Wesentliches Motiv der Forderungsverbriefung aus Sicht des Originators ist die Weiterleitung der mit den Forderungen verbundenen Risiken. Durch den Forderungsverkauf können jedoch auch zusätzliche Risiken entstehen. In diesem Kapitel werden daher zunächst die verschiedenen Risiken der CDOs identifiziert und im Anschluss deren Absicherungsmöglichkeiten vorgestellt.
Für die Investoren ist eine Beurteilung der Risiken auf Grund der Komplexität der Transaktionen nur unzureichend möglich. Daher werden die Risiken der CDOs von unabhängigen Ratingagenturen bewertet, um eine Platzierung der Wertpapiere auf dem Kapitalmarkt zu ermöglichen.[101] Abschließend erfolgt die Darstellung des Ratingprozesses, der Ratingsymbole und der Ratingmethode von Moody’s erfolgt.
Eine Reihe von verschiedenen Risiken bestehen bei der Verbriefung von Forderungen. Die wichtigsten Risiken werden im folgenden Abschnitt definiert, wobei das Kreditrisiko als elementares Risiko detailliert beschrieben wird.
Das Ausfallrisiko bei CDOs stellt, anders als bei anderen Wertpapieren, ein zentrales Risiko dar. Es besteht bei der Pay-Through-Struktur für das SPV und bei der Pass-Through-Struktur für die Investoren die Gefahr, dass ein Schuldner als Emittent oder Kontrahent seinen Verpflichtungen nicht nachkommt und daraus Zahlungsausfälle resultieren. Das Ausfallrisiko bei CDOs liegt dabei hauptsächlich bei den Kreditnehmern aus dem Referenzportfolio, da aus den Kreditrückzahlungen die Forderungen der Investoren bedient werden. Verändert sich die Bonität eines Kreditschuldners, wirkt sich das folglich auf das Ausfallrisiko des entsprechenden Kredites aus. Die Veränderung der Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls (Bonitätsrisiko) ist daher mit dem Ausfallrisiko verknüpft.[102]
Das Ausfallrisiko des Referenzportfolios wird in erwartete und unerwartete Verluste unterteilt. Der erwartete Verlust (expected loss) wird bei der Risikobeurteilung vor Kreditgewährung berechnet und gilt als Erwartungswert der Wahrscheinlichkeitsverteilung der Verluste durch Ausfälle in dem Forderungspool. Wird das Risiko als Abweichung eines Erwartungswertes vom Realwert definiert, so stellt der erwartete Verlust kein eigentliches Risiko dar, da er kalkulierbar ist. Das Risiko der Überschreitung des Erwartungswertes für den Verlust stellt demnach die eigentliche Gefahr dar. Der unerwartete Verlust (unexpected loss) stellt daher die Differenz zwischen Maximalverlust und dem erwarteten Verlust dar und wird auch als „Credit Value at Risk“ bezeichnet.[103] Die Verteilung des Ausfallrisikos wird in der Abbildung 3 dargestellt.
Abbildung 3: Verteilung des Ausfallrisikos
Quelle: Wolke[104]
Auffällig in Abbildung 3 ist die Linksschiefe der Verlustverteilung. Grundlage dafür ist die große Wahrscheinlichkeit, dass ein Kredit gar nicht oder nur kleine Beträge ausfallen. Hohe Ausfälle sind hingegen eher eine Seltenheit.[105]
Das Marktrisiko wird in systematisches und unsystematisches Risiko unterteilt. Die Veränderung von Aktien, Währungen, Waren oder Zinsen des Gesamtmarktes und ihre Volatilitäten werden als systematisches Risiko bezeichnet.[106] Bei der Forderungsverbriefung spielen das Zinsänderungs- und Währungsrisiko eine Rolle. Verändert sich die Höhe der Zinszahlungen der Forderungsschuldner, sodass sie unter die an die Investoren der ABS fällt,[107] oder erfolgen die Zinszahlungen der Forderungsschuldner durch Verschiebung zu anderen Zeitpunkten als die an die Investoren der ABS, spricht man von einem Zinsänderungsrisiko. Ein Währungsrisiko ist vorhanden, wenn der Forderungspool und ABS in unterschiedlichen Währungen lauten und somit einem Wechselkursrisiko ausgesetzt sind.[108] Das unsystematische Risiko wird auch als spezifisches oder diversifizierbares Risiko bezeichnet und tritt nicht bei allen Investments gleichzeitig auf. Es ist daher durch ein breit gestreutes Portfolio wegdiversifizierbar.[109] Die Messung des Marktrisikos erfolgt u.a. anhand von Value at Risk-Modellen.[110]
Gehen die Zins- und Tilgungszahlungen der Kreditnehmer verspätet ein (Delinquency Risk) können daraus Liquiditätsrisiken im Pool entstehen. Die termingerechte Erfüllung der Investorenansprüche wird gefährdet, da die benötigten Zahlungsströme nicht vorhanden sind.[111] Auf das Risiko der vorzeitigen Rückzahlung und deren Auswirkungen wurde bereits in Kapitel 2.4.1 bei der Beschreibung der Pass-Through-Struktur eingegangen.
