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Der Prophet des Staates

Theodor Herzl im kollektiven Gedächtnis Israels

AutorAndrea Livnat
VerlagCampus Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl308 Seiten
ISBN9783593412061
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Theodor Herzl, der Begründer des politischen Zionismus, wurde bereits zu Lebzeiten zur Legende. Bis heute ist er eines der wichtigsten Symbole im kollektiven Gedächtnis Israels. Andrea Livnat schildert die Veränderungen und Umbrüche im Gedenken an Herzl, in denen sich die Geschichte Israels und seiner Gesellschaft widerspiegelt. Gerade in jüngster Zeit haben die Diskussionen um die zukünftige Ausrichtung Israels zu einer Rückbesinnung auf Herzl geführt, wobei er sowohl der Rechten als auch der Linken als Legitimations- und Argumentationsgrundlage dient.

Andrea Livnat, Dr. phil., promovierte an der Universität München und ist leitende Redakteurin des jüdischen Internetportals haGalil.com

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Leseprobe
2. Kinder- und Jugenderziehung – Herzl, der Vater aller Kinder (S. 190-191)

Der erste Teil des Buches hat gezeigt, dass die Erinnerung an Theodor Herzl für politische Zwecke instrumentalisiert und von unterschiedlichen ideologischen Ausrichtungen für sich beansprucht wurde, wobei sich drei unterschiedliche Phasen zeigten. Dieses Musters spiegelt sich auch im israelischen Erziehungswesen wieder, sowohl im schulischen Bereich, also in Curricula und Lehrbüchern, im informellen Bereich von Jugendbewegungen und anderen außerschulischen Bildungsaktivitäten, als auch in Kinderund Jugendbüchern. Zusammengenommen bilden sie den entsprechenden Rahmen zur Erziehung für die Gesellschaft und die Rückversicherung der nationalen Identität, die sich über das kollektive Gedächtnis konstruiert.

Vor allem Schulbücher offenbaren im Erziehungsbereich die jeweiligen Muster des kollektiven Gedächtnisses, da hier die Verbindung von Geschichte und Erinnerung besonders präsent ist. In Schulbüchern werden Bilder transportiert, die genau das wiedergeben, was der politische Entscheidungsträger im kollektiven Gedächtnis bewahrt sehen will.642 Mehr noch, der Unterricht, und im Besonderen der Geschichtsunterricht, dient nicht nur dazu, die Vergangenheit zu verstehen, sondern auch dazu, die Zukunft zu formen.643 Auch wenn Wirkung und Einfluss von Schulbüchern nicht wirklich gemessen werden können, ist klar, dass sie über den Klassenraum hinaus wirken.

Schulbücher, vor allem im Fach Geschichte, vermitteln die als bewahrenswert erachteten politischen und sozialen Grundsätze der Gesellschaft. Über sie werden sowohl das Selbst- als auch das Fremdbild ausgebildet und konstruiert. Die Auswahl des Lernstoffes ist dabei auch aus Sicht des kollektiven »Vergessens« interessant, die gerade in Bezug auf Theodor Herzl, wie noch gezeigt wird, dazu führte, dass nur bestimmte Aspekte seines Lebens und Werkes Eingang in den schulischen Kanon fanden. Im Erziehungswesen zeigen sich zudem deutlich viele der wichtigsten Entwicklungen und Spannungen innerhalb der israelischen Gesellschaft, wie etwa »die Tendenz zu organisatorischer Expansion, das Streben nach Demokratisierung, die Notwendigkeit, die Hauptlinien ihrer kollektiven Identität zu entwerfen, die Spannungen zwischen elitistischer und populistischer Einstellung und zwischen nach innen und nach außen gerichteter Orientierung«.

Das israelische Erziehungssystem wurde in der Zeit des Jischuw begründet. Die ersten zionistischen Siedler, die nach Palästina kamen, drückten dem Erziehungswesen einen ideologischen Stempel auf, der sowohl inhaltlichen als auch strukturellen Einfluss hatte. 1903 wurde die Palästinensische Lehrervereinigung gegründet, »unter dem Protektorat der zionistischen Bewegung«,645 die die ersten offiziellen Lehrbücher veröffentliche. Der Zionismus wurde von allen Parteien auch als erzieherischer Anspruch begriffen. Die Ideale des Zionismus sollten in der Erziehung vermittelt werden, entsprechend der jeweiligen Ausrichtung. So gab es innerhalb des Erziehungswesens drei Strömungen, die Arbeiterströmung, die religiöse und die allgemeine Strömung.
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Inhalt8
I. Einleitung10
II. Vorgeschichte: »Wir haben ein herrliches lebendiges Symbol begraben müssen«26
1. Die Legende Herzl entsteht30
2. Erinnerungen der Zeitgenossen36
3. Instrumentalisierung der Erinnerung innerhalb der Zionistischen Bewegung46
4. Revisionismus – »Herzl-Zionismus«57
5. Religion und Zionismus – Herzl als falscher Messias?62
6. Am Vorabend der Staatsgründung67
III. Herzl im kollektiven Gedächtnis Israels71
1. Politische Gedenkrituale71
1.1 Die Staatsgründung – Herzl, Chose ha-medina71
1.2 Das Staatsbegräbnis am Herzl-Berg – Herzls letzte Ruhestätte als Erinnerungsort93
1.3 Routiniertes Gedenken – Vom nationalen Anliegen zum Pflichttermin114
1.4 Herzl zwischen den Fronten: Der »jüdische Staat« oder der »Judenstaat«?160
2. Kinder- und Jugenderziehung – Herzl, der Vater aller Kinder191
2.1 Herzl in Curricula und Lehrbüchern197
2.2 Herzl in der Kinder- und Jugendliteratur223
3. Kulturelle Annäherung228
3.1 Herzl in der bildenden Kunst229
3.2 Herzl im Film242
3.3 Annäherungen in der Literatur und auf der Bühne251
3.4 Musikalische Annäherungen an Herzl269
IV. Ausblick279
V. Quellen und Literatur289
VI. Dank305
VII. Glossar306

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