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Darstellung und Analyse des Marktes für rechtsextreme Musik in Deutschland

AutorAdrian Kummer
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl84 Seiten
ISBN9783656338529
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich Medien / Kommunikation - Medienökonomie, -management, Note: 1,0, Macromedia Fachhochschule der Medien München, Sprache: Deutsch, Abstract: Nicht zuletzt Thilo Sarrazins Buch 'Deutschland schafft sich ab' hat bewiesen, dass man mit rechtem Gedankengut unter den richtigen Vorzeichen sehr viel Geld verdienen kann. Hohe Umsätze sind aber auch am ganz rechten Rand möglich. Das Geschäft mit rechtsextremen Szene-Artikeln wie Neonazi-Mode oder Rechtsrock-Tonträgern ist seit Jahren ein Millionengeschäft. Eine Gefahr für junge Menschen geht dabei vor allem von rechtsextremer Musik aus, die als Einstiegsdroge in die Szene bekannt ist, was sich regelmäßig auch rechtsextreme Organisationen wie die NPD oder Freie Kameradschaften zunutze machen. Trotz der Gefahr, die von Rechtsrock ausgeht, ist verhältnismäßig wenig über Größe und Ausmaß des rechtsextremen Musikmarktes bekannt. Seit Aufkommen der Neonazimusik in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts erschienen viele Veröffentlichungen über die vermittelten Inhalte und Strukturen hinter der menschenverachtenden Musik. Eine tiefgehende Auseinandersetzung mit den ökonomischen Aspekten der rechten Musikszene fand in Deutschland jedoch noch nicht statt. In dieser Arbeit wird deshalb versucht, einen Überblick über die rechtsextreme Musikwirtschaft zu geben. Dabei wird insbesondere auf die Strukturen während der Entwicklung, der Produktion und der Verwertung von Rechtsrock eingegangen. Im Rahmen dessen werden relevante Kennzahlen angegeben und ermittelt. Zudem soll die Frage beantwortet werden, welche der Akteure wie viel Geld mit Rechtsrock verdienen und selbstverständlich auch, welche Akteure überhaupt von der Initiierung bis zum Konsumenten an der Wertschöpfung beteiligt sind. In Kapitel 2 werden hierfür zunächst relevante Hintergründe erläutert und für diese Arbeit wichtige Begriffe definiert und abgegrenzt. Auf die bei dieser Arbeit verwendeten Methoden wird ebenfalls eingegangen. In Kapitel 3 werden anschließend Hypothesen aufgestellt, die im Verlauf der Arbeit überprüft werden. Die ausführliche Auseinandersetzung mit dem rechtsextremen Musikmarkt in der Bundesrepublik Deutschland findet in Kapitel 4 statt. Abschließend erfolgt in Kapitel 5 die Überprüfung der Hypothesen. Alle gesammelten Erkenntnisse werden in Kapitel 6 schließlich zu einem schlüssigen Fazit zusammengefasst.

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Leseprobe

4. Der Markt für rechtsextreme Musik


 


Im Hauptteil dieser Arbeit wird nun auf die wichtigsten Aspekte des rechtsextremen Musikmarktes eingegangen. Dabei werden zunächst alle beteiligten Akteure besprochen und charakterisiert. Daraufhin werden die ermittelten Akteure den einzelnen Stufen der Wertschöpfung zugeordnet, dabei zueinander ins Verhältnis gesetzt und die Geldströme und Umsatzzahlen geschätzt. Abschließend werden noch Art, Größe und Qualität es Marktes bestimmt. Während dieses Kapitels werden an den entsprechenden Stellen wirtschaftliche Kennzahlen und Daten eingestreut, um einen  Überblick über die Größenordnung des rechtsextremen Musikmarktes geben zu können.

 

4.1 Akteure


 

Von der Initiierung der Projekte bis hin zum Endverbraucher können im rechtsextremen Musikmarkt mitunter sehr viele Personen, Unternehmen, Institutionen und Medien beteiligt sein. Nicht alle tragen immer zu Wertschöpfung bei, einige Akteure schaden ihr sogar.

