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E-Book

Berufliche Belastungen von schulischen Sportlehrkräften

AutorOlaf Halber
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl86 Seiten
ISBN9783638022507
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis31,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Didaktik - Sport, Sportpädagogik, Note: 2,7, Deutsche Sporthochschule Köln (Institut für Sportdidaktik), 56 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Kaum ein anderer Berufsstand ist in der Öffentlichkeit einer solch kontroversen Diskussion über Berufstätigkeit, berufliche Belastung und deren Beanspruchungsfolgen ausgesetzt wie der des Lehrers (vgl. RUDOW 1995: 3). Neuere Studien untersuchen arbeits- und organisationsbedingte Belastungsmomente und verdeutlichen, dass jeder Beruf, auch der des Lehrers, seine ihm charakteristischen Merkmale der Anforderungen hat (vgl. KÖRNER 2002: 56). Im Ergebnis zeigt sich, dass im Vergleich zu anderen Berufen der Lehrerberuf heutzutage aus vielen verschiedenen Gründen als einer der anstrengendsten Berufe überhaupt gilt (vgl. KÖRNER 2002: 152).Wenn jeder Beruf seine charakteristischen Merkmale aufweist, stellt sich die Frage, ob man auch lehrerfachspezifische Unterschiede hinsichtlich der beruflichen Anforderungen sichtbar machen kann. Aus der grundsätzlich heterogenen Gruppe der Lehrer lässt sich der Sportlehrer herausgreifen, da der Sportunterricht sich sehr deutlich von anderen Fächern unterscheidet. Kann Sportunterricht überhaupt belastend auf den Lehrer wirken, wo doch der Sport und somit auch der Sportunterricht als gesund und gesundheitsförderlich angesehen werden (vgl. HUNDELOH 2005:142)? Folgende Leitfragen bestimmen den Aufbau der Arbeit: 1.Welchen Anforderungen hat der Lehrer in seiner beruflichen Tätigkeit gerecht zu werden? 2.Wie ist der theoretische Zusammenhang zwischen den Anforderungen, der Belastungssituation und den Beanspruchungsfolgen im Lehrerberuf? 3.Welche potentiellen Belastungsfaktoren beinhaltet der Sportunterricht für den Sportlehrer? 4.Wie ist das tatsächlich wahrgenommene Belastungsempfinden der Sportlehrer? 5.Welche Beanspruchungsfolgen treten aufgrund der Belastungen beim Lehrer auf?

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Leseprobe

4 Theorie der Belastung und Beanspruchung


 

4.1 Bestimmung der zentralen Begrifflichkeiten


 

Bei der Sichtung der Literatur, die sich mit der Thematik der Lehrerbelastung auseinandersetzt, wird deutlich, dass viele Autoren zentrale Begrifflichkeiten nicht entsprechend ihrer Bedeutung verwenden. Begriffe wie Belastung und Beanspruchung haben aufgrund des deutschen Sprachgebrauches einen wertenden, meist negativen Charakter. Hübner/Werle (1997) verweisen darauf, dass z.B. der Belastungsbegriff nicht nur negativ, sondern auch positiv bewertet werden muss und als Her­aus­forderung gesehen wer­den sollte, die im Menschen Bewältigungswillen und Kreativität freisetzen kann (vgl. Hübner/Werle 1997: 218f.). Dieser un­ein­heitliche Gebrauch erschwert sowohl die Zugangsweise als auch einen Ver­gleich der einzelnen Arbeiten untereinander.

 

In Bezug auf das im weiteren Verlauf erläuterte und als Grundlage für die Ar­beit dienende Rahmenmodell der Belastung und Beanspruchung, sollen die Begriffe entsprechend der von Rudow (1995) definierten Terminologie ver­wendet werden:

 

„Unter objektiver Belastung sind alle diejenigen Faktoren in der (pädagogischen) Tätigkeit zu verstehen, die unabhängig vom In­dividuum (Lehrer) existieren und potentielle Beanspruchungen hervorrufen.“ (Rudow 1995: 42)

 

„Die subjektive oder psychische Belastung entsteht durch Wider­spiegelung der objektiven Belastungsfaktoren.“(Rudow 1995: 42).

