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E-Book

Das Ende der Globalisierung

Warum wir wieder vernünftig wirtschaften müssen

AutorChristian Ganowski, Johanna Joppe
VerlagRedline Verlag
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl240 Seiten
ISBN9783864145384
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
Die Verheißungen der Globalisierung haben sich nicht erfüllt. Mehr noch: Diese hat die aktuelle Krise erst ermöglicht. Aber auch ohne Weltwirtschaftskrise machen sich die negativen Seiten des Globalisierungswahns bemerkbar - aus Sicht der Ökologie und des Klimas ist sie eine Katastrophe, die Ausrichtung auf den Export macht Unternehmen abhängig von fremden Märkten und vom Ölpreis, der Verbraucher leidet zudem durch mangelhafte Produktqualität infolge fehlender internationaler Standards. Die derzeitige Globalisierung droht zu einer Blase zu werden, deren Kollabieren gravierende Folgen haben wird - die De-Globalisierung ganzer Wirtschaftsbereiche. Das Plädoyer der Autoren lautet deshalb: Nicht zurück zum Faustkeil, aber zurück zu einem vernünftigen Wirtschaften in Märkten, die überschaubar sind. Sie wagen den Blick in eine durch ökologische und ökonomische Zwänge wieder de-globalisierte Zukunft - und worauf Unternehmen sich einstellen sollten, warum dies nicht schlecht sein muss und was dies für uns alle bedeutet.

Christian Ganowski ist Mitinhaber von Memconsult, einer internationalen Beratungsgesellschaft für Risikomanagement und intelligente Managementsysteme. Er schreiben regelmäßig für Tages- und Wirtschaftszeitungen und hat im Redline Verlag schon den Titel »Die Outsourcing-Falle« veröffentlicht.

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Leseprobe

1. Das Gift der Globalisierung


»Die Globalisierung ist die Kanone, die sich im Sturm losgerissen hat. Entweder wir binden sie fest. Oder sie versenkt das Schiff.«


Norman K., Vorstandsmitglied


Wer ist »die Globalisierung«?


Können Sie die Globalisierung auf ein Bier einladen? Oder ihr die Hand schütteln? Warum nicht? Trotz ihrer vielen schrecklichen und nützlichen konkreten Folgen ist die Globalisierung rein begrifflich ein Abstraktum. Keiner kennt sie. Keiner hat sie je gesehen. Und um ehrlich zu sein: Keiner weiß so recht, was »die Globalisierung« eigentlich ist. Die Globalisierung ist so etwas wie Radioaktivität: Wir können sie nicht sehen. Nur ihre Folgen. Manchmal sind diese positiv (Licht und Wärme aus dem Kernkraftwerk). Manchmal negativ (Tschernobyl). Das irritiert. Bis hinauf ins Top-Management.

Manchmal erlauben wir uns den Scherz, in einer munteren Vorstandsrunde die versammelten Top-Manager nach ihrer Definition von »Globalisierung« zu fragen. Wenn zehn Manager um den Tisch sitzen, erhalten wir regelmäßig zwölf unterschiedliche und sich zum Teil heftig widersprechende Definitionen. Sobald die Manager bemerken, dass sie keinen tragfähigen Konsens bei einem so grundlegenden Thema erreichen, beginnt der Spaß: Sie reagieren erst mal sehr erstaunt. »Wir müssten doch wissen, was das ist! Warum wissen wir das nicht?« Dann beginnt die wilde Diskussion. Jeder versucht jeden von seinem eigenen Begriffsverständnis zu überzeugen. Der Wirtschaftslaie reagiert schockiert: Unsere sogenannte Elite macht Globalisierung, weiß aber gar nicht, was das ist?