 

4.1.1 Bands


 


Ausgangspunkt für rechtsextreme Musikproduktionen sind in der Regel die Bands selbst. Die Erhebungen von Martin Langebach und seinem Kollegen Jan Raabe ließen in den letzten Jahren kontinuierlich auf eine Zahl von rund 200 aktiven Bands in der Bundesrepublik schließen.[55] Dementsprechend deckt sich die Zahl der Bands, die in den letzten Jahren aufgehört haben, mit der Zahl der Rechtsrockbands, die neu hinzukommen. Wie sehr diese Zahl der rund 200 Bands stagniert zeigt auch die Erhebung von Klaus Farin und Henning Flad aus dem Jahr 2001. Bereits vor elf Jahren kamen sie zur Erkenntnis, dass aktuell genau 202 aktive „Bands mit rechtsextremer Ausrichtung“ in Deutschland existieren müssten. Als regionale Schwerpunkte der rechtsextremen Musikszene bezeichneten sie Nordrhein-Westfalen (53 Bands sowie die meisten Labels und Vertriebe), Sachsen (28 Bands) und Baden-Württemberg (22 Bands).[56] Zu den deutschen Bands kommen jedes Jahr zwischen 20 und 50 Veröffentlichungen ausländischer Bands bei deutschen Labels.[57]

 

Auch wenn rechtsextreme Musik in musikalischer Hinsicht vielfältiger geworden ist, widmen sich die meisten Bands auch heute noch stilmäßig dem klassischen Rechtsrock, also Hard Rock mit rechtsextremen Textinhalten. Auch Liedermacher sind nach wie vor bei älteren Jahrgängen populär. Vor allem in der jungen Szene sind rechte Rapper ebenfalls beliebt. Das Bundesamt für Verfassungsschutz ging 2010 davon aus, dass circa 15% der rechtsextremen Bands dem Genre Hardcore zuzuordnen sind, musikalisch äquivalent mit der Stilrichtung Hardcore Punk bzw. all seinen Untergattungen wie z.B. Hatecore. Ähnlich wie der National Socialist Black Metal (NSBM) trägt auch die rechtsextreme einen eigenen Genrebegriff: National Socialist Hardcore bzw. National Socialist Hatecore (NSHC).[58] Auch der Anteil der erwähnten NSBM Bands ist in den letzten Jahren enorm gestiegen. Bereits 2005 waren 34 der 125 veröffentlichten Rechtsrock-CDs deutscher Bands diesem Genre zuzuordnen.[59]

 

Die Fluktuation der Bands ist indes seit Jahren sehr hoch. Das zeigt allein ein Blick auf die Entwicklung der regionalen Schwerpunkte. Während in Brandenburg nach Farin und Flad im Jahr 2001 nur 11 Rechtsrockbands aktiv waren, waren es laut Informationen der Berliner Morgenpost im Jahr 2008 bereits 26, wobei sich die Zahl zwischen 2005 und 2008 verdoppelt habe.[60] In Martin Langebachs und Jan Raabes länderbezogenen Veröffentlichungen spiegelt sich diese hohe Fluktuation ebenfalls. Seit der Wende seien in Sachsen-Anhalt bis 2007 mindestens 40,[61] in Thüringen bis 2010 fast 60 verschiedene rechtsextreme Bands aktiv gewesen.[62]

 

Zu beachten ist dabei die bereits erwähnte Stagnation von bundesweit rund 200 Bands. In der Folge muss es in den letzten Jahren auch eine regionale Verschiebung der Szene gegeben haben. Genau feststellen lässt sich das jedoch nicht, da auch diesbezüglich widersprüchliche Informationen vorliegen. Während sich die Informationen von Farin und Flad, Langebach und Raabe sowie der Morgenpost decken, kommt Thomas Fliege 2001 nur auf grob die Hälfte der Bands, die Flad und Farin 2001 für die Bundesrepublik ermittelt haben. Fliege geht davon aus, dass 2001 nur 100 Rechtsrockbands bundesweit und lediglich 12 davon in Baden-Württemberg aktiv waren.[63] Diesen widersprüchlichen Zahlen könnte ein Problem in der eindeutigen Definition von Rechtsrock oder auch der Aktivität zugrunde liegen. Beispielsweise veröffentlicht nicht jede aktive Band auch CDs oder Tonträger, da sich Aktivität auch über Auftritte definiert.

