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Die Bedeutung der WTO für die Liberalisierung des Welthandels: Aufarbeitung einer Kontroverse

AutorLeonid Borin
VerlagDiplomica Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl89 Seiten
ISBN9783842847033
FormatPDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Die WTO ist in der letzten Zeit sehr stark unter Druck geraten. Die seit nunmehr als zehn Jahren anhaltenden Verhandlungen in Doha haben immense Kosten verursacht, ohne dabei nennenswerte Ergebnisse zu liefern. Der mögliche Verhandlungskollaps der letzten Runde könnte eine neue Protektionswelle hervorrufen, wird befürchtet. Die jüngste Weltwirtschaftskrise hat schon einen ersten, faden Beigeschmack der protektionistischen Bestrebungen hinterlassen und gezeigt, dass der internationale Handel noch lange nicht robust ist. Angesichts dieser Zustände erscheint es interessant, zu fragen, ob die Schirmherrschaft der WTO über dem Welthandelssystem notwendig für seine Effektivität ist. Dabei ist die Frage von Bedeutung, wie die internationalen Wirtschaftsbeziehungen funktionieren und ob sie einer externen Institution bedürfen. Wenn ja, wie ist eine solche Institution zu gestalten, um ihrer Rolle gerecht zu werden? Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dieser Frage.