Irgendein Management-Guru hat einmal gesagt: You can’t manage what you can’t measure. Der Mann war ein hoffnungsloser Utopist. Von wegen messen! Wir wären ja schon froh, wenn das Management wüsste, was es ist, das es messen soll. Korrekt müsste es heißen: You can’t manage whereof you can’t even explain the name and what you don’t seem to understand at all! Wie wollen Manager etwas managen, von dem sie nicht mal die Bedeutung kennen, geschweige denn es verstehen? Die Schlussfolgerungen aus diesem definitorischen Vakuum drängen sich förmlich auf: Erstens, (manche) Manager wissen offensichtlich nicht, womit sie ihr Geld verdienen (was offenbar zum Zwecke des Geldverdienens auch nicht unbedingt nötig ist). Und zweitens, es ist im Grunde egal. Darum sagten wir oben: Wir machen uns den Spaß, Manager nach ihrem Verständnis der »Globazilisierung« zu fragen, wie der Kabarettist Christoph Sonntag sie nennt. Denn es ist wirklich nur ein Spaß. Im Ernst.

Es ist wirklich egal, was ein Mensch unter Globalisierung versteht: Jede Definition tut’s. Auch Ihre eigene. Ein Streit darüber wäre ungefähr so sinnvoll wie ein Streit darüber, was die exakte Definition eines Automobils ist. So ein Streit ist unsinnig, da akademisch. Wir alle fahren Auto, ohne dass auch nur ein Einziger von uns eine sinnvolle Definition darüber abgeben könnte. Geschweige denn eine konsensfähige. Das ist zur automobilen Fortbewegung auch gar nicht nötig. Wichtiger ist, dass man/frau so ein Auto fahren kann und keinen damit totfährt.

Ergo: Interessant sind Definitionen nicht per se, sondern was mit einer Definition angestellt wird und wer damit manipuliert werden soll. Spannend ist somit zum Beispiel, wie Befürworter der Globalisierung deren Folgen definitorisch schönzureden versuchen. Betrachten wir ein Beispiel der Bauernfängerei.


»Die Globalisierung ist gar nicht so schlimm!«


Immer wieder steht zu lesen, dass wir uns doch bitte nicht so über die Globalisierung aufregen sollen. Die paar Kollateralschäden! Die paar Millionen verzockter Ersparnisse von Rentnern, denen bonusgeile Banker Lehman-Anleihen und -Aktien angedreht haben! Die paar Milliarden Steuergelder, mit denen die Krisensünder subventioniert werden! Das bisschen Umweltverschmutzung, das niedliche kleine Ozonloch! Die paar zehntausend Ingenieure, die Facharbeiter aus dem Osten zuerst anlernen und ihnen dann ihre Arbeitsstelle übergeben mussten, um sich danach arbeitslos zu melden, weil die Angelernten aus dem Osten den Job billiger machen! Alles halb so schlimm! Alles völlig normal und eigentlich nicht der Rede wert. Und schon gar kein Grund zu klagen. Denn: Alles schon mal da gewesen!

Angeblich gab es die Globalisierung schon immer. Zumindest viel länger, als wir Laien das vermuten. Also habt euch nicht so! Als Beleg für diese erstaunliche Aussage werden meist Firmen wie Siemens genannt. Siemens besaß schon um die vorletzte Jahrhundertwende dreißig Produktionsstätten rund um die Welt, von Argentinien bis Russland. Das klingt beruhigend. Der angesprochene Wirtschaftslaie kratzt sich erstaunt und beruhigt am Kopf und konstatiert: Globalisierung gab es offensichtlich schon immer. Also kann alles gar nicht so schlimm sein. Die Aufregung ist unnötig. Wenn unsere Väter und Vorväter das alles schon erleben mussten, dann werden wir bestimmt auch damit fertig. Hey, wenn man dieses Argument logisch weiterdenkt, kommt man irgendwann auf die Idee: Schon Alexander der Große betrieb Globalisierung. Schließlich eroberte er ein Land nach dem anderen!

