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Chancen und Risiken von eProcurement in Industriebetrieben

AutorMartin Strauss
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2002
Seitenanzahl101 Seiten
ISBN9783638130561
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis31,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2001 im Fachbereich BWL - Industriebetriebslehre, Note: 2.0, Georg-August-Universität Göttingen (Lehrstuhl für Industrielles Management und Unternehmensrechnung), Sprache: Deutsch, Abstract: Die Arbeit verfolgt die Zielsetzung, die Chancen und Risiken von eProcurement-Lösungen für Unternehmen herauszustellen und zu bewerten. Dabei wird in dieser Ausarbeitung nur auf den Einsatz von eProcurement in Industrieunternehmen eingegangen.

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Leseprobe

3 Chancen und Risiken von eProcurement


 

3.1 Betrachtungsweise


 

In dem relativ neuen Markt des eProcurement überwiegt bei Unternehmen eine leichte Euphorie über die möglichen Einsparungen einer internetgestützen Beschaffung. Doch diese Stimmung basiert zu einem erheblichen Teil auf den Aussagen und der Werbung von B2B Lösungsanbietern. Die Umstellung der Beschaffungsprozesse auf eine eProcurement Lösung sind mit wesentlichen Veränderungen und Konsequenzen für das gesamte Unternehmen verbunden. Um ein eProcurement Projekt durchzuführen, sind für einen Industriebetrieb zahlreiche unternehmensspezifische Evaluierungen zu bedenken. Die Ermittlung von Prozesskosten, die Kategorisierung von Materialgruppen, die Beschaffungsorganisation oder die Lieferantenstruktur sind neben anderen Einflussgrößen für jedes Unternehmen entscheidend bei der Frage, welcher Weg bei der Einführung von eProcurement eingeschlagen wird. Zu diesen individuellen Entscheidungsgrößen kommen Chancen und Risiken auf verschiedenen strukturellen Ebenen, die unternehmensübergreifend die Implementierung verschiedener eProcurement-Lösungen betreffen. Diese Chancen und Risiken sollen hier perspektivisch dargestellt werden.[107]

 

Bei der Betrachtung der Chancen und Risiken aus soll hier nur bei der Kostenperspektive auch auf die Beschaffung von A- und B-Artikeln. Die Beschaffung von A- und B-Teilen ist organisatorisch und mit Blick auf die Lieferanten stark mit der Supply Chain Strategie eines Unternehmens verbunden und soll hier nicht näher beleuchtet werden. Es wird daher in daher in erster Linie auf die Beschaffung mit Hilfe von ePurchasing Systeme eingegangen.

 

3.2 Kostenperspektive


 

3.2.1 Prozesskostenbetrachtung


 

Bei der Diskussion um eProcurement werden die Prozesskosten stets als wichtigste Entscheidungsgröße angesprochen. Wie bereits aufgeführt, entstehen diese im Verhältnis zum Materialwert extrem hohen Kosten bei der Beschaffung von C-Artikeln.[108] Sie setzen sich aus den Personalkosten, den Personalnebenkosten und den Sachkosten zusammen und sind damit auch direkt abhängig von den Durchlaufzeiten in Beschaffungsprozessen. Diese im Beschaffungsprozess anfallenden Kosten sind für viele Autoren der Ausgangspunkt für grundlegende Optimierungspotentiale durch eine internetbasierte Beschaffung. [109] [110]

 

Die Chance für Industrieunternehmen besteht in einer wesentlichen Senkung der Prozesskosten in der Beschaffung von C-Artikeln. Diese wesentliche Senkung wird von den Autoren unterschiedlich prognostiziert. Während die Unternehmensberatung KPMG 1997 noch von einem Einsparpotential von 44 Prozent ausging,[111] wird 1999 schon ein Potential von bis zu 60 Prozent angenommen.[112] Hamm/Brenner gehen in diesem Bereich von Kosteneinsparungen in Höhe von 20 bis 50 Prozent aus,[113] Möhrstädt erwartet Einsparungen von über 60 Prozent.[114]

 

Diese Kostenoptimierungspotentiale werden meistens durch den Einsatz prozessorientierter Werkzeuge erreicht. Durch den Einsatz von Desktop Purchasing Systemen können die Möglichkeiten in der Reorganisation der Beschaffung von C-Artikeln umgesetzt werden. Einzelne zeitintensive Prozessschritte werden aus dem alten Beschaffungsprozess ganz entfernt, andere werden verändert.[115] Dabei spielt die Automatisierung eine nicht unerhebliche Rolle. Die folgenden Teilprozesse sind von der Reorganisation besonders betroffen:

 

 Bedarfsentstehung: Der Bedarfsträger wählt direkt aus einem elektronischen Multilieferantenkatalog aus. Durch den Aufbau des Kataloges wird die Auswahl beschleunigt und der Einkauf nicht mehr von dem Bestellvorgang berührt. Durch die Ausklammerung der Einkaufsabteilung ist in diesem Teilprozess der größte Teil der Prozesskosteneinsparungen möglich.

 

 Kontrollen und Genehmigungen: Aufwendige Genehmigungs- und Prüfungsverfahren, die den Prozess erheblich verlangsamen und so hohe Prozesskosten verursachen, können vom System fast vollständig übernommen werden. Durch diese geringen Maßnahmen sind bereits hohe Einsparungen realisierbar.[116]

 

 Prozesse in der Lagerhaltung: Im Zusammenhang mit eProcurement-Lösungen für C-Artikel wird die Lagerhaltung als eher überflüssig angesehen. Um Prozesskosten in der Bedarfsdisposition und der Bestandsführung zu senken, werden von C-Artikel Lieferanten sehr kurze Lieferzeiten verbunden mit einer kostenstellengerechten Belieferung angeboten.