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 7, Verhaltensmuster in internationalen Wirtschaftsbeziehungen: Die Weltpolitik zeichnet sich durch anarchische Strukturen aus, d.h., es gibt keine zentrale, souveräne und mit Kompetenzen ausgestattete Regierung, die bestimmte Regeln und Normen durchsetzen könnte. Die Standardsicht nationaler Gesellschaften beschreibt daher internationale Institutionen als schwach. Politisch motivierte Protektionsbestrebungen sind weit verbreitet, sodass eine Kooperation keine Regel darstellt, sondern sich von Fragestellung zu Fragestellung und mit der Zeit ändert. Gegenseitigkeit oder Reziprozität als zentrales Element in den internationalen Handelsbeziehungen scheint eine wesentliche Rolle in der weltweiten Handelsliberalisierung zu spielen. Es stellt sich die Frage, ob die Erwartung der Einhaltung dieser Regel eine unilaterale Liberalisierung unter den Nichtmitgliedern ermöglicht. Aber auch die Anwendung dieses Prinzips unter den WTO-Mitgliedern wirft Fragen auf, z. B., warum unilaterale Liberalisierung Sinn machen kann. Immerhin ist die Regeldurchsetzungskraft der Organisation sehr beschränkt. Sie besitzt keine Souveränität und kann keinem Staat Regeln diktieren bzw. vor einem Regelmissbrauch schützen. Die beobachtete internationale Kooperation und Liberalisierung müsste daher ein endogener Prozess sein, an dessen Ende die Herausbildung einer internen Institution steht. 7.1, Kooperation als evolutionärer Prozess: Interaktionen haben zwischen den Subjekten oder Staaten einen spieltheoretischen Charakter. Der evolutorische Ansatz als solcher ist in der Literatur nicht unumstritten, aber durchaus mehrheitsfähig und kann an dieser Stelle behilflich sein, um empirisch gezeigte Phänomene analytisch zu erklären. Es wurden einige Untersuchungen von Thomas Crombie Schelling über die Entstehung der Koordination sowie von Robert Axelrod auf diesem Gebiet durchgeführt. Axelrod untersucht in seinen Arbeiten, u. a. in 'Die Evolution der Kooperation' und 'Conflict of Interest: An Axiomatic Approach', die Frage, wie Kooperation in einer anarchischen Welt von Egoisten ohne externe Koordinationsmechanismen entstehen kann. Unter der Berücksichtigung bestimmter Annahmen hat Axelrod eine Reihe von Computer-Turnieren durchgeführt, um herauszufinden, welche Strategie die besten Ergebnisse in einem iterierten Gefangenendilemma-Spiel generieren kann. In diesem Zusammenhang stellt Axelrod fest, dass das Programm TIT FOR TAT in wiederholten Spielen die höchsten Auszahlungen ermöglicht. Das Programm wies im Vergleich zu anderen Programmen wesentliche Erfolgseigenschaften, Einfachheit und Kooperationsbereitschaft, auf. Es begann das Spiel mit der Kooperation und tat danach das, was sein Gegner in der Vorrunde getan hat. TFT stellt daher jenes Verhaltensmuster dar, das eine Kooperation in Abwesenheit einer zentralen Regierung zwischen Egoisten ermöglichen könnte. Ausgehend von einem iterierten Gefangenendilemma kommt er zu dem Ergebnis, dass es drei Dimensionen gibt, die für den Erfolg bzw. Misserfolg der Kooperationsversuche unter Anwendung des TFT-Verhaltens in einem 'chaotischen' Umfeld verantwortlich sind. Hierbei handelt es sich um die Gemeinsamkeit der Interessenlage, den Schatten der Zukunft und die Gruppengröße. Axelrod geht von den Situationen aus, die den Charakter sowie die Auszahlungsstruktur eines Gefangenendilemmas haben. Zweifelsohne gibt es eine Reihe weiterer möglicher Spielkonstellationen wie z.B. das sog. Stag Hunt and Chicken Spiel, dessen Auszahlungsstrukturen oft von bestimmten unkontrollierbaren Ereignissen beeinflusst werden und ganz andere dominante Strategien der Spieler reflektieren. Die meisten handelspolitischen Interaktionen können aber grundlegend als Gefangenendilemma-Spiel interpretiert werden. Die internationalen Handelsbeziehungen finden in einer stochastischen Welt statt und zeichnen sich durch viele Unsicherheiten aus. Es gibt sehr viele Faktoren, die exogen vorgegeben und daher unkontrollierbar sind, wie z. B. zukünftige Renditen oder wirtschaftliche Schocks. In einem Gefangenendilemma-Spiel hilft allerdings die Unsicherheit über zukünftige Auszahlungen die Kooperation zu fördern. Je stärker die zukünftigen Auszahlungen relativ zu den gegenwärtigen gewichtet werden und je wahrscheinlicher es ist, denselben Spieler in den nächsten Interaktionsrunden zu treffen, desto kleiner ist der Anreiz, von dem kooperativen Pfad abzuweichen und zu defektieren. Übertragen auf die internationalen politisch ökonomischen Fragestellungen ist eine Vergeltung für die merkantilistischen Bestrebungen selbstverständlich jederzeit möglich. Ein rationaler Spieler, der solche Bestrebungen erwartet, wird bei der Ausgestaltung seines Reaktionszuges die Wahrscheinlichkeiten und mögliche Konsequenzen seines Handelns berücksichtigen. Der Charakter des Spiels und die Auszahlungsstruktur im iterierten Gefangenendilemma machen eine Defektion langfristig unattraktiv. Die kurzfristigen Vorteile einer 'single-shot' Defektion werden langfristig durch die Vergeltungsschritte des hintergangenen Spielers überwogen.
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Die Bedeutung der WTO für die Liberalisierung des Welthandels1
Inhaltsverzeichnis3
Abkürzungsverzeichnis5
Abbildungsverzeichnis6
Tabellenverzeichnis6
1 Einleitung7
2 Die Notwendigkeit eines multilateralen Handelsabkommens9
2.1 Terms-of-Trade-Theorie und das Gleichgewichtsmodell10
2.2 Terms-of-Trade-Theorie und die Politökonomie12
2.3 Handelsabkommen als politisches Bindungsinstrument15
3 Empirische Evidenz der Theorien20
4 Effekte der WTO-Mitgliedschaft auf den Handel23
4.1 Interpretation der Ergebnisse des Gravitationsmodells von Rose23
4.2 Kritik an Rose’s Berechnungen26
5 Alternative Interpretation der empirischen Erkenntnisse von Rose28
6 Messung der Handelspolitik30
7 Verhaltensmuster in internationalen Wirtschaftsbeziehungen33
7.1 Kooperation als evolutionärer Prozess33
7.2 Populationsdynamik und evolutionäre Stabilität35
7.3 Kritische Masse und Kooperation37
8 Kooperationsprobleme und institutionelle Lösungsmöglichkeiten41
8.1 Institutionen in einem anarchischen Umfeld42
8.2 Rolle der Institutionen bei politischem Marktversagen44
8.3 Haftungspflichten, Transaktionskosten und asymmetrische Informationen45
8.4 Freifahrerverhalten und Verhandlungsprobleme47
8.5 Zwischenfazit48
9 Entwicklung des Welthandelssystems50
9.1 Regeln und Prinzipien des GATT und der WTO51
9.2 Besonderheiten der Verhandlungsrunden unter GATT53
9.3 Probleme der WTO55
10 Der Two-Level-Ansatz der internationalen Verhandlungen57
11 Asymmetrie der Liberalisierung unter GATT59
12 Die Rolle des Streitschlichtungsverfahrens in der Handelsliberalisierung62
13 Abschlussbemerkung65
Anhang69
Literaturverzeichnis81

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