Spätestens an dieser Stelle muss sich ein vernünftiger Mensch die Augen reiben und zum Schluss kommen, dass so eine Definition von Globalisierung eine Macke haben muss: Sie ist so beliebig, dass sie den Definitionsrahmen unendlich erweitert, dadurch alles erklärt und gerade deshalb nichts erklären kann. Zumindest nicht dem deutschen Nokia-Mitarbeiter, weshalb er seinen Job verlor, weil die saubere Firma im Osten noch mehr Gewinn erzielen kann als in Deutschland. Der Mann wird mir was husten, wenn ich ihm sage, dass er sich nicht so anstellen soll, da immerhin schon Alexander der Große (und vor ihm wahrscheinlich schon die Neandertaler) Globalisierung betrieben haben. Wenn eine Definition die von ihr betroffenen Menschen aus den Augen verliert, ist sie schlicht und einfach unmenschlich. Und das ist das derzeit überragende Charakteristikum der Globalisierung beziehungsweise ihrer Apostel: Sie kümmern sich einen Dreck um die Menschen. Vielleicht nicht vorsätzlich. Aber grob fahrlässig. Doch das dürfte den Opfern der Globalisierung relativ egal sein.

Im Übrigen unterläuft dem total globalisierten Verständnis von Globalisierung schlicht ein logischer Fehler: Dass Siemens und einige andere schon zu Hannibals Zeiten globalisiert haben, heißt noch lange nicht, dass es damals ebenfalls auch die gesamte Wirtschaft oder gar die Welt taten. Siemens und Konsorten bildeten die Ausnahmen. Heute ist Globalisierung dagegen die Regel. Daraus ergibt sich eine etwas sinnvollere Definition von Globalisierung: Unter Globalisierung wollen wir zwischen diesen beiden Buchdeckeln nicht die vereinzelte (Siemens und Konsorten), sondern die massenhafte Internationalisierung von Produktion, Beschaffung, Vertrieb und Konsumtion verstehen. Es war zwar früher schon Usus, dass selbst Mittelständler einen Lieferanten in Italien und einen in Großbritannien hatten. Und schon früher aßen wir spanische Orangen. Das nannte man das Zeitalter der Internationalisierung. Doch inzwischen beziehen selbst kleine Firmen aus weitaus mehr als nur aus zwei fremden Ländern Vorprodukte und Dienstleistungen – und vertreiben auch in mehr als nur zwei anderen Ländern ihre eigenen Waren und Dienstleistungen. Und die Konsumenten konsumieren nicht nur die Orangen aus Spanien, sondern auch Sandalen aus Bangladesch, Software aus Indien, Jeans aus China ... Gucken Sie mal die Etiketten der Dinge an, die Sie während einer Woche so einkaufen, und knien Sie nieder zum Gebet: O Gott!

Wenn Sie in Ihren Einkaufskorb schauen, werden Sie, falls Sie in der westlichen Welt leben, nur noch ganz wenige Produkte darin finden, die aus Ihrem Heimatland stammen. Wenn also von einer überwältigenden Vielzahl von Konsumenten und Produzenten in und aus vielen Ländern produziert, vertrieben und konsumiert wird, wollen wir das für den Zweck unserer Diskussion »Globalisierung« nennen. Dass so eine Definition etwas sinnvoller ist als die Neandertaler-Definition von eben, zeigt sich schon an der Tatsache, dass Sie eben vielleicht gestutzt und etwas irritiert gedacht haben: Wenn das Zeug in meinem Einkaufskorb hauptsächlich aus Fremdländern stammt und mein eigenes Land eigentlich auch nicht gerade als vorindustriell zu bezeichnen ist, wo sind dann alle die vielen schönen Produkte aus meiner Heimat abgeblieben? Dumme Frage in Zeiten der Globalisierung. Die Antwort lautet: Natürlich in den anderen Ländern! Wo sonst? Genau das bedeutet es doch, wenn die Statistiker uns seit...

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