 

Bei einer subjektiven Belastung „tritt als Wirkung im Organismus die psycho­physische Beanspruchung mit positiven und/ oder negativen Folgen auf“ (Rudow 1995: 13).

 

4.2 Das gemeinsame Grundkonzept und die darauf aufbauende Systematisierungsvielfalt von Belastungserscheinungen.


 

Basis aller Be­lastungs- und Beanspruchungserscheinungen ist die Tätigkeits- und Handlungstheorie, die im Folgenden erläutert wird (vgl. Rudow 1995: 13).

 

4.2.1 Tätigkeits- und Handlungstheorie


 

Die Tätigkeits- und Handlungstheorie zeichnet sich durch ihre integrative Funktion und die ganzheitliche Beschreibung und Erklärung menschlicher Tä­tigkeiten aus und kann als theoretische Basis zur Dar­stellung beruflicher Be­lastungen verwendet werden (siehe Abbildung 7). Die Theorie überwindet die Kluft zwischen Denkprozessen und Voll­zugs­handlungen mit gleich­zeitigem Blick auf die darauf einwirkenden psy­chischen Prozesse wie Emotion oder Motivation. Sie erweitert die bisherigen Ansätze zur Belastungsanalyse, die meist von Reiz-Reaktionsprozessen zwischen Person und Umwelt aus­gehen, um die gegen­ständliche Tätigkeit und zielgerichtete Handlung, die als Ver­bindungselement zwischen beiden Größen wirkt.

 

Rudow (1995) wiederum entwickelte aus diesem allgemeinen Tätigkeits- und Handlungskonzept ein berufsspezifisches Modell, das den Zusammenhang zwischen der Lehrertätigkeit, den subjektiven Handlungsvoraussetzungen und den objektiven Anforderungen verdeutlicht.

 

Jede Lehrerhandlung führt zu einem Abgleich der Anforderungen mit den in­dividuellen Handlungsvoraussetzungen des Subjekts. Die auf diese Weise be­werteten Anforderungen stellen bei einer individuell variablen Intensität eine Belastung dar, die auf den Organismus des Lehrers einwirkt und positive oder negative psychosomatische Beanspruchungsfolgen messbar werden lässt.

 

Abbildung 7: Handlungs- und Tätigkeitsmodell eines Lehrers

 

 

Quelle: Eigene Darstellung nach Rudow (1995:13)

 

Innerhalb der Veröffentlichungen, die sich mit dem Forschungsbereich der allgemeinen Lehrerbelastung oder der fachspezifischen Lehrerbelastung be­schäftigen, verwenden die jeweiligen Autoren unterschiedliche Sys­temati­sierungskonzepte der objektiven Anforderungen, um sich der Thematik an­zunähern.

 

4.2.2 Ansätze zur Systematisierung der objektiven Anforderungen


 

Bei der Analyse der fachunspezifischen und sportfachspezifischen Literatur kann man zwei dominierende Systematisierungsansätze zur Kategorisierung der objektiven Anforderungen erkennen.

 

4.2.2.1 Arbeitswissenschaftlicher Ansatz

 

Der erste Systematisierungsansatz orientiert sich am arbeitswissenschaftlich geprägten Belastungsmodell von Schönwälder (1988), in dem sowohl die Arbeitsbedingungen als auch der Arbeitsauftrag des Lehrers Merkmale der Lehrertätigkeit sind. Die objektiven Belastungsmomente entstehen durch die Anforderungen, die aus dem Arbeitsauftrag und den Arbeitsbedingungen ent­stehen (vgl. Schönwälder 1988: 100 ff.).

 

Abbildung 8: Die zwei Kategorien der objektiven Belastung nach Schönwälder

 

 

Quelle: Eigene Darstellung nach Schönwälder (1988:101)

 

Bei diesem arbeitswissenschaftlichen Ansatz erhalten die aus den zwei Kate­gorien stammenden Belastungsmomente, wie in Abbildung 9 dargestellt, eine subjektive Wertung durch Interaktion der individuellen Leistungs­voraussetzungen des Lehrers mit den Belastungen, die an ihn gestellt werden (vgl. Schönwälder 1988: 101).