Ein Marktliquiditätsrisiko besteht bei einem fehlenden aktiven Markt, wenn nur eine kleine Anzahl von Teilnehmern auf dem Markt aktiv ist oder nur ein eingeschränkter bzw. kein Handel auf dem Markt stattfindet. [112]
Die Strukturierung der Verbriefung selbst birgt ebenfalls Risiken. Durch die Komplexität der Transaktion, die Anzahl der Beteiligten oder die Kombination der Strukturelemente entstehen zusätzliche Gefahren. Die Investoren müssen daher nicht nur die Qualität des Forderungspools bewerten, sondern zusätzlich die gesamte Verbriefungsstruktur.
Unterteilt werden die Verbriefungsrisiken in Cashflow-/ Strukturrisiken und Rechts-/ Regulierungsrisiken. Die erste Teilgruppe beinhaltet das Risiko des Ausfalls einer wichtigen Drittpartei (Third Party Default Risk) oder des Originators oder SPV (Insolvenz-/ Konkursrisiko), welchen die Struktur aus rechtlicher Hinsicht nicht übersteht. Des Weiteren besteht das Risiko, dass die beteiligten Parteien ihren Pflichten vorsätzlich oder auf Grund von Nachlässigkeit nicht fach- oder vertragsgerecht nachkommen (Betrugs-/ Durchleitungsrisiko).
Die zweite Teilgruppe beinhaltet Risiken, die bei dem Transfer der Aktiva (Transferrisiken), der rechtlichen Gestaltung (Dokumentationsrisiko) oder bei der Prüfung oder der Revision (Audit-Risiko) auftreten können.[113]
Operationelle Risiken beziehen sich auf nicht ausreichende oder nicht vorhandene interne Prozessen, Mitarbeiter oder technische Infrastrukturen. Des Weiteren beinhalten sie die Gefahr der Ablehnung des Verbriefungsvertrages eines Geschäftspartners vor Beginn der Transaktion. Die Risiken sind durch den rasanten Anstieg des Verbriefungsmarktes und die zunehmende Komplexität der Produkte angestiegen.[114]
Reputationsrisiken bezeichnen Gefahren, die zu einer Rufschädigung des Originators führen können. Diese bestehen für den Originator, wenn Investoren Ausfälle erleiden müssen oder Sicherungsleistungen aus CDS bei Kreditausfällen an die Bank geleistet werden müssen. Insbesondere bei übermäßigen Ausfällen ist mit Rufschädigungen zu rechnen. Die Folge können schlechtere Konditionen bei der Durchführung neuer Transaktionen sein.[115] Zur Vermeidung eines Reputationsschadens nehmen Originatoren Absicherungen ausfallbelasteter Portfolien nicht in Anspruch und tragen selbst die Verluste.[116]
Zum Schutz der Investoren vor den genannten Risiken gibt es verschiedene Sicherungsmöglichkeiten. Der Risikogehalt der einzelnen ABS-Tranchen kann so modifiziert werden, um Investoren mit unterschiedlicher Risikoeinstellung anzusprechen und ermöglicht auf diese Weise erst eine Platzierbarkeit auf dem Kapitalmarkt.
Im folgenden Abschnitt werden die verschiedenen Möglichkeiten erläutert. Sicherungen in der Verbriefungsstruktur sollen Ausfälle im Forderungspool verhindern (ursachenbezogene Maßnahmen) wohingegen mit verschiedenen Credit-Enhancement-Techniken dennoch auftretende Zahlungsausfälle- oder verzögerungen von dem Originator oder einer dritten Partei getragen werden sollen wirkungsbezogene (Maßnahmen).
Durch Sicherungen in der Verbriefungsstruktur sollen die...