 

Vergleicht man die Informationen von Klaus Farin aus dem Jahr 1995 mit den Zahlen von heute, ist zudem ein enormer Anstieg aktiver Rechtsrockbands seit Mitte der 90er Jahre zu beobachten. Damals schätzte er die Zahl aktiver Bands auf 60 bis 80.[64]

 

Kaum eine Rechtsrockband macht hauptberuflich Musik – bereits seit dem Aufkommen des Rechtsrocks in den 80er Jahren. Auch die Zahl der Bands, die mit ihren Auftritten Geld verdienen, ist sehr gering. Auf Konzerten gilt es in der Szene weitestgehend als verpönt, wenn die Band mehr Gage bekommt, als dass sie für Fahrtkosten und Unterkunft benötigt. Die meisten Bands spielen ohnehin nur für Alkohol, eine Unterkunft und Verpflegung. Auch am Verkauf der CDs verdienen die meisten Bands wenig bis gar nichts. In der Regel bekommt die Band Freiexemplare oder eine Gewinnbeteiligung. Mitte der 90er stellte Klaus Farin jedoch fest, das als Spitzensatz jedoch auch bis zu 10.000 DM pro aufgenommene CD plus 10% Gewinnanteil möglich seien.[65] In Großbritannien ist die Situation vergleichbar. 10% Gewinnanteil seien üblich. Darüber hinaus könne man zwischen 100 Freiexemplaren oder 1.000 Pfund wählen, wobei die Bands sich in der Regel für die Freiexemplare entschieden.[66]

 

Dass Rechtsrockbands kaum Geld mit ihrer Arbeit bzw. ihrem Hobby verdienen, resultiert nicht nur aus Gründen ökonomischer Vernunft. Wie bereits erwähnt sei es innerhalb der Szene nicht gerne gesehen, wenn eine Band zu groß werde, so Farin. Den meisten Bands komme es ohnehin nicht darauf an. Viel wichtiger sei ihnen ihr Status als Szene-Ikonen. Darüber hinaus bekämen die Bandmitglieder die hübschesten Frauen und feierten berauschende Partys, was für viele Motivation genug sei.[67]

 

Ihren Lebensunterhalt können nur die bekanntesten Bands mit Rechtsrock bestreiten. Auffällig ist, dass diese Bands mitunter die extremsten Texte im Repertoire haben. Hierzu zählen sicherlich die wahrscheinlich beliebteste Band der Szene Landser bzw. ihre Nachfolgegruppe Die Lunikoff Verschwörung rund um den Landser-Sänger Michael Regener, die vor allem mit Konzerten Geld verdienen, aber auch Bands wie Gigi und die braunen Stadtmusikanten.[68] In den 90er Jahren gelang es der Band Störkraft unter Manager Torsten Lemmer durch ihr medienwirksames Auftreten schätzungsweise 60.000 Exemplare des Albums Mann für Mann abzusetzen, wodurch die Band zwangsläufig in entsprechender Höhe Geld verdient haben muss.[69] Ebenso die Band Endstufe, die seit 1984 laut eigener Aussage mehr als 100.000 Tonträger verkauft haben will, oder auch Faustrecht aus dem Allgäu, die nach Eigenangabe seit 1994 mehr als 40.000 CDs abgesetzt haben.[70]

 

Mit dem Absatz ihrer CDs Geld verdienen zu können, ist für Musiker seit Ende der 90er jedoch noch unwahrscheinlicher geworden. Das hängt zunächst mit dem Einzug von CD-Brennern in die deutschen Haushalte zusammen, später mit dem Aufkommen des Internets, wodurch die Absatzzahlen vermutlich deutlich sanken.[71]

 

4.1.2 Produktion


 


Nachdem die Bands als Ausgangspunkt für rechtsextreme Musikproduktionen besprochen wurden, werden im nun folgenden Kapitel alle bei der Herstellung der Produktion beteiligten Akteure besprochen. Hierbei wird zunächst auf die Labels in Deutschland eingegangen. Anschließend wird die Relevanz von Bandmanagern und Anwälten für die rechtsextreme Musikszene erläutert. Gegen Ende erfolgt eine Beschreibung der eigentlichen Herstellung und Produktion.

 

4.1.2.1 Labels

 

In den 80er Jahren dominierten vor allem zwei Labels die rechtsextreme Musikszene in Europa: zum einen Rock-O-Rama aus Köln, zum anderen Rebelles Européens aus Brest in Frankreich.[72] Experten sind sich heute darüber einig, dass PC Records aus Chemnitz in Sachen Produktion und Vertrieb von Rechtsrock führend ist.[73] Die Labels sind dabei in der Regel so organisiert, dass ihnen ein eigener Vertrieb angegliedert ist, um die produzierten CDs direkt vertreiben zu können.[74] PC Records kommt als Marktführer mit der Kombination aus Label sowie Direktvertrieb und zusätzlichen Vertrieb mit...

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