 

Mit dem Begriff der subjektiven Leistungsvoraussetzungen werden in diesem Ansatz Faktoren wie Persönlichkeitsstruktur, Werteorientierung, Berufs­erfahrung, berufliche Qualifikation, Alter, Geschlecht, körperliche Leistungs­fähigkeit zusammengefasst.

Abbildung 9: Die subjektive Bewertung der objektiven Belastung nach Schönwälder

 

 

Quelle: Eigene Darstellung nach Schönwälder (1988:101)

 

Rudow (1995) entwickelte aus diesem dualen Systematisierungsansatz von Schönwälder (1988) eine differenziertere Klassifikation der Lehrertätigkeit mit vier Bezugsgrößen (siehe Abbildung 10): Arbeitsaufgaben/schul­organisatorische Be­dingungen, schulhygienische Bedingungen, soziale Bedingungen und gesellschaftlich–kulturelle Bedingungen (vgl. Rudow 1995: 60).

 

Abbildung 10: Die vier Kategorien der objektiven Belastung nach Rudow

 

 

Quelle: Eigene Darstellung nach Rudow (1995:60)

 

Auch Rudow (1995) verdeutlicht in seinem Modell noch einmal die Be­wertung der objektiven Belastung. Sie wird von ihm mit dem Begriff der Wider­spiegelung bezeichnet und kann mit Hilfe der von Rudow benannten Hand­lungsvoraussetzungen vollzogen werden (siehe Abbildung 11). Dieser Bewertungsprozess kann in Wahrnehmung, Be­wertung und kognitive Ver­arbeitung unterschieden werden (vgl. Rudow 1995: 42). Der Begriff der Handlungsvoraussetzungen umfasst z.B. Faktoren der Einstellung, der sozialen Handlungskompetenz, pädagogischen Qualifikation, Berufserfahrung und Leistungsfähigkeit (vgl. Rudow 1995: 43).

 

Abbildung 11: Die subjektive Bewertung der objektiven Belastung nach Rudow

 

 

Quelle: Eigene Darstellung

 

Reichen die Handlungskompetenzen nicht aus, den Anforderungen zu ent­sprechen, kommt es zu einer negativen Belastung, die durch eine Be­an­spruchungsreaktion des Individuums erkennbar wird (vgl. Rudow 1995: 45).

 

Auch in den Veröffentlichungen der spezifischen Belastungsforschung im Fach Sport greifen die Autoren auf den arbeitswissenschaftlichen Ansatz zur Sys­tematisierung der fachtypischen Belastungsmomente zurück. Heim/Gerlach (1998) verwenden in ihrer Veröffentlichung „Burnout – Auch ein Thema für den Sportlehrerberuf?“ das Modell von Schönwälder und sammeln Be­lastungsmomente, die einerseits aus der schulischen Arbeits­umgebung und -organisation entstehen und andererseits der unmittelbaren unterrichtlichen Tätigkeit entstammen (vgl. Heim/Gerlach 1998: 334 ff.).

 

In einer späteren Veröffentlichung von Heim/Klimek (1999) greifen diese zur thematischen Ordnung ihrer Belastungsfaktoren auf die aus vier Klassi­fika­tionen bestehende Systematisierung von Rudow (1995) zurück und er­weitern sie um eine fünfte Kategorie, indem sie die nach Rudow zu­sammen­gefassten Arbeitsaufgaben und schulorganisatorischen Rahmenbedingungen in zwei Kategorien trennen (vgl. Heim/Klimek 1999: 38).

 

4.2.2.2 Ansatz des unterrichtlichen Handelns

 

Die zweite dominierende Kategorisierung im Fach Sport basiert auf dem von Scherler entwickelten Modell des didaktischen Vierecks, das die unter­richtliche Tätigkeit als zentrale Handlung des Lehrers definiert und als Fundament für eine Sammlung...

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