 

 Wareneingang: Erfolgt eine kostenstellengerechte Warenverteilung zum Bedarfsträger über den Lieferanten oder ein Logistikunternehmen, können ebenfalls Prozesskosten im Wareneingang, z.B. durch Umpacken der Waren und den innerbetrieblichen Weitertransport, eingespart werden.

 

 Buchhaltung: Die Prozesskosteneinsparungen in der Buchhaltung liegen einerseits in der Lieferantenreduktion[117], z.B. bei dem Betreuungsaufwand oder der Zeiteinsparung durch die Bearbeitung von Sammelrechnungen. Andererseits sind Buchung und Zahlung bei einer Anbindung an das ERP-System ohne Medienbrüche und die damit verbundenen Fehler und Durchlaufzeiten möglich. Es entfällt ebenfalls die papierintensive Archivierung.

 

Prozesskosteneinsparungen treten natürlich auch noch in anderen Teilbereichen des Beschaffungsprozesses auf. Damit bietet sich die Chance für Unternehmen diese Kosten in  Geschäftsprozessen transparent zu machen. Gründe für diese notwendige Transparenz sind z.B. die undurchsichtige Gemeinkostenstruktur, das Anwachsen von Überstunden oder der zunehmende Kostendruck auf den Einkauf.

 

Eine untergeordnete Rolle spielen die Prozesskosten bei der Beschaffung durch den Einkauf, z.B. durch die Nutzung von marktorientierten Werkzeugen. Wie aber Erfahrungsberichte zeigen, sind hier ebenfalls die Beschaffungsprozesse mit erheblich weniger Aufwand in Form von Zeitersparnis möglich. Wie am Beispiel der Herlitz PBS AG zu sehen ist, sind Zeiteinsparungen von bis zu 70 Prozent möglich und demzufolge auch hohe Prozesskosteneinsparungen bei Reverse-Auctions erzielbar.[118]

 

 

Tabelle 1:   Beispiel für Prozesskosteneinsparungen durch ePurchasing[119]

 

Neben diesen Chancen der Prozesskostenreduzierung sind auch gewisse Risiken im Bezug auf die Prozesskostenproblematik zu beachten.

 

Den hohen Einsparungserwartungen von bis zu 60 Prozent bei den Prozesskosten muss eine Betrachtung der absoluten Zahlen folgen. Die Prozesskosten machen in einer typischen Einkaufsorganisation ca. 10 Prozent der Gesamtmaterialkosten aus. Prozesskosteneinsparungen sind jedoch ergebniswirksam nur schwer umzusetzen, da es sich meist um nicht abbaubare Kosten handelt. Bei der Reduzierung der Prozesskosten aus verschiedenen Abteilungen fällt es schwer, die einzelnen Mitarbeiter zu identifizieren, bei denen teilweise nur sehr geringe Einsparungen entstehen. Hinzu kommt, dass Einsparungen erst ergebniswirksam werden, wenn die Personalkosten sich auch real reduzieren.[120]

 

 

Tabelle 2:   Änderung des Zeitaufwands bei der Beschaffung mit Reverse-Auction[121]

 

Ein weiteres Risiko liegt bei der Auffassung, dass die Einführung eines prozessorientierten Werkzeugs bereits Prozesskosteneinsparungen mit sich bringt. Ohne ein umfassendes Redesing von Beschaffungsprozessen wird es nicht möglich sein, Einsparungen bei Prozesskosten und den Durchlaufzeiten voll auszuschöpfen.[122] So können Prozesskosten nur dann eingespart werden, wenn neue Prozesse umgesetzt und angewandt werden und nicht mehrere Beschaffungskanäle für identische Materialgruppen zusätzlichen Aufwand erzeugen. Die betriebliche Reorganisation von Beschaffungsprozessen ist jedoch weitaus komplexer als die technische Implementierung des Systems. Prozessverbesserungen sind nicht mit Technologieverbesserungen gleichzusetzen.

 

Sind in einem Unternehmen bereits Prozesse und Organisationsformen verändert worden, um Kosten im Bereich der C-Artikelbeschaffung zu senken, sind mit der Nutzung von ePurchasing Instrumenten die Prozesskosteneinsparungen niedriger als von vielen Seiten angekündigt. Bei BMW, die bereits vor der geplanten Umstellung auf eine eProcurement Lösung ihre Beschaffungsprozesse dezentral und ohne hohen administrativen Aufwand gestalten, liegen die erwarteten Einsparungen nur bei 5 bis 10 Prozent.[123]

 

Ein weiterer Risikobereich sind die Volumina, die bei dem Einkauf über das Internet erreicht werden müssen, um Prozesskostensenkungen überhaupt lohnend zu machen. Es ist offensichtlich, dass bei Konzernen und Grossunternehmen die anvisierten Prozesskosteneinsparungen oftmals auch effektiv umsetzbar sind. Bei Unternehmen unterhalb einer bestimmten Größenordnung ist dieses fraglich, da auf der einen Seite die Potentiale für Prozesskostensenkungen durch geringe Einkaufsvolumina...

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