in Frage zu stellen. Die dahingehende Notwendigkeit lässt sich durch einen Blick auf japanische Banken erkennen, die dem Niedrigzinsproblem bereits seit Ende der 1990er Jahre ausgesetzt sind und Anpassungen vornehmen mussten[21]. Die Versicherungsbranche steht mit ihren Vorsorgeprodukten wie Kapitallebensversicherungen oder Rentenversicherungen vor einem großen Problem. Durch die in früheren Zeiten abgeschlossenen Verträge haben sie sich ihren Kunden gegenüber zu einer heute mit risikoarmen Produkten kaum noch zu erzielende Rendite verpflichtet. Ab 2015 wurde der Garantiezins der Lebensversicherungen auf 1,25% abgesenkt, womit das Sparkapital nach Abzug aller Kosten inzwischen etwa zwanzig Jahre unter dem Wert der eingezahlten Beiträge liegt.[22] Auch Banken ist es nicht mehr möglich eine auskömmliche Zinsmarge zu erwirtschaften, wenn sie bei ihren eigenen Geldanlagen nur noch Minimalzinsen erzielen können und noch dazu erhebliche neue Lasten durch neue Regulierung und Bürokratie tragen müssen.[23]

 

2.2 Schlussfolgerungen aus dem neuen Zinsumfeld


 

Das neue Zinsumfeld erfordert eine Anpassung des Geschäftsmodells an die aktuelle Situation. Um die richtigen Konsequenzen daraus ziehen zu können, sollten zwei zentrale Fragen näher erörtert werden. Zunächst soll beantwortet werden, worin die tatsächliche Ursache des Zinstiefs zu sehen ist. Kann die Begründung wirklich auf die Geldpolitik der Zentralbanken abgestellt werden, oder gibt es weitere Faktoren, die zu berücksichtigen sind? Außerdem sollte die zukünftige Entwicklung der Zinssituation betrachtet werden, d.h. ob in absehbarer Zeit eine grundlegenden Umkehr, folglich wieder steigende Renditen, zu erwarten sind oder nicht. Diesen Fragen wird häufig zu wenig Bedeutung zugemessen und sie werden aus Sicht der Verfasser oftmals nur bedingt korrekt beantwortet.

 

Bei der Betrachtung der historischen Entwicklung der Realzinsen[24] in Deutschland ist ein eindeutiger Rückgang zu erkennen. In Abb. 4 lässt sich dieser bereits seit fünfzehn Jahren mehr oder weniger stark, mit Ausnahme der kurzen Gegenbewegung zwischen 2007 und 2010, erkennen. Somit kann bereits von einem Trend gesprochen werden, der über alle Zinszyklen der EZB zu erkennen war. In den südeuropäischen Staaten zeichnet sich der Abwärtstrend ebenfalls deutlich ab. Die europäische Schuldenkrise führte aufgrund des steigenden Risikobewusstseins des Ausfallrisikos südeuropäischer Staatsanleihen zu einer Gegenbewegung.[25] Daher befinden sich diese auf einem historisch gesehen relativ normalen Niveau. Die Schuldenkrise hat den Unterschied zwischen Deutschland und Südeuropa weiter verdeutlicht. Bis 2007 warfen deutsche und italienische Staatsanleihen annährend gleiche Renditen ab. Die Befürchtung der Marktteilnehmer, dass italienische Staatsanleihen mit einem höheren Ausfallrisiko behaftet sind,[26] hat den Renditeverfall in den südeuropäischen Staaten umgekehrt und in Deutschland noch beschleunigt. Somit hat sich die Spanne zwischen deutschen und Südeuropäischen Staatsanleihen weiter ausgedehnt.[27]

 

 

 

Abbildung 2: Realzinsen in Deutschland, Italien und Frankreich seit 1994 (Daten bezogen aus: Statista bzw. B+L Marktdaten GmbH)

 

Aus diesen Fakten lässt sich die Aussage ableiten, dass die Verantwortung für die niedrigen Zinsen eben nicht einseitig den Zentralbanken beizumessen ist. In Folge dessen ist auch im Fall einer Änderung der Krisenpolitik der EZB und Fed nicht zwingend mit einem schnellen Zinsanstieg zu rechnen.

 

Tatsächlich ist das Handeln der Zentralbanken direkt für kurzfristigen Zins des Interbanken-Kreditmarktes und damit unmittelbar für die Verzinsung von Geldmarktkonten und kurzfristigen Sparguthaben von großer Bedeutung.[28] Die Rendite einer fünf- oder zehnjährigen Geldanlage wird durch die Leitzinsen der Notenbanken hingegen nur am Rande beeinflusst.[29] Die Zuteilung der Verantwortung an die Zentralbanken für die niedrigen Zinsen führt zu einer essentiellen Fehleinschätzung der Dauer der Niedrigzinsphase. Denn wenn der Einfluss der EZB und Fed auf den langfristigen Zins nicht der entscheidende Einflussfaktor ist, so ist das Ende der Niedrigzinsphase mit dem Ende der expansiven Geldpolitik der Zentralbanken keinesfalls beendet.

 

Als eigentlicher, volkswirtschaftlich fundierter Grund für den globalen Realkapitalzinssatz lässt sich die Theorie der „Sparschwemme“ („saving glut“) des früheren Fed-Chefs Ben Bernanke anführen.[30] Dieser Theorie zufolge ist die in den letzten Jahren zunehmende globale Ersparnis für den Zinsrutsch verantwortlich.[31] Sowohl in den Industriestaaten, wie auch in den Schwellenländern nimmt die Kapitalbildung und Suche nach rentablen Anlagen zu. In vielen Wirtschaftsräumen spielt der demographische Wandel hierbei eine entscheidende Rolle, da wachsende Kapitalstöcke gebildet werden, um den Folgen der zunehmend älteren Bevölkerung und den damit verbundenen geringeren Altersrenten vorzusorgen. Diesem stark wachsenden Angebot an Ersparnis stehen zu geringe rentable Anlagemöglichkeiten gegenüber.[32] Während in den fortschrittlichen Industriestaaten die Rendite aufgrund der bereits hohen Kapitalausstattung nur noch gering ist, wird das erhebliche Potential für rentable Investitionen in den Schwellenländern aufgrund weniger marktfreundlicher Politik in Ländern wie Russland, Indien oder Brasilien nicht ausgenutzt. Dieses zunehmende Missverhältnis zwischen zu geringen Investitionsmöglichkeiten auf der einen Seite und globaler Sparflut auf der anderen Seite führt zu einer stetigen Abnahme des...

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